Protocol of the Session on November 7, 2013

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sind Monologe!)

Vielen Dank, Frau Präsidentin!

Die Studie sagt weiterhin, 81 % verlassen dann wiederum das Bundesland ihres Studiums, weil sie einen Wunsch nach Heimatnähe haben. Sie wollen wieder zurück zu ihren Freunden und Familien. Das hieße also, wir haben jetzt 50 % Studierende, die angeblich wieder gehen wollen, aber 81 % von denen wollen wieder zurück nach Hause. Demzufolge würden wir rechnerisch 40 % an Studierenden importieren. Das tun wir aber nicht. Rheinland-Pfalz ist erfreulicherweise schon seit Anfang der 2000er- Jahre Importland für Studierende, aber nicht von 40 %. Da widerspricht sich die Studie selbst. Das ist Ihnen aber egal, weil Sie hier eine ganz andere Botschaft setzen wollen. Also befinden wir uns jetzt folgerichtig in einem super Mittelfeld.

Liebe CDUler, wenn Sie sich jetzt die Studie zu eigen machen wollen, dann haben Sie einen begrüßenswerten Prozess durchlaufen; denn in der Studie gibt es ein Ranking, was pro Kopf für den Studenten ausgegeben wird. Da liegen wir auf Platz 7. Das hören wir sonst immer ganz anders. Sonst haben wir immer die rote Laterne.

(Zuruf des Abg. Brandl, CDU)

Vielen Dank, Herr Brandl. Diese Studie ist im Übrigen von einer Zeitarbeitsfirma auf den Weg gebracht worden, die 300.000 Studierende beschäftigt. Warum macht sie das? – Weil es eine demografische Entwicklung gibt – das schreiben sie auch in ihrer Studie –, weil es einen Wegfall der Wehrpflicht gibt und weil wir das Problem mit G8 haben. Von daher kann ich Ihnen nur sagen, Mobilität im Hochschulbereich ist erwünscht. Wir sollten sie unterstützen. Wir brauchen sie für unsere Wissenschaftslandschaft.

(Baldauf, CDU: Kommen Sie einmal zum Thema!)

Schauen Sie einmal, Herr Mittrücker hat in Erlangen studiert, Frau Kohnle-Gros hat in Mannheim studiert, Herr Biebricher hat in Bonn studiert, Herr Brandl hat in Karlsruhe studiert, Frau Demuth hat in Bonn studiert, Frau Wieland ist richtig weit gekommen, Freiburg und Wien. Ja was denn, und jetzt alle wieder zurück? Na gut.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie blamieren sich ein weiteres Mal. Sie machen sich nämlich dann auch das Fachkräftemonitoring der Indust

rie- und Handelskammern vollkommen oberflächlich zu eigen.

(Baldauf, CDU: Glauben Sie das alles?)

Worum geht es denn eigentlich bei diesem Fachkräftemonitoring? Haben Sie es einmal genau angeschaut? Auch da beschäftigt man sich mit der Frage, was uns der demografische Wandel für den Arbeitsmarkt bringt. Deswegen hat man eine Untersuchung angestellt. Es ist eine bundesweite Problematik, dass wir einen Fachkräftemangel haben und wir vor allen Dingen einen Fachkräftemangel bei den sogenannten MINT-Fächern haben. Jetzt schauen wir aber einmal in dieser Studie auf die spezifische Situation von Rheinland-Pfalz.

Von 2005 bis 2012 hat die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in RheinlandPfalz um 10,2 % zugenommen. Im Gegenzug hat die Arbeitslosigkeit abgenommen. Sie ist nämlich von 8,8 % auf 5,3 % gesunken. Was heißt das? – Erfolgreiche rotgrüne Wirtschaftspolitik! – Das soll jetzt plötzlich schlecht sein?

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn wir jetzt einmal über den Weckruf reden, den Herr Simon angemahnt hat: Wenn man genau in die Studie hineinschaut, stellt man fest, dass es auch bei den beruflich Qualifizierten einen Mangel gibt. Da gibt es dann zum Beispiel den Hotelbereich.

