Frau Ministerin, wenn Sie ein paar klare Aussagen machen würden, dann würde das ein klares Signal darstellen. Sagen Sie, dass Sie ein Bürgschaftsprogramm auflegen, damit die Banken die Liquidität bei den Bauern wieder sichern. Ein Bürgschaftsprogramm hat in der Finanzkrise sehr gut geholfen. Der Herr Ministerpräsident weiß das sehr gut. Hier ist ein ganzer Berufszweig in Not. Es würde sehr gut helfen, wenn man so etwas auflegen würde.
Frau Ministerin, stellen Sie sich doch hier hin und sagen, Sie unterstützen die Bundesregierung voll bei ihrem Bemühen, weitere Hilfen von der EU zu bekommen. Die EU hat 210 Millionen Euro zugesagt.
Das kam von der EU und nicht vom Land und auch nicht auf Betreiben des Landes, auch wenn es sich eben ein bisschen so angehört hat.
Präsident Sonnleitner hat festgestellt – soweit mir die Zahlen vorliegen –, dass ein Schaden in Höhe von 600 Millionen Euro entstanden ist. Zwischen den zugesagten 210 Millionen Euro und den genannten 600 Millionen Euro gibt eine erhebliche Diskrepanz.
Frau Ministerin, sagen Sie laut und deutlich den bäuerlichen Betrieben, dass Sie sich einsetzen und die Bundesregierung in ihrem Bemühen unterstützen, dass diese Gelder aufgestockt werden, damit unsere Betriebe besser berücksichtigt werden und nicht um ihre Existenz fürchten müssen.
Frau Ministerin, sagen Sie ganz deutlich, dass Sie alles unbürokratisch und schnell machen, damit das Hilfsprogramm der EU bei den bäuerlichen Betrieben ankommt und die Existenznöte wieder vergehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Krise hoffentlich ohne weitere Todesopfer und ohne weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen überstanden ist, dann, denke ich, sollten wir uns zusammensetzen und das ganze Management betrachten. Von einem guten Krisenmanagement zu sprechen, ist stark übertrieben. Man sollte das danach aufarbeiten und nüchtern bewerten. Für die Zukunft sollte man ein gutes Krisenmanagement auflegen, damit man weiß, wie diese Dinge zu handhaben sind, wenn solche Krisen erneut auftreten.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich schaue etwas ungläubig in Richtung CDU, weil Sie im Bund regieren und nicht wir.
Frau Klöckner, die Aktuelle Stunde ist deswegen dazu da, um auch Sie, die CDU, an Ihre Pflicht zu erinnern und Sie auch in die Pflicht zu nehmen, was RheinlandPfalz angeht. Es ist nämlich im Moment so, dass die EU etwas tut und das Land etwas tut, aber die Einzige, die nichts tut, ist die Bundesregierung.
Die heutige Aktuelle Stunde soll sich den Erzeugern und ihrer misslichen Situation widmen. Ich will aber auch nicht versäumen zu sagen, dass auch vonseiten des Landes natürlich die Sorge und die Anteilnahme den Betroffenen und den Angehörigen gilt. Natürlich sind immer noch unheimlich viele Fragezeichen offen. Wir können in diesem Fall hier nicht eine reine parteipolitische Diskussion über Schuld oder Nichtschuld führen, sondern wir wissen, da gibt es noch ganz viel zu hinterfragen.
Ich will aber eines einmal ganz deutlich sagen. Ein paar Punkte kristallisieren sich doch auch als Notwendigkeit für die weitere Diskussion heraus, die wir übrigens auch verabredet haben.
Aber als Erstes will ich etwas zum Thema „Hygiene“ sagen, etwas, was insbesondere die CDU nicht besonders im Auge hat. Angesichts der 200.000 ernährungsbedingten Infektionen pro Jahr haben die Forderungen von Rot-Grün in Richtung einer Hygiene-Ampel doch eine erhebliche Berechtigung.
Das Zweite, was man sagen muss, ist, wir haben jetzt im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Agrarpolitik und der entsprechenden Form einmal darüber nachzudenken, ob nicht Qualitätskontrolle stärker auch dort in die entsprechende Unterstützung einbezogen werden sollte.
Das Nächste ist Verbraucher- und Ernährungsbildung. Ich bin froh, dass wir im Koalitionsvertrag genau diesen Punkt aufgenommen haben; denn ganz viel hat auch seine Ursache in einem nicht mehr ausreichenden Hygiene- und Qualitätsbewusstsein von der Küche bis zum Betrieb. Da ist das richtig, was die Gewerkschaft IG Bau immer fordert, nämliche gute Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer, insbesondere auch für die Saisonarbeiter im Obst- und Gemüsebau.
