Protocol of the Session on May 27, 2020

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie steht in Gänze dafür, mit dieser Situation so verantwortlich wie nur möglich umzugehen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Was sagt denn der Herr Lindner im Bundestag?)

Sie spielt Gesundheitsschutz und grundgesetzlich garantierte Freiheit nicht gegeneinander aus. Sie denkt Gesundheit und Freiheit zusammen. Das ist der Auftrag, den uns das Grundgesetz gibt.

Wir müssen intensiv daran weiterarbeiten, das Fortsetzen von Einschränkungen zu erklären; denn wir spüren auch, dass die Menschen angesichts einer Pandemie, die ja nicht an den Grenzen haltmacht, vermehrt Sorge haben um wirtschaftliche Stabilität oder die Entwicklung ihrer Kinder.

Damit meine ich nicht die sogenannten Hygienedemonstrationen, auf denen krude Verschwörungstheorien artikuliert werden und die Impfgegnerschaft, Rechtsradikale oder sonstige Verzauberte herumlaufen.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Klare Forderungen kann ich dort meist nicht erkennen, im Gegenteil. Die Stimmung auf diesen Demos radikalisiert sich zunehmend, und es kommt zu gewalttätigen Übergriffen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Waren Sie schon mal da?)

Dafür habe ich kein Verständnis.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich, meine Damen und Herren, schützt das Grundge

setz auch die Versammlungsfreiheit.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Wie gnädig!)

Sie ist ein hohes Gut. Wer sie in diesen Zeiten in Anspruch nimmt, muss sich besonderer Verantwortung stellen, und das vermisse ich leider oft. Umso wichtiger ist es, diesen Menschen den Satz in Erinnerung zu rufen, den wir hier in diesem Gremium sehr oft gehört haben, auch von der Ministerpräsidentin: „Ich schütze Dich, Du schützt mich.“

Ich finde, dieses Bekenntnis müssen wir jeder Bürgerin und jedem Bürger mit Blick auf die Pandemie abverlangen können. Wir dürfen erwarten, dass es im Sinne aller auch tagtäglich gelebt wird.

Die Landesregierung hat mit der „Zukunftsperspektive Rheinland-Pfalz“ bewiesen, dass sie verantwortlich handelt. Sie setzt Schutzmaßnahmen sinnvoll fort, achtet die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Bürgerinnen und Bürger und hilft der Wirtschaft wieder auf die Beine.

Letzteres wird natürlich eine große Herausforderung. Umso wichtiger ist es, dass die Landesregierung verantwortungsvoll mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler handelt. Sie hat zielgerecht gehandelt und in Ergänzung zum Bund Liquidität gesichert.

Wenn Sie sagen, Herr Baldauf, wir waren zu langsam, dann möchte ich doch einmal bitte schön sagen: Was ist denn hier zu langsam? Wir haben so ordentlich gearbeitet, wie andere Bundesländer nicht, die jetzt im Nachhinein alles prüfen müssen. Wir haben Ordnung geschaffen, wir haben die Arbeit ordentlich gemacht.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich jetzt daran denke, dass ein zweites Hilfsprogramm von Berlin kommen soll – ich lese in der BILD-Zeitung ganz tolle Sachen, aber wir wissen hier gar nichts.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

An Pfingsten soll das losgehen. Ja meine Güte, an Pfingsten. Und dann werden Sie zwei Tage später kommen und sagen: Warum setzen Sie das nicht schon um?

(Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Vollkommen richtig!)

Das ist doch eine unmögliche Situation, wie der Bund hier mit uns, den Ländern, umgeht.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Dann redet doch mal mit der Ministerpräsidentin darüber!)

Sagen Sie einen schönen Gruß nach Berlin, dass wir das unmöglich finden.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Hilfe von Landesseite wird angesichts dieser Pandemie nicht nur punktuell benötigt werden. Wir werden hinterher immer wieder aufgerufen werden, Landesgeld in die Hand nehmen, und wir wissen noch nicht einmal genau, wie viel. Unsere Ministerin für Finanzen wird sich immer wieder wundern, so wie es mit den 500 Millionen Euro war, die plötzlich auf uns zukamen und großmundig in Berlin verkündet wurden.

Der Staat muss in den kommenden Wochen und Monaten gerüstet sein, um auf dem Weg aus der Krise unterstützend tätig werden zu können. Die Landesregierung hat dafür mit fiskalpolitisch klugem Handeln Sorge getragen. Ich bin auch zuversichtlich, dass die Unternehmen in diesem Land mit der vielleicht individuell notwendigen Unterstützung wieder auf die Reihe kommen; denn Rheinland-Pfalz ist ein Standort zahlreicher innovativer Unternehmen, traditionsreicher Betriebe und kreativer Start-ups.

Oft sind es familiengeführte Unternehmen, die eine schwere Zeit durchmachen. In vielen Gesprächen und Kontakten mit der Wirtschaft spüre ich aber den unbedingten Willen, diese Krise zu meistern. Was ihnen dabei nicht hilft, sind Debatten auf Bundesebene, in denen jetzt nach höheren Unternehmensbesteuerungen gerufen wird.

