Protocol of the Session on September 24, 2014

(Beifall der CDU)

Damals ist niemand gutmütig und unbewusst in irgendetwas hineingestolpert. Nein! Die Alternativen standen jedem klar vor Augen: Entweder Eingeständnis des Scheiterns und Machtverlust oder sich auf dem Rücken der Steuerzahler über den Wahltermin retten. Das waren die Alternativen. (Beifall der CDU)

Ganz klar schreibt der Rechnungshof hierzu auf Seite 60 seines Gutachtens – ich zitiere –: „Nur durch die Verlängerung des Abschreibungszeitraums für die Anlagengegenstände, den Verzicht auf den Ansatz von Zins und Tilgung für bestehende und geplante Gesellschafterdarlehen sowie den Ansatz von Pachtzinsen, die oberhalb der maximal erzielbaren Pachten lagen, war in der Planung darstellbar, dass nach einer Einschwungphase ab dem Jahr 2016 bei der NG“ – Nürburgring GmbH – „Jahresüberschüsse anfallen würden.“

Das sind nur drei von vielen ganz bewussten Entscheidungen gegen die Wirklichkeit und für die Irreführung.

Zum damaligen Zeitpunkt war nämlich schon klar, dass die Finanzierung des Konzepts hinten und vorne nicht reichen konnte.

Da hat nicht eine einzelne Person eine singuläre Fehlentscheidung getroffen. Nein! Eine Vielzahl von Personen hat hier zusammengewirkt,

(Beifall der CDU)

und jeder Einzelne für sich hat sich in seinem politischen Verantwortungsbereich jeweils ganz individuell gegen die Wirklichkeit und für die raffinierte Irreführung entschieden.

(Beifall der CDU)

Dieses Netzwerk an Personen und Entscheidungen ist das eigentliche Epizentrum dieses Skandals, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Diesen Skandal gilt es deshalb aufzuarbeiten. Hier geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die politische Verantwortung in diesem Land. Hier geht es um die politische Hygiene in diesem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Vielleicht unterhalten wir uns an anderer Stelle einmal über die Rolle von Beratern. Klar ist jedenfalls: Berater sind keine Entscheider, und Berater sind auch keine Bäume, hinter denen man sich verstecken kann, wenn nach der politischen Verantwortung und Hygiene gefragt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Die politische Verantwortung liegt bei denen, die entscheiden und die dem Parlament und den Menschen in diesem Land verantwortlich sind. Natürlich sind wir gefragt worden: Fordert ihr heute den Rücktritt von irgendjemanden? – Wir haben es uns mit dieser Frage nicht leicht gemacht. Wir haben das intensiv beraten. Wir müssen das heute aber bewusst offen lassen; denn solange das Netzwerk fortbesteht, ändert sich nicht wirklich etwas durch einen singulären Rücktritt. So hat – wir haben das schon einmal gelernt – zum Beispiel der Deubel-Rücktritt seinerzeit auch nichts bewirkt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Genauso war’s!)

Vielmehr führt von diesem Rücktritt eine klare Linie unmittelbar in diesen „Zukunftskonzept“-Skandal, weil das Netzwerk weiter bestanden hat und besteht, meine Damen und Herren. Außerdem liegt hier offensichtlich kein Einzelversagen eines einzelnen Ministers vor.

Der nachhaltige Eindruck ist doch vielmehr: Hier hat ein ganzer Regierungsapparat bewusst und gewollt zusammengewirkt, um ein Ziel zu erreichen, nämlich sich irgendwie über die Wahl zu retten? – Der nachhaltige

Eindruck ist doch: Hier haben Ministerien, die SPDFraktion, vielleicht sogar die Förderbank des Landes, ihren jeweiligen Beitrag geleistet. Keiner dieser Beiträge kann weggedacht werden, ohne dass das Konzept als Ganzes geplatzt wäre. Wenn nur einer von denen Nein gesagt hätte, wenn nur einer nicht mitgewirkt hätte, dann hätte das sogenannte Zukunftskonzept nicht auf den Weg gebracht werden können, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Das konnte nur gemeinsam entstehen.

Wir sind natürlich auch gefragt worden: Fordert ihr heute einen Untersuchungsausschuss? – Dazu sage ich ganz deutlich: Auch das haben wir intensiv diskutiert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir schließen einen Untersuchungsausschuss ausdrücklich nicht aus. Wir lassen das bewusst offen; denn wir können heute noch nicht sagen, welche über das Rechnungshofgutachten hinausgehenden Informationen ein Untersuchungsausschuss bringen könnte, aber ein Untersuchungsausschuss um seiner selbst willen wäre eine bloße Showveranstaltung, wofür wir nicht zur Verfügung stehen.

