Ich möchte noch betonen, dass das jetzige Ladenöffnungsgesetz auch liberale Möglichkeiten findet, um den Handel zu stärken. Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen
Rechtssicherheit. Eine Änderung des Gesetzes allein hätte auch nicht gleich eine Verfassungsmäßigkeit mit sich gezogen.
Wir brauchen Ideen. In der Auswertung der Anhörung wurde vieles angesprochen: Late-Night-Shopping, „Heimat shoppen“ und viele weitere Ideen. Best Practice-Beispiele sind zu suchen und dann mit einer Rechtssicherheit zu koppeln. Diese Möglichkeiten sind da. Wenn dann die Rechtssicherheit vorhanden ist, dann haben die Unternehmerinnen und Unternehmer auch die Sicherheit. Dann haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Sicherheit, dass solche Möglichkeiten durchgeführt werden können, um den Herausforderungen zu begegnen. Dieser Antrag allein wird es nicht bewerkstelligen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Im kommenden Jahr feiert der gesetzliche Sonntagsschutz in Europa sein 1.700-jähriges Jubiläum.
Der Sonntagsschutz ist seither Arbeitnehmerinnen- und -nehmerschutz. Der Sonntagsschutz ist seither Schutz der Religionsausübung oder, wie der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier einmal gesagt hat, Sonntagsschutz ist Freiheitsschutz.
Erstens: Der Gesetzentwurf bringt eben keinerlei Rechtssicherheit. Im Gegenteil, er ist offenkundig verfassungswidrig. Warum? Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Grundsatzurteil 2009 zum Sonntagsschutz herausgearbeitet, dass es eines Sachgrundes bedarf, um vom Sonntagsschutz abzuweichen.
Ein solcher Sachgrund darf zweitens nicht allein aus wirtschaftlichen Interessen heraus begründet werden. Das bedeutet eben, die Interessen des Einzelhandels zur Umsatzsteigerung reichen expressis verbis nicht aus.
an einem Sonntag muss das Regel-Ausnahme-Verhältnis erkennbar bleiben und der Anlass an sich das prägende Element der Ausnahme sein. Genau diese Punkte werden durch den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion gerade nicht rechtssicher aufgelöst, sondern im Gegenteil, die anlasslose Vermutung von zwei Sonntagen widerspricht in eklatanter Weise dem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2009 und würde keinerlei Normenkontrollverfahren standhalten und deswegen nicht zu mehr rechtssicheren verkaufsoffenen Sonntagen in Rheinland-Pfalz führen als das bisherige Gesetz.
Zweiter Punkt: Wir werden es auch aus gesellschaftlichen Gründen nicht annehmen. Dass die CDU Politik gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer macht und sagt, was die Gewerkschaften uns gesagt haben, ist uns egal, hören wir nicht zum ersten Mal, ist schon abzulehnen, aber dass die CDU sich im Ernst hinstellt und sagt, das, was uns die Kirchen, die katholische und die evangelische Kirche,
das ist für eine Partei, die immer noch das C im Namen trägt, schon ein starkes Stück, meine Damen und Herren.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Unglaublich! So sieht’s aus! – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD – Zurufe von der CDU)
Wir sind immer den Weg gegangen, dass wir den Sonntagsschutz hochgehalten, aber gleichzeitig auch gesagt haben, wenn wir gemeinsam mit allen Beteiligten zu guten Lösungen finden, dann wird es Ausnahmen geben. Diese Ausnahmen haben auch viele Kommunen in den letzten Jahren wahrgenommen, und sie haben sie auch rechtssicher erledigt.
Wenn man aber wie Herr Dr. Martin mit dem Holzhammer vorgeht und das in Bad Kreuznach scheinbar üblich ist, dann wundert es mich nicht, dass es in Bad Kreuznach nicht möglich ist, weil man eben nicht alle Beteiligte an einen Tisch geholt hat. Dann braucht man sich auch nicht zu wundern, dass es nicht funktioniert.
Der dritte Punkt ärgert mich auch als Städter wirklich sehr, dass hier so getan wird, als würde mit einer dünnen dreiviertel Seite Gesetzentwurf irgendwie die Situation des Einzelhandels in der Innenstadt nachhaltig gerettet oder gestärkt werden. Das ist einfach Mumpitz und auch wirt
Es wird doch nicht durch ein oder zwei Sonntage im Jahr die Situation des Einzelhandels gerettet werden. Der Kollege Wink hat dazu sehr zutreffend einige Ausführungen gemacht.
Deswegen sage ich, es bringt nicht mehr Rechtssicherheit. Es bringt gesellschaftlichen Unfrieden mit den Gewerkschaften und Kirchen, das ist deutlich geworden. Das werden wir nicht zulassen. Wirtschaftspolitisch wird es uns auch im Sinne des Einzelhandels keinen Millimeter weiterbringen. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf heute ab.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut! Bei der Ampel bleibt die Kirche im Dorf!)
