Protocol of the Session on January 26, 2017

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einige grundsätzliche Ausführungen zu dem Thema Gefährder und zu den weiteren Punkten machen, die immer wieder angesprochen wurden. Ich will noch einmal an das schreckliche Attentat auf den Weihnachtsmarkt erinnern und will uns allen in Erinnerung rufen, dass zwölf Menschen getötet und 65 zum Teil schwer verletzt wurden. Das ist ein Teil der Ausgangslage, über die wir heute diskutieren.

Die Aufarbeitung ist im Gange. Erste Informationen wurden über die Ausschussberatungen im Bundestag vorgelegt. Wir erwarten noch mehr Aufklärung und Aufhellung der Ereignisse.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Polizeien des Bundes und der Länder stufen der politisch motivierten Kriminalität zuzuordnende Personen als Gefährder ein, wenn ihnen, also den Polizeien des Bundes und der Länder, Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass diese Menschen in Zukunft schwere Straftaten verüben werden. Dieser nur im polizeilichen Sprachgebrauch verwendete Begriff dient dem Ziel, die polizeilichen Maßnahmen zu priorisieren und über Ländergrenzen hinweg zu harmonisieren.

An diese Prognose knüpft die Polizei bundesweit ein Maßnahmenkonzept, das zum Beispiel den Austausch und die fortlaufende Aktualisierung aller personenbezogenen Erkenntnisse in sogenannten Personagrammen und die Ausschreibung in den polizeilichen Informationssystemen vorsieht.

Weitere Maßnahmen ergreifen die Ermittlungsbehörden je nach rechtlicher Zulässigkeit und Erforderlichkeit des Einzelfalles. Die Sicherheitsbehörden aktualisieren – die Zahl 548 Personen bundesweit ist genannt worden – und verdichten fortlaufend ihre Informationen zu erkannten Islamisten. Vor dem Hintergrund dieser sich kontinuierlich verändernden Erkenntnislage schwankt die Zahl der eingestuften Gefährder bedingt durch Ein- und Ausstufungen fortwährend.

Auch das ist eben erwähnt worden, der absolute Schwerpunkt sind die erkannten Islamisten. Wir hatten auch Rechtsradikale und andere im Blick.

Die Polizei Rheinland-Pfalz hat mit Stand 18. Januar 2017 14 Personen als Gefährder eingestuft. Ich werde gleich noch etwas genauer darauf eingehen. Die Hälfte der rheinland-pfälzischen Gefährder hält sich derzeit nicht in Deutschland auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die von den Gefährdern ausgehende Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes – darum geht es letztendlich – ist durchaus unterschiedlich einzuschätzen. Nicht in allen Fällen haben die Sicherheitsbehörden Erkenntnisse, dass diese Anschläge in Deutschland planen oder gar vorbereiten. Die prognostizierten Straftaten können auch in der Verbreitung von Propaganda ausländischer Terrororganisation bestehen oder der Werbung und Rekrutierung neuer Anhänger, womit ich diese Aktivitäten nicht kleinreden möchte.

Manche der Gefährder beabsichtigen, sich zur sogenannten terroristischen Ausbildung ins Ausland zu begeben oder dort tatsächlich an Kampfhandlungen teilzunehmen.

Als Gefährder wird auch eingestuft, wer eine logistische Unterstützung islamistischer Gruppierungen in der Form von Beschaffung von Kampfausrüstung oder von Finanzmitteln plant. Sie haben vor wenigen Wochen mitbekommen, dass unter diesem Verdacht eine Person an der Ausreise gehindert wurde.

Damit ich auch hier richtig verstanden werde: Jede dieser Handlungen ist gleichermaßen verabscheuungswürdig und muss auf die entschiedene Gegenwehr des Staates treffen. Jedoch müssen sich im jeweiligen Einzelfall von den Sicherheitsbehörden zu ergreifenden Maßnahmen immer am konkreten Einzelfall orientieren, darauf abstellen, ob der Gefährder als potentieller Attentäter, Werber oder Logistiker eingestuft wird.

Welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, analysieren und bewerten speziell geschulte Beamte, die Gefährdersachbearbeiterinnen und -sachbearbeiter der Polizeibehörden.

