Protocol of the Session on June 24, 2020

Neben der verantwortungsbewussten Umsetzung der Soforthilfen ohne große administrative Hilfe des Bundes reagiert die Landesregierung direkt im Bereich Tourismus. Die Tourismusbranche sowie der Einzelhandel wurden besonders schwer von der Corona-Pandemie getroffen. Doch in Rheinland-Pfalz stehen wir hinter dem Tourismus. In den Jahren 2020 bis 2022 fließen 50 Millionen Euro extra in das rheinland-pfälzische Tourismusmarketing, neue und erweiterte Förderprogramme für Gastbetriebe sowie für die öffentliche Tourismusinfrastruktur.

Diese Fördermittel leisten auch ihren Beitrag dazu, die Digitalisierung im Bereich des Tourismus voranzutreiben. Im letzten Plenum haben wir schon darüber gesprochen. Dies wird auch in der Enquete-Kommission gutachtlich gefordert.

Die Lockerungen, die mit der Zehnten CoronaBekämpfungsverordnung in Kraft getreten sind, sind außerdem noch wichtig für die Branche, welche auch Dr. Volker Wissing im Bereich der Mehrwertsteuersenkung, im Bereich der Öffnung der Außen- und Innengastronomie immer wieder stark unterstützt hat. Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, Gereon Haumann, spricht hierbei sogar von einem „Befreiungsschlag“.

Ich bin mir sicher, weitere Maßnahmen werden folgen, wenn nötig und auch im benötigten Maße. Ich könnte jetzt noch weitere Beispiele aufzählen, um die vorausschauende Arbeit der Landesregierung zu verdeutlichen. Wir haben aber in zahlreichen Ausschüssen, und zwar über alle Fachausschüsse hinweg, mehrere Male über lange Zeit darüber diskutiert, und auch in der neu gegründeten EnqueteKommission „Corona“ wird ausführlich über diese Maßnahmen und über die Zukunft debattiert werden.

Aber durch Voraussicht konnten wir in Rheinland-Pfalz die Pandemie bisher gut bewältigen. Es herrschte kein Chaos, auch wenn das hier suggeriert werden soll, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die leider Probleme mit Soforthilfen oder mit weiteren Lockdowns hatten oder haben.

Eines darf ich Ihnen mitgeben, Herr Kollege Schreiner, liebe CDU: Was definitiv kein Vertrauen schafft, ist ein RheinlandPfalz-weiter Newsletter an Unternehmen, ohne dass die Unternehmen der Eintragung in diesen Newsletter zugestimmt haben und in welchem Sie Parteipolitik machen gegen die Landesregierung auch in der Corona-Krise.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Oh!)

Dadurch, dass wir alle in Rheinland-Pfalz, alle Bürgerinnen und Bürger, unsere Freiheit im notwendigen Maße eingeschränkt haben, konnten wir Schlimmeres verhindern. Wir alle haben unser Möglichstes dazu beigetragen, die Situation in den Griff zu bekommen. Dafür möchte sich die FDP-Fraktion bei allen Bürgerinnen und Bürgern in Rheinland-Pfalz herzlich bedanken.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Kollegin Binz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Titel der heutigen Aktuellen Debatte der AfD gesehen habe, war mein erster Gedanke: Ein gutes Gespür für Timing zeigen Sie damit nicht. Ich will Ihnen zwei Gründe nennen, warum ich denke, dass Ihre Melange aus Anwürfen nicht nur sachlich danebengeht, sondern auch zum völlig falschen Zeitpunkt kommt.

Grund Nummer 1: Ich bin ein Kind der 90er. Damals gab es – der eine oder die andere wird sich vielleicht erinnern – eine Fernsehshow. Die hieß „Familienduell“. Der Moderator – er hieß Werner Schulze-Erdel – hat immer eine Frage gestellt und gesagt: „Wir haben 100 Leute gefragt.“ Die Kandidatinnen und Kandidaten mussten raten, welche Antwort auf diese Frage von den meisten der 100 Befragten genannt wurde. Das war dann die sogenannte Topantwort. Wenn Werner Schulze-Erdel heute in der Show sagen würde „Wir haben 100 Leute gefragt: In welchem Bundesland herrscht zurzeit ein chaotisches Corona-Management?“, ich wette mit Ihnen, Rheinland-Pfalz wäre in diesen Tagen ganz sicher nicht die Topantwort.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Ja, die Zahlen der täglich gemeldeten Infektionen in Deutschland gehen gerade wieder hoch,

