Protocol of the Session on March 19, 2015

Ich bedanke mich.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Schweitzer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich den Ausführungen von Frau Kohnle-Gros an. Ich glaube, uns beiden geht es gemeinsam so. Wir sind nicht die Einzigen. Man kann von der Qualität und der Sachlichkeit dieser Debatte beeindruckt sein. Ich glaube, es ist für uns alle gemeinsam ein angenehmes Gefühl zu sehen, dass das, was wir über die Fraktionen hinweg im Ältestenrat gemeinsam mit dem Präsidium vorbereitet und besprochen haben, aufgeht.

Sie erinnern sich, dass meine Fraktion den Vorstoß für eine solche Orientierungsdebatte gemacht hat. Wir haben aber sehr schnell gespürt, dass wir an dieser Stelle zusammen sind und eine solche Orientierungsdebatte, die auch zur inneren Orientierung derer beiträgt, die eine solche Debatte verfolgen, funktionieren kann. Mir geht es so. Ich habe viele Impulse aufnehmen können, die mir guttun und in mir weiter wachsen werden.

Ich bin mir sicher, dass wir von heute an mit diesem Thema womöglich in unseren Wahlkreisen und in vielen Gesprächen, die wir mit Betroffenen führen, weitergehen werden. Ich bin mir auch sicher, dass wir in diesem Parlament noch Gelegenheiten finden – das eine oder andere ist verabredet –, um mit diesem Thema voranzugehen.

Ich will auch sagen: Lassen Sie uns darüber nachdenken, ob es im Rahmen der Zeitplanung einer ganzen Wahlperiode nicht hin und wieder zu geeigneten Zeitpunkten Themen und Anlässe gibt, an denen wir eine solche Orientierungsdebatte führen sollten. Ich finde, es muss uns nicht drängen, dass wir nicht den natürlichen parlamentarischen Abschluss einer Orientierungsdebatte in einem Antrag oder einem Gesetzgebungsvorhaben finden, sondern das Parlament ist auch dazu da, Dinge zu klären, anzusprechen und im besten Sinne des Parlamentarismus miteinander zu verhandeln. Das muss uns nicht unangenehm sein. Im Gegenteil, wir dürfen das selbstbewusst als unsere Aufgabe definieren.

Ich nenne noch ein oder zwei inhaltliche Punkte, die ich noch hervorheben möchte. Mir hat gut gefallen, was gesagt wurde, als es um die Frage ging, wie weit wir uns voranwagen wollen und ob nicht eine Tür einen Spalt weit aufgeht. Ich habe in meinem ersten Statement meine persönliche Sorge vorgetragen, dass wir genau in dieser Situation sind, wenn wir zu liberal – das ist ein schöner Begriff, den ich in diesem Zusammenhang

ungern benutze – werden, was die Reglementierungen angeht.

Ich glaube, wir alle – das ist auch in den Statements deutlich geworden – kennen auch die Sorge mancher, die in einem gesellschaftlichen Klima entstanden ist, das sich in dieser Gesellschaft entwickelt hat. Die Sorge vieler älterer Menschen ist, ob sie nicht am Ende schief angeschaut werden, wenn sie über viele Jahre hinweg pflegebedürftig sind.

Ist es denn das, was zu meiner eigenen Vorstellung vom Altwerden passt? Ich glaube, eine solche Botschaft muss von hier aus ausgehen. Das Leben ist allem anderen vorzuziehen. Das Leben steht über allem. Es ist wichtig, dass man selbst bei steigender Pflegebedürftigkeit, Hilfsbedürftigkeit und Verletzlichkeit immer sagt: Wir müssen einen Weg zum Leben finden. – Das ist doch eine Überschrift, die über einer solchen Debatte stehen kann.

Ich kann mich an den Satz erinnern, den einige von uns oft in den Mund genommen haben, als wir über veränderte Familienzusammenhänge und Veränderungen in den Familienverbänden gesprochen haben. Wir haben definiert, Familie ist da, wo Kinder sind. Ich glaube, das ist ein Begriff, der Gültigkeit hat. Er wird sich aber mit Blick auf den demografischen Wandel wandeln.