Um zukünftig eine bessere Koordinierung der Überwachung zu gewährleisten, wird das Landeskriminalamt hier in Rheinland-Pfalz diese Aufgaben landesweit übernehmen und dazu mit mehr Personal ausgestattet. Sofern im Einzelfall die Notwendigkeit besteht, den aktuellen Aufenthalt eines Gefährders zu kennen, können die rheinlandpfälzischen Spezialeinheiten auch heute schon Gefährder rund um die Uhr observieren. Die Sicherheitsbehörden haben dazu die rechtlichen und auch die tatsächlichen Möglichkeiten in personeller und technischer Hinsicht.

Damit solche Observationen zukünftig bei noch mehr Gefährdern gleichzeitig oder über eine längere Zeit durchgeführt werden können, werden wir die Spezialeinheiten der Polizei um zwei Observationsgruppen und eine Technikgruppe mit insgesamt 40 Beamtinnen und Beamten und die des Verfassungsschutzes um eine Gruppe mit zehn Kräften verstärken. Auch dies ist ein Ergebnis des Spitzentreffens zur Sicherheit, zu dem die Ministerpräsidentin am vergangenen Freitag eingeladen hatte.

In vielen Fällen sind die Sicherheitsbehörden darauf angewiesen, dass sie Erkenntnisse zu einem bestimmten Gefährder zusammentragen können, ohne – darüber haben wir eben viel diskutiert – dass der Betroffene davon weiß und sein Handeln – darum geht es auch – darauf einstellen kann. In solchen Fällen käme der Einsatz der sogenannten Fußfessel daher nicht in Betracht.

Die elektronische Aufenthaltsüberwachung von Gefährdern kann in den Fällen, in denen die Polizei offen ermittelt, was beim Gefährderkomplex eher selten der Fall sein wird, eine präventive Wirkung entfalten und zur Verhütung schwerer Straftaten beitragen. Gleichwohl handelt es sich bei diesen Maßnahmen um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff, sodass sehr genau zu prüfen sein wird, unter welchen Voraussetzungen eine elektronische Aufenthaltsüberwachung gesetzlich zugelassen werden kann. Ob es dann sinnvoll ist – es ist ein Grundrechtseingriff, der vor Gericht begründet werden muss, da muss offengelegt werden –, alle Erkenntnisse offenzulegen, werden wir oftmals verneinen müssen. Das gehört auch zur praktischen Erfahrung dazu.

Der Bund beabsichtigt, sowohl das Aufenthaltsgesetz dahin gehend zu ändern, als auch im Gesetz über das Bundeskriminalamt eine entsprechende Befugnisnorm aufzunehmen. Anhand dieser Befugnisnorm wird die Landesregierung prüfen, ob und in welcher Ausgestaltung eine Ermächtigung für eine elektronische Aufenthaltsüberwachung in das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz eingeführt werden kann. Wir werden dies hier diskutieren.

Der Arbeitskreis Innere Sicherheit der Innenministerkonferenz (IMK) wird bereits am 31. Januar 2017 anlässlich einer Sondersitzung die Thematik erörtern und das weitere Vorgehen abstimmen.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat darüber hinaus bereits am 2. Januar 2017 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches übermittelt, nachdem der Kreis der verurteilten Straftäter erweitert werden soll, für die eine elektronische Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht angeordnet werden kann. Zukünftig sollen Straftäter, die wegen einer oder mehrerer Straftaten, der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Terrorismusfinanzierung oder der Unterstützung inund ausländischer terroristischer Vereinigungen eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren vollständig verbüßt haben, mittels sogenannter Fußfesseln überwacht werden können. Es muss da schon ein langer Vorlauf vorhanden sein.

Wir begrüßen diese Gesetzesinitiative auch im Rahmen meiner Ausführungen, die ich zu dem Komplex insgesamt gemacht habe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, acht der in Rheinland-Pfalz eingestuften Gefährder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, wovon drei daneben über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügen. Fünf Gefährder sind ausländische Staatsangehörige, einer ist staatenlos.

