Ich glaube nicht, dass es zum Sicherheitsgefühl der Menschen beiträgt, die Diskussion hier weiter hochzuko
chen, zu emotionalisieren und in Populismus zu verfallen. Wir haben gesagt: Wenn wir diese Reform machen, dann führen wir sie sozial verträglich durch, und wir machen sie dann, wenn sie einen substanziellen Beitrag zum Einhalten der Schuldenbremse leistet.
Ich halte das für einen sehr vernünftigen Weg. Das sind klare Worte. Sie haben sie eingefordert. Wir werden diesen Weg weitergehen, und wir stellen uns auch – da bin ich dem Justizminister und dem Ministerpräsidenten sehr dankbar – der unabhängigen Expertise eines Expertengremiums.
Ich möchte wissen, woher Ihre Enttäuschung im Zusammenhang mit diesem Expertengremium kommt. Sind das nicht alles honorige Personen mit unheimlich viel Hintergrund und Wissen? Wollen Sie das wirklich ernsthaft infrage stellen?
Fordern Sie, dass die Opposition oder sogar das OLG selbst an der Besetzung beteiligt wird? Ich glaube, ich muss Ihnen noch erklären, was das Wort „unabhängig“ bedeutet.
Wir wollen eine Kommission, an der weder die Landesregierung noch die Betroffenen direkt beteiligt sind. Aber alle können ihre Vorschläge unterbreiten. Der Herr Justizminister hat sie gemacht. Ich halte sie für nachvollziehbar. Ich finde es gut, dass die Kommission diese Vorschläge jetzt unabhängig überprüft. Alle anderen, auch Sie, sind eingeladen, substanzielle Vorschläge zu machen, wie wir eine Justizstrukturreform in RheinlandPfalz hinbekommen, die eine starke, bürgernahe Justiz gewährleistet und bei der wir gleichzeitig unsere Pflicht, den Haushalt zu konsolidieren, erfüllen.
Sie sind herzlich eingeladen, solche Vorschläge zu machen. Lassen Sie sich an den Fakten messen. Ich erwarte auch einmal ein paar klare Argumente und Worte von Ihnen. Bisher ist das, was Sie machen, ein populistisches Wegducken. Es ist sehr widerspruchsvoll und trägt nicht dazu bei, die Diskussionskultur in diesem Lande zu versachlichen und am Ende eine starke Justiz zu haben, die zugleich nachhaltig aufgestellt ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Köbler hat es eben zutreffend zusammengefasst, wohin ein Weg gehen soll. Über was sprechen wir eigentlich? – Wir sprechen darüber, welche zukunftsfähigen Strukturen wir in der Justiz haben wollen, damit gute Leistungen erbracht werden können, damit Justiz auch in Zukunft unabhängig, ohne Personalnöte, ohne Probleme in den Gebäuden agieren kann und sich ohne Probleme bei zunehmenden Spezialisierungen inhaltlich aufstellen kann. Wir sprechen auch darüber, wie bürgernah sie ist. Deshalb ist in der Koalitionsvereinbarung die Aussage – – –
Frau Klöckner, nicht hinterher, sondern vorher. In der Koalitionsvereinbarung steht, dass wir eine bürgernahe Justiz erhalten wollen und deshalb nicht wie in Hessen die Amtsgerichte angreifen und aus der Fläche herausnehmen, weil das in Rheinland-Pfalz schon gemacht worden ist.
Natürlich ist es für uns selbstverständlich. Es ist schade, dass man betonen muss, dass die Unabhängigkeit der Justiz gewahrt wird.
Aber – das gehört auch dazu – für die Strukturen der Justiz ist nach dem Grundgesetz das Parlament zuständig. Das Parlament des Landes.
Wir sind diejenigen, die als Regierung gestalten, Vorschläge unterbreiten und für Mehrheiten streiten, die vernünftig sind, damit zukünftige Strukturen für unser Land tragfähig sind.
Meine Damen und Herren, wir haben die Verantwortung für das Geld der Steuerzahler. Wir haben in diesem Parlament einstimmig die sogenannte Schuldenbremse vereinbart und in die Verfassung geschrieben. Das bedeutet – Herr Finanzminister –, dass wir, um dieses Ziel zu erreichen, im Jahr überschlägig etwa 220 Millionen Euro weniger ausgeben können. Da sind keine Bereiche der Politik ausgeschlossen.
Manche haben sich so geäußert, weil der Justizetat bei dem Gesamtetat insgesamt nicht so hoch ist, dass er gleichsam eine Insel sein könnte, wo man nicht so genau hinschaut, wie Strukturen zukunftsfähig entwickelt werden.
glaube ich nicht, dass es vertretbar ist, eine solche Insellösung zu machen, sondern dass wir schauen müssen, wie unter dem Gesichtspunkt der Schuldenbremse eine vernünftige Einsparung zu erbringen ist.
Ich darf vielleicht zurückblicken. In den 60er- und 70erJahren gab es Strukturreformen in der Justiz in Rheinland-Pfalz. Es wurden damals von 91 Amtsgerichten 30 aufgelöst. Wir haben heute noch 46 Amtsgerichte. Es waren ehemals 91. Jeder weiß in seinem Bereich, wo Amtsgerichte aufgelöst worden sind.
