Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Klimaschutz ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts. – Das sind nicht meine Worte, das ist ein Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Jahr 2007.
Sie ist eine kluge Frau, die diesen Worten leider relativ wenig Taten hat folgen lassen, wie wir alle immer wieder feststellen müssen; denn dieses Bekenntnis des Jahres 2007 war – zumindest, was die Unionsfraktion angeht – sehr stark davon geprägt, dass man damals noch eine Argumentationsgrundlage für die Atomenergie haben wollte. Als diese Argumentationsgrundlage nicht mehr nötig war, nach dem Ausstieg aus der Kernenergie, dem Ausstieg aus dem Ausstieg und dann dem Ausstieg aus dem Ausstieg des Ausstiegs, hat die CDU wieder ihre Liebe für die Braunkohle entdeckt. Davon konnten wir heute leider entsprechend Kenntnis nehmen.
Ich hätte mir schon gewünscht, wenn es darum geht, differenziert zu diskutieren, so, wie Sie das eingefordert haben, Herr Dr. Mittrücker, dass man über Vorteile und
Nachteile ausgewogen berichtet. Die CDU-Fraktion im Landtag spricht die Nachteile anderer Erzeugungsformen, insbesondere der Erneuerbaren, der Windenergie, immer massiv an. Hier haben Sie aber bis jetzt keine einzige Sekunde darauf verwendet, die Nachteile der Braunkohle klar zu benennen. Insofern habe ich die Hoffnung, dass Sie das in den folgenden zwei Minuten nachholen, Herr Dr. Mittrücker.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jede Form der Erzeugung ist mit Nachteilen verbunden. In der Vergangenheit haben wir viele dieser Nachteile auf andere Regionen der Welt, auf Nachbarbundesländer oder auf zukünftige Generationen abgeladen. Durch die Windenergie haben wir es jetzt ein Stück weit auch bei uns greifbar, dass Energieerzeugung immer mit Kompromissen, mit Ausgleich verbunden ist.
Deswegen muss man auch klar benennen, was es bedeutet, wenn wir in diesem Umfang weiter Kohle verstromen, was es für das Klima bedeutet – Herr Dr. Braun hat es angesprochen –, was es ganz konkret für die Umwelt und den Gesundheitsschutz bedeutet, und was es auch für die Landschaft bedeutet. Wer nämlich schon einmal vor einem Braunkohletagebau gestanden hat, weiß, was diese Energieerzeugungsform den Menschen und der Natur zumutet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Grunde nach ist der Handel mit Emissionszertifikaten geeignet, die Probleme, die mit CO2-Emissionen, mit der Emission von Treibhausgasen verbunden sind, ein gutes Stück weit zu regulieren, im Markt, marktkonform. Deswegen war es ein guter, ein wichtiger Schritt, dass es ein europäisches Emissionshandelssystem gibt.
Allerdings krankt dieses System daran, dass es nicht alle Emissionen und nicht alle Treibhausgase abdeckt, und es krankt daran, dass auch im Bereich CO2 nur knapp die Hälfte von diesem System abgedeckt wird, und darüber hinaus – und das ist der Kernpunkt – die Mengen in der ersten und leider auch in der zweiten Phase so großzügig bemessen waren, dass die Preise nahe um den Nullpunkt pendeln und damit natürlich die Anreizwirkungen, die von Preisen in einem Markt ausgehen, nicht zum Tragen und zum Zuge kommen.
Deswegen ist die jetzige Konzeption, der jetzige Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums genau richtig, in ein Gesamtkonzept eingebettet, für den Strommarkt einen einzelnen wichtigen Punkt herauszugreifen, nämlich diese Frage, wie ein Zertifikatesystem funktionieren kann, indem man den Preismechanismus, der jetzt nicht funktioniert, durch einen zusätzlichen Klimabeitrag wieder in Schwung bringt.
Dieser Beitrag ist mit knapp 20 Euro pro Tonne CO2 in dem Endzustand im Jahr 2020 sehr maßvoll definiert, und dann lässt sich daraus – Herr Dr. Mittrücker, Sie haben es angesprochen – ziemlich genau über die entsprechenden Wirkungsgrade bei Kohle herausrechnen, dass es maximal – wie gesagt, maximal – 0,2 Eurocent pro Kilowattstunde sein können.
Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn das kein maßvoller Beitrag ist zur Erreichung der Ziele, die wir alle haben, dann weiß ich es auch nicht. Deswegen würde ich Sie bitten, darauf vielleicht noch einmal Bezug zu nehmen; denn an der Stelle muss sich die CDU nach meinem Empfinden irgendwann bekennen: Steht man zu den gemeinsamen Zielen, oder duckt man sich immer dann weg, wenn es konkret wird?
