3. Welchen Sachstand gibt es zu den Vorwürfen gegenüber dem Arab-Nil-Rhein-Verein wegen der Einladung des umstrittenen saudischen Predigers Mohammed Al Arifi?
4. Wie bewertet die Landesregierung die allgemeine Arbeit des Arab-Nil-Rhein-Vereins, insbesondere in Bezug auf den von ihm betriebenen Al-NurKindergarten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:
Zu Frage 1: In der Nacht vom 18. Mai dieses Jahres kam es zum Anschlag von zwei jungen Männern auf das Gebäude des Arab-Nil-Rhein-Vereins mit Tierblut und Schmähplakaten. Wie Sie wissen, hat dieser Vorfall ein breites Medienecho gefunden. Er hat aber auch Reaktionen der Betroffenen ausgelöst. Wir wissen, dass insbesondere die Kinder, die am 18. Mai in ihren Kindergarten in der Moschee-Gemeinde gingen, durch den Anblick verstört wurden.
Nach der rechtlichen Bewertung der Staatsanwaltschaft Mainz besteht der Verdacht der Sachbeschädigung. Am 22. Mai wurde dann ein 17-jähriger Schüler aus einer rheinhessischen Gemeinde als Täter ermittelt. Er hat die Tat mittlerweile eingeräumt. Als Tatmotiv gab er eine Kritik an dem Auftritt des Predigers Al Arifi im Arab-NilRhein-Verein an. Er habe Kritik an dessen Thesen speziell zur Gewalt an Frauen zum Ausdruck bringen wollen. Der 17-Jährige wurde nach seiner Vernehmung nach Hause entlassen.
Ein zweiter Beschuldigter – es handelt sich um einen 22jährigen Studenten – hat bisher von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Seine Motivation ist derzeit daher unklar. Die Wohnungen beider Männer wurden von der Polizei durchsucht.
Die Landesregierung verurteilt diesen Angriff auf den Arab-Nil-Rhein-Verein auf das Schärfste. Tierblut und Schmähplakate sind für uns keine akzeptable Art der Auseinandersetzung. Der richtige Weg wäre, das Gespräch mit dem Verein zu suchen. Das hat die Landesregierung getan. Frau Ministerin Alt hat mit dem Verein gesprochen.
Zu Frage 2: Nach den Erkenntnissen des Landeskriminalamts wurden in den vergangenen fünf Jahren acht Straftaten zum Nachteil von Moschee-Gemeinden oder islamischen Vereinen begangen. Im Einzelnen waren dies im Jahr 2013 zwei Sachbeschädigungen und eine Beleidigung, im Jahr 2012 ein Fall von Volksverhetzung und ein Fall vom Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, im Jahr 2010 wiederum ein Fall von Volksverhetzung und im Jahr 2009 ein Fall von Nötigung zum Nachteil islamischer Vereine bzw. Moscheen. Gewaltdelikte im engeren Sinne waren nicht feststellbar.
Zu Frage 3: Der Arab-Nil-Rhein-Verein hat uns mitgeteilt, dass er den Prediger Al Arifi kurzfristig eingeladen habe. Herr Al Arifi habe am 31. Dezember vergangenen Jahres in der Mainzer Al-Nur-Moschee über das Thema „Gute Nachbarschaft von Muslimen und Nichtmuslimen“ gesprochen.
Der Vereinsvorstand hat im Gespräch mit Ministerin Alt erklärt, er habe die Positionen des Predigers nicht ausreichend recherchiert. Er hat sich – das liegt Ihnen über die Presse vor – in einem offenen Brief für die Irritationen entschuldigt, die im Zusammenhang mit dem Auftritt von Herrn Al Arifi entstanden sind.
In dem Treffen mit Vorstandsmitgliedern des Arab-NilRhein-Vereins am 21. Mai im Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen wurde Ministerin Alt und dem Beauftragten der Landesregierung für Migration und Integration, Herrn Vicente, zugesichert, dass sich der Verein in Zukunft intensiver über potenzielle Gastredner informieren werde. Außerdem will der Verein im Zweifelsfall und von sich aus auch Informationen bei Sicherheitsbehörden einholen und in Zukunft alles dafür tun, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt.
