Protocol of the Session on May 28, 2020

Hier sind die Kommunen eingesprungen, weil das Land die Masken nicht rechtzeitig beschaffen konnte, wie die Landesregierung am 6. Mai im Bildungsausschuss dann auch einräumen musste.

(Zuruf von der Regierungsbank: Was?)

Allein an der Berufsbildenden Schule Mainz waren 2.700 Schüler davon betroffen. Es ist kaum zu glauben, dass die Ministerpräsidentin am 29. April nicht wusste,

dass am 27. April die Kommunen die entsprechenden Masken bereitgestellt hatten.

(Zuruf der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

Trotzdem wiederholte sie in ihrer Regierungserklärung ihre Fake News.

(Abg. Martin Haller, SPD: Den Mann kann man komplett ignorieren!)

Ich halte fest, die Ministerpräsidentin hat das Versprechen nicht eingehalten und uns in die Irre geführt.

Beispiel Nummer 2: Die Ministerpräsidentin sagte am 13. Mai – ich zitiere –: Es ist wirklich gewünscht, dass auch die Kinder, die es einfach nicht mehr aushalten, dass sie ihre Freunde und Freundinnen nicht sehen, diese erweiterte Notbetreuung annehmen. –

Dieses für Anfang Juni abgegebene, aber haltlose Versprechen brachte die Erzieher richtig auf die Palme, und zwar zu Recht. Entweder sagt Frau Dreyer hier bewusst die Unwahrheit, oder sie ist schlichtweg ahnungslos.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Vorsicht, Herr Paul! Vorsicht!)

Wie sollen weniger Erzieher allen Kindern bei erhöhten Hygienemaßnahmen gerecht werden? Die Ministerpräsidentin weckt in unverantwortlicher Weise Erwartungen bei Eltern und Kindern, die nicht erfüllt werden können.

Vermutlich ist das für Frau Dreyer nicht so wichtig; denn wie die Umsetzung aussieht, wenn alle Kinder ihrer Einladung folgen würden, ist schließlich Angelegenheit der Träger wie Kommunen, Kirchen und Wohlfahrtsverbände.

Die Ministerpräsidentin scheut sich also nicht, die eine oder andere populistische Parole in die Welt zu setzen, und das auf Kosten von Trägern und Erziehern. Das ist eine Profilierung, die wir nicht gutheißen können.

Für die AfD ist die Politik mehr als Lächeln und das Verbreiten wohlfeiler Parolen wie „Wir schaffen das!“.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist ja wohl ein Witz!)

Die Kunst der Politik ist es doch, für komplexe Probleme differenzierte Lösungen anzubieten.

(Heiterkeit und Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD: Ja genau! Das ist doch Euer Ding! Differenziert wie immer!)

Das gilt in besonderem Maß für die Corona-Krise. Hier sind Fakten, nicht Fake News gefragt,

(Heiterkeit des Abg. Martin Haller, SPD)

und das Vertrauen in die Wissenschaft ist durchaus erforderlich.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD – Abg. Martin Haller, SPD: Zittert Ihnen eigentlich die Hand, wenn Sie so etwas aufschreiben?)

Am 19. Mai 2020 forderten fünf medizinische Fachgesellschaften in einer gemeinsamen Stellungnahme die Aufhebung sämtlicher Einschränkungen für den Kita- und Schulbetrieb im gesamten Bundesgebiet. Die sozialen und gesundheitlichen Folgen der Schließungen seien gravierend und stünden in keinem Verhältnis zum aktuellen Infektionsrisiko.

In Rheinland-Pfalz gibt es inzwischen viele Landkreise und kreisfreie Städte, in denen es aufgrund der niedrigen Neuinfektionszahlen medizinisch vertretbar und pädagogisch geboten ist, umgehend eine vollständige Öffnung der Kitas und Schulen zu ermöglichen.

Den offiziellen Zahlen der Landesregierung vom Montag zufolge haben wir in 14 der 36 Kreise und kreisfreien Städte null Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen pro 100.000 Einwohner. Es gibt aber auch Städte und Landkreise, für die es sinnvoll ist, die Rückkehr zum Regelbetrieb noch hinauszuzögern.

Wie bringen wir das alles unter einen Hut? Die Antwort lautet: Subsidiarität. In Deutschland haben wir die CoronaKrise auch Dank unseres Föderalismus besser gemeistert als die meisten west- und südeuropäischen Partnerländer. Es war und ist durchaus sinnvoll, dass die einzelnen Bundesländer unterschiedliche Regelungen treffen.

Das gilt aber auch für die Beziehungen zwischen dem Land und der kommunalen Ebene. Wir müssen die Gegebenheiten vor Ort stärker berücksichtigen. Daher sollen die örtlichen Behörden in Zusammenarbeit mit den zuständigen Gesundheitsämtern eine Lagebeurteilung vornehmen und daraus verbindliche Entscheidungen ableiten.