Ich vermute, dass wir in eine Phase des gesellschaftlichen Miteinanders kommen, in der wir sagen werden, dieser Satz stimmt. Es kommt ein neuer hinzu. Familie ist da, wo man füreinander sorgt. Dieses Sorgen der Gemeinschaft ist etwas, was mich sehr stark beschäftigt. Die Botschaft an alle, die sich mit der Frage beschäftigen, wie es im hohen und höheren Alter weitergeht, muss sein, es wird für dich gesorgt sein, und zwar in einem ganz neuen Hilfemix, um den ein bisschen neumodischen Begriff zu benutzen.

Dazu gehören professionelle Unterstützungen, die ambulante und auch die stationäre Pflege, die sich wandeln muss und wandeln wird, aber auch die ehrenamtliche Arbeit. Das ist ein ganz wichtiger Faktor, insbesondere wenn es um die Zusammenarbeit und die Mitarbeit mit demenziell Erkrankten geht. Hier ist die ehrenamtliche Unterstützung ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Es kommt aber auch das hinzu, was die Familie noch leisten kann. Die Familie hat sich natürlich verändert. Wir wollen nicht negieren, dass es heute noch zumindest in Rheinland-Pfalz eine hohe Affinität in den Familien gibt, füreinander da zu sein, sich zu sorgen und zu pflegen. 70 % der Pflege findet in den Familien statt. Das wollen wir noch lange schützen und unterstützen.

Wir brauchen die Strukturen von morgen und übermorgen, um das zu erreichen, was mir so wichtig ist, nämlich das Klima, in dem klar ist, du wirst immer eine Möglichkeit finden, in einer guten Situation zu Hause im Kreise deiner Lieben und deiner Familie zu leben. Wenn es zu Ende geht, werden wir ebenfalls um dich herum sein. Das ist aus meiner Wahrnehmung eine gute Botschaft.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Kollegin Klöckner.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zeit ist dahingeeilt. Ich glaube, man erlebt unseren Landtag selten so konzentriert, so zuhörend und über die Fraktionsgrenzen hinweg Zustimmung klatschend. Das ist gut so. Das hat es auch schon früher gegeben, wie ich von den Kolleginnen und Kollegen gehört habe, als es um andere ethische Fragestellungen ging. Das ist auch das Gute, auch wenn wir nicht immer die Regelungskompetenz haben. Vieles geht ineinander über. Mich haben viele Beiträge zum Nachdenken gebracht, wenngleich sich vieles immer um drei Punkte gedreht hat.

Es ging um die Punkte, wie gehen wir mit einer Gesetzesänderung um, wenn es um die gewerbliche oder die Organisation von Sterbehilfevereinen geht. Es ging als Zweites natürlich immer um den Ausbau, um die andere Antwort, Palliativmedizin, Hospiz, Sterbebegleitung. Es ging natürlich auch um das Thema Standesrecht, Ärzteschaft. Ich glaube, es tut eine Vertiefung noch gut, wenn wir miteinander ins Gespräch kommen.

Ich will zum ersten Punkt noch sagen, ich habe mir als Resümee fünf Punkte aufgeschrieben.

Der erste Punkt, beim Nachdenken und Zuhören bin ich auf vieles gestoßen, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Es wird sehr unterschiedlich gestorben. Was uns alle vereint, ist, für jeden wird es einmal ein Ende geben. Aber jeder Tod ist singulär, und jeder Tod wird anders sein. Jeder von uns kann etwas aus der Familie erzählen oder wird es irgendwann selbst einmal so erleben und dann feststellen, egal, wie umfangreich ein Gesetz ist, ein Gesetz wird nie passgenau passen. Deshalb sehe ich es für problematisch an – ich habe die Bundestagsdebatte intensiv verfolgt –, auch bei den Kolleginnen und Kollegen, die einen sehr liberalen Ansatz verfolgen, sie haben meist von einem Einzelextremfall eine komplette Gesetzgebung abgeleitet, die dann für alle gelten soll.

