Protocol of the Session on August 27, 2020

Ich frage Sie: Seit wann steht die Landesregierung über dem Gesetz? Wie rechtfertigen Sie eine solche vorsätzliche Missachtung rechtlich verbindlicher Vorschriften?

Herr Abgeordneter, Sprache unterliegt immer einer Dynamik und Veränderungen. Es ist auch wichtig, dass sich Sprache sowohl im gesprochenen Sprachgebrauch als auch im Schriftspracherwerb weiterentwickelt.

Es steht uns als Ministerium frei, Publikationen zu veröffentlichen oder Schriften zu verfassen, in denen wir das Gendersternchen benutzen.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Wenn Sie etwas fragen wollen, müssen Sie sich melden.

Wir halten das für eine gute Sache, weil wir damit darauf hinweisen, dass es beispielsweise nicht nur weiblich und männlich, sondern auch – auch wenn ich die Kategorie für einen doch eher unglücklich gewählten Namen halte – die Kategorie divers gibt. Um dem und all jenen, die sich beispielsweise bei Leserinnen und Leser nicht angesprochen fühlen, auch in der gesprochenen und geschriebenen Sprache gerecht zu werden, halte ich persönlich das Gendersternchen für eine gute Ergänzung.

Es steht uns frei, es in Schriften zu verwenden, und deshalb tun wir das auch.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Paul.

Frau Staatsministerin, auf Seite 20 des Plans heißt es, es sei sinnvoll, den Schulterschluss mit Organisationen, die sich unter anderem mit der Bekämpfung von Islamfeindlichkeit auseinandersetzen, zu suchen.

Denken Sie in diesem Bereich auch an die aktiven Islamverbände, die aus ihrem Glauben heraus Homosexualität und andere Formen der sexuellen Vielfalt ablehnen, also DITIB, Milli Göruş, Ahmadiyya-Gemeinde? Wie soll der angestrebte Schulterschluss konkret aussehen?

Herr Abgeordneter Paul, der Schulterschluss – das hatte ich eben schon skizziert, ich kann das auch gerne noch einmal ausführen –

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

sieht so aus, dass wir vor allen Dingen auf die Einbeziehung und die Beteiligung der Queer-Communities setzen.

Die Queer-Communities sind vielfältig. Es gibt nicht die Queer-Community im Land. Es gibt den Dachverband, das ist QueerNet Rheinland-Pfalz, mit dem wir sehr eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, aber es gibt die unterschiedlichsten Vereine und Organisationen in diesem Bereich, die auch eine sehr bunte und vielfältige Palette haben mit dem Ziel, die Gleichstellung von LSBTG voranzutreiben.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Also DITIB, Milli Göruş und Ahmadiyya, sind die bunt? – Glocke des Präsidenten)

Herr Paul, die Frau Ministerin antwortet. Sie machen keinen Ko-Kommentar.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Ja, aber überhaupt nicht auf meine Frage!)

Herr Paul, das haben Sie nicht zu kommentieren. Sie haben eine Frage gestellt. Die Frage wird Ihnen beantwortet. Man hat keinen Anspruch darauf, die Antwort zu bekommen, die man erwartet.

(Zurufe von der AfD)

Herr Abgeordneter Paul, Sie müssen vor allen Dingen aushalten, wenn ich mir anmaße, eine Herleitung einzufügen, bevor ich auf Ihre Frage antworte. Das ist mein Recht, das steht mir zu, und genau das habe ich gerade getan.

So, also wir arbeiten in einem engen Schulterschluss mit den Queer-Communities im Land; denn es geht für uns darum, nicht ohne uns über uns, sondern genau diese QueerCommunities einzubeziehen. Da gibt es ein ganz breites Bündel an unterschiedlichen Forderungen und Themen. Es geht um lesbische Frauen, es geht um schwule Männer, es geht um bisexuelle, intergeschlechtliche, nicht binäre und transsexuelle Menschen. All diese sind in ihrer Vielfalt in den Queer-Communities abgebildet, und mit all diesen arbeiten wir freundschaftlich, konstruktiv und vertrauensvoll zusammen.

Das ist unser Weg, den Landesaktionsplan umzusetzen, und dieser Weg wird auch so weitergehen.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Frisch.

Frau Ministerin, wie stehen Sie zur Forderung einer Legalisierung der Leihmutterschaft, die beispielsweise schon von der FDP erhoben wurde, um damit auch nicht heterosexuellen Paaren jenseits der Adoption

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Damit überhaupt nichts zu tun!)

die Möglichkeit zumindest der sozialen Elternschaft zu ermöglichen?

Falls Sie diese befürworten, wie bewerten Sie das im Hinblick auf das Kindeswohl und die Rechte und die Würde der Frauen,

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die sich als Leihmütter verkaufen?

Herr Abgeordneter Frisch, mich treiben in diesem Bereich zwei Sorgen um. Die habe ich skizziert, und die kann ich Ihnen auch gerne noch einmal darlegen.