Der jüngste Vorstoß aus Thüringen geht in diese Richtung. Ab 6. Juni sollen dort an die Stelle der landesweiten Vorgaben lokale Maßnahmen treten. Das ist richtig; denn alle Kinder in Rheinland-Pfalz haben ein Recht auf Bildung und Chancengleichheit. Nur in einer absoluten Ausnahmesituation darf dieses Recht über viele Monate hinweg ausgesetzt oder drastisch eingeschränkt werden.

Eine solche absolute Ausnahmesituation ist in einer Reihe von rheinland-pfälzischen Kreisen und Städten aber nicht mehr gegeben. Auch der wachsenden Betreuungsproblematik, der sich berufstätige Eltern in der jetzt anlaufenden Phase einer zunehmenden Wiederbelebung der Wirtschaft ausgesetzt sehen, muss mit der möglichst vollständigen Öffnung der Kitas in diesen Landkreisen und kreisfreien Städten Rechnung getragen werden.

(Beifall bei der AfD)

Deshalb sagen wir jetzt: Gehen wir zurück zur Öffnung. Es ist an der Zeit. Denken Sie auch an die Kinder aus Elternhäusern, aus Haushalten, die nicht stark betreuen und fördern

können. Wir wollen nicht, dass diese

(Glocke der Präsidentin)

zurückfallen und wir aufgrund der Corona-Krise eine soziale Spaltung im Bildungsbereich erleben.

Stimmen Sie unserem Antrag deshalb zu.

(Beifall der AfD)

Für die Koalitionsfraktionen spricht die Abgeordnete Bettina Brück.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag zeigt einmal mehr, dass die AfD sich einfach jede Forderung populistisch zu eigen macht, egal ob diese sich widersprechen, egal ob es realisierbar ist. Haltung ist eine Eigenschaft, die die AfD nicht kennt, und hier wird einfach auf jedes Pferd aufgesprungen, das da so in der Welt ist.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Ein Beispiel gefällig? Wir haben heute schon viel über Bildung gesprochen, aber urplötzlich hat die AfD die Kitas als Bildungseinrichtungen für sich entdeckt – interessant. Bisher äußerte sich zu diesem Thema immer der familienpolitische Sprecher, der die Kinder lieber zu Hause bei der Mutter aufgehoben sah als in der Kita. Die Äußerungen von Frau Nieland heute gingen genau in dieselbe Richtung.

Wer soll Ihnen denn jetzt diese Kehrtwende glauben?

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Nun gut, freuen wir uns einmal über diese 180-GradWendung, wobei die Kitas in Ihrem Antrag nun wirklich nur ein Randthema sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Aber dann fragen wir als Koalition: Was will die AfD eigentlich mit diesem Antrag? Sie scheinen bisher weder der Ministerpräsidentin noch der Bildungsministerin zugehört zu haben, und wenn Sie etwas gehört haben, wollten Sie es nicht richtig hören oder haben es nicht verstanden.

Die Sache mit den Masken macht es deutlich, weil immer gesagt worden ist, die Kinder, die ab 4. Mai in die Schule kommen, bekommen alle eine Maske, und alle anderen bekommen sie auch. Gar keine Frage.

Ihre Forderungen sind alle obsolet; denn das Konzept der Landesregierung – ich wiederhole es noch einmal, wir haben es heute Morgen schon ausführlich besprochen – sieht Folgendes vor: Kinder, auch die ganz kleinen, haben ein

Recht auf Bildung, und deshalb werden Kitas und Schulen aufgrund der niedrigen Infektionszahlen schrittweise geöffnet, und bis zum Sommer werden alle Kinder wieder in die Kita und in die Schule gehen können. Alles Weitere haben wir heute schon sehr lange gehört.

Wenn Sie von Lösungen von vor Ort sprechen, sage ich: Die haben wir auch. Wir haben individuelle Lösungen vor Ort, die jeweils angepasst an die Situation und an personelle und räumliche Gegebenheiten gemacht werden.

Wir wollen alle so schnell wie möglich zurück zur Normalität, aber das muss in verantwortungsvoller Art und Weise, die sowohl den Gesundheitsschutz der Kinder als auch den der Lehrkräfte und der Erzieherinnen und Erzieher in den Mittelpunkt stellt, passieren.

Dann müssen auch noch die Risikogruppen auf beiden Seiten besonders geschützt werden. Herr Paul, die haben Sie überhaupt nicht im Blick. Wenn Sie nämlich jetzt wollen, dass überall alles wieder aufgeht, dann müssen Sie auch gleichzeitig wollen, dass alle Risikogruppen sofort wieder in Schulen und Kitas gehen.