Protocol of the Session on December 12, 2013

Unabweisbar ist allerdings, dass unser preußisch verwurzeltes Schulsystem noch nicht perfekt eingestellt ist auf das, was für die inklusive Schule nötig sein wird. Genau diesen Erfordernissen aber bemühen wir uns, auch in diesem Doppelhaushalt gerecht zu werden.

Wenn wir ihn am Ende des heutigen Plenums beschließen, dann werden wir damit erneut die Weichen für Rheinland-Pfalz in Richtung Inklusion stellen. Inklusion bedeutet für uns mehr als gemeinsamer Unterricht von Kindern ohne und mit körperlicher Beeinträchtigung. Inklusion bedeutet für uns auch mehr als gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne festgestelltem Förderbedarf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für uns ist das Ziel von Inklusion eine schulische Kultur der individuellen Förderung aller Kinder, orientiert an ihren persönlichen Begabungen, Stärken und Schwächen. Es ist klar, dass dieser bildungspolitische Perspektivenwechsel nicht mit dem Bau von ein paar Treppenliften erledigt ist. Dieser Wandel erfordert Veränderungen in nahezu allen Handlungsfeldern, die mit Schule in Verbindung stehen. Vor allem aber erfordert er Veränderungen in der Haltung der Beteiligten. Wichtig bei diesem Wandel ist, dass alle Beteiligten mitgenommen werden sollen, und zwar gerade auch die Pädagoginnen.

Eine zentrale Rolle spielt deshalb die Lehrer- und Pädagoginnenbildung. Die Regierung arbeitet derzeit am ersten Lehrerinnenbildungsgesetz in Rheinland-Pfalz. Es ist getragen vom Leitgedanken der Inklusion. Wir Koalitionärinnen wollen, dass Inklusion in allen Phasen und für alle Schularten der Lehrerinnenbildung Berücksichtigung findet. Dies muss für alle Bereiche pädagogischen Handelns gelten, vor allem auch für die Fachdidaktik.

Neue pädagogische Konzepte erfordern nicht nur neue Schwerpunktsetzungen im Lehramtsstudium und in der Vorbereitungsphase, sondern auch im Bereich der Fort- und Weiterbildung der bestehenden Kollegien. Hier wird mit dem kommenden Doppelhaushalt mit einem Aufwuchs bei den Fortbildungsbudgets ein wichtiges Signal gesetzt. Das ist ganz anders, als Sie das interpretieren, Frau Dickes.

Zukünftig können nicht mehr nur Ganztagsschulen über ein eigenes Fortbildungsbudget verfügen, sondern auch die Schwerpunktschulen, die zukünftigen Förder- und Beratungszentren sowie die beruflichen Schulen – Frau Brück hat es ausgeführt –, die nicht EQuL-Schulen sind. Wir stärken damit Schulen, die sich auf den Weg machen, sich pädagogisch weiterzuentwickeln, und die ihre Lehrkräfte stärken möchten für die Inklusion und die damit verbundenen Herausforderungen.

Zuverlässig haben Sie wieder „100 plus x“ zum Thema „Unterrichtsversorgung“ angeführt, Frau Dickes. Diese Forderung finde ich, offen gesprochen, entlarvend. Es ist für die Ministerin und für uns in der Koalition gar keine Frage, dass der Beruf der Lehrerinnen mit noch viel mehr Wertschätzung ausgestattet werden muss, als das in unserer Gesellschaft der Fall ist. Natürlich ist allen klar, dass alle Schulen in allen Zweigen, explizit auch die

Berufsschulen, mit ausreichend Personal ausgestattet sein müssen, um die Belastungen für jeden einzelnen Pädagogen, jede einzelne Pädagogin im Rahmen zu halten, der ein sinnvolles Arbeiten mit den Schülerinnen ermöglicht. Wir haben schon viel erreicht. Die Klassenmesszahlen sind abgesenkt worden. Aber es muss weitergehen.

Der Verstetigung dient dabei der Vertretungspool, dessen weiterer Ausbau im Doppelhaushalt abgebildet ist. Bettina Brück hat es schon ausgeführt. Er eröffnet die Möglichkeit, Unterrichtsausfall gezielt zu reduzieren, und sorgt für verlässliche Einstellungssituationen für Berufseinsteigerinnen.

