Was das bedeutet, weiß keiner, auch nicht die kommunalen Spitzenverbände, von deren Einbindung Sie eben gesprochen haben. Die müssten es eigentlich wissen. Wir haben sie gefragt. Sie wissen es nicht.
Herr Minister, Pflichtaufgabe nach Kassenlage ist ein Widerspruch in sich. Wenn es Pflicht ist, dann kann es nicht am Geld hängen.
Meine Damen und Herren, was zahlt eigentlich das Land für den angeblichen Quantensprung? Auch das bleibt völlig unklar. Denn sie wissen nicht, was sie tun.
Wenigstens die Regionalisierungsmittel sollen jetzt nach dem Gesetz komplett in den ÖPNV fließen. Das ist aber Bundesgeld. Insofern bleibt die Frage, zu welchen eigenen Leistungen die Landesregierung bereit ist. Dazu ergibt sich aus dem Gesetzentwurf nichts Konkretes.
Immerhin, in der Gesetzesbegründung wird davon gesprochen, dass dem Land nach dem Konnexitätsgrundsatz, abhängig davon, was im künftigen Nahverkehrsplan an Mindeststandards festgeschrieben wird, zusätzliche Kosten entstehen können. Im Prinzip ist das nachvollziehbar. Wenn künftige Mindeststandards mehr verlangen als bisher geleistet wurde, dann zahlt das Land das Delta.
Das Problem ist nur, dass keiner den Vergleichswert, also den Status quo definiert, sodass damit auch nicht klar ist, wie der überhaupt ermittelt werden soll. Auch hier gilt also, es ist unklar, wie überhaupt konnexitätsrelevante Mehrausgaben ermittelt werden sollen. Es gilt die Erkenntnis: Denn sie wissen nicht, was sie tun.
Die CDU war und ist durchgängig zur konstruktiven Mitwirkung an dem Gesetzentwurf bereit; denn ein verbesserter ÖPNV, der moderne Mobilitätsformen integriert, der einen Landestarif beinhaltet, abgestimmte Fahrpläne sicherstellt und noch vieles mehr beinhaltet, ist auch unser Ziel als CDU.
Der vorgelegte Gesetzentwurf lässt aber viel zu viele Fragen offen. Man hat den Eindruck, Herr Wissing wollte kurz vor Schluss auf Teufel komm raus noch einen Haken an die
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der heute vorgelegte Gesetzentwurf ist ein großer Meilenstein für den Nahverkehr in Rheinland-Pfalz und wird zugleich – wir haben es schon gehört – das modernste Nahverkehrsgesetz in Deutschland sein. Nein, noch mehr, es zeigt, dass die Ampelregierung mutig und zugleich visionär in die Zukunft blickt.
Das neue Gesetz spiegelt zum einen die Lebenswirklichkeiten der Menschen wider und passt sich zum anderen an die Änderungen im Mobilitätsverhalten an. Die Erfolgsgeschichte Rheinland-Pfalz-Takt aus den 1990er-Jahren wird nun sozusagen weiterentwickelt, und es kommt zusammen, was zusammen gehört; denn nur wenn wir Bus und Bahn aus einem Guss planen, steuern und dann am Ende auch umsetzen, bekommen wir ein bedarfsgerechtes Angebot für die Kundinnen und Kunden in unserem Land hin.
Deshalb begrüßen wir es, dass die Organisationsstruktur zum einen gestrafft, aber zum anderen die Regionalität beibehalten wird. Zwei starke Zweckverbände im Norden und im Süden können auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und insbesondere auf die grenzüberschreitenden Verkehre besser reagieren. Sie haben bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie kluge Verkehrspolitik für unser Land gestalten können.
Ja, bei den Verkehrsverbünden kommt es zu einer weitreichenden Änderung. Herr Martin, das haben Sie falsch zusammengefasst. Mittlerweile haben wir sieben eigenständige juristische Gebilde, die eigenständig für ihre Region zuständig sind. Künftig werden die vier sogenannten Regionalausschüsse diese Aufgabe bündeln und aus einer Hand steuern.
Ja, es muss unser Ziel sein, am Ende des Tages einen landeseinheitlichen Tarif zu bekommen. Ich weiß, das ist ambitioniert, jedoch können wir nur so die Menschen dazu bewegen, mehr auf Bus und Bahn umzusteigen.
