Protocol of the Session on May 28, 2020

das heißt auch ohne Abstandsgebote.

Glauben Sie wirklich, dass die 180-Grad-Wende in dieser Form eine gute Idee ist? Wir glauben das nicht.

(Beifall bei der CDU)

Der Antrag hat auch inhaltlich Ungereimtheiten. Zunächst einmal ist es so, dass Sie die Forderung nach dem uneingeschränkten Recht auf Bildung erheben. Das ist nachvollziehbar. Zwei Sätze weiter aber bringen Sie die Reduzierung schulischer Angebote ins Spiel, wenn es um die Befreiung der Anwesenheitspflicht von Erziehern und Lehrern aus Risikogruppen geht. Das passt nicht zueinander, und das sehen wir auch deutlich anders.

Wenn man das uneingeschränkte Recht auf Bildung ernst nimmt, dürfen Angebote nicht einfach reduziert werden, sondern dann muss man bei der Personalsituation etwas ändern, ob durch Neueinstellungen oder durch Umstrukturierungen zum Beispiel in der Form, dass Lehrerinnen und Lehrer von unnötigem, nicht pädagogischem Ballast befreit werden, damit sie wieder vermehrt ihrem eigentlichen Auftrag nachkommen können.

Corona ist in der Tat eine Zeit der Widersprüche. Wir alle erleben im Moment diesen immensen Druck und dieses Spannungsfeld zwischen Angst und Gesundheit – der Gesundheit des eigenen Kindes und der Gesundheit der Lehrer und Erzieher –, zwischen dem Wunsch der Einzelnen auf der einen Seite, arbeiten zu wollen, und auf der anderen Seite, arbeiten zu müssen.

Dieses Spannungsfeld muss aber zunächst einmal aufgelöst werden, damit am Ende des Tages wirklich wieder ein regulärer Betrieb von Schule und Kita stattfinden kann. Ein Weg dafür wären reguläre Testungen, wozu später meine Kollegin Simone Huth-Haage noch etwas sagen wird. Diese flächendeckenden und wiederholten Testungen im pädagogisch-erzieherischen Bereich sind Grundvoraussetzungen für ein Vertrauen in ein frisches, gesundes und sicheres Arbeiten in dieser Zeit.

Das verstehen wir zum Beispiel als eine zentrale Vorbedingung für eine Rückkehr zum Normalbetrieb. Ich glaube, das sind wir als Arbeitgeber, als Land, als kommunale Träger und Bildungsanbieter der Gesellschaft wirklich schuldig.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu sagen Sie nichts. Sie ziehen es nicht einmal in Betracht, sondern fordern stattdessen einfach eine Angebotsreduktion. Sie nehmen eine Einschränkung des Bildungsangebots in Kauf, und das unterscheidet uns.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Ein letzter Punkt: In Ihrem Antrag fordern Sie, dass der Normalbetrieb in Kitas und Schulen dort umgehend wieder aufgenommen werden soll, wo die niedrigen und weiter fallenden Infektionszahlen dies „verantwortbar“ erscheinen lassen.

Was meinen Sie mit „verantwortbar“? Wie definieren Sie „verantwortbar“? Wenn es dann gemäß Ihrer Formulierung zu Einschränkungen kommen soll und zum Beispiel ein Landkreis die Neuinfektionsrate übersteigt, was passiert dann? Werden alle Bildungs- und Erziehungseinrichtungen dort geschlossen, im ganzen Kreis, oder nur in der VG, in der die Infektionszahlen entsprechend hoch sind?

Wenn es aber letztendlich wirklich so wäre, dass nur die Einrichtung geschlossen wird, dann ist dies nichts anderes, als der jetzige Status, den wir im Moment haben. Dafür braucht es Ihren Antrag nicht.

Was wir brauchen, ist schlicht und ergreifend, dass wir die

Voraussetzungen schaffen, damit Bildung und Erziehung flächendeckend wieder stattfinden können.

Insofern sehen wir das durch Ihren Antrag nicht gegeben und können ihm daher keine Zustimmung erteilen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Frisch von der AfD-Fraktion das Wort.

Verehrte Frau Kollegin Beilstein, zunächst einmal ist positiv anzumerken, dass Sie im Unterschied zu Frau Brück jedenfalls verstanden haben, was wir wollen und wie wir uns das Ganze vorstellen.

Das Dilemma ist in der Tat die Einhaltung der Abstandsregeln. Das haben Sie richtig vorgetragen. Mal abgesehen davon, dass die in den Kitas ohnehin kaum einzuhalten sind, werden wir das auch nicht bei dieser schrittweisen Lockerung, die Sie bzw. die Landesregierung im Blick haben, lösen können.

Solange die Abstandsregeln in dieser Form einzuhalten sind, wird es nicht möglich sein, mehr als etwa die Hälfte von Kita- und Schulbetrieb zu fahren. Das gilt jetzt, das gilt vor den Sommerferien, das gilt dann aber auch nach den Sommerferien.

Das heißt, wir müssen uns schon Gedanken darüber machen, ob wir diese Regeln einhalten wollen oder uns darauf beschränken, dass wir beispielsweise häufig lüften und Hände waschen. Das sind alles Dinge, die in einer Kita und einer Schule problemlos einzuhalten sind.