Entlarvend ist die Dauerforderung – ich habe es schon gesagt –, die formalistisch ist. Sie ist so weit weg von aller Pädagogik. Sie ist ein Zeichen der bildungspolitischen Ahnungslosigkeit, die Sie, Frau Dickes, an den Tag legen. Damit können Sie bildungspolitisch nicht weit kommen, wenn es darum geht, endlich die Individualisierung von Lehren und Lernen zu organisieren, damit alle Schülerinnen zu ihrem Recht auf individuelle Förderung kommen.

In der Theorie haben Sie es schon angesprochen. Wir wollen individuelle Förderung. In der Praxis müssen wir doch noch ein bisschen streiten. Darum schlage ich Ihnen allen in diesem Hohen Haus für die zweite Hälfte der Legislaturperiode vor, dass wir uns gemeinsam auf die Qualität von Bildung konzentrieren, auch wenn das schwieriger ist, als nur Statistiken abzubilden und über Statistiken zu reden.

Der Bildungsausschuss wird sich dazu auf den Weg machen. Ich freue mich auf die gemeinsamen Besuche in Schulen mit guten Beispielen.

Werfen wir einen Blick auf einen weiteren bildungspolitischen Schwerpunkt des Haushalts, die Sprachförderung. Ein Verständnis von Inklusion, das individuelle Förderung von Kindern in den Blick nimmt und nicht mehr auf der Einteilung der Kinder in Kategorien beharrt, muss auch die Möglichkeiten der Sprachförderung in den Blick nehmen. Dem tragen wir im Doppelhaushalt Rechnung. Inklusion bedeutet auch hier, Anerkennung von Vielfalt als Reichtum. Wenn ein Kind aus einer Familie eine andere Sprache mitbringt, weshalb sollten wir es dann nicht stark machen, diese besonders gut und richtig zu lernen? Den Schulen in Rheinland-Pfalz steht dafür ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung, um in Zusammenarbeit mit ADD, Volkshochschule, Pädagogischem Landesinstitut und anderen Akteuren in Bildung und Weiterbildung flexibel auf Sprachdefizite einzugehen. Es ermöglicht insbesondere auch Kindern mit Migrationshintergrund eine bilinguale Bildung. Damit werden auch die Voraussetzungen für das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache verbessert.

Welche bildungspolitischen Schwerpunkte hat die Opposition im Doppelhaushalt gesetzt? Eines wurde klar, Sie haben bislang schlicht nicht verstanden, worum es bei Inklusion überhaupt geht. Die in vielen Punkten sachlich falschen Entschließungsanträge der CDU zum Thema „Bildung“ sprechen hier Bände. Sie fordern zum Beispiel die rechtliche Gleichstellung der Integrierten Gesamt

schulen mit den Realschulen plus, ohne dabei auch nur über die Rolle des Gymnasiums nachzudenken. Das zeigt, Sie hängen verbissen am überkommenen Schulsystem, das bestimmte Kinder aus bestimmten Elternhäusern privilegiert. Diese Haltung tritt auch dann deutlich zu Tage, wenn Sie den Versuch starten, kostenfreie Bildung in Rheinland-Pfalz abzuschaffen. Diesmal haben Sie, wie schon häufiger, wieder auf die freie Schülerinnenbeförderung geschaut und es darauf abgesehen, hier eine Staffelung der Elternbeteiligung einzuführen. Das war schon an anderer Stelle so, wo Sie billige Klischees bemüht haben wie den allzeit beliebten Bummel- und Langzeitstudenten.

Es passt ins Bild, blindwütig die Umsetzung der Inklusion, so wie wir sie uns vorstellen, zu sabotieren, aber vielleicht kommen wir im weiteren Gespräch darauf. Für uns ist Bildung jedenfalls Daseinsfürsorge. Im Grunde ist der Staat dafür zuständig, das heißt, Bund, Land und Kommunen müssen gemeinsam dafür die Verantwortung übernehmen. Zu anderen Aspekten komme ich nachher.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Gäste im Landtag, und zwar den Männergesangsverein aus Dünebusch. Herzlich willkommen im Landtag zu Mainz!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Frau Kollegin Schäfer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hochschullandschaft verändert sich seit Jahren. Wir haben einen enormen Anstieg der Studierendenzahlen mehr denn je, aber ohne dass die finanziellen Ressourcen in vergleichbarer oder ähnlicher Weise angepasst wurden. Die Hochschulen haben sich darauf sehr positiv eingestellt. Ein Dank geht an die Universitäten, die Fachhochschulen, die Forschungseinrichtungen und die Studierendenwerke. Sie arbeiten mit einem besonders großen Engagement und mit sehr guten Erfolgen trotz schwieriger Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren, die zentrale Frage bleibt weiterhin: Wie können wir dazu beitragen, dass sich die Rahmenbedingungen verbessern, die Hochschulen Spiel- und Freiräume zum Handeln haben, sie ihre inhaltlichen Schwerpunktbildungen leben können, sie eine ausreichend angemessene Grundausstattung haben, die Räumlichkeiten ausreichen und das Personal in angemessenem Maße vorhanden ist, um den Studierenden die passenden Angebote machen zu können?

