Protocol of the Session on September 16, 2016

Die digitale Entblößung schreitet voran, ob in sozialen Netzwerken, beim Einkaufen, beim Benutzen von Suchmaschinen, von Verkaufsplattformen, neuerdings auch am Smart-TV im Smart Home, durch das Quantified Self, also der Selbstvermessung beim Sport, bei der Digitaltechnik im Auto. Der Mensch produziert Unmengen an Daten, die

er gewollt, aber oftmals auch unbewusst und ungewollt zur Weiterverwendung und Profilerstellung bereitstellt.

Bei allen Vorteilen, die uns die digitale Welt bietet und mit sich bringt, ist es die Aufgabe des Datenschutzes, hier einen Gegenpol zu setzen, und zwar vor allem durch Aufklärung und Sensibilisierung. Das geschieht schon sehr früh bei Kindern und Jugendlichen. Ich nenne die Workshops für Schülerinnen und Schüler. Hier geht es um die Vermittlung von Medienkompetenz, genauer um digitale Kompetenz. Der Medienkompass und die Ausbildung von über 2.000 Lehrkräften als Jugendmedienschutzberater und von 1.300 Schülerinnen und Schülern als Medienscouts sind der richtige Weg, früh anzufangen und aufzuklären.

Meine Damen und Herren, die Internetplattform „YOUNGDATA“ zur Förderung der Medienkompetenz junger Menschen hat sich über Rheinland-Pfalz hinaus zu einem bundesweiten Erfolgsmodell entwickelt. Die Aufklärung geschieht aber darüber hinaus sehr niedrigschwellig, und zwar durch die Beantwortung von mehreren Tausend Anfragen der Bürgerinnen und Bürger im Berichtszeitraum, der öffentlichen Stellen und zunehmend auch der Unternehmen.

Es geht um ganz praktische Anwendungsbereiche, zum Beispiel die Frage, ob eine Videoüberwachung zulässig ist, ob eine Drohne über mein Grundstück kreisen darf, ob Fotos oder Videos aus dem Kindergarten oder aus der Schule veröffentlicht werden dürfen, und was ich beachten muss, um den betrieblichen Datenschutz umzusetzen. Es geht um eine ganze Palette von sehr praktischen Fragen. Ich glaube, dass in Zukunft der Fokus verstärkt auf den unternehmerischen Datenschutz gelegt werden muss. Allein schon durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Safe-Harbor-Abkommen ist der Datentransfer in die USA völlig neu zu regeln.

Auch die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die ab 2018 ihre Wirkung entfalten wird, wird die Unternehmen zunehmend verpflichten. Deshalb ist es sehr zu begrüßen – das kommt im Bericht zum Ausdruck –, dass der Landesbeauftragte ein sehr konstruktives Miteinander mit den Unternehmen pflegt, etwa der Austausch auf der Ebene der Landesdatenschutzkonferenz und der Beschreibung von Qualitätskriterien beim Ausbau der Auditierung und der Zertifizierung. Es muss am Ende darum gehen, dass sich Betriebe durch ein Gütesiegel einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Ich darf feststellen, dass die Kooperation des Landesbeauftragten mit den Unternehmen mittlerweile ein Standortfaktor und ein Standortvorteil für Rheinland-Pfalz ist.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, effektiver Datenschutz funktioniert nicht ohne Eingriffe und Restriktionen. Im Falle des Bußgeldverfahrens gegen die Debeka wurde das mustergültig gezeigt. Durch das Eingreifen des Landesbeauftragten konnte das unrechtmäßige Datensammeln von potenziellen Versicherungskunden unterbunden und im Einvernehmen mit der Debeka eine Stiftungsprofessur für den Datenschutz an der Uni Mainz eingerichtet werden.

Dieser Fall zeigt exemplarisch auf, wie durch Pragmatismus und durch Geschick ein gutes Ergebnis im Sinne des Datenschutzes erzielt werden konnte, das insgesamt in die Wirtschaft hineingewirkt hat.

