Protocol of the Session on May 28, 2020

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Brück.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war schon gespannt, wer von den vielen neuen Bildungsexperten bei der CDU heute spricht. Man konnte ja den Eindruck haben, Sie hatten in den letzten Wochen Sprechverbot, Frau Beilstein.

Aber eigentlich ist es egal; denn Sie springen auf jedes Thema auf, Hauptsache, die Schlagzeile stimmt.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Ja, die derzeitige Situation ist eine riesengroße Herausforderung, und es ist eine belastende Situation für Familien und Kinder. Für die Kinder, denen die Freunde und Spielgefährten fehlen, für die Eltern, die Familie und Beruf unter einen Hut bekommen müssen, aber auch für Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher, die Präsenzunterricht, Onlineoder Fernunterricht oder Notbetreuung und eingeschränkten Regelbetrieb stemmen müssen.

Das ist jedem hier bewusst. Die Landesregierung handelt verantwortungsvoll, den Gesundheitsschutz an oberster Stelle.

Es ist ein Spagat, und wir danken allen, die dies mit riesengroßem Engagement jeden Tag meistern,

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

den Familien, aber auch den Lehrkräften und den Fachkräften in den Kitas.

Die CDU nimmt, wie sie es gerade gebrauchen kann. Am 13. März ging es Herrn Baldauf noch nicht schnell genug mit den Schul- und Kitaschließungen. Frau Huth-Haage forderte dann am 7. Mai eine behutsame Öffnung der Schulen, also langsamer, als die Landesregierung es macht. Was denn nun? Allerdings hatte sie dabei wohl übersehen – jetzt komme ich auf einen Punkt, den Sie angesprochen haben, Frau Beilstein –, dass Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf längst über die Notbetreuung Zugang zu den Schulen hatten. Damit ist Ihre Forderung längst obsolet, weil Schulen genau wissen, welche Kinder Förderung brauchen und gezielt diese Eltern und Familien angesprochen haben.

Jetzt also die Forderung nach der geregelten Rückkehr zum Schul- und Kitaalltag, wobei Sie zur Kita gar nichts gesagt haben. Aber auch da hat die CDU wohl noch nicht gemerkt, dass das seit dem 27. April schon geschieht. Bis 8. Juni gehen alle Kinder wieder in die Schulen und Kitas nach gemeinsamen, mit allen an Schule und Kita Beteiligten erarbeiteten Regularien mit Abstands- und Hygienekonzept. Das geht nun einmal nicht überall gleichzeitig.

Die Landesregierung hat einen klaren Stufenplan, wie verantwortungsvoll die Gesundheit der Kinder und Lehrkräfte einerseits und das Recht auf Bildung im frühkindlichen und schulischen Bereich andererseits zusammenpassen. Als zwei Seiten einer Medaille wird das realisiert werden.

Beispiele gefällig? – Die Notbetreuung, Frau Beilstein, war von Anfang an für alle Eltern geöffnet, die eine Betreuung brauchten. Digitale Leihgeräte werden zusammen mit den Kommunen zur Verfügung gestellt für solche Kinder, die keinen Zugang dazu haben. Schulrechtliche Fragen zur Benotung und Versetzung wurden geklärt, Konzepte für die Ferienkurse und für Ferienbetreuung und das neue Schuljahr werden erarbeitet.

Frau Beilstein, das ist keine neue Ankündigung. Schauen Sie einmal in die April-Sitzung des Bildungsausschusses. Dort hat die Ministerin dies genau angetitelt und gesagt, dass entsprechende Kurse erarbeitet werden.

Mit der Videoplattform und den Hygienekonzepten sind wir in Rheinland-Pfalz Vorreiter und Beispiel für viele andere Länder. Die Umsetzung geschieht vor Ort. Ja, wo soll sie auch sonst geschehen.

Bei 1.600 Schulen und fast 2.600 Kitas kann es keine Lösung am grünen Tisch in Mainz geben, die für alle gleichermaßen trägt. Dabei sind Schulen und Kitas nicht allein. Aufsichtsund Dienstleistungsdirektion, Landesamt und Jugendämter sind mit in der Verantwortung. Es ist keiner alleingelassen, im Gegenteil: individuelle Lösungen werden vor Ort sogar eingefordert, weil die Voraussetzungen nun einmal unterschiedlich sind.

Frau Beilstein, von der CDU brauchen wir Sozialdemokraten keine Belehrung zur Bedeutung der Bildung. Schauen wir einmal in unsere Nachbarländer. In Nordrhein-Westfalen gibt es Riesenärger wegen der Schulöffnung, weil Dinge angekündigt werden, die mit niemandem besprochen sind.

In Baden-Württemberg gibt es Riesenärger wegen der Kitas, weil Dinge angekündigt werden, die mit niemandem besprochen sind.

In Hessen das gleiche Bild.

Wir gehen in Rheinland-Pfalz einen komplett anderen Weg. Es wird zunächst mit allen Beteiligten gesprochen, und dann werden die vereinbarten Schritte umgesetzt. So war es beim Hygienekonzept für Schulen und Kitas und auch bei den Leitlinien für die Kitaöffnung zum eingeschränkten Regelbetrieb ab Anfang Juni.

