Zur Sicherung dieser Wahlen sind moderne und effiziente Regelungen, die im Einklang mit unserer Verfassung stehen, notwendig. Dies erfordert, die geltenden Bestimmungen vor anstehenden Kommunalwahlen zu überdenken und dann gegebenenfalls fortzuentwickeln.
Im Sommer 2014 finden die nächsten Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz statt. Ich freue mich, Ihnen den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes vorstellen zu dürfen. Ferner – Sie haben die Begründung vorhin schon gehört – liegt
ein Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung der Verfassung von Rheinland-Pfalz vor. Mit dieser Verfassungsänderung soll das aktive Wahlalter für Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung – dies schon einmal vorneweg – unterstützt diese Verfassungsänderung ausdrücklich.
Daneben hat auch die Fraktion der CDU einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes eingebracht. Lassen Sie mich zuerst auf den Gesetzentwurf der Landesregierung eingehen. In diesem Zusammenhang werde ich, soweit erforderlich, auch zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU Stellung nehmen.
Zielsetzung des Gesetzentwurfs der Landesregierung ist es, die Bestimmungen des Kommunalwahlgesetzes fortzuentwickeln und weiter zu verbessern. Insbesondere sollen Erfahrungen aus den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2009 und die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und umgesetzt werden.
Der Gesetzentwurf enthält folgende wesentliche Änderungen. Wie bereits angesprochen, sollen die Erfahrungen der Kommunalwahlen im Jahr 2009 berücksichtigt werden. Dies betrifft insbesondere die Bestimmung zur Mehrheitswahl:
1. Zum einen soll die zulässige Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die auf dem Stimmzettel bei der Mehrheitswahl mit einem Wahlvorschlag aufgeführt werden dürfen, um die anderthalbfache Zahl erhöht werden. Bei den letzten Kommunalwahlen hat sich gezeigt, dass die Wahlberechtigten nach der damals erfolgten Reduzierung der Wahlbewerberinnen und -bewerber auf dem Stimmzettel das Personenkontingent nicht immer ausschöpfen. Meist wurden nur die Bewerberinnen und Bewerber gewählt, die auf dem (verkürzten) Stimmzettel aufgeführt waren. Handschriftlich hinzugefügte wählbare Personen folgten mit deutlichem Abstand und erhielten oft nur wenige Stimmen.
Eine weitere Erhöhung der Anzahl der aufgeführten Bewerberinnen und Bewerber auf dem Stimmzettel hält die Landesregierung dagegen nicht für angezeigt, also nicht über den eineinhalbfachen Satz hinaus gehend.
Der Gesetzentwurf der CDU schlägt insoweit vor, dass auf dem Stimmzettel bis maximal doppelt so viele Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen werden dürfen, wie Ratsmitglieder zu wählen sind. Dieser Vorschlag würde in der Wahlpraxis – so unsere feste Überzeugung – dazu führen, dass die Stimmzettel sehr umfangreich und unübersichtlich werden. Aus diesem Grund lehnt die Landesregierung diesen Punkt der Gesetzesänderung ab.
2. Bei der Mehrheitswahl ohne Wahlvorschlag soll ferner der Stimmzettel spätestens am dritten Tag vor der Wahl
an die Wahlberechtigten verteilt werden. Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2009 hatte es bei dieser Wahl einen signifikanten Anstieg der ungültigen Stimmen gegeben. Diese vorgeschlagene Änderung soll dazu dienen, dass die Wahlberechtigten zu Hause in Ruhe den Stimmzettel ausfüllen und wählen können.
3. Im Gegensatz hierzu ist vorgesehen, bei der Mehrheitswahl mit einem Wahlvorschlag und der Verhältniswahl weiterhin auf die Versendung der Stimmzettel zu verzichten. Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU dagegen sieht eine Versendung der Stimmzettel auch bei solchen Wahlen vor.
Wie Sie der Begründung des Gesetzes entnehmen können, ist der Anteil der ungültigen Stimmen bei diesen Wahlen jedoch überhaupt nicht anlassgebend zu einer entsprechenden Änderungsbegründung. Im Übrigen haben wir bei der Begründung auch noch einmal aufgeführt, was es im finanziellen Bereich für die Kommunen bedeuten würde. Zudem sprechen verfassungsrechtliche Gründe aus unserer Sicht gegen eine allgemeine Versendung der Stimmzettel.