Ich will es einmal an einem Punkt konkret machen, weil viele in den Kommunen sich für Klimaschutz auch aus Ihrer Partei einsetzen. Zum Beispiel hat der Kreis Ahrweiler, der so weit davon entfernt ist wie kein anderer Kreis, die energiepolitischen Zielsetzungen zu erreichen, die diese Landesregierung sich vorgegeben hat, nämlich 100 % erneuerbare Energien im Jahr 2030, sich genau dieses Ziel gesetzt mit den Stimmen Ihrer beiden Kollegen Horst Gies und Guido Ernst, und hier im Landtag, wo wir landesweit gesehen viel näher an diesem Ziel sind, wird genau dieses Ziel immer wieder als unrealistisch gegeißelt. Wir haben aber im Land bereits ein Drittel der Erzeugung des Verbrauchs aus erneuerbaren Energien.
Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Wir sollten diesen Weg gemeinsam weitergehen, und deswegen bin ich sehr dankbar, dass Herr Kollege Dr. Braun diesen einen zentralen Punkt, der ihm und mir ein Herzensanliegen ist, heute aufgegriffen hat.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich doch über die lebhafte Debatte auch an diesem Punkt.
Herr Mittrücker, natürlich hören wir Ihnen immer sehr genau zu. Ich darf Ihnen vielleicht zu einem Punkt Ihres Redebeitrags eben recht geben. Die Wirklichkeit ist in der Tat viel komplexer.
Herr Mittrücker, weil die Wirklichkeit so viel komplexer ist, können Sie sich vorstellen, dass auch die Bundesregierung komplexere Rechnungen vorgenommen hat als die, die Sie annehmen. Der Bundesminister hat auch die Länderminister und -ministerinnen zu diesem Thema bereits eingeladen und seine Berechnungen durchaus vorgestellt, insofern natürlich auch den nordrheinwestfälischen Kollegen – Johannes Remmel war da- bei –, weswegen nicht nur die Nordrhein-Westfalen, sondern auch der Freistaat Thüringen und das Land
Hessen ihre Unterschrift auf diesen Brief der Minister mit ihrer Zuständigkeit gesetzt haben, die Herrn Gabriel sein Vorgehen bestätigt haben. Sie sagen, es ist der richtige Weg, die Klimaschutzlücke zu schließen, die entstanden ist.
Ich darf jetzt vielleicht in Ergänzung zu den fachkundigen Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD sagen, wie groß die Lücke ist, selbst wenn sie sie nicht beziffern konnten. Sie wird auf 22 Millionen Tonnen CO2 beziffert, und das ist ein Unterschied von 8 % in der Zielerreichung, die die Bundesregierung, der auch Ihre Partei angehört, sich auf die Fahne geschrieben hat. Es ist selbstverständlich so, dass die Bundesregierung – da unterstützen wir die Bundesregierung in ihrem Ziel – sich auch ernst nehmen will vor dem Hintergrund, den eben Herr Abgeordneter Hürter beschrieben hat, dass nämlich der CO2-Zertifikatehandel in Brüssel nicht funktioniert. Wie dann mit den vielen Übergängen, die wir noch haben, zu verfahren ist, muss man sehen.
Ich darf daran erinnern, dass wir nur bis 2017 eine Übergangsregelung für die Kraft-Wärme-Kopplung haben, dass wir eine Übergangsregelung und Versuche für die Ausschreibung für erneuerbare Energie in der Zukunft haben, dass es auch hier – das fordern Sie immer ein – noch keine einheitliche Regelung im europäischen Strommarktsystem gibt, dass es dann einzelner weiterer Schritte braucht. Die Bundesregierung und die Deutschen, wir, waren immer Vorkämpfer an dieser Stelle, und jetzt können wir es wieder sein. Deswegen finden wir es gut, dass die Bundesregierung endlich an dieser Stelle so mutig ist, das auch zu tun.
Das war sie nämlich lange Zeit nicht. Endlich kommt da wieder eine Steilvorlage, und es ist klar, dass das Bundesland Rheinland-Pfalz, das selbst auch Vorreiter in Sachen Klimaschutz und Energiewende ist, hier dem Bundesminister seine Unterstützung zusichern wird.
Deswegen habe ich Ihnen deutlich gesagt, Ihre Behauptung, es gäbe keine Berechnung, läuft fehl. Es gibt Berechnungen. Die sind aus unserer Sicht auch ziemlich klar, und die Minister haben sich damit befasst und stimmen dem auch so zu.
Noch einmal zu dem, was vielleicht als Bild – denke ich – hängen bleiben oder vielleicht nicht hängen bleiben sollte, wenn Sie sagen, es gäbe keine Berechnung. Jeder von uns hat auf seiner Stromrechnung dezidiert die Preise und die Zusammensetzung der Energie, aus welchen Energieträgern diese kommt. Genauso gibt es Statistiken darüber, wie die Transporte in der Erzeugung und im Verbrauch aussehen. Hier im Landtag wird alle zwei Jahre im Energiebericht darüber berichtet, wie sich das in diesem Bundesland widerspiegelt. Genauso hat der Bundesminister seine Daten dazu, das heißt, er hat eine sehr klare Grundlage, wie viel CO2 bei den einzelnen Energieerzeugungsarten umgesetzt oder immitiert werden. Das haben auch die Bürgerinnen und Bürger.