Meine Damen und Herren, der Bericht zeigt deutlich auf, dass die Aufgaben des Landesbeauftragten und des Datenschutzes insgesamt nicht weniger werden. Die Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der Richtlinien für Polizei und Justiz werden einen starken Einfluss auf das öffentliche Recht und die Wirtschaft nehmen. Hier kommt auf den Landesbeauftragten eine Riesenaufgabe bei der Bewältigung der Rechtsetzung und Implementierung zu. Es geht um die Anwendungsgebiete in allen Lebensbereichen, und zwar von der Freizeit, der Arbeit, zum Haushalt bis hin zur Telemedizin und den zunehmenden Einsatz von Videoüberwachung und Drohnen. Hier bedarf es Regelungen und einer weiteren Aufklärung.

Meine Damen und Herren, fünf Minuten Redezeit lassen nur kurze Betrachtungen zu diesem doch sehr umfassenden und guten Bericht zu. Die Lektüre ist absolut zu empfehlen. Er ist nicht nur lesenswert, sondern auch in hohem Maß anerkennenswert.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstes hat Frau Abgeordnete Demuth von der CDUFraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zum schönsten Tagesordnungspunkt des Tages, auf den wir uns alle gefreut haben. Das ist ein sehr spannender Punkt, wie Herr Sippel schon ausgeführt hat. Auch ich freue mich, heute zum Fünfundzwanzigsten Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten, lieber Herr Kugelmann, sprechen zu dürfen. Ich möchte gerne einige Ausführungen zu dem Thema machen. Auch ich werde mich kurz und bündig halten.

In dem Bericht gibt es 14 Handlungsfelder zu den Themen Medien, Bildung, Polizei, Soziales, Gesundheit, Justiz, Kommunales und Meldewesen, Verbraucherschutz, Verkehr, Finanzen und einige mehr, die sehr schön aufzeigen, dass der Datenschutz ein Thema ist, das eigentlich in all unseren Lebensfeldern täglich bei uns allen sehr präsent ist und in allen Lebensfeldern eine Rolle spielt. Wie der Bericht zeigt, haben wir hier eine sehr dynamische Entwicklung. Dort wechseln schnell die Aufgabenfelder und auch Themengebiete, die in den Fokus rücken. Eigentlich ist es gar keine trockene und langatmige Materie, sondern ein sehr spannendes Thema, das uns alle betrifft. Darauf gehe ich gleich noch ein.

Keine Sorge. Herr Sippel hat es schon schön ausgeführt. Ich will nicht noch einmal wiederholen, welche schönen Bemühungen – – –

(Zuruf des Abg. Benedikt Oster, SPD)

Benedikt, ich lese es dir später vor – du brauchst keine Sorge zu haben –, und zwar so ausführlich, wie du es gern hättest. Ich möchte die Zeit nicht überziehen, deshalb für alle anderen nur kurz. Im Bildungsbereich macht der Datenschutzbeauftragte sehr viel. Auch die Initiativen gerade in den Unternehmen und der Wirtschaft sind sehr gut.

Herr Kugelmann, ich finde besonders die jährliche Landeskonferenz mit den Vertretern aus der Politik, der Wirtschaft und den Verbänden sehr gut, um dort Aufgabenfelder abzustecken, die gerade im Fokus des Interesses für die Wirtschaft sind.

Ich gehöre der neuen Generation an, die sehr viel mit neuen Medien kommuniziert.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich auch!)

Sie auch. Deshalb werden Sie mir vielleicht zustimmen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)

Auch ich denke, dass nicht alles im Detail geregelt werden muss. Man muss sehr gut entscheiden, ob es überhaupt nötig ist, über eine Vereinbarung eine Regelungsidee im Detail in einem Gesetz zu verankern, oder ob es sinnvoller ist zu überlegen, ob man auf anderem Wege zu dem Ziel findet, dass Menschen verantwortungsvoll miteinander umgehen.