Jede Versendung von Stimmzetteln erhöht die Gefahr, dass es zu Verstößen gegen die Grundsätze der freien und geheimen Wahl kommt. Sie sollte deshalb nur soweit erforderlich erfolgen.
(Frau Klöckner, CDU: Dann müssen Sie die Briefwahl abschaffen! – Pörksen, SPD: Das ist die Ausnahme, die Briefwahl!)
4. Weiterhin ist beabsichtigt, die Befugnis zum Einsatz von Wahlgeräten aufzuheben und an deren Stelle eine spezifische Ermächtigung zur Zählung der Stimmen und zur Ermittlung des Wahlergebnisses unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitung zu schaffen. Mit der Aufhebung der Ermächtigung werden Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2009 zur Unzulässigkeit des Einsatzes von Wahlgeräten nach der Bundeswahlgeräteverordnung gezogen.
Die neu zu schaffende Ermächtigung soll sicherstellen, dass auch künftig elektronische Geräte zur Zählung der Stimmen und Ermittlung des Wahlergebnisses bei Kommunalwahlen eingesetzt werden können. Seit der Einführung des derzeit bestehenden Wahlsystems bei den Kommunalwahlen im Jahr 1989 hat der Einsatz dieser Geräte hohe Bedeutung für eine effiziente und zuverlässige Durchführung der Wahlen erlangt. Es ist weiterhin für die Durchführung der Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz aus unserer Sicht unverzichtbar.
5. Zudem soll die Unterschriftenbefreiung für mitgliedschaftlich organisierte Wählergruppen bei der Einreichung von Wahlvorschlägen erleichtert werden. Das derzeitige Erfordernis solle entfallen, wonach solche Wählergruppen in der Gemeinde, in der sie an der Wahl teilnehmen wollen, bei der letzten Wahl zum Kreistag oder Verbandsgemeinderat mehr als zehn von 100 der gültigen Stimmen erreicht haben mussten. Mit der Ände
rung soll eine Angleichung an die Regelung zur Unterschriftenbefreiung in Bezug auf Parteien erfolgen.
6. Weiterhin sieht der Gesetzentwurf nunmehr vor, den Ausschluss vom aktiven Wahlrecht in Bezug auf Menschen, die sich aufgrund einer richterlichen Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, zu streichen. Ein solcher Wahlrechtsausschluss wird als nicht angemessen angesehen, da kriminelle Gefährlichkeiten oder begangene Straftaten für sich genommen keine ausreichenden Kriterien für den Entzug des Wahlrechts sind. Insbesondere der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. hat sich für diese Gesetzesänderung eingesetzt.
7. Noch keine Änderung sieht der Gesetzentwurf zum Wahlrechtsausschluss von Menschen vor, für die zur Besorgung aller Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist. Die Landesregierung hat jedoch zu diesem Problem einen Antrag für eine Entschließung des Bundesrats zur Verbesserung des Wahlrechts von Menschen mit Behinderung auf den Weg gebracht. Ziel dieses Antrags ist es, eine bundeseinheitliche Änderung des Wahlrechts zu erreichen.
8. Zudem soll das Berechnungsverfahren für die Sitzverteilung bei Verhältniswahlen auf das Divisorverfahren mit Standardrundung nach Sainte-Laguë/Schepers umgestellt werden. Mit dieser Umstellung soll eine Harmonisierung mit dem Berechnungsverfahren für die Mandatszuteilung bei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz erfolgen.
9. Auf Anregung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz sowie des Städtetages Rheinland-Pfalz soll die Altersgrenze der Bürgerinnen und Bürger sowie der Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde zur Ablehnung der Übernahme eines Ehrenamts oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit um fünf Jahre auf 65 Jahre erhöht werden.
Die Änderung resultiert aus dem Umstand, dass die kommunalen Verwaltungen auch die Erfahrungen und den Sachverstand von älteren Menschen benötigen und darauf angewiesen sind, diesen „verwenden“ zu können.
10. Schließlich soll das Wahlverfahren vereinfacht, und einzelne Bestimmungen des Kommunalwahlgesetzes sollen an die des Landeswahlgesetzes angepasst werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Laufe des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens haben bereits rege Diskussionen darüber stattgefunden, welche zusätzlichen Änderungen in den Gesetzentwurf aufgenommen werden sollen. Aus Sicht der Landesregierung enthält der Gesetzentwurf nunmehr alle Änderungen, die erforderlich sind, um ein modernes Kommunalwahlrecht in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Im Namen der Landesregierung würde ich es sehr begrüßen, wenn der Gesetzentwurf von allen Fraktionen unterstützt werden würde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe zu Beginn gesagt, das gilt in gleicher Weise für den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜND
Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass Jugendliche besser als bisher in politische Entscheidungsprozesse einbezogen und aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligt werden. Die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre ist deshalb nur ein folgerichtiger und notwendiger Schritt.
