Gute Arbeit – Gesunde Arbeit Prävention, betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz im gesellschaftlichen Wandel Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2746 –
Wir haben 5 Minuten Grundredezeit je Fraktion. Der Kollege Kessel hat zunächst das Wort zur Berichterstattung. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es geht um den Antrag „Gute Arbeit – Gesunde Arbeit; Prävention, betriebliches Gesundheitsmana
Durch Beschluss des Landtags vom 19. September 2013 ist der Antrag an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen worden.
Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Antrag in seiner 23. Sitzung am 24. Oktober 2013, in seiner 25. Sitzung am 30. Januar 2014 und in seiner 26. Sitzung am 6. März 2014 beraten.
In seiner 25. Sitzung am 30. Januar 2014 hat der Ausschuss ein Anhörverfahren durchgeführt. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Antrag wird angenommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich auf die heutige Debatte zu unserem Antrag zum Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt, der gerade auf den gesellschaftlichen Wandel in Rheinland-Pfalz Bezug nimmt. Nach dem Einbringen in das Parlament im Oktober letzten Jahres haben wir uns intensiv damit beschäftigt, gerade nach der Anhörung zu dem Themenbereich „Gesundheitsschutz und Arbeitskrafterhaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Unternehmen“, für die wir Weichen stellen wollen. Heute werden wir uns mit dem Alternativantrag und mit dem Ergänzungsantrag auseinandersetzen.
Ich möchte einmal sagen: Nach einer guten Beratung in einer Anhörung ist man doch etwas schlauer. Dennoch freue ich mich, dass der Kollege Enders schon im Oktober – ich habe Ihre Rede nachgelesen – unseren Antrag ausdrücklich gelobt hat. Sie sagten damals, Sie könnten dem Antrag eigentlich zu 99 % zustimmen.
Herr Enders, ich darf aus Ihrer letzten Rede zitieren – Frau Präsidentin, ich denke, Sie gestatten das –: Eine Lohnfestsetzung durch den Staat, durch die Politik per se, lehnen wir aus guten Gründen ab. – Das war die Argumentation, mit der die CDU-Fraktion damals begründet hat, warum sie dem Antrag „Gute Arbeit – Gesunde Arbeit“ nicht zustimmt. Heute, in Zeiten der Großen Koalition, haben sich die Grundsätze der Argumentation geändert. Deswegen war ich überrascht, als wir im Ausschuss die Anhörung ausgewertet und Argumente ausgetauscht haben und Herr Kollege Kessel dann erklärt hat, es gibt noch einen Änderungsantrag. Auch wir haben Aspekte der Anhörung aufgenommen. So muss das auch sein.
Aber ich lade die CDU-Fraktion schon zu Beginn meiner Ausführungen herzlich ein: Überdenken Sie Ihre Argu
mente! Das Argument Koalitionsvertrag und das Argument Mindestlohn sind in der Debatte schon längst gefallen.
(Frau Klöckner, CDU: Heute Morgen bei der Staatsbürgerschaft galt das nicht! Bei der Staatsbürgerschaft galt das Argument Koalitionsvertrag nicht!)
Frau Klöckner, hören Sie meinen Argumenten zu. – Gehen Sie in sich, und überlegen Sie sich dann, ob Sie dem Antrag „Gute Arbeit – Gesunde Arbeit“ – im gesellschaftlichen Wandel kommen immer mehr Anforderungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu – am Ende nicht doch zustimmen können.
Der Schutz der körperlichen Gesundheit ist seit über 100 Jahren in den Köpfen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen fest verankert. Moderne Unternehmen wie die BASF, die Boehringer Ingelheim, aber auch viele kleine mittelständische Unternehmen, bieten einen Gesundheitsschutz an, der weit über den Schutz der körperlichen Gesundheit hinausgeht: Sport, Entlastung der Familien und selbst Schuldnerberatung sowie Maßnahmen zur Beherrschung von Konflikten, die Depressivität auslösen können, werden ins Auge gefasst. Der Fachkräftebedarf und das Gesundbleiben bis ins Rentenalter sind für uns ganz wichtig.
Die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt nehmen zu; der Stressreport hat es deutlich gemacht. Immerhin über 40 % der Befragten sagen: Ich bin beruflich überfordert, ich schaffe die vielen Herausforderungen nicht mehr. – Die gesundheitlichen Folgen wie Depression, Burnout, Bluthochdruck, Herzinfarkte und Rückenbeschwerden, sind besorgniserregend. Dass die Zahl der Fehltage bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jährlich zunimmt, ist, denke ich, einschlägig bekannt. Dabei entstehen volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 6 bis 8 Milliarden Euro. Nicht beziffert dabei sind die monetären Belastungen, die die kranken Menschen haben, die der Arbeitswelt nicht mehr zur Verfügung stehen und am Ende vielleicht eine Frühverrentung brauchen.
