Protocol of the Session on September 16, 2016

auf die Deutsche Bahn in Dortmund und Koblenz im Jahr 2006. Weitere könnten genannt werden.

Die jüngsten Anschläge richten sich konkret gegen mehrere sogenannte weiche Ziele. Offensichtlich wurden diese Ziele bewusst ausgesucht, um neben hohen Personenund Sachschäden eine größtmögliche Verunsicherung und Beunruhigung der Bevölkerung zu erreichen. Daneben stehen auch Sicherheitsorganisationen bzw. deren Mitarbeiter im Fokus von agierenden Tätern.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung wird vor diesem Hintergrund die Leistungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden und insbesondere der Polizei nachhaltig gewährleisten und ausbauen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Die Anschläge in Frankreich, Dänemark und Belgien dokumentieren deutlich, dass die Sicherheitsbehörden mit einem veränderten Täterverhalten konfrontiert sind. Die Terroristen verfügen über militärische Tatmittel, insbesondere vollautomatische Langwaffen, Munition und Sprengmittel, panzerbrechende Waffen, militärische Schutzausstattung und eine militärische Ausbildung.

Die Täter setzen ihre Waffen rücksichtslos und gezielt zur wahllosen Tötung von Menschen ein. Sie agieren arbeitsteilig und autark an mehreren Tatorten und suchen immer wieder die bewusste Konfrontation mit am Tatort eintreffenden Polizeibeamten. Sie flüchten nicht bei Eintreffen der Polizei, sondern gehen aktiv und rücksichtslos gegen Sicherheitskräfte vor. Der eigene Tod ist dabei Teil des Tatplans, Stichwort Selbstmordanschläge, oder wird bewusst in Kauf genommen.

Zu Frage 2: Die Bewertung der Experten aus Bund und Ländern sieht im Hinblick auf das militärische Vorgehen und die Bewaffnung der Täter einen Bedarf, die vorhandene Schutzausstattung auch gerade für Erstinterventionskräfte zu verbessern, also für die Polizistinnen und Polizisten der Polizeidienststellen, die in der Regel als Erste vor Ort sind.

Aufgrund dieser Empfehlung hat die Polizeiabteilung im Innenministerium ein abgestuftes Konzept zur Optimierung der Ausstattung entwickelt. Das Maßnahmenpaket umfasst auch die Beschaffung von schweren Schutzwesten, sogenannten Plattenträgersystemen der Schutzklasse 4 und ballistische Halbschalenhelme der Schutzklasse 1, jeweils in zweifacher Ausführung für ca. 430 Dienstfahrzeuge. Mit dieser fahrzeuggebundenen Ausstattung, Stichwort auch Schutzdecken, Maschinenpistolen, werden wir in der Erstausstattung den operativ tätigen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten den bestmöglichen Schutz zur Verfügung stellen. Damit wird ihre passive Sicherheit im Übrigen nicht nur bei terroristischen Lagen, sondern auch in gewalttätigen Alltagslagen deutlich erhöht.

Das Investitionsvolumen beträgt ca. 2,2 Millionen Euro. Erste Beschaffungen sollen bereits 2016 realisiert werden. Wir beginnen mit den Dienstfahrzeugen von Dienststellen in den Oberzentren und in Grenznähe. Die übrigen Dienststellen sollen im Folgejahr 2017 ausgestattet werden. Ebenso ist geplant, die Streifenwagen mit einer zweiten Maschinenpistole auszustatten.

Zu Frage 3: Die Analyse der Terroranschläge zeigt, dass die Polizei sich auf die verschiedensten Szenarien einstellen muss. Dabei ist die Gefährdungslage zu Beginn oftmals unklar. Der konzeptionelle Ansatz wurde daher deutlich breiter gefasst.

Die weiterentwickelte Einsatzkonzeption trägt der terroristischen Bedrohung stärker Rechnung und kann darüber hinaus bei einer Vielzahl von denkbaren lebensbedrohlichen Einsatzlagen angewendet werden. Anschläge, Geiselnahmen und Bedrohungslagen will ich nennen.

