Protocol of the Session on March 7, 2013

Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Frau Kollegin Klöckner das Wort.

Frau Präsidentin, Frau Ministerpräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute einen Gesetzentwurf für die CDU-Landtagsfraktion zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vorlegen, der effektiv mehr Bürgerbeteiligung mit sich bringen wird. Teilhabe, Mitwirkung, Bürgerbeteiligung – die Menschen in Rheinland-Pfalz, die Bürgerinnen und Bürger, die Wählerinnen und Wähler sollen in der Zukunft mehr als bisher aktiv auf allen Ebenen an diesen politischen Entscheidungsprozessen teilhaben und mitwirken können.

Wir wollen Hürden, die bei Hochbetagten, bei Senioren im alltäglichen Leben, aber auch bei Erstwählern vorhanden sind, abbauen. Sie wissen, es gibt mittlerweile Bürgerhaushalte, Bürgerbefragungen und beispielsweise auch Bürgerabstimmungen bei der Kommunal- und auch bei der Verwaltungsreform, die immer mehr zunehmen.

Letztlich heißt es auch im Einsetzungsbeschluss für die Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“, den wir alle mitgetragen haben – ich darf zitieren –: „Ziel der Enquete-Kommission soll es sein, bereits frühzeitig eine hohe Identifikation mit konkreten Projekten und politischen Prozessen zu schaffen sowie Hürden und Schranken für eine Beteiligung abzubauen.“ – Genau das wollen wir. Die CDU-Landtagsfraktion will mit ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes etwas erreichen, nämlich wir wollen den Prozess der aktiven politischen Beteiligung bei Wahlen vereinfachen und die Bürgerinnen und Bürger dazu aufrufen, dort, wo sie Hemmungen haben, nämlich bei der Kommunalwahl, zu dieser zu gehen, und ihnen letztlich diese Hemmungen nehmen.

(Beifall der CDU)

Werte Kolleginnen und Kollegen, deshalb haben wir einen Entwurf eingebracht, den wir bei der nächsten Kommunalwahl schon umgesetzt sehen wollen, damit die Bürgerinnen und Bürger auch zu Hause wählen können.

Sehr geehrte Damen und Herren, das, was ich in der Hand halte – Sie wissen ganz genau, wovon ich rede – ist verkleinert. Ich halte es mit Erlaubnis der Präsidentin hoch.

(Die Rednerin hält einen DIN-A 3-Bogen hoch)

Das ist um einiges verkleinert ein Kommunalwahlzettel für den Kreistag des Rhein-Lahn-Kreises. Hier allein gab es 46 Stimmen zu vergeben. Die Bürgerinnen und Bürger mussten neben diesem Stimmzettel über Gemeinderäte, Verbandsgemeinderäte und Ortsvorsteher abstimmen. Sie hatten zudem die Möglichkeit zu kumulieren und zu panaschieren. Man setzt viele Bürgerinnen und Bürger an der Wahlurne unter Druck. Das habe ich mitbekommen, als ältere Leute von einem Seniorenverein – nicht von der Senioren-Union –, also aktive Senioren, uns erzählt haben, sie sehen den Wahlzettel zum ersten Mal in der Kabine. Möglicherweise ist dann auch noch eine Europawahl mit dabei. Es gibt junge Leute, die entscheiden schneller, weil sie eher und mehr drin sind. Gerade Ältere, Hochbetagte werden dann einem Druck ausgesetzt. Sie wollen aber zur Wahl gehen, weil sie nicht bei der Briefwahl angeben möchten, dass sie verreist sind, krank sind oder Ähnliches.

(Pörksen, SPD: Das brauchen sie doch gar nicht mehr!)

Aus diesem Grund wollen sie den Zettel nach Hause geschickt bekommen, aber sie wollen selbst aktiv diesen Zettel in die Urne werfen können. Warum sollen sie Briefwahl machen, wenn sie auch an der Urne wählen können, sich aber vorher schlichtweg zu Hause informieren möchten? Lassen Sie doch die Bürgerinnen und Bürger mehr teilhaben, und nehmen Sie ihnen diese Hürde.

(Beifall der CDU)

Wir stellen fest, dass sie nicht nur unter Druck stehen, sondern auch von den vielfältigen Wahlzetteln abge

schreckt werden. Wir stellen auch fest, dass die ungültigen Stimmen just bei den Kommunalwahlen relativ hoch sind.

(Pörksen, SPD: Die sind zurückgegangen!)

Die ungültigen Stimmen entstehen deshalb, weil man zum Teil noch eine Vielzahl von Namen einsetzen muss, aber auch hin und her jonglieren muss. Dass man zum Beispiel in einigen Stimmbezirken 30 % an Briefwählern hat, ist ein Zeichen dafür, aber auch, dass die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen nachlässt und – wie schon erwähnt – die Zahl der ungültigen Stimmen zunimmt.

Es gibt verschiedene Zahlen. Ich meine, es ist nicht das Primäre, ob wir Zahlen vorlesen oder nicht,

(Pörksen, SPD: Doch, wenn Sie etwas behaupten, müssen Sie es auch belegen!)

sondern unser Anliegen ist es, dass wir auch auf Ihre sogenannten verfassungsrechtlichen Bedenken eingehen. Sie haben gesagt, Sie würden deshalb einen Widerstand aufbauen, weil es verfassungsrechtliche Bedenken gäbe. Das Argument, wonach nicht mehr feststellbar ist, ob die Bürgerinnen und Bürger zu Hause den Wahlzettel ohne Druck ausgefüllt haben, greift natürlich nicht, weil dann müssten Sie die Sorge auch bei der Briefwahl haben.

