Protocol of the Session on October 14, 2014

Ich erteile Herrn Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Mittrücker, Sie haben vollkommen recht, Sie brauchen neue Erkenntnisse.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Wir haben allerdings Erkenntnisse über den Netzausbau, und Sie wehren sich, diese Erkenntnisse, die wir haben, mitzugehen und anzuerkennen. Sie ignorieren in jeder Rede wieder – und das jetzt seit dreieinhalb Jahren – den Stand des Ausbaus des Netzes in RheinlandPfalz und der Energiewende in Rheinland-Pfalz. Mich wundert das, weil ich Ihnen eigentlich gar nicht so viel Ignoranz zugetraut hätte, Herr Dr. Mittrücker.

Wir haben einen Ausbau der Netze von Nord nach Süd, und deswegen von Nord nach Süd – das ist genauso wie umgekehrt; das ist vollkommen klar –, weil wir im Norden viel Windenergie erwarten, die OffshoreWindenergie. In Bayern werden in den nächsten fünf, zehn Jahren vier Atomkraftwerke mit jeweils 1,3 Gigawatt Leistung abgeschaltet, das heißt, das ist so viel, wie

durch die Offshore-Anlagen neu hinzukommt. Also muss man den Strom von dort, wo er erzeugt wird, wegtransportieren. Wir wissen, wo er erzeugt werden wird, und wir wissen, wo es mit der Erzeugung aufhört.

Herr Dr. Mittrücker, diese Frage ist schon einmal beantwortet. Im Süden wird es aufhören mit der Erzeugung, und im Norden wird es zunehmen, also brauchen wir die Leitungen. Warum sich jetzt gerade Herr Seehofer, der diese Leitungen am dringendsten braucht, dagegen wehrt, ist uns allen hier unerklärlich. Vielleicht können Sie uns das in der zweiten Runde sagen. Vielleicht wissen Sie mehr darüber. Wir wissen es nicht.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Baldauf, CDU: Ihr wisst vieles nicht!)

Herr Baldauf, vor allem über Herrn Seehofer wissen wir vieles nicht. Das ist auch gut so.

Wir wissen aber, was wir in Rheinland-Pfalz tun, und in Rheinland-Pfalz sind wir am Netzausbau beteiligt.

Wir haben in Rheinland-Pfalz sehr starke Netze – das habe ich auch schon öfter gesagt –, weil wir in Hessen und Baden-Württemberg die Atomkraftwerke hatten, die jetzt zum Großteil schon vom Netz genommen worden sind, die Leitungen sind aber noch vorhanden. In Frankreich, in Cattenom, werden wir hoffentlich bald ein Atomkraftwerk mit vier Blöcken haben – da sind wir uns alle einig –, das bald nicht mehr am Netz sein wird. Aber die Leitung wird auch dort noch vorhanden sein.

Das heißt, um Strom von Rheinland-Pfalz weg und nach Rheinland-Pfalz hin zu transportieren, haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Die paar Trassen, die wir noch ertüchtigen müssen – wir brauchen keine neuen zu bauen, zumindest nicht in einem nennenswerten Umfang –, werden dieses Jahr ertüchtigt werden.

Von daher haben wir in Rheinland-Pfalz – das haben wir Ihnen hier schon öfter mitgeteilt – unsere Hausaufgaben gemacht. Wir sind gut auf die Energiewende vorbereitet, wir können sie durchführen.

Die Bayern sind nicht gut vorbereitet. Das ist das Thema heute, nicht, wie wir es in Rheinland-Pfalz machen, weil wir es hier gut machen, sondern wie es bundesweit gemacht wird.

Sie haben das Wort „Smart Grid“ angesprochen, aber smart bitte auch mit den Bayern und in Bayern. Das würden wir uns wünschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

In Rheinland-Pfalz sind es alles Privatinvestitionen, sodass der Staat nichts tun muss. Wir können froh sein, dass die Netze in Rheinland-Pfalz so gut ausgebaut sind.

Wir haben in Rheinland-Pfalz die konkrete Planung der großen Netzbetreiber, der Übertragungsnetzbetreiber,

dass die noch durchzuführenden Maßnahmen in diesem und im nächsten Jahr durchgeführt werden sollen.