Bei der Erarbeitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen nichtdeutsche Gefährder funktioniert die interministerielle Zusammenarbeit. Das will ich ausdrücklich feststellen. Das zuständige Fachreferat des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz prüft in der Arbeitsgruppe Rückführung ausländischer Gefährder gemeinsam mit Polizei und Verfassungsschutz seit mehr als zehn Jahren fortlaufend möglichen aufenthaltsrechtlichen Handlungsbedarf.

Auf Initiative von Ministerpräsidentin Malu Dreyer haben wir am 20. Januar gemeinsam mit den Kollegen Justizminister Herbert Mertin, Integrationsministerin Anne Spiegel und den Expertinnen und Experten aller unserer Häuser beim Spitzentreffen Sicherheit in der Staatskanzlei wichtige Maßnahmen für mehr Sicherheit in Rheinland-Pfalz beschlossen und uns dabei auch sehr intensiv mit der Frage der Abschiebehaft befasst. Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind und von denen eine Terrorgefahr ausgeht, müssen in Abschiebehaft genommen werden. Die Landesregierung wird deshalb gesetzgeberische Initiativen auf Bundesebene zur Einführung eines neuen Haftgrundes Terrorgefahr unterstützen.

Die Voraussetzungen für die Anordnung und die Verlängerung der Haft müssen in diesen Fällen verbessert werden. Auch darüber sind wir uns einig.

Darüber hinaus wird bei der Abschiebehaft eine Bündelung der Verfahren angestrebt. Mit den Maßnahmen, die ich Ihnen vorgestellt habe, finden wir weitere richtige Antworten auf die terroristische Bedrohungslage. Ihres Antrages – das darf ich an der Stelle betonen – hätte es daher nicht bedurft. Im Gegensatz zu ihrer Fraktion, lieber Kollege Lammert, wissen wir, dass plakative Maßnahmen allein nicht zum Ziele führen. Das haben wir oft diskutiert. Strafverschärfung allein – und immer wieder gefordert – helfen uns nicht weiter.

Jede Bedrohungslage erfordert angemessene Antworten. Das ist wohl wahr. Die Handlungsbereitschaft des Staates bemisst sich nicht an den Anwendungen oder der Schaffung des einen oder anderen Instrumentes. Maßnahmen zur Überwachung von Gefährdern sind unerlässlich. Das wissen wir nicht erst seit heute.

Dort, wo einzelne Maßnahmen tatsächlich zur Sicherheit beitragen und nicht nur und ausschließlich zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls dienen, wird diese Landesregierung alles dafür tun – ich will das ausdrücklich betonen und unterstreichen –, die Menschen RheinlandPfalz zu schützen und diejenigen mit allen rechtsstaatlich gebotenen Mitteln zu verfolgen, die unsere Demokratie und unser Gesellschaftsmodell angreifen wollen. Dafür steht diese Landesregierung. Dafür stehe ich als Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz. Dafür steht unsere Polizei. Dafür steht unser Verfassungsschutz.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Gibt es einen Antrag auf Ausschussüberweisung? – Das ist nicht der Fall. Dann wird über den Antrag unmittelbar abgestimmt.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/2082 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:

Tierschutzbericht 2014/2015 Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 17/1932) auf Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/2065 –

Gibt es hierzu Wortmeldungen? – Herr Abgeordneter Rahm hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident Hering, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Der aktuelle Tierschutzbericht des Landes Rheinland-Pfalz fasst die vielfältigen Aktivitäten des Landes und die teilweise noch vorhandenen Problemlagen und Herausforderungen zusammen.

Ich denke, es ist bemerkenswert, wie viel Rheinland-Pfalz auch auf der Ebene des Bundesrates angestoßen hat, um Verbesserungen im Tierschutz zu erreichen. Ich darf an das Verbot des Tötens männlicher Eintagsküken erinnern, das der Bundesrat fordert und das ab dem 1. Juni 2017 greifen soll. Hier war es an der Zeit, nach Alternativen zu suchen, die gängige und grausame Praxis des Kükenschredderns abzuschaffen.

Ein wichtiger Schritt für mehr Tierschutz ist die Einführung des Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände in Rheinland-Pfalz. Das Gesetz ermöglicht es Verbänden, zum Beispiel schon bei der Genehmigung zur Tierhaltung mitzuwirken, beispielsweise bei großen Mastanlagen. Bei Verstößen gegen das Tierschutzrecht können sie klagen, etwa bei Tierversuchen an Wirbeltieren.