Die Einschränkung des Bildungsangebots ist jetzt gravierend. Wir haben höchstens etwa den hälftigen Unterricht bzw. die hälftige Betreuung. Wir sagen, wir nehmen Rücksicht auf das Personal in Kitas und Schulen, das den Risikogruppen angehört. Das sind in den Kitas etwa 7 %. Das ist im Familienausschuss so gesagt worden. Das heißt, wir müssten nur geringfügig reduzieren. Das ist ein erheblicher Unterschied zu dem Status quo.

Deshalb sind wir der Meinung, dass wir es tatsächlich differenziert betrachten müssen.

Was soll denn das Kriterium sein, nach den Sommerferien aufzumachen? Wir haben jetzt in vielen Kreisen und Städten Zahlen, die bei null liegen. Müssen die bei minus fünf liegen, bis Sie dann einmal aufmachen?

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Natürlich ist es richtig – Frau Beilstein, da stimme ich Ihnen zu –, dass wir überlegen müssen, was verantwortbar

ist. Wenn es aber jetzt nicht verantwortbar ist, bei diesen Zahlen, die in fast zwei Dritteln der Kreise und kreisfreien Städte bei null liegen, dann frage ich mich, was sich jetzt noch ändern soll.

Wir plädieren also dafür, so viel Vertrauen in die örtlichen und regionalen Strukturen, in die Gesundheitsämter und die Verantwortlichen zu haben, dass wir dort im Sinne einer Subsidiarität eine differenzierte Regelung zulassen können, damit wir genau diese schwierigen Folgen für die Kinder, aber auch für die Eltern so schnell wie möglich und so weit wie möglich aufheben können.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Wünschen Sie die Erwiderung? Offensichtlich nicht, Frau Beilstein.

Dann hat jetzt die fraktionslose Abgeordnete Helga Lerch das Wort.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Bin ich nicht dran?)

Bitte?

Frau Abgeordnete Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Paul, Sie haben gesagt, komplexe Probleme brauchen differenzierte Lösungen. Ich möchte aus Ihrem Antrag zitieren – mit Genehmigung der Frau Präsidentin –: „Erzieher und Lehrer aus Risikogruppen von der Anwesenheitspflicht zu befreien und die damit verbundenen Ausfälle durch entsprechende Angebotsreduzierungen aufzufangen.“ Diesen Satz muss man sich wirklich einmal ganz genau auf der Zunge zergehen lassen.

Herr Frisch, Sie bringen hier die Durchschnittszahl in den Kitas von 7 %. Wir haben aber im Prinzip keine Durchschnittszahlen. Wir haben sehr unterschiedliche Zahlen. Wir wissen, wie viele in den Schulen, in einzelnen Schulen und einzelnen Kitas eine bestimmte Altersgrenze erreicht haben, und wir kennen auch die Krankheitsstruktur in den Kollegien und bei den Erzieherinnen. Es gibt Schulen, in denen wir eine Prozentzahl von 50 % haben, und dann gibt es wieder Schulen, bei denen der Anteil nur bei 5 % liegt. Es ist also sehr, sehr unterschiedlich.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Da muss man stärker reduzieren!)

Jetzt kommen wir zu der entsprechenden Frage. Wenn Sie schreiben, „Ausfälle durch entsprechende Angebotsreduzierungen aufzufangen“, dann frage ich mich: Wer entscheidet denn letztendlich, was gelehrt wird? Wenn wir in der

einen Schule 50 % in diesem Risikofaktorbereich haben, wer entscheidet denn, was ausfällt?

(Abg. Uwe Junge, AfD: Schulleitung!)

Damit kommen wir zu einer ganz generellen Frage bei der Corona-Krise. Wir haben bereits jetzt schon enorme Unterrichtsausfälle. Der Lehrplan kann nicht erfüllt werden. Das ist ein Faktum. Die Frage, die für mich bestehen bleibt, ist: Wer entscheidet darüber, was gelehrt und gelernt wird?

Im Idealfall stellen sich die Fachkonferenzen der einzelnen Schulen zusammen und sagen, so und so machen wir das. Was passiert mit der gleichen Schule am gleichen Ort in der Nachbarschaft, bei der die Fachkonferenzen etwas anderes entscheiden? Dann haben wir landesweit im ungünstigsten Fall ganz unterschiedliche Lerninhalte, die vermittelt werden.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist doch besser als gar nichts!)

Ich kann mir das im Fach Englisch noch vorstellen, wenn man sagt: Na gut, wir haben die Grammatik, die gemacht werden muss. – Es gibt aber andere Fächer, bei denen es mir außerordentlich schwerfallen würde, zu sagen: Das lassen wir weg, und das lassen wir weg, und das machen wir. –

Das braucht Verbindlichkeit, meine Damen und Herren; denn die Schülerinnen und Schüler, die einen Abschluss machen, brauchen einen gleich verbindlichen Abschluss und die Gewissheit, dass die Inhalte in Rheinland-Pfalz gleiche Verbindlichkeit haben.

(Beifall bei der CDU)

Da wünsche ich mir, dass auch von höherer Stelle

(Glocke der Präsidentin)