Protocol of the Session on February 20, 2014

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kann mir bitte einer in diesem Saal erklären, was diese hiesige Landesregierung und Herr Hering dazu beigetragen haben, dass es so gekommen ist?

(Glocke der Präsidentin)

Das würde mich sehr interessieren. Vielleicht sind sie auch deshalb hierhergekommen, weil die Rahmenbedingungen in den kommunalen Bereichen besser sind. Dann fragen wir einmal, warum diese Rahmenbedingungen dort besser sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Steinbach hat das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Baldauf, nehmen Sie Platz, und hören Sie zu.

(Zurufe von der CDU)

Ich bitte nur darum, dass er meinen Argumenten zuhört, das tut er bestimmt auch gerne. Ich wollte mich auf das Beispiel Opel konzentrieren.

(Weitere Zurufe von der CDU – Frau Klöckner, CDU: Eine Arroganz!)

Jetzt regen Sie sich doch nicht gleich so auf! Das ist ja furchtbar. – Das ist ein Hühnerhaufen!

Mein lieber Herr Baldauf, wenn Sie das Beispiel Opel anbringen, muss ich Ihnen schon sagen, weshalb Herr

Hering zu Recht auf dieses Thema rekurriert. In der Zeit, als es General Motors nicht ganz so gut ging und als auch Opel ziemlich in der Krise steckte, gab es ein gemeinsames Auftreten der Länder und des Bundes zur Rettung von Opel. Dazu gab es einige Initiativen.

Ich kann Ihnen sagen, wer sich dabei nicht durchgesetzt hat: Ihr Unionsfreund, Herr Freiherr von und zu und der ehemalige Wirtschaftsminister dieses Landes. Sie haben sich nicht durchgesetzt, deshalb gab es eine Sicherung für Opel, und deswegen wurden Standorte wie Rüsselsheim und Kaiserslautern erhalten. Das ist der Unterschied von Wirtschaftspolitik, und daran war diese Landesregierung nicht allein, aber doch maßgeblich mit beteiligt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir können über vieles reden, und es hat vieles etwas mit Perspektive zu tun. Wir sollten über Existenzgründungen reden. Wir sollten über Unternehmensansiedlungen intensiver reden und darüber, was man dafür tun kann. – Aber so ganz erfolglos scheint die Landesregierung, ehrlich gesagt, dabei nicht zu sein.

Wir können und wir müssen über Innovation, über Innovationspolitik und über entsprechende Programme reden. Aber Sie haben auch gesagt, das alles habe zu viel mit Infrastruktur zu tun. Daher möchte ich noch auf einen Punkt klar hinweisen. Wir haben in Rheinland-Pfalz das dichteste Straßennetz in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist eine wichtige Voraussetzung, und unsere Aufgabe besteht darin, diese Infrastruktur zu erhalten und zu sichern. Das ist unsere wesentliche Aufgabe. Deswegen verabschieden wir uns von Ihren Tagträumereien und von Ihrer Wünsch-dir-was-Politik und betreiben realistische Politik für die Unternehmen vor Ort. Das ist unsere wirtschaftspolitische Aufgabe, und das verstehe ich unter unaufgeregt, lieber Herr Baldauf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wenn Sie das Thema Breitband ansprechen – wir sind derzeit nicht dabei, schönzufärben –, dann sprechen Sie einen wichtigen Zukunftsbereich an. Das ist vollkommen richtig, und darin möchte ich Ihnen nicht widersprechen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich möchte Ihnen auch nicht widersprechen, dass in diesem Punkt noch Handlungsbedarf besteht, mein lieber Herr Baldauf. Aber Sie müssen sich schon einmal fragen, wie sich in diesem Land mit seinen ländlichen Strukturen der Bund aufführt und was der Bund ankündigt, was der Bund in diesem Punkt nicht verspricht und weshalb diese Infrastruktur nicht im Wesentlichen auch eine Bundessache ist. Ich glaube, darüber sollten wir auch noch einmal intensiv diskutieren. Aber das sind die Themen der Zukunft, da haben Sie recht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Steinbach.

