„Klimaschutzabgabe durchsetzen – Kohle ausstieg jetzt!“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4951 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat das Ziel, bis 2020 40 % der Treibhausgase gegenüber 1990 zu reduzieren. Wir sind auf einem Weg, aber noch nicht auf einem guten. Deswegen muss man dafür sorgen, dass die Bundesregierung ihre Ziele erreicht. Ich glaube, wir sind uns in
Nun hat Bundeswirtschaftsminister Gabriel, der auch dafür verantwortlich ist, Energie- und Wirtschaftspolitik zu machen und zu gestalten, einen Vorschlag vorgelegt, nämlich alte schmutzige Braunkohlekraftwerke kostenmäßig zu belasten und dadurch die Treibhausgase zu reduzieren. Wir halten das für einen sehr guten Vorschlag, den Herr Gabriel vorgelegt hat.
Bisher ist CO2 viel zu günstig. Alle im Landtag haben es schon betont, dass die Kohlendioxidemission europamäßig mit viel zu geringen Kosten belastet ist.
Deswegen muss CO2 verteuert werden. Das, was Herr Gabriel im Moment vorschlägt, ist, einen Teil dieser CO2-Kosten zu verteuern, und zwar die Kosten der CO2Emissionen, die die schmutzigsten Emissionen sind.
Meine Damen und Herren, wir reden nicht allein von CO2. Nein, wir reden von sehr vielen Giften, die zusätzlich von den Braunkohlekraftwerken – – –
Frau Klöckner, reden wir beide oder zu dritt? Verhandlungen führen Sie bitte im Anschluss an meine Rede. Das würde mich sehr freuen, vor allem wenn Sie durch meine Rede hinterher inspiriert sind.
Meine Damen und Herren, es geht darum, dass vor allem die schmutzigen Emissionen belastet werden, also nicht nur CO2, sondern auch Arsen und Quecksilber. Ein großes Kohlekraftwerk emittiert 400 Kilogramm Quecksilber im Jahr. Man muss sich einmal vorstellen, welche Auswirkungen das auf die Gesundheit hat.
Wir haben – ich will das gleich dazusagen – seit Kurzem eine Studie der WHO – gestern ist sie veröffentlicht worden – vorliegen, dass in Europa 10 % der Wirtschaftsleistung dadurch zunichte gemacht werden, dass es Hundertausende Tote in Europa pro Jahr durch die Luftverschmutzung gibt. Es geht nicht allein um die Energiepolitik, sondern auch um die Umweltpolitik und die Gesundheitspolitik. Deshalb ist der Vorschlag von Herrn Gabriel ein guter Vorschlag.
Ich hoffe, mein Lob kann Herrn Gabriel treffen, und es ist nicht so wie bei Herrn Wehner im Bundestag. Wir wollen, dass die Reduzierung in der Braunkohle stattfindet.
Nun macht jemand einen guten Vorschlag. Wie es oft ist, wird dieser gute Vorschlag gleich mit Horrorszenarien belegt. RWE – ganz vorneweg, wie immer – und Gewerkschaften wie IG BCE und auch leider meine Gewerkschaft, ver.di – hinterher –, rufen zu einer Demonstration gegen die Vorschläge von Herrn Gabriel für den Erhalt von Arbeitsplätzen auf. Dagegen ist nichts zu sagen. Ich komme darauf, wie viele Arbeitsplätze gefährdet sind.
RWE sagt 100.000 Arbeitsplätze. Das ist ein typisches Horrorszenario. Lässt man einmal ein wirklich ernsthaftes Institut nachrechnen, nämlich das Bundesumweltamt, dann kommt man dazu, dass natürlich einige Arbeitsplätze im Braunkohletagebau gefährdet sind. Es handelt sich aber um höchstens 2.000 bis 3.000 Arbeitsplätze. Es ist ein ganz normaler Strukturwandel, dass wir alte dreckige Arbeitsplätze abschaffen und neue saubere Arbeitsplätze in unserer Gesellschaft befürworten und neu kreieren. Das halten wir für eine gute Entwicklung.
Ich denke, diese gute Entwicklung sollte man auch aus Rheinland-Pfalz unterstützen. Da wäre es schön, wir würden es hören, natürlich von allen Parteien hier, aber auch von denen, die bisher gesagt haben, CO2 ist viel zu günstig – ich habe ein altes Zitat von 2006; Herr Baldauf hat dafür geworben, dass CO2 viel mehr belastet werden muss –, dass wir heute von Ihnen die Bestätigung erhalten, dass Sie auf dem Weg sind, schmutzige alte Arbeitsplätze durch neue bessere Arbeitsplätze zu ersetzen, sozialverträglich begleitet natürlich.