Ich komme zu dem zweiten Punkt, den ich mir notiert habe, zum Thema Arzt und Standesrecht. In den 17 Ärztekammern haben wir sehr unterschiedliche Regelungen von „soll“ und „darf“, oder in Rheinland-Pfalz ist davon gar nicht die Rede. Da wird es sicherlich darum gehen, noch einmal bei den Ärzten, bei den Betroffenen hineinzuhören; denn das, was ich von Ärzten immer gehört habe, ist, dass ihre Aufgabe ist, Leben zu retten und nicht zu beenden. Aber es wird Fälle geben – die kann ich nicht ausschließen, ich weiß es einfach nicht –, in denen schlichtweg der Arzt sagt, es ist gut so, wie die Regelung ist. Wenn wir hier sagen, wir brauchen Rechtssicherheit für die Ärzte, verstehen wir sicherlich

alle, nicht alle, aber viele, noch einmal etwas anderes darunter. Das könnte im Fall der Fälle dann zu mehr Problemen führen als so, wie es jetzt vielleicht ist.

Es mag eine ungenügende Antwort sein, aber manchmal ist vielleicht das Fragezeichen auf der Mitte des Weges besser als ein Ausrufezeichen, das aber dann mehrere Weggabelungen und nicht gemeinsame Wege bietet.

Der dritte Punkt, den ich mir notiert habe und festhalten möchte, ist, hier gibt es eine Einigkeit. Es gab zwar Nuancen von anderen Kollegen, aber eine Einigkeit, dass wir die organisierte, gewerbliche Sterbehilfe verbieten wollen; denn eines hat sich gezeigt, dass von den Sterbehilfeorganisationen sich damals in der vergangenen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages eine Entwicklung ergeben hatte. Als sich eine Regelung abzeichnete, haben sich Vereine gegründet, das hieß, dass es dann für die Ärzte kein Gehalt mehr, sondern eine Aufwandsentschädigung durch die Mitgliedsbeiträge gab. Es gab eine große Einigkeit. Das kann man auch Richtung Bundestag aussenden, dort, wo die Entscheidung dann gefällt wird.

Vierter Punkt, Ausbau. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Da hatten wir als CDU-Fraktion zum Thema „Menschenwürdig leben bis zuletzt – Sterben in Würde“ eine Große Anfrage gestellt. Diese Anfrage hat viel Datenmaterial gebracht. Dieses Datenmaterial sollten wir gemeinsam auswerten und schauen, wo wir in RheinlandPfalz vielleicht weiße Flecken haben – jeder kann einige benennen – und welchen Ausbaupfad wir in welcher Zeit anbieten möchten.

Jetzt komme ich zum fünften Punkt, einer gemeinsamen Anhörung, die sicherlich Sinn macht just mit Blick auf diese Fragestellung, was wir tun können. Uns haben Palliativmediziner auch in der Vorbereitung gesagt, der Wunsch, sterben zu wollen, weil die Schmerzen unerträglich sind, ist nachvollziehbar, aber nicht notwendig, wenn man eine ordentliche Palliativmedizin hat. Pallium, der Mantel, der um einen gelegt wird. Es geht nicht um das Kurieren, nicht um das Heilen einer Krankheit, aber um das Lindern und Erträglichmachen und Qualität im Leben. Hospize sind nicht Orte des Todes, sie sind auch noch Orte des Lebens.

Es geht darum, dass wir das in einer Anhörung, in der wir diese Bandbreite vertiefen, durchdringen können, noch einmal mehr zu eigen zu machen.

Mir bleibt zum Schluss, allen Kolleginnen und Kollegen Danke zu sagen. Es war eine intensive Debatte, die nicht aufhört mit dem Denken. Aber es war einmal eine gute Erfahrung und auch ein gutes Gefühl, das heute gemeinsam erlebt zu haben.

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Köbler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, das war ein Tagesordnungspunkt im Parlament, der mir – ich denke, vielen von uns – lange in Erinnerung bleiben wird, weil es doch ein ganz besonderer Moment ist, in dieser Form dieses wichtige Thema – wie ich finde – in aller Angemessenheit und in ganzer Bandbreite zu diskutieren bzw. die Diskussion im Landtag und im Lande zu eröffnen.

Ich denke, wir haben ganz viele Sichtweisen gehört. Wir haben vor allem in dem ganzen Thema verschiedene Komplexe, die wir angehen müssen. Ich glaube, wir sollten diese Themenkomplexe, die zu dem ganzen Thema Sterbebegleitung gehören, auch als solche begreifen und nicht das eine gegen das andere stellen, wenn möglicherweise das eine und das andere oder das eine ohne das andere sein kann.