(Zurufe von der AfD)

aber das liegt nicht an Rheinland-Pfalz. Letzten Mittwoch vermeldete das Gesundheitsministerium 6.858 Infektionen. Heute sind es 6.932 Fälle. Das sind 74 Neuinfektionen in acht Tagen. Bei den aktiven Fällen waren es letzten Mittwoch 393 Fälle, und heute sind es 389 Fälle, also gleichbleibend.

Diese Zahlen zeigen uns doch ganz deutlich, wir sind bislang in Rheinland-Pfalz gut durch die erste Phase dieser Pandemie gekommen, und von einem Versagen, wie Sie es nennen, kann überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Dass die Zahlen zurzeit wieder hochgehen, liegt an Nordrhein-Westfalen und dem Ausbruch in der Fleischfabrik des Herrn Tönnies. Herr Kollege Schreiner, Sie haben Frau Merkel gelobt, Sie haben Herrn Spahn gelobt. Dass Sie Herrn Laschet überhaupt nicht benannt haben, spricht Bände.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Es liegt an dem Ausbruch bei Tönnies, wo es der Betreiber versäumt hat, die Corona-Maßnahmen umzusetzen, und die Behörden schlicht und ergreifend nicht ausreichend kontrolliert haben. Die Folgen dieses Ausbruchs auch für uns können wir heute noch gar nicht einschätzen.

Wir brauchen uns natürlich nichts vormachen. Es kann auch in Rheinland-Pfalz jederzeit einen lokalen Ausbruch geben. Die aktuellen Ereignisse in Prüm zeigen uns, wie sehr wir weiterhin auf der Hut sein müssen und warum es sehr wohl gerechtfertigt ist, dass wir nicht alles wieder auf normal stellen, sondern Einschränkungen und Hygienemaßnahmen weiterhin brauchen.

Natürlich kann man jederzeit über diese Maßnahmen diskutieren, man kann auch jederzeit über die Nothilfeprogramme diskutieren. Die Bekämpfung einer Pandemie mit diesem Ausmaß war für uns alle eine neue Situation. Es musste schnell gehandelt werden, es musste umfassend gehandelt werden mit außergewöhnlichen und sehr weitgehenden Maßnahmen.

Deshalb – das ist der zweite Grund, warum Sie mit Ihrer heutigen Debatte kein Gespür für Timing zeigen – hat dieses Parlament eine Enquete-Kommission eingerichtet, die nächste Woche noch ihre Arbeit aufnehmen wird und in der wir diese Diskussionen führen werden. Ich bin gespannt, ob Ihre gesundheitspolitische Sprecherin auch dort, wie bereits regelmäßig im Gesundheitsausschuss, uns in erster Linie davon überzeugen will, dass das mit dieser Pandemie doch eigentlich alles gar nicht so schlimm ist und wir alle total übertreiben.

(Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Habe ich doch gar nicht gesagt!)

Noch ein Punkt ist mir zu Ihrer Aktuellen Debatte eingefallen. In der Sozialpsychologie gibt es das Phänomen des Dunning-Kruger-Effekts. Dieses Phänomen bezeichnet den Umstand, dass es gerade die Unwissenden sind, die sich selbst und ihre Kompetenzen gerne überschätzen,

(Heiterkeit bei der AfD)

und Unwissenheit oftmals zu mehr Selbstvertrauen als Wissen führt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich finde, genau ein solches Phänomen liegt uns hier mit Ihrer heutigen Debatte vor; denn wer in dieser Situation, in der wir uns befinden, ernsthaft so tut wie Sie, als hätte er den Masterplan in der Schublade liegen und würde ohne Nachsteuern, ohne Korrekturen und ohne kritische Diskussionen durch diese Pandemie steuern, der ist sich anscheinend der Tragweite des Ganzen überhaupt nicht bewusst;

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das hat keiner behauptet! Das hat die Anklam-Trapp behauptet!)

denn wer sich dessen bewusst ist, der weiß auch, dass eine Situation, wie wir sie mit der Pandemie haben, in einer liberalen Demokratie kaum ohne Nachsteuern, ohne Korrekturen und auch definitiv nicht ohne jegliche Kritik zu managen ist.