Sie müssen dann überlegen, macht man es wie im Hessischen, wo sie die entsprechenden Diskussionen um die Auflösungen von Arbeitsgerichten und Amtsgerichten haben, oder wie in Sachsen. Dort schließt man Landgerichte und legt Amtsgerichte zusammen. Richterinnen und Richter bezweifeln die Einspareffekte, dort heißt es – ich darf zitieren –: Die Richter bezweifelten zudem die angestrebten wirtschaftlichen Effekte einer Zusammenlegung der Gerichte. Synergieeffekte und Effizienzsteigerungen vermögen wir außer auf dem Papier nicht zu erkennen. – So heißt es in einem offenen Brief.
Möglicherweise wegfallende Kosten wie die Gehälter des Gerichtspräsidenten und seines Stellvertreters würden durch Mehraufwendungen für die Zusammenlegung, Umbauten und höhere Fahrtkosten aufgezehrt. Die Regierung wird in dem offenen Brief aufgefordert, ihre Entscheidung zur Aufgabe des Landgerichts Bautzen zu überdenken und zu ändern.
Ich will Ihnen damit sagen, diese Diskussionen unterscheiden sich nicht so sehr, weil überall aufgrund der finanziellen Rahmensituation Justizverwaltungen an Überlegungen arbeiten, wie zukunftsfähige Justiz vernünftig aufgestellt wird. Nichts anderes machen wir in Rheinland-Pfalz auf der Basis des Koalitionsvertrags.
Ich rufe das in Erinnerung, was Hendrik Hering vorhin gesagt hat, dass, wenn man sich die Strukturen anschaut, in Rheinland-Pfalz zwei Oberlandesgerichte vorhanden sind, die unter den kleinen in der Bundesrepublik sind. In wesentlich größeren Bundesländern, Flächenländern, gibt es jeweils nur eins. Ansonsten haben Oberlandesgerichte einen wesentlich größeren Einzugsbereich in Bezug auf Einwohnerinnen und Einwohner, ob in Baden-Württemberg oder NordrheinWestfalen. Da muss ich nicht auf das große Oberlandesgericht Hamm zurückgreifen mit einem Einzugsbereich von 8 Millionen Einwohnern, Baden-Württemberg mit etwa 5 Millionen oder Bayern.
Sie hören daraus, auch ein zusammengeführtes Oberlandesgericht in Rheinland-Pfalz wäre unter den kleineren im Kanon der Oberlandesgerichte in der Bundesrepublik.
Es gibt andere Notwendigkeiten struktureller Art, da wir in den letzten Jahren schon erheblich abgebaut haben.
Wenn ich zu Herrn Verfassungsgerichtshofpräsident Meyer schaue, haben wir im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den letzten Jahren Personal abgebaut, weil es dort einen erheblichen Rückgang der Fallzahlen gegeben hat. Sie kommen irgendwann an einen strukturellen Punkt, an dem sie überlegen müssen, ob das Weitermachen in den bisherigen Strukturen wirklich sinnvoll ist, gute Justizentwicklung ermöglicht oder nicht.
Für den Fall der Verwaltungsgerichtsbarkeit hat im Jahr 2006 der Rechnungshof schon Hinweise gegeben und gesagt, wenn die Fachgerichtsbarkeiten zusammengeführt werden – er dachte an die Sozialgerichtsbarkeit und an die Finanzgerichtsbarkeit –, dann könnte man dort vielleicht etwas weiterentwickeln. Aber auf der Bundesebene gibt es über alle Parteien hinweg eine solche Tendenz nicht.
Man muss akzeptieren, dass eine solche Veränderung auf Bundesebene nicht kommt. Man muss sehen, was auf Landesebene gestaltet werden muss, damit dort die Strukturen zukunftsfähig werden.
Wir haben das errechnet und Einsparpotenziale von etwa 1,7 Millionen Euro im Bereich der Zusammenführung von Oberlandesgerichten und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit von etwa 1 Million Euro gesehen. Das sind Zahlen, über die man immer trefflich streiten und diskutieren kann. Die haben wir vorgelegt, damit eine Basis vorhanden ist, weil ich die Justiz eingeladen habe, eigene Vorschläge zu erarbeiten, über Vorschläge zu diskutieren. Das gilt für unsere Vorschläge wie für die, die aus der Justiz kommen.
Sie wissen, welche Diskussionen im Sommer teilweise die Inhalte überlagert haben. Ich verstehe Emotionen. Ich verstehe auch, dass man an Standorten hängt und für Standorte kämpft. Ich will nicht verstehen, dass man in diesem Land einen Nord-Süd-Konflikt mit einer solchen Diskussion aufmachen möchte.
Ich sage ganz offen, ich will das auch nicht verstehen bei den Investitionen, die aus meinem Hause in Koblenz passiert sind und passieren, und noch viel weniger bei den Investitionen des Landes, die in Koblenz und im Umfeld in den letzten Jahren getätigt worden sind, und wie diese Stadt förmlich im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau aufblüht.
Aber ich will deutlich machen, dass in unserem Vorschlag beinhaltet ist, dass alle Personen, die in dem Gerichtsbezirk des Landgerichts Koblenz sind – das sind
über 1 Million Menschen; das ist der größte rheinlandpfalz-weit –, nach wie vor an dem Standort Oberlandesgericht in Koblenz ihre kompletten Fälle erledigen könnten.