Alleine mit der Beschaffung der Ausstattung ist es nicht getan. Wir brauchen ein breites Trainingsportfolio. Das hat die Hochschule der Polizei entwickelt. Auch dort gehen wir so vor: zunächst die Ober- und Mittelzentren sowie die Grenzdienststellen und dann alle anderen Dienststellen.

Sie wissen, dass wir auf die Anschläge auf Charlie Hebdo und die weiteren Einrichtungen in Paris am 7. Januar 2015 sehr schnell und möglicherweise sogar als erstes Bundesland reagiert haben. Wir haben 1,7 Millionen Euro für die Ausstattung und Optimierung der Ausstattung der Spezialeinheiten eingesetzt. Neben der Anschaffung von Spezialfahrzeugen, unter anderem ein sondergeschütztes Gruppenfahrzeug – dabei reden wir direkt einmal über eine halbe Million Euro –, und der weiteren Beschaffung schwerer Schutzausstattung konnten auch die weiteren Mitteldistanzwaffen und Nachtsichttechniken beschafft werden.

Die geplante Zusammenlegung von SEK, MEK und K 16 in einer Organisation „Abteilung Spezialeinheiten“ bei der Bereitschaftspolizei ist eine weitere wichtige Maßnahme, die der terroristischen Bedrohung Rechnung trägt. Sie wird zum 1. Oktober dieses Jahres umgesetzt.

Wir werden dann insgesamt sechs regionale und personell verstärkte MEK-Observationsgruppen haben und die Stärkung zentraler und die Schaffung dezentraler Technikgruppen der Spezialeinheiten zur Unterstützung operativer Maßnahmen umsetzen.

Sie wissen, dass wir damit umfangreiche Synergien verbinden – wir haben das intensiv im Innenausschuss besprochen – und eine deutlich schnellere Verfügbarkeit außerhalb der regulären Dienstgruppen. Die Spezialeinheiten der Länder und des Bundes, unter anderem GSG 9, arbeiten in Aus- und Fortbildung und insbesondere in Einsatzlagen sehr eng und vertrauensvoll zusammen. Wir hatten gerade jetzt in der Abwicklung der Vorbereitung unter rheinland-pfälzischer Federführung eine bundesweite Übung der Spezialeinheiten.

Damit denke ich, die Anfrage beantwortet zu haben.

Danke.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Kollege Lammert.

Herr Minister, eine Frage: Sie sprachen von der Beschaffung von einem gepanzerten Fahrzeug. Ist denn die Beschaffung von weiteren gepanzerten Fahrzeugen vorgesehen, wie zum Beispiel dem neuen geschützten Fahrzeug Survivor?

Wir haben als einzige Polizei für den Einsatzbereich des Rhein-Main-Gebietes das eben von mir angesprochene Gruppenfahrzeug, ohne näher darauf einzugehen. Das kann sich der Innenausschuss gerne einmal anschauen. Damit decken wir das gesamte Rhein-Main-Gebiet ab.

Wir sind hier also sehr gut aufgestellt. Ob weitere Beschaffungsnotwendigkeiten seitens der Spezialeinheiten ausgearbeitet werden, kann ich im Moment nicht sagen. Ich werde sofort informieren, wenn Fahrzeuge dieser Art beschafft werden.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Noss.

Herr Minister, der Terrorismus macht an der Landesgrenze nicht halt. Wie ist gewährleistet, dass wir auch mit den benachbarten Bundesländern kompatibel zusammenarbeiten können, sodass das Ganze ein einheitliches Bild ergibt?

Zunächst einmal ist es über die Gremien der Innenministerkonferenz gewährleistet, dass wir sehr einheitlich aufgestellt sind. Natürlich ist die Frage der Investition etc. immer Landessache. Ich kann sagen, unsere Spezialkräfte sind im Bundesbereich ganz vorne mit dabei, was Ausbildung und Ausstattung betrifft.