Wir kommen nun zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Aktuelle Meldungen über mangelnde Sicherheit und neue Störfälle im Atomkraftwerk Cattenom“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3311 –

Frau Kollegin Nabinger hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Auslöser für die heutige Aktuelle Stunde ist wieder einmal die anhaltende Serie von Pannen, Zwischenfällen und Störfällen im grenznahen französischen Atomkraftwerk Cattenom. In den letzten Wochen und Monaten haben uns Nachrichten über fehlende Brandschutzeinrichtungen, mangelhafte Elektrik, unsichere Notfallgeneratoren, unzureichende Erdbebensicherheit und die Risiken bei Hochwasser oder einem Flugzeugabsturz immer wieder die Sicherheitsrisiken des AKW Cattenom vor Augen geführt.

Trotz der betriebsfreundlichen Gestaltung des MinimalEU-Stresstests fiel das Ergebnis für Cattenom mit der Note mangelhaft aus. Gerade erst letzte Woche wurde bekannt, dass die Hüllen der Brennelemente in Cattenom von Korrosion in bedenklichem Maße betroffen sind. Bei Störfällen und vor allen Dingen bei einer Schnellabschaltung können verrostete und rissige Brennstoffhüllen zur großen Gefahr werden. Daher ist es gut zu wissen, dass es in Cattenom seit Inbetriebnahme im Jahr 1986 nur zu über 850 meldepflichtigen Ereignissen gekommen ist. – Ja, meine Damen und Herren, das ist durchaus Galgenhumor; denn bei einem Super-GAU in Cattenom sind wir in Rheinland-Pfalz direkt betroffen.

Es ist daher richtig und wichtig, dass Frau Ministerpräsidentin Dreyer und Frau Ministerin Lemke im Dialog mit den französischen Kollegen bleiben. Gerade durch Veranstaltungen wie dem geplanten Energiegipfel der Großregion im März in Trier kann dieser Dialog gestärkt werden und unsere französischen Nachbarn für die Risiken der Atomkraft und die berechtigten Ängste unserer Bürgerinnen und Bürger sensibilisiert werden.

Es ist der Kern guter Freundschaft, dass man Konflikte austrägt, und Cattenom ist nun einmal ein Streitpunkt zwischen uns und unseren französischen Nachbarn. Hilfreich wäre es sicherlich, wenn wir hierbei endlich die Unterstützung vonseiten der Bundesregierung erhalten würden; doch leider versteckt sich die neue Bundesregierung auch weiterhin hinter dem Argument, dass der Umgang mit Atomkraft eine rein nationale Angelegenheit sei.

Atommeiler dürfen aber nicht einzig die Angelegenheit der Länder sein, in denen sie stehen. Sie gehen uns alle an.

Warum, meine Damen und Herren, sollte das bei Cattenom nicht machbar sein, was beim AKW Fessenheim möglich ist? – Ja, Fessenheim ist alt. Fessenheim ist störanfällig, aber all das ist Cattenom auch. Warum wird dann Fessenheim im Jahr 2016 stillgelegt und Cattenom nicht? – Weil es eine politische Entscheidung gewesen ist und nicht eine rein technische oder juristische. Der Ball liegt also bei Frau Bundeskanzlerin Merkel, ernst gemeinte bilaterale Gespräche mit Frankreich zur schnellstmöglichen Abschaltung von Cattenom aufzunehmen.

Zum Gelingen dieser bilateralen Gespräche würde es natürlich beitragen, wenn Energiekommissar Oettinger, der Parteikollege von Frau Bundeskanzlerin Merkel und Frau Klöckner – die momentan leider nicht anwesend ist –, nicht weiterhin versuchen würde, die Renaissance der Atomenergie auf europäischer Ebene zu betreiben. Anders als eine Renaissance der Atomenergie kann man die kürzlich vorgestellten Vorschläge für die EUKlima- und Energiepolitik nämlich nicht verstehen.

Tatsächlich sieht der Vorschlag der EU-Kommission vor, dass europaweit Atomkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 104 Gigawattstunden gebaut werden. Das entspräche 69 neuen Atommeilern in Europa. Dabei schönt Oettinger einmal wieder die Zahlen zugunsten der Atomkraft; denn der EU-Vorschlag unterschätzt systematisch die Chancen der erneuerbaren Energien, setzt aber die Kosten hierfür durchgehend zu hoch an. – Ganz anders bei der Atomkraft: Hier geht die EUKommission von unrealistisch niedrigen Kosten für neue Atomkraftwerke aus. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sind die tatsächlichen Kosten neuer AKW aber fast doppelt so hoch als die von der EU-Kommission angenommenen, und dabei sind die Kosten der Endlagerung und der Haftung noch nicht einmal berücksichtigt worden.

