Protocol of the Session on December 12, 2013

Das Wort hat Frau Kollegin Brück.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Dickes, Sie verkennen die Realität. Wenn man Ihnen zuhört, so könnte man meinen, es herrscht in Rheinland-Pfalz eine bildungspolitische Katastrophe. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.

Jüngste Bildungsuntersuchungen im Ländervergleich zeigen, wir mischen ganz oben in der Spitzengruppe mit. Bildung hat bei uns oberste Priorität. Das zeigt sich auch in diesem Haushalt; denn trotz Schuldenbremse wächst der Bildungshaushalt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit legen wir eine gute Grundlage für die weitere Zukunft. Die Bildungsausgaben pro Schülerin und Schüler steigen kontinuierlich an.

Wenn ich Ihren Ton und Ihre Aussagen so höre – bitte verzeihen Sie mir es, aber das ist mein persönlicher Eindruck –, bin ich ganz froh, dass die Kinder in diesem Land von Ihnen als Lehrkraft verschont geblieben sind.

(Vereinzel Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Es ist uns wichtig, eine gebührenfreie Bildungskette von der Kita bis zur Hochschule zu haben. Bildung darf für uns nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Da haben wir politische Maßstäbe gesetzt. Das wird auch so bleiben.

Die von der CDU geplante Mehrbelastung der Eltern bei der Schülerbeförderung und den Kita-Gebühren lehnen wir ab. Komischerweise haben Sie dazu gar nichts gesagt.

Was ist uns in diesem Haushalt wichtig? Uns ist eine gute Unterrichtsversorgung – diese hat weiter Priorität – über die Pflichtstundentafel hinaus auch zur individuellen Förderung und Profilbildung von Schulen wichtig. Die Legendenbildung, die Sie hier führen, ist vollkommen daneben.

Wir danken unseren engagierten Lehrerinnen und Lehrern ganz eindeutig für ihre Arbeit, die jeden Tag von morgens bis abends im Sinne der Bildung für unsere Kinder im Land gemacht wird.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz der sinkenden Schülerzahlen ist der Ansatz weiter bedarfsgerecht hoch bei gleichzeitiger Einhaltung des Abbaupfades. Ja, das tut uns weh. Es ist heftig, dass wir 2.000 Lehrerstellen bis zum Ende der Legislaturperiode abbauen müssen. Aber das ist die Hälfte von dem, was der Landesrechnungshof uns vorrechnet oder was auch schon Kollegen aus Ihrer Fraktion gesagt haben.

Deshalb ist es sehr verantwortungsvoll und mit maßvollem Auge gemacht.

Trotzdem gelingen uns wichtige Maßnahmen, zum Beispiel der Ausbau des Vertretungslehrerpools um 500 Stellen auf dann 800 Stellen am Ende des Doppelhaushalts. Das ist ein Beitrag für die Zukunftsperspektive der jungen Leute. Damit sichern wir gleichzeitig die Unterrichtsversorgung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die sicher unbestreitbar größte Aufgabe in dieser Wahlperiode ist die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Inklusion in allen unseren Schulen voranzutreiben, ist eine Aufgabe, die uns alle angeht. Die Schulgesetznovelle mit dem vorbehaltlosen Elternwahlrecht ist in Vorbereitung und wird zum kommenden Schuljahr in Kraft treten.

Dazu werden wir in den nächsten Jahren 200 zusätzliche Lehrerstellen mit sonderpädagogischem Förderbedarf vorsehen.

Ausgewählte Schulen werden sich zu Förder- und Beratungszentren weiterentwickeln.

Leider pflegt die CDU in ihrem Entschließungsantrag wieder alte Vorurteile, wie – ich zitiere aus dem Antrag – „vereinheitlichende Lösungen per Dekret“. Was soll das denn bitte schön sein? Noch einmal an die CDU: Wahlfreiheit bedeutet, dass Eltern selbst entscheiden und wählen können, wo ihr Kind unterrichtet werden soll, an einer Förderschule oder an einer Regelschule. – Dazu braucht man beide Schularten, das möchte ich noch einmal betonen.

Selbstverständlich liegt uns jedes einzelne Kind am Herzen. Nie ist in diesem Haus irgendetwas anderes erwähnt worden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit wir zeigen, dass wir es auch ernst meinen, gibt es ab dem nächsten Doppelhaushalt für alle Schulen, die sich pädagogisch weiterentwickeln, ein Fortbildungsbudget von bis zu 1.500 Euro jährlich, mit dem sich Schwerpunktschulen, Ganztagsschulen, berufsbildende Schulen und Förder- und Beratungszentren individuell die benötigte Fortbildung beim Pädagogischen Landesinstitut oder einer sonstigen Einrichtung finanzieren können. Das wird den engagierten Lehrkräften eine große Unterstützung sein und sich positiv auf die inneren Schulentwicklungsprozesse auswirken.

Das ist besonders auch für den Weg der Inklusion bei Schwerpunktschulen und Förder- und Beratungszentren wichtig. Lehrkräfte benötigen Beratung und Unterstützung in diesem Prozess und fordern sie auch zu Recht ein. Aber wichtig ist es doch auch besonders für die berufsbildenden Schulen, die nicht am Projekt EQuL teilnehmen, um Eigenverantwortung, Qualitätsmanagement und Lernkultur zu etablieren. Bisher konnten nur die Ganztagsschulen von diesem Fortbildungsbudget partizipieren. Künftig werden wir dies breiter in der Flä

che machen. Für rund die Hälfte aller rheinlandpfälzischen Schulen wird es zur Verfügung stehen. Wir haben dazu einen Entschließungsantrag gemacht.