Wir arbeiten – das Beispiel München hat es gezeigt – in abgestimmten Konzepten mit den Nachbarländern und den Spezialkräften der Bundespolizei – GSG 9 habe ich genannt, andere könnte man nennen, die neue BFE des Bundes zum Beispiel – sehr eng zusammen. In München war es sehr schnell klar, diesen Einsatz können die bayrischen Kräfte nicht allein bewältigen. Dann kamen sofort Baden-Württemberg und in Folge Hessen ins Spiel. Wir wären die Nächsten gewesen, die dann abgelöst oder verstärkt hätten, je nachdem, wie sich die Lage entwickelt hätte.

Wenn sich eine Lage über mehrere Tage entwickelt, sind die Spezialkräfte eines Bundeslandes regelmäßig natürlich überfordert. Das sehen aber diese vorbereiteten Lagen auch vor, dass die Bundespolizei, die Nachbarländer und am Schluss natürlich die Spezialkräfte im Zweifelsfall aller Länder zur Verfügung stehen, um Großlagen zu bewältigen.

Dies wird natürlich regelmäßig in den Gremien, in der

Innenministerkonferenz, aber auch durch gemeinsame Übungen der Spezialeinheiten vorbereitet, trainiert und im Zweifelsfall – auch dafür gibt es Beispiele – bei den rheinland-pfälzischen Spezialeinheiten mit Spezialeinheiten anderer Nationalstaaten geübt.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Hüttner.

Herr Minister, Sie sprachen von einer Vielzahl von Schutzausrüstungen, sowohl im Allgemeinen als auch im persönlichen Bereich, deswegen die Frage: Gibt es dort noch weiteren Bedarf über das, was Sie bereits genannt haben, hinaus bzw. haben Personalrat und Gewerkschaften dort noch weitere Forderungen gestellt, oder ist das momentan alles umfänglich?

Nein, Herr Hüttner. Sie sind selbst Polizeibeamter, Sie wissen, dass auch die Ausstattung der Polizei immer an neue Erkenntnisse und neue Herausforderungen angepasst wird. Ich will Ihnen einige nennen, ohne sie in eine Wertungsreihenfolge zu stellen.

Wir diskutieren im Moment über die Bodycam. Die Evaluation ist weitestgehend fertig. Wir haben Spuckhauben eingeführt. Wir reden im Augenblick über Distanzwirkgeräte, Taser sind als Stichwort zu nennen. Es gab eine sehr spannende Anhörung im Innenausschuss.

So muss man sich vorstellen, es gibt immer wieder Erneuerungsnotwendigkeiten. Es ist auch üblich, dass einzelne Bundesländer dann immer federführend in einem Pilotprojekt unterwegs sind, damit man erkennen kann, ob sich eine solche Maßnahme bewährt oder nicht.

Bei der Bodycam sind wir nach meiner Einschätzung Nummer 2 nach den Hessen. Bei der Einführung der Videotechnik in den Streifenwagen waren wir die Nummer 1. Die Schutzdecken haben wir komplett eingeführt.

Es ist so, dass es immer wieder Neuerungen in diesem Spektrum geben wird.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Schellhammer.

Herr Minister, danke für die Darstellung der neuen erforderlichen Ausrüstung und Schulungsmaßnahmen. Ich würde gerne noch einmal auf diese Schulungsmaßnahmen eingehen. Welche Besonderheiten müssen wir durch das Täterverhalten bei terroristischen Bedrohungslagen berücksichtigen, und welche Auswirkungen hat es nicht nur auf Schulungen, sondern möglicherweise auch auf das Studium zur Ausbildung?

Frau Schellhammer, Sie wissen, dass wir mit der Hochschule der Polizei und der Landespolizeischule, die für Ausund Fortbildung zuständig ist, sehr gut aufgestellt sind. Wir haben darüber hinaus natürlich auch Schieß- und Einsatzzentren – sehr moderne Schieß- und Einsatzzentren –, wo solche Dinge geübt werden können.