Zusammenfassend ist zu sagen: Es besteht Einigkeit, das Fehler gemacht wurden. Es ist eine Entschuldigung erfolgt. Aus den Fehlern wird gelernt.
Zu Frage 4: Der Arab-Nil-Rhein-Verein ist uns als eine Moschee-Gemeinde bekannt, die sich sehr um die Integration in der Mainzer Neustadt bemüht. Sie bemüht sich auch um einen offenen Dialog und um Transparenz. Das spiegelt sich auch in der Rolle des Vereins als Träger des Al-Nur-Kindergartens wider.
Die gesellschaftliche und sprachliche Integration der Kinder sind das erklärte Ziel der pädagogischen Arbeit der Einrichtung. Die Kita wird zudem von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet. Ein Besuch des Landesjugendamts, der am 15. Mai dieses Jahres stattfand, hat im Übrigen bestätigt, dass aus Sicht der Landesregierung der Träger zuverlässig ist.
Frau Staatssekretärin, Sie haben die Aktivitäten des Vereins dargestellt. Können Sie uns sagen, wie lang der Verein in Mainz tätig ist?
Der Verein ist in Mainz seit Ende der 90iger-Jahre tätig. Das genaue Datum ist mir im Moment nicht präsent. Das können wir Ihnen gern nachreichen. Interessant ist vielleicht noch, dass der Betrieb des Kindergartens ein bisschen später erfolgte. Die Betriebserlaubnis für den Kindergarten wurde im November 2008 erteilt. Seitdem ist der Arab-Nil-Rhein-Verein als Träger des Al-NurKindergartens tätig.
Frau Staatssekretärin, Sie sprachen von vielen Gesprächen insgesamt. Ist Ihnen bekannt, welche Gespräche seitens des Vereins nach dem Vorfall, aber auch schon vor dem Vorfall regelmäßig mit Institutionen oder Parteien geführt wurden?
Ich kann Ihnen ad hoc keine vollständige Liste präsentieren. Uns ist aber bekannt, dass es regelmäßige Gespräche und Gesprächsangebote vom Verein an politische Parteien gibt. Wir wissen, dass neben dem Gespräch, dass das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen mit dem Verein geführt hat, und den Gesprächen, die der Verein insbesondere mit dem Beauftragten der Landesregierung für Migration und Integration führt, Gespräche mit dem Oberbürgermeister der Stadt Mainz stattfanden, der sich insbesondere nach dem Anschlag veranlasst sah, den Verein vor Ort zu besuchen.
Es gibt regelmäßige Kontakte – darauf ist explizit hinzuweisen – des Vereins mit umliegenden Einrichtungen in der Mainzer Neustadt, insbesondere mit Kindertagesstätten und Kindergärten sowohl von kommunalen als auch anderen religiösen Trägern, insbesondere christlichen Trägern.
Der Kindergarten ist von einem religiösen Träger ins Leben gerufen worden. Insofern ist das Gros der Kinder – auch da müsste ich genaue Zahlen nachliefern – natürlich überwiegend aus Elternhäusern muslimischer Religionszugehörigkeit. Ob und in welcher Zahl es Kinder gibt, die auch anderen Religionen oder keiner Religion zugehören, können wir Ihnen gerne nachliefern.
Meine Damen und Herren, so richtig glücklich bin ich über diese Frage nicht. Ich würde mir verbitten, wenn in meinem kommunalen Kindergarten in Buch danach geforscht wird, aus welchen Religionen die Kinder kommen. Deshalb bitte ich, die Beantwortung dieser Frage nicht zu veranlassen.
Frau Staatssekretärin, könnten Sie mir noch einmal erläutern, welche rechtlichen Voraussetzungen aus Sicht des Ministeriums erfüllt sein müssen, um eine Betriebserlaubnis für eine Kindertagesstätte zu erhalten und diese betreiben zu können?
