Protocol of the Session on January 26, 2017

Der liegt doch überhaupt nicht bei uns. Da ist doch die Bundesregierung gefordert.

(Zuruf aus dem Hause)

Jetzt kommen Sie mir nicht mit dem Außenminister. Wer ist denn da zuständig? Da sind der Bundesinnenminister und der Bundesentwicklungshilfeminister und der Bundesrat zuständig. Die sind entschuldigt.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Der Herr Lindner sagt aber etwas anderes!)

Ich bin nicht der Herr Lindner, ich bin die Frau WilliusSenzer, und ich rede für die Fraktion hier im Landtag.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Julia Klöckner, CDU: Und ich bin nicht die Bundesregierung!)

Was nutzt uns denn ein Rücknahmeabkommen, wenn es nicht tragfähig ist? Das muss zunächst einmal tragfähig sein. Wenn dann diese Länder sagen, wir nehmen nur so und so viele Leute in einem Flugzeug auf, und dann sagen wir auch noch, in welchem Flugzeug wir sie aufnehmen, dann brauchen wir zehn Jahre, bis wir sie alle weg haben. Also machen Sie doch erst einmal Ihre Hausaufgaben.

(Beifall des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dann kommen Sie hierher zu uns und sagen uns, was wir hier zu machen haben.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: In der Zwischenzeit kommen andere an!)

Wir machen unsere Hausaufgaben, wie sich das gehört, und die machen wir sogar hervorragend.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Alles andere als das!)

Sie werden es nicht hinbekommen, dass wir Krach haben. Das war es zu dem Thema.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Herr Köbler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal fragt man sich natürlich: Was gibt es heute eigentlich Neues, nachdem wir schon gestern die Debatte geführt ha

ben? – Da muss man sich nicht wiederholen. Das Neue ist, dass die AfD hier einen unsäglichen Schluss gezogen hat, nämlich einen Zusammenhang zwischen der Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten und dem furchtbaren Terroranschlag in Berlin im vergangenen Jahr und hier sozusagen suggeriert,

(Abg. Martin Haller, SPD: Wie immer!)

wenn man diese Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklären würde, dass solche Terroranschläge zu verhindern seien.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: War der nicht Tunesier?)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege, das ist einfach nur dummes Zeug, was Sie da erzählt haben.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Schon wieder unparlamentarisch!)

Es ist nicht nur so, dass Herr Amri schon in Italien in Haft und in Abschiebehaft gesessen hat, sondern auch in Deutschland schon in Haft gesessen hat und zuletzt im Juni 2016 der Asylantrag von Herrn Amri als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden war. Es ist also mehr als eine postfaktische Behauptung. Es ist einfach falsch, welchen Analogieschluss Sie hier gezogen haben.

Wenn das so wäre, dann wäre es ja ganz einfach. Dann wäre es mit der Terrorismusbekämpfung ganz einfach. Wir machen es einfach so: Wir erklären alle Länder der Welt zu sicheren Herkunftsländern, ja, Pakistan sicheres Herkunftsland, Syrien sicheres Herkunftsland, Afghanistan sicheres Herkunftsland, Sachsen sicheres Herkunftsland, und dann hätten wir kein Problem mehr mit Terrorismus in Deutschland. Das ist einfach zu banal und zu einfach, was Sie hier erzählen. Das glauben Ihnen noch nicht einmal mehr die Stammtische in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Eigentlich wollten wir gar nicht mehr miteinander reden, weil, wie ich denke, gestern die Argumente ausgetauscht wurden. Aber Herr Kessel, ich finde, bei allem Respekt für unterschiedliche Haltungen und Meinungen, dass wir die meinetwegen auch alle Tage wiederholen können, ohne etwas Neues zu bringen. Ich will Ihnen aber auch sagen, dass es schon schwierig ist, was Sie in Ihrem Antrag publiziert haben, wenn Sie hier sagen – ich zitiere aus Ihrem Antrag –: „Die Zuzugszahlen aus den nordafrikanischen Staaten Tunesien, Marokko und Algerien sind rasant angestiegen.“ Das stimmt einfach nicht. Das ist einfach nicht wahr.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind zurückgegangen im Prinzip!)