(Glocke der Präsidentin)

Woran liegt das wohl? – Das hat etwas mit Bezahlung zu tun, und das hat etwas mit Arbeitszeiten zu tun. Der Weckruf an Herrn Simon heißt: Machen Sie sich endlich stark für Mindestlohn!

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Baldauf, CDU: Eines hat es gebracht, ich bin wieder wach!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Heinisch das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde, die hier von der CDU vorgetragen wurde, hat ein bisschen etwas von dem Spielchen: Wenn das Wetter schlecht ist, dann ist die Landesregierung schuld, wenn das Wetter gut ist, dann liegt es daran, dass die Opposition so erfolgreich Druck gemacht hat. –

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU – Frau Klöckner, CDU: Sehr gut! Das musste einmal gesagt werden!)

Aber jenseits solcher Reflexe sollten wir uns, wenn wir politische Schlüsse aus Studien ziehen wollen, einmal ansehen, welche Daten in diesen Studien enthalten sind, wie diese Daten erhoben wurden und welche Schlüsse man sinnvoll aus diesen Daten ziehen könnte. Dann kommen wir vielleicht auch in einen rationalen Diskurs jenseits solcher Reflexe von den Oppositionsbänken. Dann müssen wir uns in dieser Studie einmal anschauen, was das für Daten sind. In dieser Studie wurde abgefragt: Wo würden Sie gerne arbeiten, wenn sie ihren Abschluss gemacht haben? –

Da ging es nicht um ein konkretes Jobangebot. Da ging es nicht um eine konkrete Firma. Da wurde gefragt: In welchen Städten oder in welchen Bundesländern wollen Sie arbeiten? – So ist es aufgeschlüsselt. Da kamen Ergebnisse heraus – überraschend – wie Hamburg oder Berlin. Dort werden Wanderungssalden von über 200 % der dortigen zu erwartenden Abschlusszahlen prognostiziert, dass die Leute zum Beispiel nach Hamburg gehen wollen. Jetzt ist aber die Frage: Wird es tatsächlich so kommen? – Wir sollten uns wirklich einmal die Frage stellen: Ist dieser Schluss vom Wunsch auf ein tatsächliches künftiges Verhalten eine seriöse sozialwissenschaftliche Folgerung, und können wir daraus eine Prognose ableiten, auf die wir irgendetwas aufbauen können?

Ich würde sagen: Nein. – Dann stellt sich die Frage, wie diese Daten erhoben wurden. Das war nicht eine repräsentative Stichprobe, die aus den Studierenden aller Bundesländer gezogen wurde, sondern nach meinen Informationen war das eine Umfrage unter einem Bereich von bereits vorher in gewissen Regionen registrierten Nutzerinnen und Nutzern. Das heißt mit anderen Worten, da kann es Verzerrungseffekte geben. Wie diese Verzerrungseffekte ausfallen, wissen wir nicht, aber es handelt sich nicht um eine repräsentative Stichprobe. Insofern gibt es auch ein Problem mit sozialwissenschaftlichen Standards, wenn wir repräsentative Erhebungen haben wollen, um daraus Prognosen für die Zukunft abzuleiten.

Dann müssen wir uns fragen: Welche Schlüsse können wir aus solchen Daten ziehen? – Dann stellt sich tatsächlich die Frage: Können wir daraus, dass viele Studierende Präferenzen wie Berlin oder Hamburg zum künftigen Arbeitsort angeben, ableiten, dass die Leute das dann auch tatsächlich tun werden, wenn die konkrete Jobsuche ansteht, wenn es um konkrete Angebote geht?

Ich würde sagen, da sollten wir uns lieber die realen Zahlen anschauen, zum Beispiel vom Statistischen Landesamt zu der tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung oder die seriösen Prognosen, die es zum demografischen Wandel gibt. Da sehen wir doch, dass gerade Regionen mit Hochschulen, wie zum Beispiel Landau, sogar Bevölkerungswachstum vorausgesagt bekommen, dass die Bevölkerungsentwicklung in Regionen stabilisiert wird, in denen Hochschulen eine wichtige Funktion haben, wie zum Beispiel in Kaiserslautern, oder dass wir in der Region Trier zum Beispiel sehen müssen, dass die Hochschule für die ganze Region, für die ganze Anziehungskraft und für die künftige Entwicklung derart systemrelevant ist.

