Man kann es auf eine einfache Gleichung bringen. In Mainz trägt Wirtschaftsminister Dr. Wissing den Kurs der Landesregierung mit. In Berlin schämt sich Generalsekretär Dr. Wissing für das, was die Landesregierung entschieden hat. Auf Bundesebene fordern Sie, das Parlament in die Entscheidungen der Regierung besser einzubinden. In RheinlandPfalz versagen Sie als stellvertretender Ministerpräsident genau dies letztlich dem Parlament.
Die Corona-Bekämpfungsverordnungen haben Sie als Landesregierung alleine verfasst und dekretiert. Wir hatten das schnell zur Kenntnis zu nehmen. Die Meinung des Parlaments, der Opposition war Ihnen egal.
Wenn Sie kommen und sagen, dass eine ist eine Verordnung und das andere ein Gesetz, dann frage ich Sie, warum Sie nicht den Mut im Gesetzgebungsverfahren gehabt haben, solche Dinge zu entscheiden und das Parlament zu beteiligen. Das wäre der richtige Weg gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Aber lassen Sie mich einen bemerkenswerten Tweet von Ihnen zitieren: „Wenn es einige bereits überfordert, dass die FDP eine Parlamentsbeteiligung und bessere Kommunikation der Regierung einfordert, zeigt das, wie wenig gefestigte demokratische Grundprinzipien bei diesen sind und wie groß die Bereitschaft ist, Demokratie und Freiheit zu opfern.“
Wie fest sind eigentlich diese Grundprinzipien bei Ihnen, Herr Kollege? Für welche Parlamentsbeteiligung haben Sie sich in diesem Hause stark gemacht? Haben Sie sich dafür eingesetzt, das Parlament, die Opposition in Entscheidungen über das Pandemie-Management einzubinden? In Tweets halten Sie die hehren Prinzipien hoch, in der Praxis heißt für Sie die Beteiligung – Definition Wissing –, Landtag nimmt zur Kenntnis, was ich auftische.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, wir haben Ihnen im März unsere Hilfe angeboten. Sie sind nicht darauf eingegangen.
(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD – Weitere Zurufe von der SPD – Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)
Sie sind nicht darauf eingegangen. Das ist die Realität. Sonst müssten Sie im Übrigen jetzt nicht alles ein wenig verändern, was Sie auch tun. Nicht die Schönzeichnung ist die Wahrheit, sondern wir waren draußen. Sie haben uns auch nicht immer regelmäßig und umfassend beteiligt.
Frau Ministerpräsidentin, erkennen Sie den Ernst der Lage? Die CDU-Fraktion stellt sich ihrer Verantwortung.
Genauso wie im März geht es in diesem November um breite Solidarität und Gemeinsinn, aufeinander Acht zu geben. Das möchte ich an dieser Stelle sagen. Es ist keine einfache Entscheidung. Aber das Sie die mit allen Ministerpräsidenten zusammen mit der Bundesregierung getroffen haben, halte ich für hervorragend. Das muss ich auch einmal sagen.
Ich danke deshalb allen, die sich an die notwendigen Einschränkungen halten und somit anderen Menschen durch eigenen Verzicht helfen, nämlich denen, die in dieser fordernden Situation der Pandemie aufgrund ihres Alters oder wegen Vorerkrankungen auf die Solidarität der Gesellschaft und somit von uns allen angewiesen sind.
Jetzige Kontaktbeschränkungen ermöglichen uns hoffentlich eine bessere Freiheit. So gelingt es, das Gefühl der Bedrohung zu überwinden; denn Angst belastet. Deshalb brauchen wir Zuversicht; denn Zuversicht gibt uns nicht nur für unsere Gesundheit, sondern auch für unsere Seele Widerstandskraft. Die Maßnahmen mögen uns Zuversicht geben, dass die Zahlen sinken. Dafür werden sie gemacht. Ich bin mir sicher, gemeinsam werden wir diese Krise meistern.
Lieber Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen des Landtags! Lieber Herr Baldauf, ich will für Sie wohl überraschend einfach damit beginnen, dass ich Ihnen zustimme. Sie haben völlig recht. Die Ministerpräsidentin Malu Dreyer macht ihre Arbeit hervorragend.
Auch wenn ich nicht glaube, dass Sie mir bei dem zweiten Satzteil immer noch zustimmen, will ich trotzdem sagen: Darum setzen wir uns auch dafür ein, dass sie ihre Arbeit in den nächsten Jahren fortsetzen kann.
Die Lage ist ernst. Das ist ein Satz, den man nicht leichtfertig äußert, weil er immer etwas alarmistisches in sich trägt. Man kann und muss ihn aber in diesen Tagen formulieren.