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Die Sabine weiß gar nicht, wie sie das ihrem Cousin erklären soll!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sorgen und Nöte der Unternehmen des Einzelhandels und der Beschäftigten nehmen wir in der Landesregierung sehr ernst und sehen diese auch mit großer Sorge. Der vorliegende Gesetzentwurf der CDU ist allerdings kein Beitrag zur Verbesserung der Rechtssicherheit für die Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen. Im Gegenteil, im Falle einer Verabschiedung würde der Entwurf nur zu weiteren Rechtsunsicherheiten bei verkaufsoffenen Sonntagen führen und zusätzliche Rechtsstreitigkeiten produzieren.
Die Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuss hat gezeigt, die CDU-Initiative stößt bei wichtigen Partnern wie Gewerkschaften und Kirchen auf Unverständnis. In der Anhörung wurde neben der theologischen Bedeutung des Sonntagsschutzes darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis gelte. Das heißt, in der Regel habe die Erwerbsarbeit an Sonn- und Feiertagen zu ruhen; nur zum Schutz höherer, gleichwertiger oder sonstiger gewichtiger Rechtsgüter ist eine Ausnahme hiervon möglich. Ein bloßes wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber sei nicht ausreichend, so das Bundesverfassungsgericht.
Eine solche rechtlich gebotene Interessensabwägung muss bei einer Freigabeentscheidung durch die zuständigen Gemeinden für die verkaufsoffenen Sonntage tatsächlich vorgenommen werden. Das lässt sich nicht einfach vermuten. Aber genau das berücksichtigt der Gesetzentwurf nicht.
In diesem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich auch darauf verweisen, dass anders als in anderen Ländern im Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz bei wörtlicher Auslegung die Zulassung von verkaufsoffenen Sonntagen durch die zuständige Gemeinde gerade nicht an bestimmte Anlässe wie zum Beispiel Märkte, Messen oder ähnliche Veranstaltungen geknüpft ist. Jedoch muss aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung, und zwar der vielfachen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte, unter Bezugnahme auf das Grundgesetz und die rheinland-pfälzische Verfassung auf eine verfassungskonforme Auslegung des Ladenöffnungsgesetzes Wert gelegt werden. Ein bestimmter Sachgrund für den Eingriff in den Sonntagsschutz muss vorliegen, und es ist eine ausreichende Interessensabwägung mit dem Sonntagsschutz im Einzelfall durch die zuständige Gemeinde durchzuführen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne tragfähige Anlässe gibt es keine rechtssichere Freigabe. Im Falle einer Verabschiedung des CDU-Entwurfs befürchte ich insofern nur weitere Rechtsstreitigkeiten aufgrund der dann im Vertrauen auf den Inhalt des Gesetzentwurfs unterlassenen Interessensabwägung bei Freigabeentscheidungen verkaufsoffener Sonntage durch die Gemeinden.
Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt auch der Blick auf andere Bundesländer, dass sich das Verfassungsrecht auch dort nicht durch eine einfache Rechtsänderung im Landesrecht aufweichen lässt. Das belegen zahlreiche Urteile zu landesrechtlichen Vorgaben aus verschiedenen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Berlin, und die Regelung im Nachbarland Hessen wurde nach einer Klageandrohung der „Allianz für den freien Sonntag“ sogar aufgehoben. Darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, verweise ich als Arbeitsministerin auf die gewichtigen Bedenken der Gewerkschaften gegen eine zu großzügige Aufweichung des Sonntagsschutzes aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund ziehen wir als Landesregierung als Resümee der Anhörung, dass die Zulassung von verkaufsoffenen Sonntagen ohne bestimmte Anlässe durch eine Gesetzesänderung als rechtlich äußerst problematisch zu sehen ist. Wie ich aber eingangs gesagt habe, sehen wir die Situation der Kommunen und des Einzelhandels mit Sorge und werden daher als Arbeitsministerium gemeinsam mit der ADD und unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung Handlungsempfehlungen erarbeiten, um dem Handel und den Kommunen in den kommenden Monaten Möglichkeiten für verkaufsoffene Sonntage aufzuzeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU. Wir stimmen unmittelbar über den Gesetzentwurf in zweiter Beratung ab, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt.
Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Gegenstimmen? – Danke schön! Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Landesgesetz über Hilfen bei psychischen Erkrankungen Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/12716 – Zweite Beratung
dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Demografie – Drucksache 17/13223 –
Im Ältestenrat wurde vereinbart, dass dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache behandelt wird. Ich darf Sie kurz über das Ausschussverfahren informieren. Die erste Plenarberatung fand in der 105. Sitzung des Landtags am 26. August 2020 mit einer Aussprache statt. Der Gesetzentwurf wurde an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Demografie – federführend – sowie an den Rechtsausschuss – mitberatend – überwiesen. Die Beschlussempfehlung lautet auf unveränderte Annahme.
Wir stimmen somit unmittelbar über den Gesetzentwurf in zweiter Beratung ab. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Das ist offensichtlich einstimmig der Fall.
Wer dem Gesetz in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben! – Danke schön! Damit ist das Gesetz in der Schlussabstimmung einstimmig angenommen worden.