Wir hatten bereits im November letzten Jahres in diesem Haus über die Wahlrechtsreform zur Absenkung des Wahlalters auf 16 debattiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung ist sich bewusst, dass diese Frage seit Langem kontrovers diskutiert wird. Die vorgebrachten Argumente gegen die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 überzeugen jedenfalls aus unserer Sicht nicht.
Zum einen zeigt die Praxis, dass es in den Bundesländern, in denen bereits das Wahlrecht für Jugendliche ab 16 eingeführt worden ist, keine Auffälligkeiten sozusagen im negativen Sinne bei den Wahlen gibt. Inzwischen hat eine Reihe von Ländern das aktive Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt, und zwar neun Länder bei Kommunalwahlen und drei Länder bei Landtagswahlen.
Vor einigen Tagen hat der Stadtstaat Hamburg sein Wahlrecht geändert, sodass künftig bereits 16-Jährige bei den Bezirks- und Bürgerschaftswahlen mitentscheiden können. Die Wahlpraxis in den Ländern zeigt, dass die Wahlbeteiligung von unter 18-Jähringen nicht wesentlich anders ist als die in der Altersgruppe der 18- bis 23-Jährigen.
Auch in der Frage, welche Parteien und Personen gewählt werden, ergeben sich keine erheblichen Unterschiede. Diese Erfahrungen zeigen, dass man den 16- und 17-Jährigen die Wahlentscheidung durchaus zutrauen kann.
Nach Ansicht der Landesregierung können Jugendliche durch eine Absenkung des Wahlalters frühzeitig Demokratie erlernen. Damit kann man das Interesse der Jugendlichen an Politik deutlich stärken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich dann noch einmal den Zusammenhang zwischen Wahlalter und Überalterung unserer Gesellschaft anschaut – wir haben auch darüber gesprochen –, dann stellen wir heute fest, dass der Anteil der 65- bis 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung bereits 14,9 % beträgt und bis 2030 auf 20,5 % steigen wird, darüber hinaus auch noch weiter ansteigen wird.
Ich glaube, diese Erweiterung des Wahlalters nach unten auf 16 Jahre bedeutet auch, dass junge Menschen ihre Interessen in die Diskussionen der Politik ein wenig stärker einbringen können, ohne damit sozusagen Kritik an der Situation nach oben aussprechen zu wollen. Wir freuen uns, dass wir alle älter werden, wollen wir doch auch, dass die jungen Leute repräsentativ eine Chance
Wenn wir vor allem mit 16- und 17-Jährigen heute diskutieren – ich glaube das geht uns allen so –, dann merken wir, sie sind heute reif, wählen zu gehen und ihr kommunales Parlament mitzubestimmen. Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn dieser Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ein entsprechendes Votum bekommen könnte, um verfassungsändernde Mehrheiten erreichen zu können.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier im Landtag sind drei Parteien mit ihren Fraktionen vertreten, drei demokratische Parteien. Ich denke, dass es uns allen ein großes Anliegen ist, so viel wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger an die Wahlurne zu bringen, wie nur irgend möglich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Antrag, den wir hier heute vorlegen, geht es uns nicht um ein mediales Interesse, wie Herr Oster zunächst in seinen Ausführungen gesagt hatte. Uns geht es vielmehr darum, es den Bürgern und den Menschen so einfach wie nur möglich an der Wahlurne zu machen.
Genau hier setzt unser Antrag an. Kumulieren, Panaschieren, Mehrheitswahl, Verhältniswahl, Ortsgemeinde-, Verbandsgemeinde-, Kreistagswahl. Das ist in Teilen ein riesengroßer Wirrwarr und schreckt viele Bürgerinnen und Bürger ab.
Frau Klöckner hat eben den Zettel von den Kreistagswahlen gezeigt. Das ist nicht der einzige Zettel. Es kommt eine ganze Menge mit dazu. Das ist oft ein richtiger Stoß. Insbesondere ältere Menschen und Erstwähler stöhnen, wenn man ihnen diesen Packen in die Hand drückt.