Wir sind derzeit in einer Phase, in der die Wirtschaft dieses Landes vorsichtig und unter hohen Auflagen wieder hochfährt. Dass einige sich berufen fühlen, bereits jetzt Reformen in der Substanzbesteuerung anzustreben, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Man schmeißt mit solchen Vorschlägen den Betrieben, die gerade Rücklagen aufzehren, unter größter finanzieller Anstrengung Arbeitsplätze erhalten und große Verantwortung ihren Mitarbeitern gegenüber zeigen, auch noch Knüppel zwischen die Beine. Das können sie jetzt wirklich nicht gebrauchen. Diese Krise darf nicht zu höherer Besteuerung von Unternehmen führen. Sie haben es jetzt schon schwer genug.

Wichtig ist, dass wir vonseiten des Staates den Investitionshochlauf halten und uns nachhaltig weiterentwickeln. Die solide Haushalts- und Finanzpolitik der Ampel zahlt sich aus. Wir bleiben in Rheinland-Pfalz weiter handlungsfähig.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Corona-Pandemie mit all ihren Konsequenzen hat uns natürlich vor große Herausforderungen gestellt, meine Damen und Herren. Alle politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebenen stehen seit Mitte März vor einer nie dagewesenen Situation. Eine Vielzahl von teils sehr harten Maßnahmen wurde ergriffen, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Die persönlichen Freiheitsrechte wurden eingeschränkt, die Wirtschaft wurde lahmgelegt, riesige Summen wurden bereitgestellt, um zu unterstützen. Die Bekämpfung der Pandemie ist ein Kraftakt, der seit dem Wiederaufbau nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Beispiel ist.

Für die Wege aus der Krise gibt es keine Blaupause, meine

Damen und Herren. Dieser Satz wird inzwischen vielfach bemüht, aber er ist wahr. Noch vor zehn Wochen hätte sich niemand vorstellen können, dass wir im Mai darüber diskutieren, ob die Schülerinnen und Schüler vor den Sommerferien noch einmal ein Schulgebäude von innen sehen. Debatten über einen zweiten Nachtragshaushalt im laufenden Jahr wären als unverantwortliche Spinnerei abgetan worden. Kurzum, die Lage ist beispiellos.

Politisch Verantwortliche, ganz egal, welcher Partei sie angehören, haben jetzt alle eine große Verantwortung, die wesentlich über das Normalmaß hinausgeht. Die Entscheidungen, die wir alle treffen, haben eine enorme Tragweite für die Zukunft und auch für die Zukunft der nächsten Generation.

Gerade in solchen Zeiten ist es wichtig, das eigene politische Handeln immer wieder selbst zu hinterfragen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, tun die Regierung und die sie tragenden Fraktionen zusammen.

Es ist auch richtig, die Corona-Pandemie, die Maßnahmen und die Konsequenzen parlamentarisch aufzuarbeiten. Es ist gut, dass wir uns fraktionsübergreifend auf die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Corona-Pandemie verständigen. In dieser wollen wir sachlich und objektiv ab dem kommenden Monat bis zum Dezember gemeinsam mit Expertinnen und Experten diskutieren und in den Austausch kommen.

Aber eines sage ich auch in aller Deutlichkeit: Wer meint, dies diene als „Untersuchungsausschuss light“, in welchem politisch Handelnde auf einer Art Anklagebank Platz nehmen werden,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Um Gottes Willen!)

der irrt. Das Ziel meiner Fraktion und unserer Koalitionspartner ist, objektiv, ehrlich und wenn es sein muss natürlich auch selbstkritisch die letzten Monate auszuwerten und für die Zukunft zu lernen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns fair im Umgang und geeint im Ziel Rheinland-Pfalz durch die Krise und aus der Krise führen und miteinander diskutieren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht deren Vorsitzender Herr Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben als Landesregierung – so, wie alle anderen Lan

desregierungen und die Bundesregierung auch – die Aufgabe, in diesem Land den Menschen zu helfen, die am meisten von der Krise betroffen sind.

Ich möchte gleich am Anfang darauf hinweisen, dass es viele Betroffene gibt und alle betroffen sind. Vielleicht sind die Landtagsabgeordneten diejenigen, die es am wenigsten hart trifft. Vielleicht muss man sehen, was in dieser Gesellschaft im Moment vor sich geht und welche Brüche es gibt.

Wir bedanken uns alle – das meinen wir wirklich voll und ganz – aus ganzem Herzen bei denjenigen, die in der Pflege arbeiten, bei denjenigen, die in den Krankenhäusern arbeiten, bei denjenigen, die die Notdienste machen. Das sind diejenigen, die die Last tragen. Natürlich gilt das auch für die Familien. Aber es sind diejenigen, die in den Berufen jetzt erst einmal die Last dieser Epidemie tragen.