Deswegen sagen wir heute, ein Braunkohleausstieg muss angegangen werden. Er muss sozial verträglich angegangen werden. Braunkohle hat keine Zukunft, auf die nächsten zwanzig Jahre gesehen. Wenn wir das jetzt nicht tun, kommt es zu Strukturbrüchen und zu Arbeitsentlassungen, zu Massenentlassungen in dem Bereich. Deswegen wollen wir das gezielt und begleitet tun. Das ist unser Ziel.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Aktuellen Stunde lautet „Klimaschutzabgabe durchsetzen – Kohleausstieg jetzt!“ Das Ziel ist klar: Gebühren erheben, um CO2 zu minimieren. Das ist die Kurzformel dessen, was hier zur Diskussion steht.
Diese Aktuelle Stunde ist aber leider Gottes wieder einmal eine Teilmenge dessen, was im Rahmen einer Energiewende und im Rahmen dessen, was mit Abgabe zu bezeichnen ist, diskutiert werden muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stelle leider fest, die GRÜNEN stellen wiederum einen monokausalen Zusammenhang zur Diskussion und wollen aus ideologischen Gründen wiederum die Komplexität generell ausblenden. Die Wirklichkeit ist wie immer viel komplexer.
Zur Realität. Energiewende: Ja, sie wird von allen in unterschiedlichen Intentionen unterstützt. Mehr erneuerbare Energien sind notwendig. Das macht die Energiewende aus. Das hat aber konsequenterweise zur Folge,
dass die Grundlastkraftwerke, also auch die Kohlekraftwerke, um die es hier geht, wegen des Einspeisevorrangs ihre Betriebsstunden immer mehr herunterfahren müssen.
Zum Zweiten. Sie können aufgrund dieser Tatsache nicht mehr rentabel betrieben werden. Deswegen gibt es Überlegungen, ein neues Strommarktdesign zu etablieren. Ganz kurz in zwei Worten: Es gibt zwei Alternativen. Option 1 heißt Strommarkt 2.0 und bedeutet, ganz grob gesagt, die Börse regelt die Mehrkosten für die Kraftwerke aus sich heraus. Option 2, Kapazitätsmarkt, heißt, grob gesagt, durch Kapazitätsvorhaltungen werden bessere Vergütungen generiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in beiden Fällen gibt es also zusätzliches Geld für Kohlekraftwerke, damit sie ihre residuale Last erfüllen können.
Jetzt spiegeln wir aber einmal genau das, was wir heute diskutieren. Zurzeit diskutieren wir eine Abgabe vonseiten der Kraftwerksbetreiber, um CO2 zu reduzieren, also eine Verschiebung der entsprechenden Gelder. Was wollen wir jetzt eigentlich?
Wollen wir ein neues Strommarktdesign machen, damit die Kohlekraftwerke rentabel arbeiten, oder wollen wir Abgaben fordern, damit CO2 reduziert wird? Beides passt nicht zusammen.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, deswegen ist der monokausale Zusammenhang nicht hinreichend beschrieben. Da müssen andere Aspekte mit beachtet werden, damit wir ein Gesamtbild erhalten, damit wir auch sauber und zukunftsorientiert reagieren.
Herr Braun, Sie haben selbst gesagt, die Gewerkschaften, aber auch Ministerpräsidentin Frau Kraft und die BDEW-Vorsitzende Frau Müller mahnen ganz eindeutig zusammen – und das ist eine hoch spannende Kombination – zu mehr Sachlichkeit, mehr Transparenz
und zur Offenlegung der Berechnungen. Herr Gabriel sagt, 0,2 Cent pro Kilowatt würde diese Sache kosten. Niemand hat aber die Berechnungsgrundlage hierzu gesehen.
Deswegen ist keine entsprechend notwendige Aussage möglich. Das heißt im Klartext: Diese Herrschaften – nicht wir – fordern mit Recht die Offenlegung der Auswirkungen im Kohletagebau, bei den Kraftwerken, beim Strompreis, bei den Arbeitsplätzen und natürlich auch,
welches Strommarktdesign kommen soll. Das sind wichtige Dinge, die im Vorfeld geklärt werden müssen, bevor wir uns alle darauf stürzen, diese Gebühren zu erheben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, summa summarum: So einfach, wie die GRÜNEN es im Plenum machen, ist die Sachlage einfach nicht.
Sie ist komplexer, sie ist einfach nicht nur populistisch, sondern hat viel mehr Inhalt. Deswegen ist der aktuelle Stand dieser Diskussion – ich sage, der aktuelle Stand, und nicht final – nicht hinreichend genug, um hier eine Entscheidung zu treffen, ob diese Aufforderung bzw. diese Abgaben, die angedacht worden sind, entsprechend richtig sind, weil die Konsequenzen daraus nicht machbar sind.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage und den Verein „Leben in guter Nachbarschaft in Andernach e.V.“ Seien Sie uns herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Klimaschutz ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts. – Das sind nicht meine Worte, das ist ein Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Jahr 2007.