Ich werde Ihnen die Zahlen nennen, die bundesweit herausgegeben sind. Im Jahr 2015 hatten wir aus diesen drei Staaten einen Zuzug von ungefähr 26.000 Personen und

im Jahr 2016 von 8.000 Personen. Die Zuzugszahlen aus diesen Ländern sind also signifikant und merklich zurückgegangen.

Wenn man dann noch weiß, dass wir hier über 1 % der Asylbegehrenden reden, die in Deutschland einen Antrag stellen, und sie einen solchen Popanz daraus aufbauen, dann sage ich Ihnen, was das eigentliche Problem an der Debatte ist. Das ist, dass die Debatte, die Sie hier immer wieder vom Zaun brechen, den Raum nimmt, über die wirklichen Herausforderungen und Probleme, die wir in der Flüchtlingspolitik haben, zu reden. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen, weil er nicht in die richtige Richtung führt und keinen Beitrag zur Lösung unserer Probleme liefert.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP)

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Frisch das Wort.

(Abg. Martin Haller, SPD: Uhrenvergleich würde ich jetzt als Erstes sagen!)

Ja, jetzt gucken wir einmal, ob die Uhr abläuft, damit das alles seine Richtigkeit hat.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ihre läuft ab! Das ist richtig!)

Verehrter Herr Kollege Köbler, Ihr fast schon manisches Bemühen, in jeder Rede der AfD irgendwelche radikalen, menschenverachtenden, verfassungsfeindlichen oder was weiß ich für Attitüden zu unterstellen, führt dazu, dass Sie gar nicht mehr wahrnehmen, was gesagt wird. Ich bin also in der Tat wirklich zunehmend erschrocken über die intellektuell dürftige Qualität mancher Debattenbeiträge.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt! – Abg. Alexander Fuhr, SPD: Bezieht sich das auf Ihre Selbstgespräche?)

Ich zitiere noch einmal, was ich vorhin vorgetragen habe. Das haben Sie überhaupt nicht realisiert, oder ich glaube eher, Sie wollten es nicht hören.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie heute schon einmal in den Spiegel geschaut?)

Ich habe ausdrücklich gesagt – ich zitiere aus meiner Rede, Herr Köbler, Sie sollten jetzt vielleicht dann doch einmal zuhören –: „Natürlich kann man darüber streiten, ob eine konkrete Straftat durch strengere Asylregelungen hätte vermieden werden können (...).“ Damit habe ich eben ausgeschlossen, dass beispielsweise dieses Attentat in Berlin in unmittelbarem Zusammenhang mit der Debatte um die

Einstufung der Maghreb-Staaten steht. Aber ich zitiere weiter: „Nur wenn wir das Risikopotenzial von Anfang an verringern, werden wir auf Dauer auch das tatsächliche Risiko und damit die reale Bedrohung unserer Bevölkerung senken.“ Genau darum geht es, und wenn Sie von Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik vielleicht ein wenig Ahnung hätten, dann wüssten Sie, dass eine höhere Personengruppe von Risikomenschen oder Personen und Gefährdern natürlich dazu führt,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: AfD!)

dass es eine höhere Anzahl von tatsächlichen Straftaten gibt. Und darum ging es, und dieses Risiko müssen wir absenken. Das sind wir unserer Bevölkerung schuldig. Da hilft es gar nichts, wenn Sie sich hier hinstellen und versuchen, uns wieder in irgendeine Ecke zu schieben, wo wir nicht hingehören.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer ist denn Ihre Bevölkerung?)

Wir nehmen die Verantwortung für unsere Bevölkerung wahr. Sie tun das nicht.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Zur Erwiderung erteile ich Herrn Abgeordneten Köbler das Wort.

Herr Kollege, Sie haben ja recht. Je mehr Menschen, egal aus welchem Land auch immer, irgendwo sind, desto mehr werden sozusagen prozentual auch potenzielle Straftäter darunter sein. Das gilt nicht nur für die Maghreb-Staaten, das gilt übrigens auch für Deutsche. Das passt aber nicht mit Ihrer Lebenserhaltungsstrategie zusammen, Abtreibungen zu verbieten, weil das im Umkehrschluss bedeuten würde, wenn wir Kriminalität und Straftaten verhindern wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass es möglichst wenige Menschen gibt, weil das sozusagen – – –

(Heiterkeit und Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wo leben Sie denn?)