Auch der Verweis des Verkehrsministers auf das Konnexitätsprinzip vermag unsere Bedenken hier nicht zu zerstreuen; denn genauso wenig wie die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in unsere Landesverfassung im Jahr 2004 bislang für eine aufgabengerechte finanzielle Ausstattung der kommunalen Ebene gesorgt hat, so wenig ist dies im Fall des Nahverkehrsgesetzes zu erwarten.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung enthält auf seinen 63 Seiten sehr komplexe Regelungen, lässt aber wesentliche Fragen unbeantwortet. Wir fordern daher, dass im Verkehrsausschuss eine Expertenanhörung stattfindet. Notwendig erscheint zusätzlich ein Gutachten zur Gesetzesfolgenabschätzung. Ich denke, die Zeit dafür können wir uns nun nehmen, nachdem sich auch die Landesregierung viereinhalb Jahre Zeit für den Gesetzentwurf gelassen hat.
Wir brauchen in dieser Legislaturperiode nichts mehr übers Knie zu brechen. Die Fragen, die die Bürger interessieren und die ich bereits anfangs angesprochen habe, also wie gut die Bus- und Bahnverbindungen werden, wie sich die Fahrpreise entwickeln werden und wie viel uns der ÖPNV kosten soll, beantwortet der vorliegende Gesetzentwurf ohnehin nicht.
Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten 25 Jahren hat sich unsere Gesellschaft und somit haben sich auch die Mobilitätsbedürfnisse gewandelt. Beispielsweise waren Carsharing und E-Scooter vor zwei Jahrzehnten überhaupt noch nicht denkbar. Die Gesetzeslage muss mit der Zeit gehen und sich der Moderne anpassen. Das neue Nahverkehrsgesetz ist hierbei ein richtiger Schritt.
Nahverkehr aus einer Hand. Bus, Bahn, Rad, und die Abrechnung einer Reise, alles aus einem Guss. Diese Verzahnung aller Mobilitätsmöglichkeiten nutzt organisatorische Synergieeffekte.
Eine Organisation in Rheinland-Pfalz ermöglicht einen nutzerfreundlichen und landesweiten Nahverkehr. Auch hierdurch werden landesweite Tickets ermöglicht, und der öffentliche Personennahverkehr wird attraktiver.
Mit dem neuen Nahverkehrsgesetz wird ein Landesnahverkehrsplan eingeführt. Der Landesnahverkehrsplan ist das zentrale Instrument zur Entwicklung eines Nahverkehrssystems für das ganze Land. Hierdurch werden die Mindeststandards für das Verkehrsangebot festgesetzt. Mindeststandards sind gefühlt in Mainz andere wie es vielleicht in Kirn, in einer anderen Stadt oder einem Dorf der Fall ist.
Der Landesnahverkehrsplan wird durch einen lokalen Nahverkehrsplan ergänzt, der gemeinsam mit den Kommunen erstellt wird. Ziel ist es, die Rahmenvorgaben aus dem Landesnahverkehrsplan zu konkretisieren. Der öffentliche Personennahverkehr wird zur Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Die Vorteile dessen wurden vom Minister aufgezeigt.
Aufgabenträger bleiben selbstverständlich Kreise und kreisfreie Städte, für die das Land eine solide Finanzausstattung bereitstellt. Sämtliche Finanzierungsströme werden unter Berücksichtigung eines Besteller-ErstellerSystems verbessert. Das ist ein Vorgehen, welches wir als Freie Demokraten begrüßen.
Zum Antrag der Gesetzesfolgenabschätzung darf ich erstens sagen, dass die Kommunen entgegen der Behauptung der CDU wie beschrieben voll mit im Boot und im Prozess
Zweitens: Nicht gegen den Willen der Kommunen wird ein Landesnahverkehrsplan durchgesetzt. Dieser wird gemeinsam erstellt und abgestimmt.
Drittens: Die Finanzmittelanteile zwischen Land und Kommunen kommen nach der Festlegung des Landesnahverkehrsplans und anhand der von diesem Parlament bereitgestellten Mittel zustande. Hier können Sie gemeinsam mit uns arbeiten.
Letztendlich lässt sich sagen, dass dieses Gesetz den ÖPNV ganzheitlich gedacht hat und qualitativ hochwertig in die ländlichen Räume bringt. Das erwarten die Menschen von uns.
Minister Wissing und diese Ampelkoalition wollen seit Eintritt in diese Regierung allen Erwartungen gerecht werden. Dieses Gesetz wird es auch.
Aber es sind die kommunalen Vertreter der Partei der CDU, die vor Ort zur Gegenwehr aufrufen, und zwar rein aufgrund des Wahlkampfs. Wer eine Verkehrswende und damit einen nachhaltigen ÖPNV will, muss seiner parlamentarischen Verantwortung gerecht werden. Deshalb und wegen Ihrer Worte heute Morgen sage ich, kommen Sie zur Politik zurück, und erfüllen Sie mit ihrer Zustimmung ebenfalls die Erwartung der Menschen in unserem Land.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss ganz kurz auf die CDU mit ihrem Filmzitat eingehen „Denn sie wissen nicht, was sie tun“. Das ist ein US-amerikanisches Drama aus den 1950er-Jahren, in dem James Dean als Rebell um Liebe und Anerkennung ringt.
Ich möchte auch nicht Ihren Spitzenkandidaten mit James Dean vergleichen, aber man hat das Gefühl, dass auch er um Liebe und Anerkennung ringt, auch wenn seine augenzwinkernden Bemerkungen zum Beispiel zur Schulträgerschaft, die er in das Landesamt überführen will, den Verdacht nahelegen, dass er nicht weiß, was er tut.