Vollkommen klar ist auch, wenn man darüber nachdenkt, dass man möglicherweise mit einem Helm – das ist bisher unüblich –, mit einer Schutzweste Klasse 4, die ein großes Gewicht hat und die Bewegungsfreiheit einengt, und dann mit neuen Visiereinrichtungen bei der Maschinenpistole oder bei den Spezialkräften mit Mitteldistanzwaffen herangehen muss, muss das sehr intensiv trainiert werden.

Wir werden am Schluss, da wir diese Verstärkung in allen 430 Streifenwagen durchführen werden, natürlich einen Großteil der rheinland-pfälzischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten trainieren müssen, und dies regelmäßig.

Die Konzepte werden im Moment diesen Lagen angepasst geschrieben, und ich will nicht hoffen, dass wir in der nächsten Zeit noch einmal schärfere Szenarien erleben und damit umgehen müssen. Das aktuelle Geschehen ist schon herausfordernd genug.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Friedmann.

Herr Staatsminister Lewentz, ich habe eine Frage zu den Sondereinheiten. Wurde dafür jetzt mehr Personal bereitgestellt? Es ist immerhin ein neues Aufgabengebiet hinzugekommen, und Sie haben auch gesagt, dass wir unter Umständen Aushilfe leisten in den Nachbarländern, und es muss auch verstärkt ausgebildet werden. Brauchen wir dazu mehr Leute, oder schaffen wir das alles mit denjenigen, die dort vorhanden sind?

Zum einen sind wir im Vergleich der Spezialeinheiten anderer Bundesländer personell sehr gut aufgestellt, ausstattungsmäßig sowieso, und der Ausbildungsstand ist hervorragend. Auch haben wir durch die Zusammenführung von SEK, MEK und K 16 dadurch personelle Ressourcen erarbeitet, dass Doppeltätigkeiten wegfallen. Wir haben einheitliche Ausbildungskonzepte, und Sie kennen auch die Steigerungsraten bei unserer Polizei, die dafür sorgen, dass wir die höchsten Einstellungsraten aller Zeiten haben. Wir sind bei den Spezialkräften wirklich sehr gut aufgestellt.

Natürlich, wir ergänzen uns auch mit den Nachbarländern und – um eine Zahl zu nennen – wir halten ungefähr 270 Spezialkräfte vor. Das ist im Ländervergleich eine hohe Zahl.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schwarz.

Herzlichen Dank. Herr Minister, Sie sagten, die Umstrukturierung der Spezialeinsatzkräfte beginnt ab dem 1. Oktober mit dem aktuellen Lauf, sodass sie dann so ausgestattet sind und so eingesetzt werden können, wie es geplant ist. Weiterhin sprachen Sie von sechs Gruppen. Wir sprechen über die Zusatzausstattung der Streifenpolizisten, wenn sich solch eine Lage ereignet, was sich natürlich niemand wünscht.

Wie schnell wären denn die Spezialeinsatzkräfte zur Unterstützung des Polizeieinzeldienstes vor Ort? Hängt das mit diesen sechs Gruppen zusammen, die geplant sind, und wie sind die anderen Bundesländer aufgestellt? Gibt es Unterschiede zu den Spezialeinsatzkräften, oder bindet sich Rheinland-Pfalz von der Struktur her an die anderen Bundesländer an?

Ich kann nicht genau beurteilen, wie die Spezialkräfte aller Bundesländer organisiert sind. Aber dadurch, dass wir gemeinsam trainieren, wir die Rahmenkonzepte gemeinsam schreiben und im Prinzip die gleichen Herausforderungen haben – ich unterscheide einmal zwischen den Stadtstaaten und den Flächenstaaten; dort besteht natürlich ein Unterschied –, sind wir untereinander sehr eng miteinander abgestimmt; denn das System, dass man sich sofort unterstützt, bedingt natürlich auch, dass man sehr eng miteinander kooperiert.

Wir haben in Rheinland-Pfalz für unsere Spezialeinheiten die Standorte in Mainz, in Enkenbach-Alsenborn, in Koblenz und in Wittlich-Wengerohr. Auch daran sieht man, dass wir über das Land schon sehr dezentral verteilt sind.