Ich will aber sagen: Die Frage stellt sich jetzt – im Gegensatz zu denen, die das betreiben – für uns nicht. Deswegen habe ich auf das verwiesen, was derzeit Sachstand ist.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die USA haben entschieden: Liebe hat gewonnen. Keine Liebe zweiter Klasse, alle, die sich lieben und verheiraten möchten, bekommen die Chance dazu, ohne irgendwelche Hürden nehmen zu müssen. Ich denke, das ist einen Applaus wert.
Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass die Ehe für alle 50 Bundesstaaten legal ist. Ich denke nicht, dass wir den USA in jeder Rechtsprechung folgen müssen, aber das wäre einmal ein Beispiel, dem wir folgen könnten. Ich würde gerne mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Urteilsspruch zwei oder drei Sätze zitieren, die für sich stehen und eigentlich gar keine Gegenargumente gelten lassen.
Ich zitiere: „Kein Bund ist tiefer als die Ehe. Die Hoffnung der Kläger ist, dass sie nicht dazu verdammt sind, in Einsamkeit zu leben, ausgeschlossen von einer der ältesten Institutionen der Zivilisation. Sie erbitten sich die gleiche Würde vor dem Gesetz.“
Der Kläger in den USA wollte als Witwer anerkannt werden, hatte aber nie die Gelegenheit, seinen langjährigen Partner zu heiraten. Ich denke, die Reaktionen sprechen für sich, die nach diesem Urteil ergangen sind. Über 90-jährige Paare haben sich verheiratet, mit Glück und Freunde in den Gesichtern, Hochzeitsfeiern, die sozialen Netzwerke sind bunt und regenbogenfarben. Ich glaube, wir sollten mitmachen und in das Glück und die Freude mit einstimmen, anstatt uns hinter Gesetzen zu verstecken.
Ich glaube nicht, dass es einer Änderung des Grundgesetzes bedarf. Ich habe es eben noch einmal gelesen. Ich sehe keinen Änderungsbedarf. Ich denke, Sie verstecken sich ein bisschen vor Gesetzen, vor möglichen Sachen, die passieren könnten, wenn, hätte, wäre, wenn. Ich den
ke aber, man könnte doch einfach die Chance ergreifen und sagen, wir wollen keine Diskriminierung, wir leben in einem vielfältigen Rheinland-Pfalz, wir sind eine bunte Gesellschaft unter dem Regenbogen, wie es in der Broschüre so schön heißt, und sich nicht länger davor verstecken.
Ich habe in den letzten Wochen viele Gespräche geführt, auch auf der Straße, beim Picknick, beim Grillen. Viele Menschen haben gesagt: Ist das wirklich so gut mit der Adoption? Ich mache mir da Gedanken. Können gleichgeschlechtliche Paare dem Kind das gleiche Kindeswohl, die gleiche Liebe geben?
Wenn man sich aber überlegt, dass Menschen unbedingt ein Kind möchten und den Weg zur Adoption suchen, weil sie es in anderen Paaren nicht bekommen können oder die Paare unbedingt wollen, soll man ihnen doch die Chance geben. Es gibt genügend Studien, die beweisen, dass es den Kindern auch gut gehen kann. Dass die Ehe nur für Mann und Frau da ist, ist eine ideologische Sache, von der Sie sich als CDU noch nicht verabschiedet haben, glaube ich.
Mich würde es sehr freuen, wenn Sie mit uns gemeinsam unter den Regenbogen gehen würden und die Sachen unterstützen würden, die Kampagne, auch die vielen Plakate, die es gibt, und einfach ein bisschen von Ihrem Weltbild abrücken würden.
Das ist auch keine Gefahr für die Ehe, die mein Mann und ich führen. Wir würden uns freuen, wenn unsere Freundinnen und Freunde auch die Ehe eingehen und mit uns gemeinsam Hochzeitstage feiern könnten. Das wäre doch eine schöne Sache. Es tut doch der „normalen Ehe“ keinen Abbruch, wenn andere auch heiraten können, auf gar keinen Fall.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Schweitzer, SPD: So ist das! – Carsten Pörksen, SPD: Genau!)
Zu der Sache mit dem Bundestag: Es gibt auch die Möglichkeit, Abstimmungen im Bundestag freizugeben. Ich glaube, es gäbe möglicherweise Mehrheiten, und es gibt auch Menschen in Ihrer Partei, die sich offen – – –
(Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist auch eine Gewissensfrage! – Marlies Kohnle-Gros, CDU: Das ist keine Gewissensentscheidung! – Unruhe im Hause)
Das ist eine Sache, die dann entschieden werden kann. Ich bringe nur eine Idee ein, die viele andere vor mir schon geäußert haben. Heute wurden am Bundestag Unterschriften abgegeben, dass es reicht und wir uns endlich bewegen müssen. Ich finde, wir sollten den vielfältigen Lebensund Familienformen in Rheinland-Pfalz und in Deutschland Gehör schenken. Wir sollten sie akzeptieren, nicht weiter
Ich freue mich, dass Rheinland-Pfalz im Bundesrat erneut eine Initiative gestaltet hat. Ich finde, wir sollten sie in der Anerkennung der Ehe für alle unterstützen.