Wir debattieren hier heute in erster Lesung das neue Nahverkehrsgesetz. Das noch geltende Nahverkehrsgesetz aus dem Jahr 1995 wird den heutigen Strukturen und Herausforderungen der Mobilität in Rheinland-Pfalz auf keinen Fall mehr gerecht. Darüber sind sich alle einig.
Im Rahmen der Anhörung externer Stellen wurden durch das Ministerium bereits die wichtigen Player gehört, die kommunalen Spitzenverbände, die Aufgabenträgerorganisationen, Verbände des Verkehrsgewerbes, Fahrgast-, Mobilitäts-, Umweltverbände, die Gewerkschaften, Industrie- und Handelskammern, der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, der Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen, die Landesseniorenvertretung, der Landeselternbeirat sowie die regionalen Planungsgemeinschaften. Ihre Anregungen sind in diesen Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, eingeflossen.
Wir Grüne sind sowieso partizipativ unterwegs. Hier kann man nochmals explizit darauf hinweisen. Gegenüber dem ersten Entwurf sind unter anderem Punkte zur Verbesserung der Luftqualität und zum Klimaschutz sowie zu einer verbesserten Einbeziehung der Verbände bei der Erstellung der Nahverkehrspläne hinzugekommen. Die Einhaltung des Landestariftreuegesetzes ist betont worden.
Gesagt und klargestellt wurde, dass die Regionalisierungsmittel zu 100 % dem ÖPNV/SPNV zugutekommen. Das ist übrigens etwas, was in Rheinland-Pfalz schon immer passiert ist. Hier kann ich mir die Reminiszenz an eine Haushaltsberatung vor einigen Jahren nicht verkneifen, als die CDU ein Deckblatt eingebracht hat, in dem sie gefordert hat, dass ein Teil der Regionalisierungsmittel in den Straßenbau gehen soll. Das sage ich soweit zu ihrer genannten Kompetenz.
Das Gesetz sieht also eine grundlegende Neustrukturierung vor und hat vor, die nicht mehr zeitgemäße organisatorische Trennung zwischen Schienenpersonennahverkehr und öffentlichem Straßenpersonennahverkehr aufzuheben. Damit werden die Verknüpfung von Bus und Bahn verbessert und der erfolgreiche Rheinland-Pfalz-Takt vom Zugverkehr auf den Busverkehr ermöglicht.
Herr Dr. Martin, es mag sein, dass es noch nicht bei Ihnen in Bad Kreuznach angekommen ist. Eine Blaupause auch für die Maßnahmen, die jetzt in diesem Gesetz zur Verbesserung der Mobilität hinterlegt sind, sind die ÖPNV-Konzepte Nord. Das sind die Konzepte zusammen vom Ministerium, den Zweckverbänden, den Aufgabenträgern und den Kommunen, die im nördlichen Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren dazu geführt haben, dass sich die Mobilität im ländlichen Raum – Eifel, Mosel, Hunsrück – absolut verbessert hat.
Ich kann Ihnen sagen, am Anfang waren die kommunalen Vertreter gerade Ihrer Partei sehr skeptisch. Inzwischen ist
es aber so – wir hatten eine Linienbündelausschreibung im vorletzten Kreistag –, dass Vertreter Ihrer Fraktion ganz entschieden dafür kämpfen, dass zum Beispiel eine Buslinie, die wir beschließen wollten, mit einem Fahrradanhänger und mit Ausweitung der Strecke besser ausgestattet wird.
Es sind Ihre Leute vor Ort, die sich für Shuttle-Verkehre und moderne Ergänzungsverkehre stark machen, die man im Moment nur als Pilotprojekte umsetzen kann, weil Ihre Bundesregierung es nicht schafft, das Personenbeförderungsgesetz in diesem Punkt zu ändern. Da wollen Sie uns hier wirklich erzählen, Sie hätten Ahnung von moderner Mobilität oder einem modernen Personennahverkehrsgesetz? Nein, never. Sie mögen um Liebe und Anerkennung ringen, aber von Kompetenz ist da nichts zu spüren.
Natürlich wird für eine Ausgestaltung der Standards die Stärkung der Mittel im Landeshaushalt ganz entscheidend sein. Wir haben es schon früher gesagt, der Minister hat es das letzte Mal gesagt, selbstverständlich war es wie bei dem ÖPNV-Konzept Nord – ich wiederhole es noch einmal – das Land, das zusätzliche Mittel bereitgestellt hat. Genauso ist der Plan bei dem jetzigen Verkehrsgesetz.
Natürlich ist es ein Meilenstein – darum beneiden uns andere Bundesländer, reden Sie mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen –, dass Rheinland-Pfalz es schafft, die moderne Mobilität ÖPNV als kommunale Pflichtaufgabe umzusetzen. Das ÖPNV-Konzept Nord ist hier auch ein wenig Vorreiter gewesen. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht. Deswegen wollen wir es jetzt auf Landesebene ausweiten.
Ein Landesticket fordern auch Sie. Ich frage mich, warum Sie jetzt so zögerlich sind. Dieses Ticket soll im Übrigen für Fähren, Taxen, Carsharing, Mietwagen, Leihfahrräder und E-Scooter gelten. Der Kollege hat es eben gesagt, das gab es vor 25 Jahren nicht.
Man muss den Mut haben, zu sagen, wir gehen mit in eine moderne Zeit. Wir werden dieses Gesetz mittragen. Das würde Ihnen auch gut stehen.
Bevor ich der Abgeordneten Bublies-Leifert, fraktionslos, das Wort erteile, will ich darüber informieren, dass alle
Fraktionen außer der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN aufgrund der Länge der Redezeit der Landesregierung noch zwischen 2 und 3 Minuten Redezeit zur Verfügung haben.