Da komme ich auf einen aktuellen Punkt aus der Sitzung der Datenschutzkommission am vergangenen Dienstag zu sprechen. Dort hat uns der Datenschutzbeauftragte die neue Regelung zur Nutzung sozialer Medien durch öffentliche Stellen, die neue Rahmenvereinbarung, vorgestellt. Dort geht es um den Umgang der öffentlichen Behörden vor allen Dingen mit WhatsApp und Facebook. Es ist angeraten, dass weiterhin zum Beispiel die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen nicht über WhatsApp kommunizieren und Facebook nutzen. Ich muss ehrlich sagen, das ist für mich ein Fall, bei dem die Realität schon längst die Vorschrift überholt hat. Es wäre wesentlich zielführender, einen unterstützenden Umgang mit diesen Medien darzustellen und Handlungsanweisungen dafür zu geben, als das grundsätzlich zu verbieten. Das macht wenig Sinn.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Da ist was dran!)

Ich glaube, das ist nicht zielführend, um zu erreichen, dass man kompetent mit den neuen Medien umgeht.

(Beifall der CDU)

Ich komme noch zu einem Thema, das den Umgang mit unseren ganz persönlichen Daten betrifft; denn natürlich macht der Datenschutzbeauftragte viel im öffentlichen Bereich, aber auch viel im Umgang mit den persönlichen Daten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da haben wir einen Bereich, um den wir uns einmal kümmern sollten. So haben Sie vielleicht auch einen Korrekturabzug des neuen Abgeordnetenhandbuchs bekommen, das schön aufzeigt, dass gerade unsere sensiblen persönlichen Daten für je

den im Internet frei zugänglich sind, nämlich auf den ersten Klick direkt auf der Seite des Landtags, aber sie sind mittlerweile auch auf vielen anderen Internetseiten zu finden.

Wir sollten darüber vielleicht nachdenken; denn es kann sicherlich nicht im Sinne des Datenschutzbeauftragten sowie unserer Sicherheits- und Polizeikräfte sein, wenn zum Beispiel gerade von prominenten Kabinettsmitgliedern, die zeitgleich auch noch ein Mandat haben und Personenschutz genießen, die persönliche Adresse direkt auf den ersten Blick im Internet zu finden ist.

Das ist sicherlich kontraproduktiv. Da sollten wir vielleicht einmal schauen, ob wir uns damit beschäftigen können und ob wir da noch Nachholbedarf über den Landtag und die Landtagsverwaltung haben. Wir sollten uns einmal darum kümmern, ob es sinnvoll ist, dass unsere Daten für jeden auf den ersten Blick im Internet zu finden sind und jeder unsere Privatanschrift findet.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist das bei Volksvertretern!)

So ist das bei Volksvertretern, lieber Martin Haller, aber wir hatten vor der Wahl den Fall, dass uns zum Beispiel der III. Weg privat kontaktiert hat. Das war der Fall, weil sich alle unsere Privatadressen im Internet befinden. Da könnten wir also vielleicht noch etwas tun.

Wie Sie sehen, es ist ein spannendes Handlungsfeld, das uns alle betrifft.

Lieber Herr Kugelmann, zum Schluss möchte ich für die gute Arbeit, für den sehr umfangreichen, tollen Bericht Danke schön sagen. Wir werden sicherlich im Zuge der Haushaltsberatungen die Gelegenheit haben, über den nötigen Zuwachs an Mitarbeitern ausführlich zu sprechen. Ich freue mich auf die Arbeit in den nächsten fünf Jahren in der Kommission und sage herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Als Nächster hat Herr Abgeordneter Wink von der Fraktion der FDP das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kollegin, werte Kollegen, sehr geehrter Herr Professor Kugelmann! Viele Menschen nutzen soziale Netzwerke, bestellen über Onlineshops oder lassen Ihre Gesundheitsdaten über diverse Fitnessapps messen. Der digitale Fortschritt macht dies möglich. Gleichzeitig werden aber auch über nationale Grenzen hinweg explosionsartig Daten produziert, gespeichert und verarbeitet. Unternehmen wollen dadurch zum Beispiel Informationen über das Verhalten ihrer Kunden gewinnen. Die Folge aus allem: Die Bürger haben oftmals – dies auch ungewollt – die Kontrolle darüber verloren, wer welche Daten von ihnen gespeichert hat und wie er sie verwendet.