Meine Damen und Herren, wenn wir alle der Regierungserklärung unserer Ministerpräsidentin aufmerksam zugehört haben, konnten wir unter anderem auch aufnehmen, dass sich unter den 18.600 Neuinfektionen in Deutschland – Stand gestern und heute – alleine 600 aus Rheinland-Pfalz befinden. Wir alle wissen, was das für die Betroffenen und deren Familien bedeutet, nämlich enorme Belastungen für die Menschen, selbst bei vermeintlich oder tatsächlich harmlosen Verläufen, die Pflege, die Krankenhauslandschaft und das öffentliche Gesundheitswesen. Ich könnte diese Reihe fortsetzen.
Darum sage ich: Ja, die Lage ist ernst. Es geht darum, die Pandemie unter Kontrolle zu halten bzw. sie dort, wo es in Deutschland geboten ist, wieder unter Kontrolle zu bringen.
Was die Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gemeinsam diskutiert, vorgeschlagen und festgelegt hat, ist nicht der „Full stop“, den wir im Frühjahr über weite Teile hatten, aber es ist das Herunterschalten um ein oder zwei Gänge, das Verlangsamen des öffentlichen Lebens und das Ermöglichen, dass weniger Kontakte stattfinden, für eine Zeit, die ebenfalls definiert ist.
Man könnte in Deutschland Beispiele finden. Wenn wir nach Bayern schauen, zucke ich immer etwas zusammen, wenn ich in diesen Tagen von Unionspolitikern höre: Lasst uns am bayerischen Vorbild wachsen und genesen. Ich bin etwas vorsichtig, was die bayerischen Zahlen angeht. Die Rhetorik des Ministerpräsidenten steht manchmal nicht wirklich im Einklang mit den tatsächlichen Zahlen und Ergebnissen.
Ich will gar nicht so weit gehen zu sagen, das ist die Verantwortung der Landespolitik. Das sind sicherlich auch besondere Umstände. Darum sage ich: Vorsicht bei der beispielgebenden Situation in Bayern, lieber Herr Baldauf.
Ich will auch sagen: Wenn wir uns im europäischen Umland umschauen und zu unseren Freundinnen und Freunden nach Belgien schauen, wird einem schon anders. Ich bin der Ministerpräsidentin und unserer Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler sehr, sehr dankbar, dass sie erneut Angebote in guter nachbarschaftlicher Kooperation formuliert haben, um unseren Freunden in Belgien,
Wer in diesen Tagen mitbekommt – vielleicht haben Sie auch im Deutschlandfunk „Das Feature“ zur Situation in Belgien gehört, was ein kleines Detail ist, aber die Situation so ungemein illustriert –, dass in den belgischen Krankenhäusern inzwischen positiv getestete Fachkräfte in der Pflege zurückgerufen werden müssen, solange sie keine Symptome haben, um wieder anpacken zu können, der sieht, in welcher Situation unsere belgischen Nachbarn sind.
Es gibt keinen Grund zur Überheblichkeit im Sinne von „Sie haben alles falsch gemacht“. Nein, sie sind womöglich nur in der Situation angelangt, in die wir auch in Deutschland kommen könnten, wenn wir nicht zu einer Verlangsamung des öffentlichen Lebens kommen. Darum ist es wichtig, dass es eine solche Paketlösung von Maßnahmen gibt. Sie ist auch schon beschrieben worden.
Lieber Herr Baldauf, Sie haben gesagt, wir dürfen sie nicht infrage stellen. Ich bin davon überzeugt, dass die Maßnahmen richtig und verhältnismäßig sind, zueinander in einem guten Abwägungsverhältnis stehen und gut flankiert sind, aber ich habe ein kleines Problem damit – auch angesichts der Debatte, die wir in den Parlamenten führen – zu sagen, man darf sie nicht infrage stellen. Wir sind doch dazu da, diese Diskussion zu führen und darüber nachzudenken, ob es vielleicht eine Alternative gegeben hätte. Ich finde, in diesen Zeiten ist es sehr, sehr gefährlich, wenn wir so oder so mit der Rhetorik der vermeintlichen Alternativlosigkeit unterwegs sind.
Ich persönlich, meine Fraktion, diese Koalition und die Ministerpräsidentin an der Spitze der Koalition sind der Meinung, das sind jetzt die richtigen Maßnahmen. Ich habe aber etwas die Sorge, dass wir Menschen verlieren, wenn wir sagen, es gibt keine Alternative dazu. Was vorgelegt wurde, ist ein kluger Vorschlag, der in einer verantwortungsvollen Abwägung durch all diese Persönlichkeiten erfolgt ist, von denen ich gerade geredet habe. Darum ist es gut, dass wir darüber diskutieren.