Meine Damen und Herren, all dies ist Grund genug, um dem entgegenzusteuern. Die Arbeitswelt bestimmt unser Leben fundamental. Unter guter Arbeit verstehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine Arbeit, die mit Anerkennung, mit guter Bezahlung – Stichwort: Mindestlohn –, fairen Arbeitszeiten und vielem mehr verbunden ist. Wir wissen auch, dass sich gute Arbeit gesundheitsfördernd auswirkt. Viele Beschäftige leiden unter der Arbeitsverdichtung, dem Konkurrenzdruck und den Arbeitszeiten.
In der Anhörung wurde herausgearbeitet, wie schwierig es ist, wenn die Unternehmensstrukturen unklar sind, wenn Druckmomente nicht weitergegeben werden können oder wenn Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter ihren Krankheitsstand bei der Versetzung in eine neue Abteilung mitnehmen.
Das heißt für uns in unserer Antragsform ausgedrückt, wir brauchen in der Ausbildung, in der Weiterbildung und in der Fortbildung genau diese Aspekte, um in Anspruch zu nehmen, dass dann die Mitarbeiterführung anders ist,
Meine Damen und Herren, wir hatten heute Morgen die Diskussion um Projekte für Fachkräfte- und die Qualifizierungsinitiative der Gesundheitsfachberufe, das Programm 2012 bis 2015. Selbst in dieser Personalführung hat unser Minister Schweitzer im Programm “Gesundheit und Pflege – 2020“ die Führungsaufgaben deutlich mit aufgenommen, um diesen gesellschaftlichen und gesundheitlichen Problemen entgegenzuwirken. Das ist ein Beispiel, wie die Landesregierung von Rheinland-Pfalz das heute schon umsetzt.
Meine Damen und Herren ein gesundes Arbeitsleben muss über die Zeitspanne eines ganzen Lebens möglich sein. Dafür setzen wir uns ein. Wir bitten Sie herzlich, unserem Antrag zu folgen und ihm zuzustimmen. Ich glaube, es ist ein wichtiger Antrag im Land RheinlandPfalz, vielleicht auch richtungsweisend für viele andere Bundesländer. Wir sind da ganz vorne. Ich bitte Sie, gehen Sie in sich, und stimmen Sie uns zu für ein gesundes Arbeitsleben vom Eintritt in die Arbeitswelt bis zum Tag der Pension oder Verrentung.
Ich darf als Gäste im Landtag ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 50, Landau/Pfalz, sowie Schülerinnen und Schüler der Realschule plus aus Ludwigshafen herzlich begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Arbeitsplatz bestimmt zunehmend unser Leben. Viele Berufstätige verbringen oftmals mehr Zeit am Arbeitsplatz als in jedem anderen Lebensumfeld. Hinzu kommt eine veränderte Arbeitswelt mit unterschiedlichen Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Immer mehr Menschen fühlen sich durch lange Arbeitswege, Überstunden, Arbeitsverdichtung und ständige Erreichbarkeit überlastet. Hinzu kommt Konkurrenzdruck am Arbeitsplatz verbunden mit der Angst, den Job zu verlieren. Oftmals werden die Grenzen der Belastbarkeit überschritten, sodass sich auf Dauer das Gefährdungspotenzial für psychische Erkrankungen erhöht.
Vor diesem Hintergrund kommt dem betrieblichen Gesundheitsschutz eine immer größere Bedeutung zu. Der von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Antrag trägt diesem Erfordernis im Wesentlichen Rechnung. Viele Punkte in diesem Antrag werden von unserer Fraktion unterstützt.
Allerdings halten wir einige Punkte für ergänzungs- bzw. änderungsbedürftig. Zum einen haben wir den ursprünglichen Antrag um die Ergebnisse der Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuss vom 30. Januar 2014 und die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD auf Bundesebene aktualisiert. Zum anderen haben wir ihn durch Ergänzungen im beschäftigungspolitischen Bereich modifiziert. Zudem halten wir die bürokratische Überregulierung – Stichwort Anti-StressVerordnung – für entbehrlich.
Lassen Sie mich einige Punkte herausgreifen, die mir besonders wichtig erscheinen. Arbeit ist existenzsichernd, aber auch sinnstiftend. Sinnstiftende Arbeit wirkt gesundheitsfördernd. Nur ein Mitarbeiter, der sich wertgeschätzt und angenommen fühlt, entwickelt Leistungsbereitschaft, Engagement und Verantwortungsbewusstsein. Das funktioniert nur in einem „gesunden“ Arbeitsumfeld. Zu einem guten Arbeitsplatz gehört aber auch, dass er Beschäftigung auf Dauer sichert, sodass ein Arbeitnehmer davon seinen Lebensunterhalt sorgenfrei bestreiten und seine Lebensplanung langfristig gestalten kann. Garant dafür ist ein attraktiver Unternehmens- und Beschäftigungsstandort. Aufgabe der Landesregierung ist es, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, die Beschäftigung ermöglichen und sichern. Da geht es also auch um eine entsprechende Infrastruktur, die zu gewährleisten ist, damit Unternehmen dieser Anforderung gerecht werden können.
