Protocol of the Session on May 28, 2020

Wie sollen die zusätzlichen Mittel gleichzeitig fair und gewinnbringend verteilt werden? Und nicht zuletzt: Wer entscheidet denn und kann demnach beurteilen, welche Forschungsvorhaben – ich zitiere – „in den nächsten zwölf bis 24 Monaten substanzielle Beiträge zur anstehenden Bekämpfung“ leisten werden? Wie gesagt, für die Zwecke, die Sie vorschlagen, sind 20 Millionen Euro nicht allzu viel. Da muss man sich dann schon fokussieren und kann nicht das Spektrum so breit auffächern, wie Sie das in Ihrem Antrag tun.

Uns überzeugt Ihr Antrag aus allen diesen genannten Gründen nicht, und wir werden ihn deswegen ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Professor Dr. Wolf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt ja die schöne Redensart „Der frühe Vogel fängt den Wurm“. Allerdings passt zu dem vorliegenden Antrag eher das Sprichwort „Besser spät als nie“; denn natürlich gibt es bereits eine Vielzahl von Forschungsaktivitäten, und unsere Forschungs- und Transferpolitik ist langfristig und strategisch ausgerichtet und folgt nicht kurzfristig aufgelegten Programmen aufgrund aktueller Impulse, auf die man dann aufspringt.

Es wurde bereits mehrmals die Firma BioNTech erwähnt. BioNTech steht international an der Spitze der Forschung zu COVID-19-Impfstoffkandidaten und kooperiert dabei mit Pfizer. Das Ziel der Zusammenarbeit ist es, die Entwicklung mehrerer COVID-19-Impfstoffkandidaten zu beschleunigen und einen Impfstoff im Fall einer Zulassung zügig weltweit zur Verfügung zu stellen.

Wenn man sich die Erfolgsgeschichte von BioNTech ansieht, dann ist das natürlich aufs Engste mit dem Wissenschaftsstandort Mainz und dem Forschungsland Rheinland-Pfalz verbunden, natürlich auch mit den prägenden Personen: Herr Professor Sahin, Frau Dr. Türeci, Herr Professor Huber. Professor Sahin war ab dem Jahr 2000 zunächst an der medizinischen Klinik und Poliklinik beschäftigt und ist derzeit am Institut für Immunologie der Universitätsmedizin Mainz tätig. Seine Forschungstätigkeit begleiten wir eng seit 20 Jahren.

Meilensteine waren unter anderem die Gründung der Ganymed Pharmaceuticals AG im Jahr 2001, die neuartige immuntherapeutische Krebsmedikamente entwickelt, die gemeinsame Gründung des Forschungsinstituts TRON im Jahr 2010, der Erfolg beim Spitzenclusterwettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit dem Ci3-Cluster im Jahr 2012. Das Land hat diese Entwicklungen – wie gesagt – seit 20 Jahren immer durch entsprechende Förderungen eng und mit langem Atem und jenseits kurzfristiger Programme begleitet.

Der Forschungsstandort Rheinland-Pfalz ist zugleich in der Frage der Bekämpfung der Corona-Pandemie hoch kreativ und bearbeitet wichtige Fragen der Gesundheits- und Versorgungsforschung weit über das Feld der Impfstoffentwicklung hinaus. Die Themen reichen von intensivmedizinischen Therapiekonzepten wie Biobanking und Serodiagnostik bis zur Untersuchung von SARS-CoV-2-Immunität in der Bevölkerung und definierten Patientengruppen oder zur psychischen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Gesundheitspersonal.

Andere Themen sind etwa die Entwicklung eines digitalen Lungenultraschall-Fortbildungsprogramms für Studierende und Ärztinnen und Ärzte oder ein kommerziell erhältlicher Prototyp für ein Schnellanalysegerät. Ein weiteres Projekt verfolgt etwa das Ziel, aktuell nicht benötigte Geräte, Verbrauchsmaterial und Personal von den Universitäten und Forschungseinrichtungen an Testlabore zu vermitteln, um die Testkapazitäten in Deutschland um ein Vielfaches zu steigern.

Ein Beispiel, das mir besonders gut gefällt, ist die jüngst ins Leben gerufene Außenstelle des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz an der Universität in Trier, die sich mit der Entwicklung KI-basierter Methoden, also Methoden der Künstlichen Intelligenz, die mit Simulationsmodellen im Kampf gegen Corona eingesetzt werden können, beschäftigt. Diese Simulationen berechnen, wie Menschen bei der Arbeit, in Schulen oder in der Freizeit zusammentreffen und ein Virus sich ausbreitet oder dies verhindert werden kann.

Am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern wurde bereits im Februar begonnen, systemische Ausbreitungsmodelle zu implementieren. Diese Modelle bieten Entscheidungshilfen bezüglich der Einführung von Isolierungsmaßnahmen oder Exitstrategien. Das Fraunhofer ITWM hat maßgeblich an der Ende April veröffentlichten Stellungnahme der vier großen Wissenschaftsorganisationen zu adaptiven Strategien zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie mitgewirkt und hatte dabei eine tragende Rolle. Darauf können wir stolz sein hier in Rheinland-Pfalz.

Alle diese Vorhaben sind bereits in Fahrt, nutzen bereits die zahlreichen Fördermöglichkeiten oder bewerben sich um diese. Sie werden dabei eng begleitet durch das Wissenschaftsministerium. Ich verweise hier auch auf das nationale Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu COVID-19, das darauf abzielt, Strukturen, Datensätze, Maßnahmen der Universitätskliniken und aller relevanten Akteure zu sichten und deutschlandweit zu vernetzen.