Die rechtliche Grundlage finden Sie im Kinder- und Jugendhilfegesetz, also dem SGB VIII. In § 45 des Gesetzes ist geregelt, unter welchen Konditionen eine Betriebserlaubnis zu erteilen ist. Wichtig zu wissen ist dabei, dass der Spielraum der Behörden, eine Betriebserlaubnis zu erteilen, relativ begrenzt ist. Also die Behörden, die staatliche Seite hat keinen Ermessensspielraum. Die Erteilung einer Betriebserlaubnis erfolgt, sofern bestimmte Voraussetzungen gewährleistet sind, die sich etwa in der Größe der Räume, der Qualifikation und der ausreichenden Ausstattung des Personals oder auch in bestimmten inhaltlichen Ausrichtungen niederschlagen, wozu ich gleich kommen kann. Dann besteht ein Anspruch des Einrichtungsträgers.
Es gab – einige von Ihnen werden sich vielleicht daran erinnern – insbesondere im Jahre 2005 eine Debatte um § 45 des SGB VIII, die durch kritische Presseberichterstattung und Kommentare zu Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe veranlasst war – dies spielte sich überwiegend in anderen Bundesländern ab –, die von dem
Diese Debatte hat zu einer Änderung des § 45 SGB VIII geführt, die eine inhaltliche Qualifizierung dieser Betriebserlaubniserteilungsvoraussetzungen nach sich zog, insbesondere dahin gehend – dies ist in § 45 Abs. 2 geregelt –, dass die Einrichtungen gehalten sind – das ist jetzt sozusagen frei formuliert, man müsste das im Gesetz noch einmal genauer darstellen –, dass, wenn bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen ihre gesellschaftliche und sprachliche Integration erschwert wird, eine Betriebserlaubnis versagt werden kann.
Nun hat diese Ausformulierung von § 45 Abs. 2 für die Erteilung der Betriebserlaubnis hier im Land, insbesondere an die Kindertagesstätte des Arab-Nil-RheinVereins dazu geführt, dass innerhalb der Betriebserlaubnis, die im November 2008 erteilt wurde, entsprechende Voraussetzungen definiert wurden.
In dieser Betriebserlaubnis sind neben dem Umfang, wie viele Kinder in welchen Gruppenstärken betreut werden dürfen, wie die Räume ausgestattet sein müssen, wie es mit der Qualifizierung des Personals aussieht, die Voraussetzungen definiert, die sicherstellen, dass der Träger des Kindergartens die gesellschaftliche und sprachliche Integration der Kinder unter anderem dadurch sicherstellt, dass gewährleistet ist, dass in der Einrichtung deutsch gesprochen wird und Kontakte zu anderen Kindertagesstätten – die genannten, also kommunale und christliche Kindertagesstätten – regelmäßig stattfinden werden.
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich frage die Landesregierung, inwieweit islamfeindliche Einstellungen Ihrer Einschätzung nach zunehmen und wie die Landesregierung im friedlichen Miteinander unterschiedlicher kultureller Hintergründe zuträglich handeln kann.
Wir wissen aus wissenschaftlichen Studien über die Einstellung gegenüber Minderheiten im weiteren Sinne, dass insbesondere islamfeindliche Einstellungen innerhalb der Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland zunehmen.
Mir sind spezifische Untersuchungen, die das Land Rheinland-Pfalz betreffen, nicht bekannt. Aber ich kann etwa auf eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung verweisen, die in der jüngsten Vergangenheit hierzu recherchiert hat. Dort sind Belege oder Nachweise erbracht, dass insbesondere islamfeindliche Einstellungen im Zunehmen begriffen sind.
Zu Ihrer Frage, was dagegen getan werden kann: Aus unserer Sicht ist insbesondere der Dialog ein ganz entscheidender Faktor, um diesem Phänomen zu begegnen, auch um mehr Verständnis füreinander zu schaffen.
Ich will nur eine Einrichtung nennen, die die Landesregierung ins Leben gerufen hat. Das ist der Runde Tisch Islam. Er wird vom Beauftragten der Landesregierung für Integration, Miguel Vicente, geleitet. Dort finden regelmäßig Kontakte mit islamischen Religionsgruppen und Einrichtungen statt. An diesen Gesprächen ist auch der Arab-Nil-Rhein-Verein beteiligt.
Frau Staatssekretärin, die CDU in Mainz und in Rheinland-Pfalz hat immer gesagt, dass sie sich dagegen ausspricht, dem Arab-Nil-Rhein-Verein die Betriebsgenehmigung für die Kindertagesstätte zu geben,