Rheinland-Pfalz hat sich neben rechtlichen Rahmenbedingungen ebenso mit dem Vollzug tierschutzrechtlicher Vorschriften, der Tierhaltung, Tierschutzindikatoren, der Zucht von Heimtieren, dem Transport von Tieren, dem Töten und Schlachten von Tieren sowie mit der Jagd und Fischerei und Tierversuchen auseinandergesetzt.

Zahlreiche Initiativen wurden auf den Weg gebracht, um den Tierschutz weiter zu stärken. So hat sich die Landesregierung unter anderem in Arbeitsgruppen zur Fleischkennzeichnung oder zur Verbesserung der Haltungsbedingungen landwirtschaftlicher Nutztiere eingebracht.

Das sind Themenfelder, die von Rheinland-Pfalz betreut und entwickelt wurden. Meine Damen und Herren, auf diese Erfolge kann man stolz sein; denn Rheinland-Pfalz hat imTierschutz eine gute Tradition. Der Tierschutz hat in Rheinland-Pfalz eine herausragende Bedeutung.

„Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet. Sie werden im Rahmen der Gesetze vor vermeidbaren Leiden und Schäden geschützt.“ So heißt es in Artikel 70 der rheinlandpfälzischen Landesverfassung.

Wir müssen uns die besondere Verantwortung, die wir als Menschen für unsere Mitgeschöpfe haben, immer wieder vor Augen führen. Rheinland-Pfalz hat sich auf Bundes

ebene mit zahlreichen Initiativen zum Beispiel für bessere Haltungsbedingungen bei Legehennen oder für bessere Transportbedingungen stark gemacht.

Leider sind viele Ländervorschläge für mehr Tierschutz von der Bundesregierung nicht aufgegriffen worden. Ein großer Erfolg ist es jedoch, dass auf Initiative von Rheinland-Pfalz der Käfighaltung von Hühnern endlich ein Ende gesetzt wurde.

Meine Damen und Herren, die Verbraucherinnen und Verbraucher – da machen wir uns nichts vor – lehnen inzwischen Produkte aus Qualhaltung ab. Es hat sich beispielsweise bei Eiern eindeutig gezeigt, dass über die Tierhaltung an der Ladentheke entschieden wird.

Das Umweltministerium – das haben wir heute Morgen in der Fragestunde schon gehört – hat sich daher auch für eine bundeseinheitliche Kennzeichnung der Haltungsform bei eierhaltigen Produkten sowie bei Frischfleisch starkgemacht.

Leider wird unter Bundesagrarminister Christian Schmidt, CSU, das Thema Tierwohllabel gerade zur Luftnummer degradiert. Meine Damen und Herren, die Landesregierung fordert nicht nur eine artgerechte Tierhaltung, sie fördert sie auch.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Instrument zur Verbesserung der Haltungsbedingungen ist das Agrarinvestitionsförderprogramm. RheinlandPfalz orientiert sich daran, Fördermittel, die in der Investitionsförderung in der Landwirtschaft eingesetzt werden, an Tierschutzgesichtspunkten auszurichten. Mit den Förderregelungen sollen artgerechte Haltungssysteme gefördert werden.

Wir haben wirklich schon viel im Tierschutz erreicht. Ein wesentlicher Punkt ist es allerdings meines Erachtens auch, dass man Maß hält. Bei allem, was angestoßen wird, muss man auch die Auswirkungen im Blick haben, das heißt, ob das nicht alles dazu führt, dass es zu Auslagerungen kommt.

Ich erinnere nochmals an die Fragestunde heute Morgen und an das Ukraine-Beispiel von Ministerin Höfken. Es ist keinem Tier geholfen, wenn es in Zukunft in Anlagen gehalten wird, die in Ländern mit niedrigeren Standards stehen und dazu noch von uns subventioniert werden. Auch hier muss Augenmaß behalten werden. Man kann Landwirte auch überfordern. Genau das wollen wir nach meinem Empfinden alle zusammen nicht.