Wo liegen die Probleme, wo liegen die Baustellen, wo ist der Handlungsbedarf? Die Hochschulpräsidenten haben

uns bestätigt, dass die Grundfinanzierung auskömmlich sein muss und sie es in besonderer Weise nicht ist. Der reguläre Lehr- und Forschungsbetrieb muss ausreichend finanziert sein. Wenn man sich einmal die Wirtschaftspläne im Einzelnen anschaut, sieht man auch, wo es einen besonderen Bedarf gibt. Das reicht von den gestiegenen Energiekosten, den Mietkosten über den Bereich des Personals hinweg. Es ist klar, dass die Studierenden-/Betreuersituation verbessert werden muss. Notwendige bauliche Erweiterungen müssen angegangen werden. Trotz der erfolgten Baumaßnahmen der letzten Jahre gibt es noch viele notwendige Maßnahmen, auf die die Hochschulen dringlich warten.

Es bedarf eines preisgünstigen Wohnraums für die Studierenden. Das ist auch klar. Je mehr Studierende es gibt, desto mehr bezahlbaren Wohnraum brauchen wir. Die Kinderbetreuung ist für Studierende ein zunehmend wichtiges Thema.

Nicht zuletzt möchte ich auch die Bibliotheken nennen, selbstverständlich die Ausstattung, aber auch die Öffnungszeiten, die sich in den letzten Jahren sehr stark ausgeweitet haben, die zum Teil rund um die Uhr offen sind.

Die CDU-Fraktion hat eine Initiative eingebracht, damit diese Rahmenbedingungen verbessert werden können. Sie lehnt sich an das an, was wir bereits an anderer Stelle gefordert haben und was für die Zukunft beziehungsweise die nächsten Jahre einfach notwendig ist. Die Hochschulen brauchen eine Verbindlichkeit. Sie brauchen Planungssicherheit für eine langfristige Strategie, damit sie wettbewerbsfähig sind. Das ist ein ganz zentraler Aspekt.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen deshalb, dass es notwendig ist, damit man mit Blick auf eine nachhaltige Finanzierung eine Verbindlichkeit hat. Deswegen sollen unseres Erachtens Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Hochschulen geschlossen werden, die auf einen längeren Zeitraum hin – wir denken, fünf Jahre sind angemes- sen – ausgerichtet sind. Wir haben darüber auch mit den Hochschulpräsidenten gesprochen, die auch sagen, dass das der richtige Weg wäre.

Das Sonderprogramm „Wissen schafft Zukunft II“ soll in den Haushalt integriert werden. Auch das ist eine dauerhafte Forderung von uns, weil wir sagen, dass es hier zu einer transparenten Gestaltung kommen muss.

Ein weiterer Aspekt, der in unserer Initiative steckt, ist, dass im Rahmen der dritten Programmphase des Hochschulpakts darauf geachtet werden soll, dass die Mittel an die tatsächlichen Kosten eines Studienplatzes angepasst und stärker am Profil der Hochschule orientiert werden.

Wir sind dafür, dass die Langzeitstudiengebühren wieder eingeführt werden. Zwei Dinge sind uns noch ebenso wichtig. Den Hochschulen soll eine eigenverantwortliche Personalbewirtschaftung im Bereich der tariflich Beschäftigten über den Stellenplan hinaus ermöglicht werden, und – das haben uns die Hochschulpräsidenten in

den Gesprächen auch immer wieder mit auf den Weg gegeben – die Wertgrenzen für eigenverantwortliche Baumaßnahmen sollen angehoben werden. Es ist ganz entscheidend wichtig, dass sie in die Lage versetzt sind, kleinere Baumaßnahmen zügig auf den Weg zu bringen, ohne dass es großen Zeitverlust gibt.