Wir haben in Rheinland-Pfalz auch das Glück, dass wir da, wo wir Windenergie beispielsweise produzieren – in Zukunft auch mehr, gerade im Hunsrück –, schon Netze haben. Der Netzausbau muss in Rheinland-Pfalz zum Teil noch im Bereich des Südens stattfinden, aber es müssen keine Übertragungsnetze gebaut werden, da die Netze, die vor Ort vorhanden sind, die kommunalen Netze, genutzt werden können. Hier gibt es allerdings überall Investitionsbedarf. Das liegt aber nicht an der Energiewende, sondern zum Teil daran, dass Stadtwerke, auch die Pfalzwerke, aber auch andere große Investoren, in dem Bereich in den letzten Jahren nicht genug investiert haben.

Hier ist ein Nachholbedarf vorhanden. Dieser Nachholbedarf muss in den nächsten zehn Jahren geleistet werden. Das ist nicht allein der Energiewende geschuldet, diese Investitionen brauchen wir, um die Energiewende smart und gut durchführen zu können. Aber der Investitionsbedarf wäre auch ohne die Energiewende da, Herr Mittrücker.

Ich glaube, wir sind in Rheinland-Pfalz gut dafür aufgestellt, dass wir die Arbeitsplätze, die bei der Produktion von Strom in Rheinland-Pfalz anfallen, beispielsweise bei der Biomasse und bei dem Ausbau von Wind- und Solarenergie, im Land halten können. Dazu brauchen wir den Ausbau der Netze, aber den Ausbau der Netze bundes- und europaweit. Dabei sind auch Dinge angedacht wie die Verknüpfung nach Norwegen. Das ist ganz wichtig für die Energiewende.

(Glocke des Präsidenten)

Dazu komme ich im zweiten Teil meiner Rede.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile das Wort Frau Ministerin Lemke. – Bitte.

Danke. Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Mittrücker, vielleicht einige Worte zunächst einmal zu einer, wie haben Sie es genannt, intellektuellen Planung. Um noch einmal diesen Begriff „smart“ zu nennen: Was haben wir gelernt? – Als Deutschland in den 50er-Jahren mit der Wasserversorgung und der Elektrizität neu aufgebaut und die ganze Infrastruktur neu gemacht wurde, gab es keinen Masterplan. Trotzdem ist es gelungen.

Wenn Forscher heute darüber forschen – es gibt dazu extra Studiengänge –, wie man Systeme resilient macht, also sozusagen fehlerresistent aufbaut, dann gehört

auch die Forschung dazu, wie man sie schrittweise entwickelt.

Eine der größten Erkenntnisse ist, nicht in einem Wurf, als ein großes Projekt mit einem Plan, bei der Sie eine große Anzahl an Akteuren koordinieren müssen, sondern schrittweise heruntergebrochen genau auf die Einheiten, die wir brauchen, muss so etwas gemacht werden.

Da wir an einer dezentralen Energiewende mit vielen Akteuren arbeiten, bei der auch eigener Strom erzeugt wird, müssen wir es auch von der Seite her denken und nicht nur von der Erzeugerseite oder der Seite, die Herr Abgeordneter Dr. Braun zu Recht geschildert hat, wie wir den Strom von der Nordsee nach hierher oder umgekehrt vom Süden in den Norden oder innerhalb Europas transportiert bekommen.

Es gehört mehr dazu, viele kleine Schritte, darauf kommt es an und darauf, das System resilient und damit am Ende auch smart und intelligent aufzubauen.

Ich warne deshalb vor solchen Worten und sage ganz deutlich, Herr Mittrücker: Es klingt immer eine Art Panikmache bei Ihnen heraus, als würde gleich alles zusammenbrechen. Niemand, weder die Bundesnetzagentur noch der Bundesminister, hat bisher diese Panikmache in irgendeiner Weise bestätigen können.

Was tun wir? – Wir machen Hausaufgaben, und zwar sehr gründlich. Noch kein Bundesland hat eine solche Verteilnetzstudie aufgestellt wie wir. Sie hat lange gebraucht, und zu Recht hat sie so lange gebraucht, um diese vielen kleinen Schritte zu identifizieren.