Nun komme ich zu der zentralen und so bedeutenden Forderung nach der kommunalen Pflichtaufgabe. Die Zeiten, in denen ÖPNV lediglich unter dem Gesichtspunkt Schülerverkehr gesehen wurde, werden Geschichte sein, meine Damen und Herren. Gerade der ländliche Raum wird davon profitieren.
Wir sind bundesweit die Ersten, die die Pflichtaufgabe richtig installieren und dann im nächsten Schritt im Nahverkehrsplan Standards dahinter formulieren. Das hat noch keiner bundesweit gemacht. Somit kommen wir der langjährigen Forderung der Kommunen nach.
Sie bleiben weiter Aufgabenträger. Das sieht man an der Stimmverteilung deutlich. Kaum jemand redet bei diesem Gesetz davon – das ist mir heute auch wieder aufgefallen –, dass auch andere banale Dinge geregelt werden. So fallen künftig zum Beispiel Fahrräder oder E-Bikes unter den ÖPNV. Sie können künftig in Bus und Bahn besser mitgenommen werden. Das mögen vielleicht nur kleine Änderungen sein, die aber am Ende des Tages eine große Wirkung für die Kunden in unserem Land haben werden.
Lassen Sie mich zum Schluss auch noch ein paar Sätze zur Finanzierung sagen. Die Finanzierung trägt in der verkehrspolitischen Sprache nicht umsonst den Namen „SpaghettiFinanzierung“. Es gibt viele unterschiedliche Finanztöpfe. Deshalb ist es undurchsichtig. Daher werden diese Finanzströme – das wurde vom Minister ausgeführt – neu geregelt, und es wird mehr Transparenz geschaffen.
Ein zweiter Punkt ist mir wichtig. Wenn sich eine Opposition seit Monaten nicht inhaltlich mit dem Gesetz befasst, sondern nur die Finanzseite beleuchtet, die das Gesetz aktuell gar nicht regelt, dann muss das Gesetz in Gänze ein Volltreffer sein, meine Damen und Herren.
Ihren Antrag auf Gesetzesfolgenabschätzung lehnen wir aus einem einfachen Grund ab, der vom Ministerium immer ganz klar kommuniziert wurde.
Zweitens: Wir setzen mit dem Gesetz lediglich die Rahmenbedingungen und werden dann gemeinsam mit den Kommunen Standards im Nahverkehrsplan und die daraus resultierenden Kosten mit den Kommunen verhandeln.
Zum jetzigen Zeitpunkt – Minister Wissing hat es im letzten Plenum so schön gesagt – kann man noch gar keine Zahlen nennen. Dies wäre auch viel zu früh. Wie haben Sie so schön gesagt? Logischerweise ist dies heute nicht möglich.
Wir halten es für den richtigen Weg, dass wir jetzt in den Verkehrsausschuss gehen und dort den Gesetzentwurf in einer Anhörung mit Experten noch einmal beraten.
Meine Damen und Herren, abschließend: Ich bin fest davon überzeugt, dass mit diesem Gesetz eine neue Ära in Sachen ÖPNV anbricht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2016 haben die Ampelparteien festgehalten – ich zitiere –: „Bereits zu Beginn dieser Legislaturperiode wird daher das Nahverkehrsgesetz überarbeitet, um die Organisationsstrukturen gemeinsam mit den Kommunen zukunftsfähig und effizient zu gestalten.“ Nun liegt fünf Monate vor Ende der Legislaturperiode ein Gesetzentwurf zum Nahverkehrsgesetz vor, mithin mit vier Jahren Verspätung.
Dies könnten wir der Landesregierung noch nachsehen, wenn denn das Ergebnis den vollmundigen Ankündigungen gerecht würde, die wir eben von Herrn Dr. Wissing und dem Kollegen Oster zu hören bekamen. Allein durch den vorliegenden Gesetzentwurf werden weder die Organisationsstrukturen zukünftigsfähiger oder effizienter, noch gibt dieser Gesetzentwurf Hinweise auf die Beantwortung der Fragen, die den Bürger als Fahrgast und als Steuerzahler wirklich interessieren. Das sind Fragen wie: Wie oft wird künftig der Bus in mein Dorf kommen? Wie werden sich die Fahrpreise entwickeln? Wie viel soll uns der ÖPNV insgesamt kosten?