Wie gesagt, geben Sie der Liebe eine Chance, egal welcher Liebe, zwischen Männern und Frauen, Frauen und Frauen, und was es auch immer geben mag, und kommen Sie mit uns – – –
Und Eltern und Kindern. Sie machen wieder etwas ganz anderes daraus. Kommen Sie mit uns unter den Regenbogen.
Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Mitglieder der Kolpingfamilie Brachbach. Herzlich willkommen im Landtag!
Ebenfalls begrüße ich die Frauengemeinschaft Eschelbach und die Seniorengruppe Dernbach. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen in Mainz!
Ja, kommt alle mit mir unter den Regenbogen. Das ist schön. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Frage stellt, ob sich Kinder in einer Regenbogenfamilie genauso gut wie bei heterosexuellen Eltern entwickeln, lautet die klare Antwort: Ja, das tun sie. Die Ergebnisse der repräsentativen Studie zur Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, die das Institut für Familienforschung an der Universität Bamberg im Auftrag des Bundesjustizministeriums erstellt hat, kommt zu folgendem Ergebnis: Die Persönlichkeitsentwicklung, die schulische und berufliche Entwicklung sowie die Entwicklung der emotionalen und sozialen Kompetenz bei Kindern in Regenbogenfamilien verläuft genauso gut wie bei Kindern aus Frau-Mann-Familien. – Dies wird sicher auch die Initiative Ilse bestätigen, die Initiative lesbischer und schwuler Eltern, die heute auf der Besuchertribüne anwesend ist. Ich denke, sie werden diese Ergebnisse bestätigen.
Beachtenswert ist, Kinder und Jugendliche aus Regenbogenfamilien zeigen ein nachweislich höheres Selbstwertgefühl und mehr Autonomie in der Beziehung zu beiden Elternteilen als Gleichaltrige in anderen Familienformen.
Nicht ohne Grund greift der Staat daher schon seit Jahren auf Regenbogenfamilien als Pflegefamilien zurück; denn auch sie sorgen sich mit besonderer Sensibilität und Fürsorge um das Wohl der Kinder. Liebe Frau Kohnle-Gros, die Jugendämter vertrauen Regenbogenfamilien Kinder als Pflegeeltern an.
Gleichzeitig wird jedoch denselben Eltern verboten, Kinder zu adoptieren. Das ist ein Widerspruch in sich.
Diese und weitere Ungereimtheiten ließen sich sehr einfach lösen, indem wir für homosexuelle Paare die Ehe öffnen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, anlässlich des Referendums in Irland und jetzt ganz aktuell durch die Einführung der Ehe für Homosexuelle in den USA haben die Menschen in Deutschland in der letzten Zeit sehr viel über die Öffnung der Ehe diskutiert. Dabei wurden immer wieder Zahlen genannt. So sprechen sich laut einer EMNID-Umfrage inzwischen 68 % der deutschen Bevölkerung für die Öffnung der Ehe aus. Diese Zahlen sprechen für sich. Doch es ist mir auch wichtig, an dieser Stelle zu betonen: Es geht bei der Öffnung der Ehe nicht um eine gesellschaftliche Tendenz oder die öffentliche Meinung. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat es unlängst treffend zusammengefasst.
Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgender ist nicht deswegen geboten, weil es Mehrheiten dafür gibt, sondern weil es rechtlich und normativ richtig ist. Menschen- und Bürgerrechte gelten nicht deswegen, weil sie gerade en vogue geworden sind. Sie gelten immer und universal. –
Diese Menschenrechte und Bürgerrechte gilt es zu ermöglichen, zu schützen und zu verteidigen. Menschen- und Bürgerrechte stehen jedem Menschen zu, und Menschenund Bürgerrechte müssen sich sowohl in Rechtsnormen als auch im gesellschaftlichen Alltag widerspiegeln.
Deshalb war es gut und richtig, dass sich Rheinland-Pfalz zusammen mit anderen Bundesländern im Jahr 2013 für die Öffnung der Ehe im Bundesrat eingesetzt hat, und im Juni 2015 noch einmal; denn wir wollen die rechtliche Diskriminierung Eingetragener Lebenspartnerschaften beenden. Wir werden uns weiterhin auf Bundesebene für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einsetzen. Wir werden uns auch mit unserem Landesaktionsplan „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ mit einem breiten Paket von mehr als 170 Maßnahmen dafür einsetzen, dass sich gleichgeschlechtliche Paare und Regenbogenfamilien in Rheinland-Pfalz als akzeptierter Teil unserer Gesellschaft wohlfühlen und alle Menschen, unabhängig davon,
ob Mann oder Frau, jung oder alt, welcher Religion sie angehören, ob sie eine Behinderung, einen Migrationshintergrund oder eine bestimmte sexuelle Identität haben, in unserem Land ein gutes Leben führen können.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Alexander Schweitzer, SPD: Da hätte jetzt doch eigentlich die CDU auch klatschen können!)
Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich wollte nur auf ein Argument antworten, das in der Debatte zum Tragen gekommen ist: Ob man eine Verfassungsänderung auf Grundgesetzebene braucht oder nicht, das ist eine rechtliche Frage, die nicht einfach so stehen bleiben sollte.
Lassen Sie mich vorab aber auch noch sagen, wie wesentlich und wichtig die Ehe in unserer Gesellschaft ist. Die Debatte, in der wir uns hier befinden, unterstreicht das in besonderer Weise.