Wichtig ist, den Bund bei der Finanzierung ins Boot zu holen. Der Bund unterstützt seit Jahren die Länder im Hochschulpakt mit einer 50 %igen Förderung. Das ist positiv. Positiv ist auch, dass im Landeshaushalt zusätzlich 100 Stellen eingestellt sind. Sie sind als ein erster Schritt benannt. Das ist gut und auch richtig für eine Planungssicherheit der Hochschulen; denn bisher war es so, dass es gerade durch die unbefristeten Stellen nicht möglich ist, dass man wirklich nachhaltig in bestimmte Themen hineingehen kann.

Das wird zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Allerdings wüssten die Hochschulen natürlich gern, ob bzw. wie sie von diesem zusätzlichen Kontingent profitieren. Ich weiß nicht, ob das in den letzten Wochen erfolgt ist. Es ist aber nachvollziehbar, dass die 100 angekündigten Stellen mental schon längst in den Hochschulen verteilt sind. Natürlich sind die Erwartungen da sehr groß.

Meine Damen und Herren, besser ausfinanziert werden müsste ganz dringend die Universitätsmedizin Mainz. Hier darf nicht gekürzt werden. Die Universitätsmedizin schreibt rote Zahlen. Sie braucht unsere Unterstützung. Deswegen haben wir eine Aufstockung des Etats beantragt.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen gibt es seit dem vergangenen Jahr eine Initiative auf Bundesebene, die noch von der damaligen Landesministerin Wanka angestoßen wurde, die dahin geht, dass es eine bessere Ausfinanzierung aller Universitätsklinika geben muss und hier die Möglichkeiten geschaffen werden, dass tatsächlich zusätzliche Mittel der Länder dorthin kommen. Da ist es wichtig, dass auch Rheinland-Pfalz mit im Boot ist. Darüber haben wir bereits im Ausschuss gesprochen.

Ich komme zum Thema „Familienfreundliche Hochschulen“. Die Studierendenwerke leisten hier eine hervorragende Arbeit trotz zurückgehender finanzieller Unterstützung durch das Land. Der Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wundert uns etwas, weil ihm nämlich die Substanz fehlt;

(Frau Schneider, CDU: Wie bei allem!)

denn die Forderung nach der Weiterentwicklung familienfreundlicher Studien- und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen – etwa durch weitere Kinderbetreuungsplätze – ist richtig und auch wichtig. Nur hat sich das Land da zunehmend aus der Verantwortung gezogen, wenn sie einmal die Haushalte der Studierendenwerke der letzten Jahre vergleichen.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu möchte ich ein Beispiel anführen. Wenn man einmal zum Beispiel das Studierendenwerk Kaiserslau

tern sieht, so hat dies eine Kindertagesstätte aus dem Konjunkturpaket II – das ist der Bund – mit über 1 Million Euro gebaut. Man schaut also, dass man die notwendigen Finanzierungen auch aus anderen Programmen bekommt.

Ein weiteres Beispiel für eine Verschlechterung der Bedingungen für die Studierendenwerke ist etwa, dass die Essenszuschüsse immer weiter heruntergefahren werden müssen. Das ist nicht wirklich sozial.

Auch in der Frage der Wohnheime geht der Weg weg von den Finanzierungen, den direkten Zuschüssen, über den Weg der Zinszuschüsse über die ISB. Es nutzt nichts, wenn die nicht deutlich niedriger sind als die Zinsen, die auf dem Markt gezahlt werden. Das bringt letzten Endes die Studierendenwerke nicht weiter.

Ich möchte jetzt noch einiges zum Thema „Weiterbildung“ nach dem Haushalt sagen, den wir vor uns liegen haben. Wir begrüßen, dass die Initiativen zur Alphabetisierung weiter ausgebaut werden. Hier besteht ein großer Bedarf. Sehr deutlich hat auch die Level-OneStudie gezeigt, dass unter anderem eine verstärkte Zuwanderung aus ehemals deutschsprachigen Gebieten verstärkt den Handlungsbedarf in diesem Bereich erklärt. Die Abschlussveranstaltung zum AlphaNetz in diesem Jahr hat deutlich gemacht, dass ein guter Anfang der Alphabetisierungsmaßnahmen gemacht ist.

Grundsätzlich brauchen die vielfältigen Träger der Weiterbildung in Rheinland-Pfalz, die eine verlässliche und gute Weiterbildungsarbeit leisten, weiter eine verlässliche Grundfinanzierung durch das Land; denn Drittmittelprojekte können immer nur ein Zubrot sein, dürfen aber niemals Voraussetzung für eine flächendeckend verlässliche Weiterbildung sein.