(Beifall der CDU)

Wir werden die Sache seriös abarbeiten. Die Materie ist sehr vielschichtig. Der Rechnungshof hat gut zwei Jahre gebraucht, um das Gutachten zu erstellen. Wir brauchen Zeit, um es gründlich auszuwerten.

Wir gehen damit als Nächstes in die Fachausschüsse. Hierfür ergeben sich aktuell vier unverzichtbare Kernforderungen:

1. Wir fordern die Ministerpräsidentin auf, zu diesem Gutachten endlich umfänglich Stellung zu nehmen,

(Beifall der CDU)

zumal, wie wir eben gehört haben, die Ministerpräsidentin zu Urteilen, die noch nicht rechtskräftig sind, auch umfänglich Stellung nimmt, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Es geht nämlich nicht an, dass das ganze Land in den Abgrund dieses Skandals blickt, die Ministerpräsidentin aber auf der Sommertour „Land des Lächelns“ spielt.

(Beifall der CDU)

2. Wir fordern die Ministerpräsidentin auf, strukturelle Verantwortlichkeiten umfassend zu benennen und diesen strukturellen Verantwortlichkeiten Namen zuzuordnen; denn das Gutachten nennt keine Namen. Wer hat zum Beispiel aus dem Vorentwurf des Schreibens an die ISB-Geschäftsführung die entscheidende Information über den weiteren wesentlichen Finanzierungsbedarf – wir reden von 90 bis 120 Millionen Euro – herausgestrichen? Namen wollen wir hören, Frau Ministerpräsidentin. Namen!

(Beifall der CDU)

Wir fordern die Ministerpräsidentin auf, aus beidem die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

3. Wir fordern die rückhaltlose Unterstützung der Landesregierung und der Regierungsfraktionen bei der Aufarbeitung des Skandals.

Unseren Freunden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in diesem Hause sage ich: Ihr seid, seitdem ihr im lauen Wasser der Koalition schwimmt, auch nur noch Kukident-Piranhas.

(Beifall der CDU – Unruhe bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr schwimmt in diesem lauwarmen Koalitions-Aquarium nur noch ohne Zähne. Darüber würde ich an eurer Stelle einmal nachdenken;

(Beifall der CDU)

denn hier wird sich entscheiden, wer es ernst meint mit Transparenz und Ehrlichkeit.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Hui!)

4. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht eine Reihe von Empfehlungen formuliert. Wir fordern die Landesregierung auf, alsbald über die Umsetzung dieser Empfehlungen zu berichten, zumal der Rechnungshofpräsident seit Kurzem der Wirtschaftlichkeitsbeauftragte der Landesregierung ist. Auf den werden Sie wohl hören.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hendrik Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns ist genauso wie der Opposition und den Medien daran gelegen, die Umstände am Nürburgring aufzuklären und die Ursachen darzustellen. Zu dem Komplex Nürburgring hat es bereits einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und mehrere Rechnungshofberichte gegeben. Der aktuelle Bericht wurde 18 Monate später vorgelegt, als ursprünglich angekündigt worden ist. Die heute diskutierten Vorgänge liegen vier bis fünf Jahre zurück. Dennoch ist bei der Insolvenz einer Landesgesellschaft, die das Land mit mehreren Millionen belastet hat, eine Aufarbeitung selbstverständlich.

Meine Damen und Herren, heute werfen Sie uns allerdings vor, die Wähler vor der Landtagswahl mit dem Zukunftskonzept über die angeblich wahren Umstände am Ring getäuscht zu haben. Dieser Vorwurf ist falsch, und ich weise ihn mit aller Deutlichkeit zurück.

(Beifall der SPD)

Wir haben nach dem Scheitern des Projekts „Nürburgring 2009“ nach bestem Wissen und Gewissen gehan

delt. Im Juli 2009 waren nach dem Scheitern der Privatfinanzierung und dem Rücktritt von Herrn Dr. Deubel die Investitionen für das Projekt „Nürburgring 2009“ bereits alle getätigt und gezahlt, bzw. es lagen rechtsverbindliche Aufträge vor. Das Geld, von dem wir heute sprechen, war also bereits ausgegeben und wäre ohne weitere Maßnahmen endgültig verloren gewesen.

Bis Juli 2009 wurde öffentlich kommuniziert, mit dem Projekt „Nürburgring 2009“ können langfristig, unabhängig ob ein privater Investor gefunden wird, Gewinne gemacht werden. Altverbindlichkeiten kann die Nürburgring GmbH selbst tragen. Die Formel 1 kann aus den Erträgen des Projekts finanziert werden. Hotel und Gastronomie wurden von einem privaten Investor errichtet. Das war die Kommunikation bis Juli 2009.