Sie sehen also, Herr Abgeordneter Gensch, die Themen sind breit angelegt, und sie decken Ihre Anregungen durchaus ab und gehen weit darüber hinaus. Dabei geht es um die Bündelung und Vernetzung der Forschungsaktivitäten weltweit, an denen wir in Rheinland-Pfalz einen angemessenen Anteil haben.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: In Rheinland-Pfalz sind wir weltweit die Besten!)

Der Bedarf für ein landesspezifisches zusätzliches Forschungsprogramm oder gar eine Förderlücke ist vor dem Hintergrund des Gesagten daher nicht zu erkennen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Gensch, ich erteile Ihnen das Wort zur Kurzintervention.

Sehr geehrte Kollegen, sehr geehrter Herr Minister! Sagen Sie uns doch einfach einmal ganz konkret, wenn Sie schon einzelne Firmen hier im Plenum erwähnen und die herausragende Bedeutung, die diese Firmen bezüglich Impfstoffentwicklung, bezüglich molekularbiologischer Projekte durchaus haben: Wie konkret hat denn die Landesregierung diesen Unternehmen tatsächlich geholfen?

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das würde uns mal interessieren!)

Welche Projekte hat sie denn unterstützt? Wie hat sie denn bei der Impfstoffentwicklung und den unglaublichen Summen, die dort im Quartal in Forschung und Entwicklung

tatsächlich gebraucht werden, tatsächlich unterstützt?

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Schmücken mit fremden Federn!)

Uns ist völlig klar, dass 20 Millionen Euro kein Betrag sind, der die Impfstoffentwicklung, die Medikamentenforschung in Rheinland-Pfalz ganz grundsätzlich auf eine neue Ebene heben wird. Aber sie sind ein Mittel der Standortsicherung, um zu sagen – zusätzlich zu anderen, die sich auf deutscher Ebene, auf europäischer Ebene, auf internationaler Ebene engagieren –, dass wir für unsere Firmen, für unsere Leuchttürme, die wir haben – das sind unter anderem die Digitalisierungsspezialisten an der Universität Kaiserslautern –, die verschiedenen Projekte voranbringen können. Das sind Unternehmen wie BioNTech, aber nicht nur die, das sind auch kleine mittelständische Unternehmen, die bezüglich Monitoringsysteme Projekte auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch etwas, was uns unmittelbar als Land Rheinland-Pfalz betrifft und wo wir hier unseren Standort bei einem so wichtigen Zukunftsthema wie Virologie sichern können.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Er soll uns mal eine Liste schicken, was er alles gemacht hat!)

Das ist etwas, bei dem ich Sie bitte, sagen Sie mir doch: Wie konkret sah die Hilfe denn bisher aus?

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Es wird keine Erwiderung gewünscht.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das glaube ich! – Heiterkeit und Zurufe von der CDU: Bravo! – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Wie armselig!)

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Antrag selbst.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: So etwas Armseliges! – Zuruf von der CDU: Unglaublich! – Weitere Zurufe von der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir stimmen über den Antrag der CDU-Fraktion – Drucksache 17/11906 – ab.

Wer diesem Antrag der CDU-Fraktion seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. – Enthaltungen? Danke schön. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die

Stimmen der CDU bei Enthaltung der AfD abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu Punkt 32 der Tagesordnung:

Der Wissenschaft vertrauen – KiTas und Schulen möglichst vollständig öffnen, Risikogruppen schützen, Live-Übertragung des Präsenzunterrichts ermöglichen Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/11903 –

Der Abgeordnete Paul spricht für die AfD-Fraktion.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was weiß denn die AfD von Wissenschaft?)

Herr Dr. Braun, ich erinnere mich an das Wahlkampfprogramm der Grünen aus dem 80er-Jahren. Darin haben sie vor dem Internet gewarnt. Das vielleicht einmal so als wissenschaftlicher Hinweis.

Liebe Kollegen, verehrtes Präsidium! Unser Antrag heißt aus gutem Grund „Der Wissenschaft vertrauen“ und nicht „Der Ministerpräsidentin vertrauen“. Malu Dreyer hat in den letzten Wochen sehr viel versprochen. Ein Großteil der Versprechungen konnte nicht eingehalten werden. Das liegt vielleicht daran, dass sie darin wahrscheinlich kein Problem sieht, weil sie für diese Versprechungen und deren Erfüllung andere in die Pflicht genommen hat.

Einige Beispiele. Beispiel Nummer 1: Am 21. April meldete der SWR, Malu Dreyer habe im Mainzer FrauenlobGymnasium angekündigt, das Land werde allen Schülern zum schrittweisen Schulstart Ende April/Anfang Mai eine wiederverwendbare Alltagsmaske schenken.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Haben wir gemacht, Herr Paul!)

Diese Ankündigung wurde nicht in die Tat umgesetzt. Diejenigen Schüler, die bereits am 27. April – wir müssen da sehr genau sein – in die Schulen zurückkehrten, erhielten keine Maske vom Land.

(Zurufe von der SPD)

Das ist keine Maske, das ist Populismus.

Hier sind die Kommunen eingesprungen, weil das Land die Masken nicht rechtzeitig beschaffen konnte, wie die Landesregierung am 6. Mai im Bildungsausschuss dann auch einräumen musste.