Wir müssen sehen, die Politik, für die Rot-Grün in Rheinland-Pfalz steht – für die Öffnung der Hochschulen, die Stärkung der Hochschulen –, ist eine gute Grundlage für eine zukunftsweisende Strukturpolitik.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich frage mich, was Sie aus Ihren Ergebnissen ableiten wollen. Sollen wir sagen, nein, die Hochschulpolitik ist nicht mehr so wichtig, das ist nicht mehr etwas, was wir im Hinblick auf die Strukturpolitik mit Priorität betreiben sollten? Oder sollen wir daraus ableiten und sagen, ja, im Grunde stellen wir unsere Bemühungen ein und relativieren das alles? – Ich würde sagen, das sollten wir nicht tun.

Wir sollten eher auf die realen Zahlen schauen. Wir sollten eher sehen, wie sich die Dinge tatsächlich entwickeln. Wir sollten vor allem sehen, die Option, in Rheinland-Pfalz zu leben und zu arbeiten, ist eine, die sich auch entwickeln kann, wenn Leute zunächst einmal sagen, nach dem Studium will ich nach Hamburg gehen. Wir wissen auch nicht, ob zu uns Studierende gekommen sind, die in den mittleren und höheren Semestern zum Beispiel von Studiengebühren in umliegenden Ländern abgeschreckt wurden. Zu solchen Effekten können wir auch nichts in der Studie lesen.

Wir wissen nicht, wie sich die Leute entscheiden werden, wenn es darum geht, einen Job zu finden und sich ein Leben nach dem Studium aufzubauen. Wir müssen deshalb in Rheinland-Pfalz schauen, dass wir nicht aus den Wünschen auf irgendwelche künftigen Entwicklungen schließen.

Wir sollten auch aufgrund von Präferenzen für eine Stadt wie Hamburg, die natürlich eine Strahlkraft hat, Rheinland-Pfalz in diesem Haus nicht schlechtreden, sondern wir sollten im Grunde sagen, wir tun etwas für die Stärkung der Hochschulen, und wir tun etwas für die Stärkung der wirtschaftlichen Regionen. Dann kommen wir weiter.

Wenn wir Hamburg als Messlatte für die Entwicklung in Rheinland-Pfalz nehmen, werden wir nicht weit kommen; denn das ist nicht die richtige Messlatte. Wir haben Regionen, die öffnen sich in Großräume wie Rhein-Main. Das gilt zum Beispiel für Mainz, die größte Stadt des Landes. Karlsruhe strahlt im Süden aus. In Trier sind die europäischen Nachbarregionen wichtig.

(Glocke der Präsidentin)

Vor dem Hintergrund sollten wir uns die Regionen differenziert anschauen und etwas für die Stärkung der Hochschulen tun.

(Baldauf, CDU: Das können Sie jetzt im Haushalt machen!)

Wir sollten auch etwas tun für die Stärkung der wirtschaftlichen Räume; denn dann kommen wir weiter.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Frau Staatssekretärin Reiß nun das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich sage gleich vorneweg: Ich teile ausdrücklich die geäußerte Kritik oder die Zweifel, die eben schon von Frau Abgeordneter Schleicher-Rothmund und Herrn Abgeordneten Heinisch genannt worden sind.

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Studie, mit der ich mich aber nicht lange aufhalten möchte, weil dazu schon viel gesagt worden ist. Eine Zeitarbeitsfirma namens STUDITEMPS mit Sitz in Köln gibt eine Studie „Fachkraft 2020“ in Auftrag, im Rahmen derer Studierende zu bestimmten Dingen befragt werden. So wurde gefragt: Wie schätzen Sie die Qualität Ihres Abschlusses ein? Wie fühlen Sie sich auf den Beruf vorbereitet? – Herr Brandl, es wurde dann auch die Frage gestellt, die Sie offensichtlich für die Aktuelle Stunde zum Anlass genommen haben, die lautet: Wo würden Sie gerne arbeiten nach Abschluss Ihres Studiums? – Das ist nämlich die Gretchenfrage bei dieser Studie.

