Ich gehe einmal davon aus, dass Sie Ihren Kollegen in Hessen ebenfalls einen solchen tollen Antrag zur Verfügung gestellt haben und es auch dort eine Aktuelle Stunde gibt, was die Hessen da machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne die Männersinggruppe Enzweiler-Hammerstein. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kohnle-Gros, ich weiß gar nicht, warum Sie sich so echauffieren und woher Ihre doch recht verzerrte Wahrnehmung über die Atmosphäre in Rheinland-Pfalz herrührt.
Die Sachlage war völlig klar. Wir hatten die Möglichkeit, als Land Rheinland-Pfalz, sogar als Verhandlungsführerin, Verbesserungen für Flüchtlinge auszuhandeln. Natürlich haben wir die Möglichkeit an dieser Stelle ergriffen.
Es wurde hart und intensiv verhandelt, aber am Schluss war klar, wir haben zwar Verbesserungen erreicht – meine Kollegin Frau Sahler-Fesel hat das schon erwähnt –, es wurde die längst überfällige Abschaffung der Residenzpflicht bundesweit auf den Weg gebracht, ebenso Verbesserungen beim Arbeitsmarktzugang für die Flüchtlinge, aber da muss ich gleich Wasser in den Wein gießen; denn die Vorrangregelung ist bestehen geblieben. Damit ist es de facto immer noch eine nahezu unüberwindbare Hürde für die Flüchtlinge, hier schnell eine Arbeit aufnehmen zu können.
Es wurden also durchaus Verbesserungen erreicht, doch in der Abwägung haben diese Verbesserungen für uns als Land Rheinland-Pfalz nicht ausgereicht, um diesem Gesetzentwurf zustimmen zu können. Das ist ganz klar; denn es hätte schon etwas sein müssen wie beispielsweise das Asylbewerberleistungsgesetz – zum Asylbewerberleistungsgesetz hat Rheinland-Pfalz in der Vergangenheit eine Bundesratsinitiative gestartet –; denn das Asylbewerberleistungsgesetz gehört abgeschafft, meine Damen und Herren.
Es ist ein überflüssiges, diskriminierendes Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Das hat selbst das Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle schon erkannt. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Bundespolitik an dieser Stelle bald nachzieht. Es wäre wichtig gewesen, hier substanzielle Verbesserungen für die Flüchtlinge zu erreichen.
Die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes hätte zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation geführt. Sie hätte dazu geführt, dass die Flüchtlinge unter die Sozialgesetzbücher II und XII fallen. Darüber hinaus hätte sie dazu geführt, dass – auch das ist ein wichtiger Punkt – die Kommunen und Länder finanziell entlastet werden; denn machen wir uns nichts vor, die Flüchtlingszahlen stellen Länder und Kommunen vor enorme Herausforderungen. Hier ist der Bund in seiner Verantwortung viel stärker gefragt.
Interessant ist natürlich die Frage, die Sie gestellt haben, die ich gerne zurückgebe: In welchem Interesse war die
CDU/CSU bei diesem Gesetzentwurf und den sicheren Herkunftsstaaten eigentlich unterwegs? Welches Interesse hat die CDU/CSU an dieser Stelle verfolgt?
Man muss sich doch gar nichts vormachen. Für uns ist es ganz klar ein Symbolgesetz. Es ist eine verkappte Botschaft auch an die Sinti und Roma in diesen Ländern. Dieses Symbolgesetz ist ein ganz klarer Warnschuss, aber – das wissen die Leute, die sich in der Materie auskennen, ganz genau – es wird nicht dazu führen, die Situation der Menschen vor Ort zu verbessern. Es wird nicht dazu führen, dass die Zahl der Menschen, die zu uns kommen und Schutz suchen, sinken wird. Das werden Sie mit diesem Gesetz nicht erreichen, meine Damen und Herren.
Die CDU/CSU verfolgt hier ganz klar ein Interesse auf einer Metaebene. Es geht gar nicht um Inhalte, sondern es geht darum, eine Subbotschaft zu senden. Diese Subbotschaft – das haben wir als GRÜNE immer gesagt –, das Konstrukt der sicheren Herkunftsstaaten, ist ein Konstrukt, das wir ablehnen; denn es hebelt de facto das Recht auf Asyl aus. Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht, meine Damen und Herren.
Viel wichtiger wäre, dass wir jetzt den Blick nach vorne richten und uns fragen: Wie können wir wirklich die Situation der Menschen, die zu uns kommen und hier Schutz suchen, substanziell verbessern? – Ich glaube, dass da das Land hervorragend seine Hausaufgaben macht und sich auch die Kommunen sehr, sehr großen Herausforderungen in teils sehr guter Weise stellen, aber der Bund nach wie vor in der Pflicht steht, hier einen viel stärkeren Beitrag als bisher zu leisten, damit die Situation der Flüchtlinge verbessert werden kann.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns nach der ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu den sicheren Herkunftsstaaten im Bundesrat im Juni offen für Änderungen gezeigt, obwohl wir das Prinzip der sicheren Herkunftsstaaten aus guten Gründen ablehnen. Jeder Asylsuchende verdient eine sorgfältige Prüfung seines Asylantrags.
mittragen können, war aber stets, dass die Bundesregierung einen substanziellen Änderungsvorschlag vorlegt. Den gab es aber nicht. Die Bundesregierung präsentierte zwar in letzter Minute einen Kompromissvorschlag, der aber aus unserer Sicht unzureichend war.
