Protocol of the Session on November 12, 2020

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist wenig überraschend, dass die CDU dieses Thema heute aufruft. Der Wahlkampf wirft seine Schatten voraus.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Genauso wenig überraschend ist auch der Inhalt dessen, was sie fordert; denn CDU-Bildungspolitik in RheinlandPfalz funktioniert stets nach demselben Rezept: Man nehme ein großes Gefäß, kippe oben die Feststellung rein, dass die Aufgaben der Schulen immer vielfältiger geworden seien, gebe ein wenig Lern- und Sprachdefizite in den Grundschulen hinzu und schüttele das ganze dreimal durch.

Heraus kommt immer das gleiche Ergebnis: Wir brauchen mehr Personal, dann wird alles gut.

Diesmal ist noch eine Prise Corona dabei, weil sich das Virus vortrefflich eignet, alte Forderungen ein wenig nachzuschärfen und ihnen Nachdruck zu verleihen.

Alles in allem die übliche Mischung noch einmal aufgewärmt, garniert mit einigen Prüfaufträgen, weil man offensichtlich selbst an der Umsetzbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen zweifelt.

Meine Damen und Herren, wer Schwierigkeiten lösen will, kommt an der Frage nach den Ursachen nicht vorbei. Hier wird sehr schnell klar, dass sich der im Antrag beschriebene Handlungsbedarf zu einem wesentlichen Teil aus hausgemachten Problemen ergibt. Die starken Geburtenjahrgänge und die steigenden Schülerzahlen, von denen die CDU spricht, sind nicht zuletzt der Migrationszuwanderung der letzten Jahre zu verdanken.

(Zuruf der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Gleiches gilt für den hohen Sprachförderbedarf und andere Integrationsherausforderungen an unseren Kitas und Schulen. Für diese Zuwanderung trägt jedoch Frau Merkel mit ihrer unionsgeführten Bundesregierung die Hauptverantwortung.

(Zuruf des Abg. Matthias Lammert, CDU)

Verehrte Kollegen von der CDU, ist es nicht so, dass die genannten Einrichtungen deshalb mehr Aufgaben übernehmen müssen, weil die auch von Ihrer Partei verantwortete Sozial-, Wirtschafts- und Familienpolitik der Vergangenheit dazu geführt hat, dass Eltern immer weniger Zeit für ihre Kinder haben und daher Erziehungsaufgaben nicht mehr in dem Maße wahrgenommen werden, wie es früher einmal selbstverständlich war?

Wo ist Ihre Kritik an der zunehmenden Verstaatlichung der Kindererziehung, die eine permanente Ausweitung der öffentlichen Kindertagesbetreuung mit sich gebracht und den Bedarf an Kita-Fachkräften enorm gesteigert hat?

Wo war Ihr Widerstand gegen eine bildungspolitische Entwicklung in Rheinland-Pfalz, die zu immer mehr Heterogenität in unseren Klassen geführt hat und es den Lehrern damit zunehmend schwieriger macht, in bunten Lerngruppen die vorgegebenen Lernziele zu erreichen?

Da schließe ich die Inklusion mit ein, die wir in ihrer ausufernden Form immer wieder kritisiert haben, ohne dafür die Unterstützung der CDU-Fraktion zu bekommen.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der CDU: Hey!)

Meine Damen und Herren, dieser Antrag reiht sich nahtlos in die lange Reihe von Anträgen der CDU-Fraktion ein, die alle unter demselben Motto stehen: Wie löse ich Probleme,

die ich selbst geschaffen habe?

(Heiterkeit und Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD: Ja!)

Er geht auch nicht an die Wurzeln dieser Probleme, weil dies mit dem Eingeständnis eines Scheiterns der eigenen Politik verbunden wäre. Stattdessen immer die gleiche Forderung: mehr Geld ins System, Quantität statt Qualität.