Als allererstes sollten wir das Abstammungsrecht zügig reformieren. Das wäre etwas, was den vielen Regenbogenfamilien im Land, nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch bundesweit, wirklich weiterhelfen würde. Deshalb habe ich diese Forderung mehrfach genannt, und wir werden uns weiterhin entschieden auf Bundesebene für eine Reform des Abstammungsrechts einsetzen. Ich glaube, dass dieser Schritt weitaus wichtiger ist als das Thema, das Sie eben angesprochen haben.

Wenn Sie das Kindeswohl ansprechen, möchte ich noch einmal die zweite Sorge verdeutlichen, die ich im Bereich Kindeswohl habe, und das sind die Operationen an intergeschlechtlichen Kindern, die meines Erachtens wirklich abgewogen werden sollten und nicht unnötigerweise stattzufinden haben; denn es sind Eingriffe an Kindern. Es sind Eingriffe mit dem Ziel, dass sie in ein Schema Mädchen oder Junge passen. Es sind Eingriffe, die meines Erachtens völlig unverhältnismäßig sind und in weitaus den meisten Fällen auch nicht dem Kindeswohl entsprechen.

Deshalb sind das die beiden Themen, die wir als Landesregierung zunächst einmal prioritär vorantreiben, und ich glaube, wir würden schon Meilenschritte machen, wenn wir diese beiden Themen endlich auch auf Bundesebene gelöst bekämen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank. Damit ist die Frage beantwortet und auch die

Fragestunde beendet.

Wir kommen dann zu Punkt 10 der Tagesordnung mit dem ersten Thema:

AKTUELLE DEBATTE

Anstehendes Treffen der EU-Agrarminister in Koblenz – Landwirtschaft fordert klaren und verlässlichen Kurs der Bundesregierung auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 17/12790 –

Für die antragstellende Fraktion spricht der Abgeordnete Weber.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wie die Überschrift schon verlauten lässt, treffen sich nächste Woche in diesem schönen Bundesland – natürlich auch berechtigt, Rheinland-Pfalz ist Gold – die EUAgrarminister auf Einladung der Bundesagrarministerin Julia Klöckner. Dies ist ein Termin, der für die europäischen und die deutschen Landwirte sehr wichtig ist. Wir haben heute extra die Aktuelle Debatte dahin gehend formuliert, weil es ein paar Hausaufgaben zu machen gibt, die bei dieser Konferenz diskutiert und berücksichtigt werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist das Bundesland, in dem unter einem Landwirtschaftsminister Volker Wissing berechenbare und verlässliche Agrarpolitik gemacht wird. Dies kann man auf Bundesebene so nicht immer behaupten.

Wir erleben in den letzten Monaten, dass sich Landwirte zusammenschließen. Nein, das ist kein Fanclub um die Bundesagrarministerin. Es sind Landwirte, die Sorgen und Nöte für ihre Zukunft haben und das auf die Straße tragen, um damit auch den Menschen zu zeigen, welche Sorgen und Nöte momentan herrschen.

Welche Erwartungen haben diese Landwirte in Deutschland und in der EU? Da möchte ich heute gerne noch einmal drei Dinge formulieren: die Erwartungen, die auch die rheinland-pfälzischen Landwirte und Winzer an dieses Treffen haben.

Eine der Erwartungen ist, dass europaweit einheitliche Standards umgesetzt und eingehalten werden. Wir haben auch im Landtag schon mehrmals eine Tierwohldiskussion geführt. Gerade der Agrarminister Volker Wissing hat immer die Forderung aufgestellt, dass wir nicht nur ein nationales, sondern ein europaweites Tierwohllabel einführen und diskutieren. Auch das muss in Koblenz Thema sein.

Zweite Forderung: nationale Alleingänge bei der Zulassung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Dabei dürfen weder die Forschung noch die Anwendung zum Spielball der Politik und einzelner Parteien und Fraktionen werden.

Wer gesunde Lebensmittel aus Deutschland auf dem Tisch haben will, der darf nicht zaudern. Er muss klar dazu stehen. Er muss Entscheidungen treffen. Auch das wird in Rheinland-Pfalz mit dem Landwirtschaftsminister Volker Wissing schon die ganze Zeit so geäußert und kommuniziert.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Dritte Forderung: Wir brauchen eine Strategie, um familiengeführte landwirtschaftliche Betriebe, die absolut mehrheitlich in Deutschland unterwegs sind, zukunftsfähig zu machen.

Die Betriebsnachfolge: Betriebsleiter brauchen langfristige Planungs- und Kostensicherheit. Sie müssen von ihrer Arbeit leben können.

Investitionen fördern, landwirtschaftliche Erzeugnisse durch echte Preise honorieren: Subventionsumverteilungspolitik ist keine ehrliche und dauerhafte Politik. Dieses System der letzten Jahrzehnte ist abgelaufen.