Fangen wir bei den Organisationsstrukturen an. Die Organisationsstrukturen im ÖPNV sind bereits jetzt sehr komplex. Akteure sind die Landkreise, die kreisfreien Städte, die Zweckverbände, die Verkehrsverbünde sowie die öffentlichen und privaten Verkehrsunternehmen und schließlich auch noch das Land. Zusammen organisieren sie miteinander und manchmal auch gegeneinander den öffentlichen Personennahverkehr. Alle diese Institutionen bleiben auch künftig wichtig, aber es kommen neue hinzu, nämlich die vier Regionalausschüsse, ein gemeinsamer ständiger Ausschuss, ein Kompetenzzentrum „Integraler Taktfahrplan“ im Verkehrsministerium und gegebenenfalls weitere Kompetenzzentren. So werden vielfach Doppel- und sogar Dreifachstrukturen geschaffen. Darum können wir jetzt schon festhalten: Die Landesregierung ist an der Aufgabe einer effizienten Organisationsreform des Nahverkehrs gescheitert.
Nun zur Frage, wie unser öffentlicher Nahverkehr in Zukunft aussehen soll: Der Gesetzentwurf enthält ein paar positive Ansätze, wie zum Beispiel die Vorschrift, Soll- und Echtzeitplaninformationen für Fahrgäste bereitzustellen. Landesweite Mindeststandards für den ÖPNV bringt das vorgelegte Nahverkehrsgesetz aber nicht.
Die Festlegung eines Mindestbedienangebots wird auf einen noch zu erstellenden Landesnahverkehrsplan verschoben. Das Gleiche gilt für die Definition für Anforderungen an Bedienkonzepte, Fahrzeuge, Marketing, Fahrgastinformationen und anderes. Offen bleibt damit auch, wie
detailliert diese Mindeststandards werden sollen, und welchen Spielraum es für regionale Differenzierungen geben wird.
Meine Damen und Herren, eng verknüpft mit diesen inhaltlichen Fragen ist natürlich die Frage, wie der ÖPNV zukünftig finanziert werden soll; denn eines ist klar: Ohne mehr Geld wird es keinen besseren Nahverkehr geben. Immerhin, durch einige Nachbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf vom Mai haben sich die Kreise und kreisfreien Städte hier eine verbesserte Ausgangslage für Verhandlungen geschaffen. Beispielsweise haben sie erreicht, dass ein zukünftiger Nahverkehrsplan nicht allein durch die Regierung in Kraft gesetzt werden kann, sondern eine Zweidrittelmehrheit in den beiden Zweckverbänden benötigt wird. Die wird es wohl nur geben, wenn auch die Finanzierung steht. Ansonsten gilt aber auch hier, die eigentliche Regelungsaufgabe wurde verschoben.
Ein Finanzierungskonzept für den ÖPNV bleibt dem zukünftigen Nahverkehrsplan vorenthalten. Weitere Regelungen soll es dann in Kooperations- und Finanzierungsvereinbarungen geben, die noch auszuhandeln sind.
Vor diesem Hintergrund bleibt auch die Formulierung in § 5 Abs. 1 seltsam unbestimmt. Die Landesregierung verkündete, es sei ein großer Fortschritt, dass der ÖPNV zur kommunalen Pflichtaufgabe erklärt werde. Die genaue Formulierung im Gesetzentwurf ist aber weder Fisch noch Fleisch; denn die Pflichtaufgabe soll ihre Grenzen in der finanziellen Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung finden, sprich, bleibt die Finanzausstattung der Kreise und kreisfreien Städte so mager wie bisher, bleiben auch die Bus- und Bahnverbindungen so mangelhaft wie bisher.
Auch der Verweis des Verkehrsministers auf das Konnexitätsprinzip vermag unsere Bedenken hier nicht zu zerstreuen; denn genauso wenig wie die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in unsere Landesverfassung im Jahr 2004 bislang für eine aufgabengerechte finanzielle Ausstattung der kommunalen Ebene gesorgt hat, so wenig ist dies im Fall des Nahverkehrsgesetzes zu erwarten.