Doch nicht nur das macht den Antrag unseriös. Natürlich ist es richtig, vor allem im U3-Bereich die Personalsituation in den Kitas zu verbessern. Hier hat sich die CDU unserer Fundamentalkritik im Rahmen des Kita-Zukunftsgesetzes mit einiger Verspätung angeschlossen.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Woher sollen aber die Erzieherinnen und Lehrer kommen, die Sie einsetzen wollen? Die demografische Entwicklung hat dazu geführt, dass in allen Bereichen Fachkräfte fehlen. Auch hier hat es die von den schon länger hier regierenden Parteien verantwortete Politik über Jahrzehnte hinweg versäumt entgegenzusteuern.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Jetzt werden händeringend die Kinder gesucht, die in der Vergangenheit nicht geboren worden sind. Die Zuwanderung hat dieses Problem keineswegs gelöst, weil eben nicht die versprochenen Experten und Leistungsträger gekommen sind, sondern eher hilfsbedürftige Menschen, die sich in unseren Sozialsystemen zu Hause fühlen, wie sie Frau Göring-Eckardt 2015 ausdrücklich gewünscht hat.

(Abg. Marco Weber, FDP: Ui, Ui, Ui!)

Insofern ist es zwar wohlfeil, mehr Lehrer und Erzieher zu fordern, aber es wird nicht funktionieren, weil es sie schlichtweg nicht gibt und so schnell auch nicht geben wird. Da helfen auch die von Ihnen vorgeschlagenen besseren Rahmenbedingungen nichts; denn mit ähnlichen Maßnahmen werben auch die Wirtschaft, der Gesundheits- und nicht zuletzt der ständig expandierende Sozialbereich um Arbeitskräfte. Ein Tischtuch wird nun einmal nicht dadurch größer, dass von allen Seiten daran gezerrt wird.

Völlig ungeklärt ist zudem die Frage, wer das eigentlich bezahlen soll. Schon jetzt haben wir eine hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte, die durch Corona und die aus unserer Sicht zweifelhaften Maßnahmen der Regierenden noch einmal exorbitant gesteigert worden sind. DIE WELT spricht gestern von einer Billionenlast für die Jungen, der Ökonom Raffelhüschen beklagt eine historisch noch nie dagewesene Finanzpolitik auf Kosten der kommenden Generationen.

Das ist das Erbe, das wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen. Deshalb ist Ihr Antrag nicht nur billiger, sondern auch teurer Populismus.

(Beifall der AfD)

Wir als AfD-Fraktion haben hier immer wieder Initiativen eingebracht, wie man durch Strukturreformen in der Schule, eine Stärkung familiärer Ressourcen und eine gute Familienpolitik die angesprochenen Probleme intelligent und nachhaltig lösen könnte. Wir wollten mit einem Landeserziehungsgeld die Wahlfreiheit für Familien erweitern und dadurch gerade im personalintensiven U3-Bereich die Kitas entlasten. Wir haben mit unserem Konzept „Deutsch vor Regelunterricht“ den Weg für eine effektive Sprachförderung gewiesen, und wir haben eine neue Dreigliedrigkeit im Schulsystem gefordert, um Kinder in leistungshomogeneren Klassen besser fördern zu können, ohne zusätzliches Personal einsetzen zu müssen.

Das alles wäre wirkungsvoller als die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Es wäre zudem umsetzbar und bezahlbar. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, haben das stets zurückgewiesen.

(Abg. Marco Weber, FDP: Oh!)

Stattdessen versuchen Sie es jetzt mit oberflächlichen Forderungen, die sich bei näherem Hinsehen als weitgehend unrealistisch erweisen. Dem können wir nicht zustimmen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete WilliusSenzer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CoronaPandemie hat natürlich die Gesellschaft vor immense Herausforderungen gestellt. Wir haben heute Morgen schon einmal über die Kitas und Schulen gesprochen. Ich frage mich, warum man immer wieder das Gleiche erzählt. Das mit dem Topf, einmal gerührt, und es kommt immer dasselbe heraus, ich glaube, da dürfen Sie an der rechten Seite genau dasselbe von sich selbst sagen. Das machen Sie nämlich genauso.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Weil es so wichtig ist!)