Im Klartext heißt das: Herr Oettinger, CDU, arbeitet an einer Renaissance der Atomenergie in Europa. – Mehr dazu im zweiten Teil.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion der CDU hat nun Herr Kollege Henter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der „Trierische Volksfreund“ titelte in seiner Ausgabe am 15./16. Februar: „Rostige und rissige Rohre werden zum Sicherheitsrisiko“. – Ein interner Prüfbericht über die Korrosion von Brennstoffröhren hatte der „Trierische Volksfreund“ veröffentlicht. – Die Reaktion: Verharmlosung seitens der EdF – das sind wir schon gewohnt –, Warnungen von Experten und Besorgnis und Verunsicherung in der Bevölkerung.

Frau Nabinger, Sie haben die Historie dargestellt, und ich möchte noch auf weitere Punkte hinweisen. Vier Blöcke von je 1300 Megawatt stehen unmittelbar an der Grenze zu Deutschland. Der Betreiber EdF beabsichtigt oder versucht – je nachdem, wie man es formulieren möchte –, eine Laufzeitverlängerung von 40 auf 60 Jahre für das Kraftwerk zu erreichen.

Die Bevölkerung in der Region Trier fühlt sich durch Cattenom verunsichert. Für die Bevölkerung stellt Cattenom eine potenzielle Gefahr dar. Über 800 meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme sprechen, denke ich, eine eindeutige Sprache.

Im „Trierischen Volksfreund“ ist in einer Skizze sehr schön herausgearbeitet, welche Städte in diesem 100Kilometer-Radius liegen: Dies sind zum Beispiel Saarbrücken (60 Kilometer), Trier (60 Kilometer), Luxemburg, Thionville sowie im Raum Trier die ganze Region Bitburg, Konz, Wittlich und Hermeskeil. – Sie alle sind potenziell von Cattenom betroffen.

Wir hatten im Jahr 2013 ein Störfallereignis, nämlich ein Feuer in einem Trafo. Im Jahr 2012 gab es die denkwürdige Geschichte, dass ein Zwei-Euro-Stück großes Ventil an den Zu- und Ableitungsrohren der Lagerbecken für abgebrannte Kernbrennstoffe fehlte.

Frau Nabinger, ich denke, Cattenom ist überhaupt kein Thema, um hier im Landtag Zwist und Streit zu provozieren. Wir haben am 22. März 2012 einen gemeinsamen Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU verabschiedet, der die sofortige und dauerhafte Abschaltung des Atomkraftwerks Cattenom beinhaltete.

Wir haben am 8. November 2012 einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen verabschiedet, Cattenom abzuschalten.

Das Problem ist doch, wer für was zuständig ist. Auf eine gemeinsame Anfrage des Kollegen Schmitt und meinerseits an die Landesregierung vom 6. März 2012 haben wir zur Antwort bekommen: Auch zukünftig wird die Landesregierung alles in ihrer Macht Stehende tun, um dem Ziel einer schnellstmöglichen Stilllegung des Atomkraftwerks Cattenom näherzukommen. – Alles in ihrer Macht Stehende! Das ist doch die Frage, dass die Franzosen entscheiden, ob Cattenom stillgelegt wird oder nicht und wir es nicht beeinflussen können.

Wir können appellieren, wir können Resolutionen verfassen, wir können Gespräche führen, aber leider – ich sage bewusst leider – haben wir nicht die Kompetenz, die Abschaltung herbeizuführen. Frau Nabinger, deswegen macht es überhaupt keinen Sinn, hier Frau Merkel oder Herrn Oettinger anzugreifen. Nebenbei gesagt, der Ausstieg aus der Atomenergie in der Bundesrepublik Deutschland ist unter der Kanzlerin Merkel herbeigeführt worden. Das muss man hier noch einmal betonen.

(Beifall der CDU – Heiterkeit und Zurufe von der SPD – Staatsminister Lewentz: Oh je! Oh je!)

Liebe GRÜNE, das ist eine historische Wahrheit.

Herr Minister Lewentz, ich weiß nicht, warum Sie lachen.