Ich glaube, das Erste haben wir heute schon geleistet, dass wir alle unserer Verantwortung noch stärker gerecht werden, diese Themen Krankheit, Leid, Sterben, Tod in die Gesellschaft zu tragen und dem gesellschaftlichen Trend entgegenzuwirken, diese Themen ein Stück weit zu tabuisieren, weil sie schwierige, unangenehme Themen sind, die vielleicht nicht so zum Mainstream passen.

Beim Zweiten haben wir viel Einigkeit und mindestens genauso viel an Aufgaben noch vor uns. Das ist das Thema der würdevollen Begleitung kranker und sterbender Menschen. Das ist der Ausbau der Palliativmedizin, des Hospizwesens. Machen wir uns nichts vor – das ist von mehreren gesagt worden –, da sind noch ganz große Räder zu drehen. Umso mehr habe ich hier doch eine große Einigkeit festgestellt, und lassen Sie uns gemeinsam versuchen, viel Gutes zu erreichen, um die Teilhabe und das würdevolle Leben bis zum Ende für viel mehr Menschen, unabhängig vom Einkommen und vom Vermögen, zu gewährleisten.

Dann sind wir uns einig, wenn wir sagen, es geht darum, dass wir für das Leben und für ein Leben in Würde sind. Wir sind uns auch einig, dass die Frage, was am Ende diese Würde ausmacht, doch eine total individuelle ist, eine an eigenen ethischen Grundsätzen und Erfahrungen orientierte. Deshalb haben wir die Debatte so geführt, wie sie ist.

Ich glaube, so sollten wir sie weiterführen, auch wenn wir die Anhörung in den Ausschüssen machen und in vielen anderen Diskussionen, mit dem entsprechenden Respekt voreinander. Ich bitte dabei um eines, dass man versucht, die individuellen, ethischen und moralischen Vorstellungen, die jeder Einzelne hat, nicht zu kollektivieren, sondern, wie wir es in dieser Debatte zugelassen und dort applaudiert haben, wo man vielleicht zu anderen Schlüssen gekommen ist, die weitere Debatte zu führen, auch zu sehen, dass es in der Gesellschaft ganz individuelle, ganz unterschiedliche Vorgeschichten durch ganz unterschiedliche Werte, unterschiedliche Definitionen davon gibt, was es gerade in solchen Extremsituationen bedeutet, für ein Leben in Würde zu sein.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind jetzt am Ende der Orientierungsdebatte. Es war schon vorher darüber gesprochen worden, dass eine Anhörung stattfinden soll, und zwar am 29. Mai. Vorgeschlagen ist eine gemeinsame Anhörung des Sozialpolitischen Ausschusses, des Ausschusses für Integration, Familie, Kinder und Jugend, des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. Gibt es da Einvernehmen? –

(Zurufe aus dem Hause: Ja!)

Dann haben wir diesen Beschluss gefasst.

Ich bitte Sie, noch einen Moment sitzen zu bleiben.

Sie hat heute Mittag noch einmal voller Verve ihre letzte Rede bei uns im Landtag gehalten. Jetzt ist es an der Zeit, unsere langjährige Kollegin Ulla Brede-Hoffmann zu verabschieden.

Frau Brede-Hoffmann gehört dem Landtag seit dem 13. Januar 1995, also gut 20 Jahre an. Sie hat den Wahlkreis 27, das ist Mainz I, vertreten, den sie seit 1996 stets direkt gewonnen hat.

Ihr besonderes Interesse galt in der Zeit ihrer Mitgliedschaft im Landtag der Bildungspolitik, kein Sommerferienende, an dem wir nicht eine bildungspolitische Debatte hatten, und unsere Ulla stand in der Bütt.

Seit der 13. Wahlperiode war sie Mitglied des Bildungsausschusses. Sie hat sich in dieser Zeit sowohl im Parlament – und hier über Fraktionsgrenzen hinweg – als auch außerhalb des Landtags als Bildungspolitikerin hohes Ansehen erworben.