(Pörksen, SPD: Die haben wir auch!)

Im Gegenteil, es kommt sogar noch hinzu, dass man sogar noch stärker die Willensbekundung ausdrückt, wenn man den ausgefüllten Zettel, den man in Ruhe zu Hause lesen und ausfüllen konnte, nachdem man sich ausgewiesen hat, in die Urne werfen kann. Das kommt den Bürgerinnen und Bürgern entgegen; denn seit den 80er-Jahren läuft das schon in Baden-Württemberg so. Dort hat es noch keine Verfassungsklage gegeben. Dort hat es noch keinen Bürgerservice gegeben, der das stoppen wollte.

Deshalb stellen Sie Ihre rechtlichen Bedenken, die Sie vorschieben, zurück, und denken Sie daran, dass die Hürden für die Bürgerinnen und Bürger gesenkt werden.

(Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines sagen: Ich bin sehr erstaunt über das Angebot, das über die Presse und nicht direkt ergangen ist, dass Sie bereit wären, unserem Gesetz zuzustimmen, wenn wir bereit wären, einer Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre zuzustimmen. Das ist ein Kuhhandel, der uns über die Presse und nicht direkt vorgeschlagen wurde.

(Pörksen, SPD: Das machen Sie doch ständig!)

Es ist nicht in Ordnung, etwas, das Verfassungsrang hat, miteinander auszukungeln.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ärgert Sie!)

Ich finde, das ist Ihrer nicht würdig. Sie kritisieren es in Berlin, wenn sogenannte Kuhhandel gemacht werden. Hier machen Sie das sogar über die Presse. Das ist peinlich.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Schellhammer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Das ist ein guter Tag, weil wir heute über die Weiterentwicklung unserer Demokratie im Hinblick auf die Kommunalwahlen sprechen, die im nächsten Jahr auf uns warten. Deshalb ist die Referenz, die Frau Klöckner angesprochen hat, nämlich die Enquete-Kommission, in dem Zusammenhang ein wichtiger Punkt.

Bevor ich mich inhaltlich mit den vorliegenden Änderungen auseinandersetze, möchte ich vorausschicken, dass der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion nicht in die Enquete-Kommission eingebracht worden ist. Deshalb freut es mich, dass sich Frau Klöckner jetzt an die Enquete-Kommission erinnert, aber den Vorschlag, die Wahlzettel nach Hause zu schicken, hat sie dort nicht zur Diskussion gestellt. Im Gegensatz zum Beispiel zu den Änderungen zur Verfassung hatten wir keine Möglichkeit, uns mit dem vorliegenden Vorschlag in einer angemessenen Breite in einer Anhörung auseinanderzusetzen.

(Frau Klöckner, CDU: Die Staatskanzlei hat das auch gemacht!)

Die vorliegende Änderung der Landesverfassung war nämlich Gegenstand einer intensiven Anhörung und intensiver Debatten in der Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“. Die Mehrheit der Enquete-Kommission hat sich dafür entschieden, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken.

Wir zeigen heute mit dieser eingebrachten Änderung, wir meinen es ernst, wir wollen dieses Thema hier zur Abstimmung stellen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Um die Genese dieses Themas noch einmal in den Gesamtkontext zu stellen, möchte ich erläutern, dass die GRÜNEN bereits in der Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ das Wahlalter 16 zur Diskussion gestellt und inzwischen glücklicherweise einen Koalitionspartner gefunden haben, mit dem man das gemeinsam angehen kann.

Wir wollen mit dieser Verfassungsänderung mehr Menschen beteiligen. Wir wollen sie für die Demokratie begeistern. Wir wollen junge Menschen nicht nur mitreden,

sondern sie auch konkret mitbestimmen lassen. Die vorliegende Verfassungsänderung ist hier nur ein erster Schritt, nämlich zu den Kommunalwahlen. Sie können versichert sein, dass weitere Schritte im Hinblick auf Landtagswahlen und auf Volksentscheide sicherlich hier zur Diskussion gestellt werden.

Damit kommen wir einer Tendenz nach, die sich – wie Herr Kollege Oster schon ausgeführt hat – in anderen Bundesländern abzeichnet, in denen die 16-Jährigen bei den Kommunalwahlen an die Wahlurnen gelassen werden. Das ist ein positiver Schritt. Es verbreitert die Legitimationsgrundlage der Kommunalparlamente. Das können wir nur begrüßen.

Wenn man sich die politische Landkarte auch hier in Rheinland-Pfalz anschaut, kann man erkennen, dass alle politischen Jugendverbände bis auf einen, nämlich die Junge Union,

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU – Frau Klöckner, CDU: Das ist der größte!)

und der Landesjugendring einhellig dafür sind, die Absenkung auf 16 Jahre vorzunehmen. Auch die EnqueteKommission ist zu diesem Ergebnis gekommen, wie ich gesagt habe.

Ich kann an dieser Stelle nur erneut einen Appell an die CDU richten: Geben Sie sich einen Ruck. Trauen Sie den jungen Menschen in Rheinland-Pfalz etwas zu, und stimmen Sie für die Verfassungsänderung.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Roger Lewentz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommunalwahlen sind ein Herzstück der Demokratie. Das ist uns allen sehr bewusst. Bei keinen anderen Wahlen sind die Bürgerinnen und Bürger so nahe zu den wählenden Mandatsträgerinnen und -trägern.

Zur Sicherung dieser Wahlen sind moderne und effiziente Regelungen, die im Einklang mit unserer Verfassung stehen, notwendig. Dies erfordert, die geltenden Bestimmungen vor anstehenden Kommunalwahlen zu überdenken und dann gegebenenfalls fortzuentwickeln.