Die rheinland-pfälzischen Schulen und Kitas sind keine Ausnahme, sie sind nicht im luftleeren Raum, sondern befinden sich in der Mitte unserer Gesellschaft. Wir müssen jetzt natürlich dafür sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können. Das geht dadurch, dass man Abstand beibehält – Sie wissen das –, die Mund-Nasen-Bedeckung trägt, ausreichend lüf

tet und gegenseitige Achtsamkeit zeigt usw.

Wir müssen also alle dafür sorgen, dass unsere Schulen und Kitas geöffnet bleiben. Ich sage einmal, wie heute Morgen auch, es sind noch nicht so viele Schulen, die wir schließen mussten, aber die Zahlen steigen, und man muss vorsichtig sein. Das geht mit Bedacht. Es geht zwar ganz langsam voran, aber die Zahlen steigen immer noch. Wir müssen dann natürlich gegebenenfalls auch über andere Konzepte nachdenken, aber immer mit der Ruhe und mit Bedacht und schauen, dass es nicht zu hart wird für die einzelnen Familien.

Anders als die CDU jetzt suggerieren will, sind unsere Bildungseinrichtungen gut aufgestellt. Wir haben mehr als 41.000 Lehrkräfte, die an unseren Schulen lehren, trotz der sinkenden Schülerzahlen. Sie haben vorhin gesagt, die Schülerzahlen wären gestiegen, weil wir so viele Menschen dazu bekommen hätten. Das ist einfach falsch; denn die Schülerzahlen sind gesunken.

Rund 1.100 Lehrerinnen und Lehrer sind in diesem Schuljahr neu eingestellt worden. Alle Planstellen sind besetzt. Das ist in anderen Bundesländern bei Weitem nicht so gut wie bei uns.

Gute Bildungspolitik ist eine komplexe Aufgabe. Der simple Ruf nach mehr Personal ist zu einfach. Das wird den Herausforderungen überhaupt nicht gerecht. Wenn Sie meinen, dass die Zahlen immer komplett stimmen müssen, dann darf man keine Ferienreisen und keine Projekttage mehr machen. Wenn Sie das immer alles als Fehlstunden abzählen, dann kommen Sie natürlich auf gigantische Zahlen. Darüber müssten Sie auch einmal nachdenken.

Gerade die Corona-Pandemie-Zeiten haben gezeigt, dass neben der Personalversorgung die Ausstattung mit Arbeitsmitteln und Digitalisierung immens wichtig sind. Sollte es zu härteren Maßnahmen kommen, müssen wir dafür gewappnet sein. Das haben wir mit 70.000 digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler und 3.000 Leihgeräten für Lehrkräfte gemacht. Da sind die digitalen Rahmenbedingungen an unseren Schulen erheblich und relativ schnell verbessert worden.

Neben den Endgeräten stellt die Landesregierung 770 Landes-Onlinelizenzen und 24.000 Onlinematerialien zur Verfügung. Das sind konkrete digitale Bildungsinhalte, die den Unterricht und die Endgeräte mit Leben füllen.

Meine Damen und Herren, gute Rahmenbedingungen stärken unsere Schulen und Kindertagesstätten und machen das Berufsbild attraktiver. Sie werden feststellen müssen, dass wir eine ganze Menge tun werden, damit das Bild der Erzieherinnen und Erzieher noch besser wird, weil wir genau wissen, dass die Erzieherinnen und Erzieher nicht mehr die „Kindergartentanten“ sind wie früher, sondern sie große Leistungen zu erbringen haben und vor großen Herausforderungen stehen. Das zeigt sich darin, dass die Eltern unseren Erzieherinnen und Erziehern vertrauen. Ihnen gedankt habe ich vorhin schon. Ich hoffe, dass sie schön

gesund bleiben und weiterhin unsere Kinder betreuen können.

Die Ampelkoalition setzt alles zielgerecht um, hat aber immer den Blick auf das ganze Paket. Einzelmaßnahmen gehen dabei nicht, man muss immer an das Ganze denken.