Wir stehen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen in Deutschland vor sehr großen Herausforderungen insbesondere was die Belastung der Kommunen und der Länder hinsichtlich der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden angeht. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass Deutschland die Menschen, die vor Gewalt, Krieg und Verfolgung in ihrer Heimat geflogen sind, aufnehmen und ihnen Schutz gewähren sollte.
Es freut mich sehr, dass viele Menschen in unserem Land aufnahmebereit sind, den Flüchtlingen positiv begegnen, sie ehrenamtlich begleiten und betreuen. Dafür danke ich den Bürgerinnen und Bürgern von ganzem Herzen.
Unser Ziel ist es, die Lebensbedingungen von Asylsuchenden und ihre Chancen auf eine gute Integration in unsere Gesellschaft nachhaltig und deutlich zu verbessern. Gleichzeitig muss der Bund die Länder und die Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden endlich entlasten. Das hätte zum Beispiel über die Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes geschehen können. Ein solcher Vorschlag des Bundes hätte vermutlich zu einem Kompromiss geführt. De facto hat die Bundesregierung dies aber nicht angeboten. Der Vorschlag, den sie unterbreitete, reichte uns bei Weitem nicht aus.
Nehmen wir das Angebot, die Vorrangprüfung nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland abzuschaffen. Nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland abzuschaffen! Geltungsdauer drei Jahre. Dann tritt die Vorrangprüfung automatisch wieder in Kraft. Ob sie dann wieder ausgesetzt wird, kann heute niemand sagen.
Nun sollen zwar die Asylsuchenden nach drei Monaten arbeiten dürfen, aber die Vorrangprüfung entfällt erst ein ganzes Jahr später. Dies bedeutet 12 Monate Benachteiligung bei der Stellensuche. Wenn wir wirklich wollen, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber auf dem Arbeitsmarkt eine echte Chance haben, muss die Vorrangprüfung ersatzlos gestrichen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ein weiterer Punkt im Reformpaket ist, dass das Sachleistungsprinzip in Zukunft nur noch in den Erstaufnahmeeinrichtungen Vorrang vor den Geldleistungen hat. Das ist für uns in Ordnung, aber wir sehen das Sachleistungsprinzip später, wenn die Asylsuchenden in den Kommunen untergebracht sind, sehr kritisch; denn es entmündigt die Menschen und hat einen diskriminierenden Charakter. Es ist eine Frage des Respekts, dass man den Menschen zugesteht, selbst zu entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben möchten, welche Lebensmittel sie kaufen wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesregierung blieb mit ihrem Angebot weit hinter dem zurück, was wir als eine echte Verbesserung wahrgenommen hätten. Das wäre zum Beispiel die Übernahme der Asylsuchenden in die bestehenden Sozialsysteme SGB II und SGB XII gewesen, womit wir wieder bei der längst überfälligen Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes wären. Dies hätte auch eine strukturelle Entlastung der Länder und der Kommunen zur Folge, die bislang die Kosten für das Asylbewerberleistungsgesetz ganz alleine bezahlen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das jetzt beschlossene Gesetz höhlt das Grundrecht auf Asyl aus. Es wird hinsichtlich der Zahl der Asylsuchenden keine nennenswerte Auswirkung haben. Experten sind sich hierin sicher. Selbst das Bundesinnenministerium kann nicht sagen, ob es zu einem Rückgang kommen wird.
Dieses Gesetz wird die Asylverfahren nicht merklich beschleunigen; denn die Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung aus dem Asylrecht werden schon seit langer Zeit auch für die Asylsuchenden aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina genutzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allen Dingen liebe Frau Kohnle-Gros, ich will abschließend etwas zum Abstimmungsverhalten von Rheinland-Pfalz im Bundesrat sagen. Die SPD des Landes Rheinland-Pfalz hat sich nach einem schwierigen Abwägungsprozess für den Gesetzentwurf entschieden. Die GRÜNEN in Rheinland-Pfalz haben sich nach einem schwierigen Abwägungsprozess gegen den Gesetzentwurf entschieden. Es ist gängige Praxis in allen Bundesländern, sich im Bundesrat dann auf eine Enthaltung zu einigen.
Es ist richtig, die Enthaltung hat im Bundesrat die Wirkung einer Ablehnung. Wir haben uns deshalb als Land Rheinland-Pfalz enthalten, so wie es viele andere Bundesländer auch getan haben, unter anderem auch das schwarz-grün geführte Bundesland Hessen.
Lieber Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordneten! Frau Alt hat das Wesentliche gesagt.
Ich füge noch eines zum Wesentlichen hinzu. Und zwar zitiere ich aus dem „Tagesspiegel“, der hier permanent zitiert wird, Frau Kohnle-Gros. Die Frage lautete wörtlich:
„Ist das der Grund, warum Sie im Bundesrat nicht gegen das verschärfte Asylrecht gestimmt, sondern sich mit Ihrem GRÜNEN-Partner enthalten haben?“ – Die Antwort darauf ist, wie Sie sie zitiert haben: „Ich spreche hier nur für mich.“ Ich beschreibe dann in diesem Text den Abwägungsprozess von mir persönlich und den der SPD, die in der Koalition zur Auffassung gekommen ist, dass wir zustimmen.