Deshalb kann uns die Bekämpfung des Coronavirus nur gemeinsam gelingen. Es ist an dieser Stelle auch ehrlich gesagt traurig, Herr Kollege Schreiner, wie Sie hier vorhin gesprochen haben. Ich würde gerne noch einmal betonen, dass man auch festhalten muss, landauf, landab sind alle Parteien daran beteiligt, diese Corona-Pandemie zu bewältigen. In den Rathäusern, in den Kreisverwaltungen, auf kommunaler Ebene und in den Ministerien auf Landesebene sitzen Schwarze, Rote, Grüne und Gelbe.

(Glocke des Präsidenten)

AfDler sitzen dort keine. Sie können nur vom Spielfeldrand kommentieren.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das ist das Problem!)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Jetzt spricht die fraktionslose Abgeordnete Bublies-Leifert.

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Dass gerade die AfD-Fraktion nun diesen Antrag stellt, hat mir ein leichtes Schmunzeln entlockt. War es nicht gerade der Landesvorsitzende Michael Frisch, der am 23. April die verspätete Einführung der Maskenpflicht als überfällig lobte, um dann jetzt wiederum ein Chaos zu beklagen?

Eine Anmerkung hierzu: Durch die Einführung der Maskenpflicht ist mir persönlich in keiner bekannten CoronaStatistik eine signifikante Änderung der Reproduktionsrate gezeigt worden. Dennoch ist diese Aktuelle Debatte absolut notwendig und überfällig.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Das Bild, das diese Landesregierung in den letzten Wochen abgegeben hat, war schlichtweg miserabel, insbesondere im Umgang mit unseren Gastronomen. Auf meine Kleine Anfrage hin wurde mir mitgeteilt, dass am 15. Mai 2020 sage und schreibe 14.387 rheinland-pfälzische Gastgewerbebetriebe mit Corona-Soforthilfemaßnahmen des Bundes unterstützt wurden.

Die jeweiligen Zuschusssummen des Bundesprogramms beliefen sich beim Gastgewerbe auf durchschnittlich 8.746 Euro, im Landesprogramm lag dieser Wert für bewilligte Kredite samt Zuschüssen bei knapp 25.000 Euro pro Betrieb. Hinzu kommt, dass allein im April fast 4.000 Gastronomiebetriebe und deren fast 20.000 Angestellte von Kurzarbeit betroffen waren.

Zu allem Überfluss kam dann noch der Schlingerkurs mit den zuvor erlaubten Gesichtsvisieren hinzu. Wie viele nun eigentlich ursprünglich gesunde Betriebe so noch in der Insolvenz landen, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen.

So, wie man Bordelle vorerst öffnen wollte, so geschlossen wollte man Schulen und Kitas halten. Verlierer waren und sind eindeutig Kinder, Jugendliche und Familien, besonders natürlich noch einmal die Schüler mit Förderbedarf aus sozial schwachen, bildungsfernen Schichten, die mehr denn je den Anschluss an die dringend notwendige Bildung für ihren weiteren Lebensweg verlieren können, von familiären Gewalteskalationen aufgrund überforderter Eltern ganz zu schweigen.

Wie es außerdem den unzähligen Prostituierten, auch den illegalen, geht, die auf ihre bisherigen Einkünfte aus diesem Gewerbe angewiesen waren, interessiert anscheinend auch niemanden.

Während man nun allein in Rheinland-Pfalz Hunderttausende Arbeiter mit Kurzarbeitergeld und Kündigungen leben lässt und das friedliche Miteinander zusätzlich durch die Förderung von Blockwartmentalität aufgrund überzogener gegenseitiger sozialer Kontrolle auf Dauer gefährdet, erleben wir im Landtag und in den Ausschüssen, dass Sitzungen einfach einmal wegfallen; in Anbetracht der allgemeinen Lage derzeit meines Erachtens ein fatales Signal.

Frau Ministerpräsidentin Dreyer, bitte beenden Sie endlich die Mainzer Corona-Chaostage, und geben Sie den Menschen ihre Freiheit und ihr Leben, wie es bereits viele europäische Länder vormachen, zurück.