Wenn ich dann sehe, was die CDU zum Thema „Bildungspolitik“ Neues hat, muss ich sagen: Da ist nichts. In der Presse haben sie groß angekündigt, diesmal 700 zusätzliche Lehrer vorübergehend neu einzustellen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Vorübergehend!)

Vorübergehend, was heißt das denn? Haben Sie nicht gerade Vertretungsverträge angeprangert? Wenn Sie sie vorübergehend einstellen wollen, wie wollen Sie sie denn dann einstellen, gleichzeitig wissend, dass man allein über mehr Lehrer nicht mehr Unterrichtsversorgung generiert und die Schülerzahlen sinken und in Zukunft weniger Lehrkräfte benötigt werden?

Bezahlen wollen Sie das mit dem Griff in die Taschen der Eltern von Schülerinnen und Schülern, die mit dem Bus zur Schule fahren müssen. Das wollen wir nicht. Da ist bei uns Bildungsgerechtigkeit angesagt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen keine Schranken um die Bildung machen.

Ich sage noch einmal, wir nutzen auch die rückgehenden Schülerzahlen, um pädagogische Verbesserungen zu erreichen, zum Beispiel die Senkung der Klassenmesszahl: Grundschule 24 Kinder, Orientierungsstufe dann künftig für alle Schularten 25 Kinder. Wir nutzen sie, um mehr individuelle Förderung zu machen.

Zur Bildungsgerechtigkeit gehört für uns, dass wir unser gutes System an Ganztagsschulen weiter ausbauen. Das ist anerkannt und wird von den Eltern, von den Kommunalpolitikern, von den Schulträgern und von den Schulen gewünscht.

Darüber hinaus fördern wir auch die betreuenden Grundschulen, auch ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur Bildung unserer jungen Leute.

Was die Berufsorientierung angeht, so werden wir diese weiter auch in allen Schularten verstärken, auch in den Gymnasien ist das wichtig. Für uns ist das duale System unerlässlich. Es ist gut, dass es in der sozialpädagogischen Begleitung durch die Schulsozialarbeit gerade im BBS-Bereich in diesem Bildungshaushalt auch noch Möglichkeiten gibt, eventuell dort, wo es nötig ist, etwas dazuzutun.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wollen Sie? Die CDU will wieder einmal die Mittel für den Herkunftssprachenunterricht streichen und die AQS abschaffen. Das geht mit uns nicht. Das wollen wir nicht, weil uns Schulqualität wichtig ist. Wir brauchen beides.

Frau Dickes, in Ihrem Entschließungsantrag steht alles, was schon einmal in den letzten Jahren im Plenum als Antrag gewesen ist. Das haben wir alle abgelehnt. Es ist

nicht sehr einfallsreich, und wir werden es auch weiter ablehnen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sind Legendenbildungen und Punkte, die wir zum Teil ohne CDU längst verwirklicht haben. Vorurteile werden gepflegt. Vieles ist vollkommen konträr zu unserer politischen Haltung, und manches ist schlichtweg falsch. Keine Zukunftsperspektive, tut mir leid!

Wir wollen stattdessen die Medienkompetenz weiter ausbauen. Das steht im Mittelpunkt und ist mittlerweile die vierte Kulturtechnik. Wir begrüßen ausdrücklich den Einsatz von 3 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre. Auch dazu haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Abschließend möchte ich sagen, wir werden auch in Zukunft für qualitative pädagogische Verbesserungen im rheinland-pfälzischen Bildungssystem sorgen und sozial gerechte und gute Startchancen für unsere Menschen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft schaffen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Kollegin Ratter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache zunächst eine Vorbemerkung. Ich kann nicht verhehlen, dass ich bei der Lektüre der CDU-Anträge verblüfft war. Mir schien es, als habe sich die Union vorgenommen, uns Bildungspolitikerinnen auf unsere ideologischen Vorbehalte hin abzuklopfen. Siehe da, Sie sind fündig geworden. Resultat, lauter ideologisch motivierte Ansätze in der Bildungspolitik von Rheinland-Pfalz. Worin besteht dieser vermeintliche ideologische Bildungsansatz?

Ich verweise zunächst einmal auf die rechtliche Lage. Sie wurde ausgeführt, Bildung ist Menschenrecht, besagt Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Deren Erweiterung durch Artikel 13 des UNO-Pakt I und Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention verpflichten uns auf Umsetzung eines gleichberechtigten Bildungszugangs für alle Kinder.

Liebe Frau Dickes, wir sind überführt, der Ideologie „Inklusion“ anzuhängen, die Individuen ausnahmslos als bildsam und gleichwertig begreift. Für die Erfolge einer inklusiven Bildung an „Schulen für alle“ stehen Beispiele wie die Laborschule Bielefeld, die Sophie-Scholl-Schule in Gießen, die Schule Berg Fidel in Münster und viele andere – auch zunehmend in Rheinland-Pfalz.