Ganz ehrlich, wundert es uns da, wenn große Städte, die eben genannt worden sind, auf der Topliste unter den Top 3 stehen? Wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind und wenn Sie Kinder haben, die studieren, und die fragen, wo sie anschließend gerne hin möchten, werden Sie genau diese Antworten bekommen, die STUDITEMPS veröffentlicht hat. Was macht man aber damit? Macht man sie zur Grundlage von wissenschaftspolitischen Planungen? – Ich hoffe, nein.

Ich sage Ihnen ganz offen, wir hatten gestern eine Amtschefkonferenz in Bonn. Da habe ich meinem Kollegen aus Hamburg gratuliert und gesagt: Die wollen nach der Studie von STUDITEMPS alle nach Hamburg. – Er kannte diese Studie nicht. Auch die anderen 15 Kollegen kannten diese Studie nicht, weil sie sie ebenso wenig zur Grundlage ihres wissenschaftspolitischen Handelns machen wie wir in Rheinland-Pfalz. So viel vorneweg zur Studie.

Ganz offensichtlich – das kommt auch zum Ausdruck – sind unsere Hochschulen für Studierende sehr attraktiv – darauf sind wir stolz –, nämlich 54 % derer, die in Rheinland-Pfalz studieren, haben ihre Hochschulzugangsberechtigung außerhalb unseres schönen Landes erworben. Vielleicht ist es ein komischer Zufall, aber eine Befragung durch STUDITEMPS hat ergeben, 54 % würden gerne anderswo studieren. Das mag aber ein Zufall sein.

Wir haben im Moment – darüber haben wir schon öfter im Plenum diskutiert – 118.600 Studierende an unseren rheinland-pfälzischen Hochschulen. Sie erhalten da eine sehr gute Ausbildung, weil sie gute Studienbedingungen haben. Es ist wichtig, dass unsere Hochschulen einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs für Deutschland, Europa und auch für unser Land leisten. Natürlich haben wir ein großes Interesse daran, gut ausgebildete

Akademikerinnen und Akademiker an unser Land zu binden. Dafür tut die Landesregierung eine ganze Menge. Ich möchte mich auf ein paar Beispiele konzentrieren.

Ich nenne, dass wir in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen hatten. Wir unterstützen diese Ausgründungen. Seit 2008 haben wir Gründungsbüros an unseren Hochschulstandorten in Kaiserslautern, Mainz, Trier und Koblenz eingerichtet. Eine ganz wichtige Zielgruppe haben wir dabei im Auge. Das ist nämlich der ingenieur- und naturwissenschaftliche Nachwuchs, für den wir alles tun, damit er im Land bleibt.

Lassen Sie mich zwei erfolgreiche Beispiele nennen. Einmal sind das die Mainzer Biotech-Unternehmen Ganymed und BioNTech. Sie waren auch am Montag beim Transferkongress der Ministerpräsidentin vertreten, auf dem wir uns darüber unterhalten haben, wie es noch besser gelingt – nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen kann –, den Transfer von Wissenschaft und Forschung zu den Unternehmen herzustellen. Dazu haben wir sehr schöne Beispiele gehört. Ein Beispiel waren Ganymed und BioNTech. Diese beiden Unternehmen sind Ausgründungen aus dem Jahr 2001 bzw. 2008 aus unserer Universitätsmedizin heraus. Sie beschäftigen mittlerweile 80 bzw. 250 Personen, die überwiegend einen akademischen Hintergrund haben.

Ich nenne ein zweites Beispiel aus einer anderen Region unseres Landes, nämlich aus Kaiserslautern. Unsere Landesforschungsinstitute bieten hochwertige Arbeitsplätze an. Nehmen Sie beispielsweise das Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik. Mittlerweile sind dort 576 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf hoch qualifizierten Arbeitsplätzen beschäftigt.