Klar ist auch, es gibt eine Perspektive; denn die Maßnahmen und Schritte werden ständig überprüft. Die Landesregierung lässt sich von Experten beraten. Der Gesundheitsschutz ist immer im ersten Blick. Wenn weitere Lockerungen verantwortbar sind, werden sie umgesetzt. Die Ministerpräsidentin hat das gestern gesagt: der Kitabetrieb bis zum Sommer und die Schulöffnung nach den Sommerferien.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber der Virus ist noch vorhanden, und wir müssen weiter vorsichtig sein. Wir wollen alle so schnell wie möglich zurück zum normalen Schul- und Kitabetrieb. Es muss aber verantwortbar sein und nicht zu jedem Preis.

Wer hier behauptet, wir haben kein klares Konzept,

(Glocke des Präsidenten)

der handelt wider besseres Wissen und macht einfach Wahlkampf.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Paul.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Es ist noch nicht so lange her, da fürchtete die CDUBundesbildungsministerin Karliczek einen Überbietungswettbewerb, oder sagen wir einmal, die Kanzlerin, die seit dem Jahr 2015 für die Masseneinwanderung zuständig oder verantwortlich ist, sprach von „Öffnungdiskussionsorgien“.

Die CDU-Kanzlerin diskreditierte ganz pauschal eine Diskussion, die stets dringend geführt werden muss. An diesem Punkt hat die Kollegin Willius-Senzer vollkommen recht.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Nicht Öffnungen bedürften der Rechtfertigung, sondern die Schließungen. Wir müssen uns immer wieder fragen: Wann oder wie schnell kommen wir zum Regelunterricht zurück? Das tut insbesondere den Kindern und Schülerinnen gut, die zu Hause nicht die Unterstützung haben können wie in anderen Elternhäusern, weil sie sozial schwach sind.

In der CDU kam dies bislang nicht besonders gut an. Die CDU ist förmlich dem Virologen Christian Drosten hörig, und ihre Schul- und Kitapolitik wurde maßgeblich von den Äußerungen des Virologenpromis beeinflusst.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Verschwörungstheorie!)

In der umstrittenen Studie des Herrn Drosten heißt es allerdings nur, dass es sein könnte, dass Kinder bei der Weitergabe des Virus genauso infektiös seien wie Erwachsene.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Es wurde dann später daraus gemacht: Es gibt auch bei Kindern sehr hohe Viruslasten. –

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Offenbar gibt es in diesem großen Apparat der Bundesregierung niemanden, der vor einer weitreichenden Entscheidung, wie es die Frage der Öffnung von Kitas und Schulen zweifellos ist, noch eine zweite Meinung einholt.

Der Merkel-CDU galt und gilt Drosten als allerhöchste Instanz. Die Entscheidung war daher alternativlos, wie so oft, auch für die jeweiligen Landesregierungen. Die Schulen wurden nur langsam und schrittweise geöffnet.

Am vergangenen Donnerstag kommentierte Drosten die Stellungnahme von fünf medizinischen Fachgesellschaften, welche die Aufhebung sämtlicher Einschränkungen für den Kita- und Schulbetrieb in ganz Deutschland gefordert hatten, das könne man so oder so sehen. Die Autoren würden lediglich – ich zitiere – nach eigener Interpretation des Wissenstands handeln, die sofortige und uneingeschränkte Öffnung von Kitas und Kindergärten und Schulen fordern auf der Interpretation des eigenen Wissensstands. –

Gestern wurde Drosten im FOCUS folgendermaßen wiedergegeben – ich zitiere –: „als Privatperson ist meine Meinung vollkommen klar: Natürlich können wir nicht weiter auf der Basis einer unsicheren wissenschaftlichen Datenlage die Kitas geschlossen halten, während wir andere Bereiche auf Basis einer unsicheren Datenlage einfach öffnen.“

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Was hatte Frau Senzer noch einmal gesagt? – Nicht die Öffnungen bedürften einer Rechtfertigung, sondern die Schließungen.

Die AfD-Fraktion hat schon vor vielen Wochen gefordert, dass wir mehr Daten benötigen, um verantwortbare Entscheidungen zu treffen. Der CDU geführten Bundesregierung war das egal. Stattdessen hat sie ohne wissenschaftliche Grundlage unserem Land und seinen fleißigen Menschen schweren Schaden zugefügt.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Völliger Quatsch!)

CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn ist sich der vielen Fehler seiner CDU geführten Bundesregierung offenkundig sehr bewusst. Wie anders ist das Eingeständnis zu verstehen – ich zitiere –: „Wir werden in den nächsten Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen“. Das ist auch im Hinblick auf Schulen und Kitas richtig.

Was macht angesichts dessen die CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz? Der war angesichts der vielen Wendungen von Christian Drosten offenbar ganz schwindelig. Sie hat das getan, was sie in der Legislaturperiode schon so oft gemacht hat, sie hat sich thematisch bei der AfD bedient – wie so oft.

(Heiterkeit der Abg. Bettina Brück und Kathrin Anklam-Trapp, SPD)

Der Titel der Aktuellen Debatte lautet „Rückkehr zum geregelten Schul- und Kitaalltag – Grundrecht auf Bildung sichern“.