Ich finde, weder Sie noch irgendeiner von uns sollte so tun, als hätten wir nicht die Kenntnis, ein bisschen eine
kleine Projektion auf das Jahr 2017 und 2022 zu lenken, was diese Klimaschutzlücke bedeutet. Deswegen sage ich hier so klar, in den Berechnungen stimmen wir mit der Bundesregierung überein, wie kriegen wir – und das ist das zweite Bild, das ich Ihnen mitgeben will – den dreckigen Kohlestrom, der die deutschen Stromleitungen verstopft, aus den Leitungen, damit, was Sie eigentlich auch nicht möchten, wir unseren Stromüberschuss exportieren.
Wir wollen eigentlich zunächst einmal rechnerisch uns selbst versorgen. Wir exportieren jetzt auch den dreckigen Strom. Das ist nicht logisch, das wollen wir nicht, das wird kritisiert, und es wird international natürlich auch auf Deutschland geschaut.
Warum wende ich drittens meinen Blick noch einmal international auf uns selbst? – Wir werden dafür anerkannt, dass wir die Energiewende machen, und jeder schaut hin, kriegen wir es hin. Wir wurden zuletzt daran gemessen, dass wir genau beim Energiewenden diesen Fehler gemacht haben, nämlich zu viel CO2 zu immitieren, weil der Kohlestrom immer noch in den Leitungen hängt.
Wenn wir unseren guten Ruf, der mit diesem Projekt Energiewende verknüpft ist, der mit unserer Ingenieurkunst verknüpft ist, wenn wir Made-in-GermanyUmwelttechnologie nach draußen verkaufen und auch die Energiewende als Vorbild anbieten, international erhalten wollen, dann müssen wir ein Instrument haben und dürfen nicht darauf warten, was Brüssel tut. Dann müssen wir ein Instrument haben, das dieses auch sicherstellt. Das sichert auch unsere Exportfähigkeit bei den Umweltgütern.
Gestern haben wir über das Industrieland RheinlandPfalz geredet und auch über die Tatsache, dass dieser Bereich der Green Technologies so stark wächst. All das gehört zusammen, all das prägt das Image dieses Landes. Deswegen ist aus meiner Sicht an dieser Stelle dieser Regelungseffekt absolut sinnvoll, um dieses Image, dieses Bild von Deutschland als Klimaschutzland weiter wahrhaft aufrechtzuerhalten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Angebot kriegen Sie so schnell nicht wieder von den GRÜNEN, dass wir Ihre Regierung unterstützen. Ich würde
sagen, nehmen Sie es doch einmal an, nehmen Sie es doch einmal ernst, dass wir sagen, auch wenn das ein Vorschlag der Großen Koalition ist, es ist ein vernünftiger Vorschlag. Sie sehen, wir können über unseren Schatten springen. Springen Sie doch einmal über Ihren und sagen auch deutlich, Sie wollen von der alten dreckigen Energiewelt in die neue Welt gehen.
Das sind Schritte, die vorgeschlagen werden, um von alt nach neu zu kommen. Diese Schritte sind notwendig. Wenn dabei – ich verstehe auch Gewerkschaftsproteste – Arbeitsplätze wegfallen – – – Übrigens, die gestern von Ihnen so gelobte BASF – ich schließe mich an im Lob – hat in 25 Jahren 25.000 Arbeitsplätze in Ludwigshafen abgebaut, weil sie innovativ war, weil sie in eine neue Welt gegangen ist. Wenn sie die nicht abgebaut hätte, wäre sie nicht konkurrenzfähig gewesen. Auch das muss man einmal sehen.
Wenn es im Energiebereich notwendig ist, dass man, statt Kohle zu verbrennen, Quecksilber in die Luft zu blasen, Arsen in die Luft zu blasen, hinterher eine bessere neue Welt schaffen und man das sozial begleiten, es sozial abfedern kann, dann muss man diese Chance doch ergreifen, 22 Millionen Tonnen CO2 zu reduzieren in den nächsten Jahren, und das mit der Großen Koalition gemeinsam von den grünen Ländern im Bund unterstützt. Besser kann man Politik doch gar nicht machen. Greifen Sie es doch auf, nehmen Sie es mit, und unterstützen Sie diesen Weg auch.
Wenn man dann sieht, dass Sie hier weitere Zahlen haben wollen, dass Sie sich nicht entscheiden können, und wenn Sie gestern gesagt haben, zu Recht gesagt haben, auch Frau Klöckner gesagt hat, Zuverlässigkeit ist für die Wirtschaftspolitik wichtig, dann sagen Sie etwas Zuverlässiges, und machen Sie nicht so einen Eiertanz, wie Sie ihn sonst immer machen, weil sonst ist doch klar, dass die CDU eine Gefahr für die Wirtschaft ist, wenn sie nicht zuverlässig ist und sich nicht entscheiden kann. Wir können uns entscheiden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hürter, bevor Sie mit der CDU ins Gericht gehen, klären Sie erst einmal das interne Verhältnis zu Frau Kraft.