Rheinland-pfälzische Betriebe unternehmen vielfältige Anstrengungen, um die negativen Auswirkungen von Stress und Überlastung zu reduzieren und so positiv auf die Gesundheit und auf die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer einzuwirken. Hierzu gehören regelmäßige Gesundheitschecks als Teil der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung, Ernährungsberatung und Stresspräventionskurse, um nur einige Maßnahmen zu nennen. Wir haben einige davon in der Anhörung gehört.
Die Unternehmen bilden aber nur die eine Seite des Arbeitsmarktes ab. Wichtig ist auch, dass die von Unternehmerseite eröffneten Präventionsangebote von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch eigenverantwortlich angenommen werden. Auch davon haben wir in der Anhörung gehört. Diese gilt es, neben den Unternehmen dafür zu gewinnen, dass ein betriebliches Gesundheitsmanagement allen hilft und für beide Seiten eine sinnvolle und effektive Zukunftsinvestition ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Führungskultur in den Unternehmen. Davon hat auch Kollegin AnklamTrapp gesprochen. Ein verantwortungsvolles Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern basiert auf einer guten Kommunikation. Dies gilt auch für die betriebliche Gesundheitsförderung. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Notwendigkeit der Optimierung der Arbeitsbedingungen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements verstehen, sind eher bereit, diese eigenverantwortlich umzusetzen. Voraussetzung dafür ist aber eine Personalführung mit sozialer Kompetenz, die die Probleme in den Betrieben angemessen kommuniziert. Deshalb schließt sich die CDU-Fraktion
der im Anhörverfahren des Sozialpolitischen Ausschusses gemachten Forderung an, zukünftige Führungskräfte besser auf ihre Führungsaufgaben vorzubereiten. Führungskultur sollte künftig Bestandteil der Ausbildung sein.
Arbeitsmedizin ist eine sinnvolle Ergänzung zur allgemeinen Prävention. Deshalb müssen wir darauf hinwirken, die Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitszirkeln in den Betrieben und den Krankenkassen zu stärken. Voraussetzung dafür ist eine wissenschaftliche Standortbestimmung, die gleichzeitig eine fundierte Übersicht über psychische Belastungsfaktoren in der Arbeitswelt und Handlungsoptionen für notwendige Regelungen aufzeigt. Positiv zu bewerten ist, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften beim Thema psychischer Arbeitsschutz an einem Strang ziehen, um die Belastungen in der Arbeitswelt entgegenzuwirken. So können auf einer gemeinsamen Basis Präventionskonzepte erarbeitet werden, um die Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nachhaltig zu fördern. Zielführend ist in diesem Zusammenhang auch, die betriebliche Gesundheitsförderung mit dem Arbeitsschutz enger zu verknüpfen, wie es im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD auf Bundesebene auch vereinbart wurde.
Die CDU ist gegen eine staatlich festgelegte Anti-StressVerordnung, wie sie von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Ihrem Antrag gefordert wurde. Die Ursachen von Stress sind sehr unterschiedlich. Stress kann aus dem Unternehmen kommen, aber auch aus dem privaten Umfeld erwachsen. Zudem sind die Auswirkungen von Stress auf Menschen individuell verschieden. Von daher macht eine Verordnung, die das für alle verbindlich regeln soll, wenig Sinn. Viel wichtiger ist die Frage, wie wir es schaffen können, mit der steigenden Belastung am Arbeitsplatz umzugehen. Hier erscheint mir ein betriebliches Stressmanagement, das Stressfaktoren offenbart und gleichzeitig Lösungsansätze zu deren Bewältigung aufzeigt, der bessere und der richtige Weg; denn durch die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Mitarbeiter löst man Probleme besser als durch bürokratische Regulierungen.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, die Stärkung der Gesundheit bei der Arbeit ist ein wichtiges Gebot sozialer Verantwortung. Gesunde Mitarbeiter in gesunden Unternehmen sind das Ziel eines ganzheitlichen, physische und psychische Belastungen umfassenden betrieblichen Gesundheitsschutzes. Lassen Sie uns dieses Ziel gemeinsam verfolgen. Der Änderungsantrag der CDU bietet hierfür eine gute Grundlage.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Gute Arbeit – Gesunde Arbeit“ ist das zentrale Thema der heutigen Gesellschaft, das bei uns auf verschiedenen Ebenen diskutiert wird. Wir haben beim letzten Mal dieses Thema hier im Plenum, aber auch anschließend mit den Expertinnen und Experten im Sozialpolitischen Ausschuss behandelt. Wir hatten allgemein Konsens darüber, dass Arbeit ein zentraler wichtiger Faktor für ein selbstbestimmtes Leben ist. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir dieses Thema weiter behandeln und auch weiter an ihm dranbleiben.