Wir Freie Demokraten wollen, dass in Deutschland jeder die Chancen der Digitalisierung nutzen kann und gleichzei

tig sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung behält. Daher setzen wir auf zeitgemäße und internationale Datenschutzabkommen sowie die Sensibilisierung der Bürger für mehr Bewusstsein im Umgang mit ihren persönlichen Daten. Staatliche Sammelwut lehnen wir nach wie vor ab.

(Beifall der FDP, bei der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das oberste Gebot sollte der legitime Informationsanspruch der Bürger auf ihre Daten sein. Daher setzen wir vor allem auf die Aufklärung der Menschen über die Möglichkeiten des eigenverantwortlichen Selbstdatenschutzes. Dazu ist die Arbeit von Ihnen, sehr geehrter Herr Professor Kugelmann, und Ihren Mitarbeitern ein unverzichtbarer Baustein. Der Datenschutzbericht spiegelt den Bürgern, der Öffentlichkeit und der Politik die Aufgaben und Probleme des Datenschutzes in Rheinland-Pfalz wider.

Leider reicht meine Redezeit von fünf Minuten nicht aus, um auf alle 120 Seiten des Berichts einzugehen. Daher erlaube ich mir einzelne, der FDP-Fraktion besonders wichtige Punkte hervorzuheben.

In einer globalisierten Welt ist der Wettkampf der besten Ideen und Lösungen von Alltagsproblemen Realität. Dass hierbei nicht nur auf Forschung und Entwicklung gesetzt wird, sondern auch Wirtschaftsspionage zum Mittel geworden ist, muss leider festgestellt werden. Daher begrüßen wir es sehr, dass Sie wie im vergangenen Oktober die Erhöhung des Datenschutzes von kleinen und mittleren Unternehmen zum Thema gemacht haben.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch Herrn Minister Wissing für seine Bemühungen um eine Studie zur ITSicherheit im KMU-Bereich danken und ihn darin unterstützen.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf die Datenschutzzertifizierung und das Datenschutzsiegel Bezug nehmen. Diese und die damit verbundenen Auflagen, die eine akkurate Einhaltung des Datenschutzes gewähren, können ein wertvolles Instrument sein. Damit aber solche Gütesiegel und Zertifizierungen vom Verbraucher wertgeschätzt werden, bedarf es klarer Auflagen. Herr Professor Kugelmann, wir teilen Ihre Ansicht, dass hierbei erstens ein transparenter Katalog geeigneter Anforderungen zugrunde liegen muss, zweitens eine fachkundige, unabhängige Stelle zu prüfen, zu evaluieren und zu bestätigen hat und drittens das Siegel zeitlich befristet sein muss und bei Nichterfüllung entzogen werden darf.

Abschließend möchte ich für meine Fraktion noch auf eines unserer Herzensthemen eingehen. Selbstbestimmung und die Freiheit machen unser Land zu dem, was es ist, ein Ort, an dem jeder sich verwirklichen kann. Wer hart für sein Geld arbeitet, darf darüber frei innerhalb der Gesetze verfügen. Das bargeldlose Zahlen ist selbstverständlich eine tolle und sehr angenehme Möglichkeit, die unsere digitale Gesellschaft gerne annimmt. Allerdings muss uns allen klar sein, dass hierdurch das Bargeld an sich dennoch unberührt bleiben muss; denn Bargeld ist geprägte Freiheit. Wenn ich das möchte, geht es niemanden etwas an, wann ich wo mein Auto betankt habe oder wann ich wo bei welchem Winzer meinen Weißburgunder gekauft