In dieser Woche – es ist die Smart-Grid-Woche – beraten die Experten des Landes eine ganze Woche darüber, wie die nächsten Schritte unseres Netzausbaus aussehen sollen.

Um das für das Protokoll festzuhalten – wir haben es schon ein paar Mal gesagt –: Der Bundesbedarfsplan und das Bundesbedarfsplangesetz dazu wurden im April 2013 beschlossen. Es gibt also einen Beschluss, der festlegt, was wir zu tun haben. Daran können wir messen, ob wir die Hausaufgaben ordentlich gemacht haben oder nicht. Wir stehen im Vergleich der Bundesländer an erster Stelle.

Zwei Vorhaben gibt es in Rheinland-Pfalz innerhalb dieses Plans, an denen wir weiterarbeiten müssen: Das ist einerseits eine Gleichstromverbindung, ein Ultranetz zwischen Osterath und Philippsburg, ein bundesländerübergreifendes Vorhaben, für das die Bundesnetzagentur bezüglich der Trassenfindung und Planfeststellung zuständig ist. Um das festzuhalten: Wir befinden uns in der Vorbereitung.

Außerdem geht es um eine Höchstspannungsleitung zwischen Metternich bei Koblenz und Niederstedem nördlich von Trier, deren Planfeststellung in die Zuständigkeit des Landes fällt. Hieran arbeiten wir derzeit.

Beide Verbindungen sollen in vorhandenen Trassen, Ultranetz sogar weitgehend auf vorhandenem Gestänge,

realisiert werden. Sie haben einmal kritisiert, ich würde nicht fachfraulich genug zum Ausdruck bringen, dass es sich nicht nur um ein Austauschen von Seilen handeln würde. Aber wenn ich das heute mit den Fachbegriffen benennen darf, dann geht es im Wesentlichen um heute schon existierende Technologien, die in diesen Trassen ergänzt werden, nämlich um regelbare Ortsnetztransformationen, Dynamic Line Rating und um Hochtemperaturseile, die auf vorhandenes Gestänge gebracht werden. Alles andere ist schon vorhanden.

So viel einmal zur Panik, würde ich sagen. Herr Mittrücker, sie ist an dieser Stelle nicht angebracht. Intelligente Kommunikationstechnologie – das sind die smarten Anteile wie Elektronik, Steuereinheiten, Einheiten, die zwischengeschaltet werden – befindet sich in der Entwicklung und muss auf genau diesen Ausbau angepasst werden. Das ist der Anspruch an Innovation und Technologie, um das Ganze zum Einsatz zu bringen.

Man darf sicherlich sagen – das gehört dazu –, selbstverständlich kennen wir heute noch nicht jeden einzelnen Detailschritt, nein, wir wissen nicht alles. Auch das gibt Politik heute zu. Politik weiß auch nicht alles, aber ja, wir haben ein klares Vorgehen festgelegt, all dies zu identifizieren und in dem vorgegebenen Zeitrahmen dann auch umzusetzen.

Genauso werden wir das machen, und dann wird dabei auch nichts schiefgehen. Dann ist auch weiterhin kein Grund zur Sorge gegeben, die Menschen in diesem Land dürfen sich sicher fühlen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Hürter.

Ich bitte, auf der Regierungsbank die Gespräche über vier Stationen auf zwei zu beschränken. Das wäre schon ein Fortschritt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Von Herrn Dr. Mittrücker wurde vorhin mit großer Glaubwürdigkeit in der Stimme ausgeführt, dass das Land keine Netzplanung hätte. Diese Glaubwürdigkeit muss ich ein Stück weit relativieren; denn natürlich hat das Land eine Netzplanung: Auf 450 Seiten wurde eine Verteilnetzstudie mit verschiedenen Szenarien mit einer großen Durchdringungstiefe der Materie erarbeitet, zusammen mit Experten aus der Energiewirtschaft, mit der Branche zusammen, die, bei aller Liebe, die in Rheinland-Pfalz doch überschaubaren Herausforderungen angeht.

Wir können bei allen Herausforderungen festhalten: Der Umbau in Rheinland-Pfalz funktioniert.