Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute diese Aktuelle Stunde beantragt, um eines der drängendsten wirtschaftspolitischen Themen zu diskutieren. Ich sage es gleich vorab und wiederhole mich in diesem Haus immer wieder gern, wir brauchen eine Gesamtstrategie gegen den Fachkräftemangel.
Der Chef der MINT-Initiative der Deutschen Wirtschaft, Thomas Sattelberger, hat es vor Kurzem in der „WELT“ so formuliert: Der Fachkräftemangel behindert die Wachstumschancen unserer Volkswirtschaft und führt zu Wohlstandsverlusten. –
Die Situation in Rheinland-Pfalz haben wir in unserer Großen Anfrage im Sommer noch einmal detailliert abgefragt. Darin hat die Landesregierung klar aufgezeigt, dass es wohl kaum beim Fachkräftemangel in einzelnen Branchen und Regionen bleiben wird. Der Fachkräfte
Der Nachfragemarkt für die Berufsausbildung hat sich zu einem Angebotsmarkt entwickelt. Dieses Phänomen wird nicht nur den Ausbildungsmarkt treffen, sondern auch mittelfristig auf breiter Front den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem liebe Landesregierung, es ist von zentraler Bedeutung, dass Sie klar erkennen, was das heißt. Die verbliebenen Fachkräfte werden es sich aussuchen können, wo sie lieber hingehen.
Sie werden sich aussuchen können, in welcher Branche sie arbeiten, sie können sich aussuchen, zu welchem Arbeitgeber sie bei welchem Stundenlohn wechseln, und sie können sich vor allem aussuchen, in welchem Bundesland sie letztendlich die Rahmenbedingungen vorfinden, die ihnen auch gefallen.
Das führt mich zu dieser Studie, die die Landesregierung vor Kurzem angefordert hat. Die Studie der Universität Maastricht kommt zum Schluss, dass kein anderer Bildungshaushalt in Deutschland durch die beabsichtigte Migrationsbewegung der Studenten so belastet ist wie der in Rheinland-Pfalz.
Wir reden hier über ein Ergebnis von 500.000 Millionen Euro Verlust pro Jahr. Selbst wenn man die Höhe dieses Betrages anzweifeln würde, wäre selbst die Hälfte dieses Betrages ein Desaster für die Fachkräftepolitik dieser Landesregierung.
Meine Damen und Herren, laut der Studie sind die Hälfte der Studierenden in Rheinland-Pfalz auf dem Sprung. Sie sehen ihre berufliche Zukunft nicht bei uns. Bei 120.000 Studenten in Rheinland-Pfalz reden wir über sage und schreibe 60.000 Nachwuchskräfte, die nicht planen, bei uns zu bleiben. Darunter ist eine Vielzahl von Informatikern, Ingenieuren, Physikern und Chemikern. Das sind alles Berufe mit hoher Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft, die uns schmerzlich fehlen werden. Sie werden hier gebraucht.
Aber auch die IHK stellt in der „RHEINPFALZ“ fest, dass junge Menschen aus anderen Bundesländern zum Studium nach Rheinland-Pfalz kommen, aber danach wieder nach Hause zurückkehren. Zum Beispiel die Studierendenzahlen an der Universität Kaiserslautern, die von einem hohen Anteil von saarländischen Studenten geprägt sind, dienen hierfür ebenfalls als Indiz.
In der „RHEINPFALZ“ werden die Ergebnisse weiter kommentiert. „Man investiert nach Kräften in die akademische Ausbildung junger Menschen, um das daraus resultierende Potenzial an Erwerbspersonen in drastischem Maße an andere Länder zu verlieren.“ Das ist wohl das Gegenteil von Effizienz in Rheinland-Pfalz
Deshalb hat auch die Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) wirklich mehr als recht, wenn sie von einem Weckruf an die Politik spricht.
Meine Damen und Herren, es ist hoch problematisch, wenn es einen solchen Braindrain, einen Verlust von Wissen und Know-how in Rheinland-Pfalz gibt. Es liegt letztendlich an den politischen Rahmenbedingungen dieses Landes, die einen solchen Ressourcenverlust zulassen. Es muss unser gemeinsames Bestreben sein, dieses Wissen im Land zu halten und zum Vorteil für Rheinland-Pfalz zu nutzen.
Ich mutmaße, dass gerade Länder wie BadenWürttemberg in einem solchen Maße von Migrationsbewegungen der Studenten profitieren, weil hier das duale Studium seit Jahrzehnten schon lange etabliert ist und die Studenten somit sehr früh an die dortigen Unternehmen und an das Land gebunden werden.
Gerade die Forderung nach einer Intensivierung des dualen Studiums wurde vonseiten der SPD immer wieder Jahr für Jahr hier in diesem Parlament zurückgewiesen. Das ist eines der größten bildungspolitischen Versäumnisse dieser Landesregierung in den letzten 20 Jahren.
Aber auch andere Standortfaktoren spielen eine Rolle. Ich will damit deutlich machen – darauf werde ich in der zweiten Runde noch einmal eingehen –, dass wir eine entsprechende Gesamtstrategie brauchen, um dieses Thema hier anzugehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler aus dem Sozialleistungskurs der Jahrgangsstufe 12 des Maria-Ward-Gymnasiums Mainz, Teilnehmerinnen und
Teilnehmer am 135. Mainzer Landtagsseminar sowie Herrn Manuel Schmitt aus Donsieders, Gewinner des Quiz anlässlich der Wanderausstellung „Der Landtag Rheinland-Pfalz“. Seien Sie alle herzlich willkommen!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe CDU, mit dieser Aktuellen Stunde haben Sie sich in mehrfacher Hinsicht blamiert.
Welches Weltbild von einem Studenten oder einer Studentin hat eigentlich die CDU? – Der rheinlandpfälzische Studierende als das Heimchen am Herd, geboren in Koblenz, in die Schule gegangen in Koblenz, das Studium in Koblenz und dann arbeiten in Koblenz,
und das in einer sich internationalisierenden und globalisierenden Welt, und das vor allen Dingen im Hochschul- und Wissenschaftsbereich!
Studentische Mobilität und Internationalität sind gewünscht. Kennen Sie eigentlich die LissabonKonvention? Wissen Sie eigentlich, dass es landesweit begrüßt wird, wenn Studierende mobil sind?
Wissen Sie, dass Deutschland das beliebteste nicht englischsprachige Studienland ist? Wissen Sie, dass Arbeitgeber auf diese Mobilität von Studierenden setzen?
Die Presse, die vorhin zitiert worden ist, sagt selbst schon, angeblich sei das so, und sie stellt selbst die Frage, ob das eigentlich realistisch ist; denn es wird nur gesagt, 50 % wollen.
Ob sie es dann tatsächlich tun, wie also die Faktenlage ist, dass wissen wir nicht. Wenn wir aber die Studie ernst nehmen wollen, dann schauen wir auch einmal darauf, was die Studie darüber hinaus sagt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt hat Frau Kollegin Schleicher-Rothmund das Wort. Ich bitte Sie, die Dialoge einzustellen und Frau Schleicher-Rothmund ihre Rede zu ermöglichen.