Ich sage auch etwas zum Rahmen der politischen Vorstellungen. Man kann zumindest sagen, globale Warenströme verkleinern das Problem nicht. Es ist nicht so, dass „regional“ alles löst, aber ich denke, es ist schon wichtig, auch zu erkennen, dass hier in einem solchen Fall – EHEC ist leider nicht das einzige Problem – die Nachvollziehbarkeit und Herkunftsbezogenheit eine erhebliche Erleichterung bringen. Auch das beziehen wir in unsere Politik ein.
Was ich nicht will, ist, dass Kriegsgewinnler jetzt von der Situation profitieren, die Fastfoodverkäufer, die Pillen
verkäufer jetzt mit den Werbungen groß auftreten: Hier haben Sie Ihre Vitaminversorgung, cholesterinfrei. – Das kann wirklich nicht die Zukunft sein, sondern wir müssen mit Nachdruck dafür eintreten, dass Ernährung aller Menschen und auch der in unserem Bundesland wieder gut wird, und vor allem auch daran denken, dass ernährungsbedingte Krankheiten einen Riesenbatzen an Kosten im Gesundheitssystem verursachen. Ein diabetes- krankes Kind ist oft durch falsche Ernährung krank geworden; dem müssen wir durch gute Ernährung entgegenwirken. Dazu brauchen wir aber auch gutes Obst und Gemüse.
Andere hacken auf Bio ein, der „FOCUS“ zum Beispiel. Da will ich aber noch einmal darauf hinweisen, die Sprossen sind nicht der Ursprung, sondern sozusagen das Verbreitungsmedium. Auch da kann man jetzt nicht sagen, das trifft keinen konventionellen Bauern, oder es trifft keinen Biobauern. Letztendlich müssen wir uns damit auseinandersetzen – zumindest wahrscheinlich –, dass auch der Mensch hier ein Übertragungsmedium ist. Dass da alle drei Ministerien herangehen, ist auch die richtige Vorgehensweise.
Hier gibt es dann nicht mehr die Überschriften „Sprossen schuldig, Gurken frei“. Es ist nicht so einfach. Ich will auch keine Klage gegen die Warner auch im Bundesministerium führen. Ich finde, dass sie das richtig gemacht haben. Die Manöverkritik, die wir auch leisten wollen – das hat auch Frau Aigner angekündigt –, bezieht sich aber auch sehr stark auf den Bereich der Erzeugung. Da gilt das, was ich vorhin gesagt habe. Ich habe ein paar Mal angerufen. Ich habe mich mehrmals an das Ministerium gewandt, denn ganz so egal ist das wohl nicht, wie es den Erzeugern hier geht.
Das sind Tausende von Arbeitsplätzen und Hunderttausende EU-weit. Das sind betroffene Betriebe gerade in Rheinland-Pfalz. Wir sehen, wir haben hier einen großen Gemüsemarkt: 2.200 Hektar Sommersalat. – Herr Zehfuß weiß ganz genau, wovon ich spreche. Dazu kommen noch 1.500 Hektar Feldsalat und Rucola mit erheblichen Konsequenzen. Das ist schon wert, auch vonseiten der Bundesregierung einmal wahrgenommen zu werden.
Dann muss man auch sagen, es war unsere Landesregierung in Rheinland-Pfalz, die ganz schön dazu beigetragen hat, dass in Deutschland überhaupt etwas von den EU-Maßnahmen bei den Erzeugern ankommt.
Denn diese ganzen Maßnahmen konnten wir gar nicht anwenden, die dort angeboten worden sind, jedenfalls zum größeren Teil. Behoben wurden inzwischen einige Fehler. Mitglieder wie auch Nichtmitglieder von Erzeugergemeinschaftsorganisationen haben Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Inzwischen ist auf 50 % der durchschnittlichen Erlöse in den Jahren 2007 bis 2010 aufgestockt worden. Das Windhundverfahren, das wir
Wir waren zum Beispiel auch maßgeblich daran beteiligt, dass Nichternteverluste in die Entschädigung einbezogen werden. Das war vorher gar nicht drin. Ich finde, da hätte die Bundesregierung auch ohne Rheinland-Pfalz schon einmal darauf kommen können, dass das eine Situation ist, in der Deutschland dann leer ausgegangen wäre.
Gestern hat die Amtschefkonferenz stattgefunden, an der Herr Staatssekretär Dr. Griese teilgenommen hat. Auch dort haben die Länder den Bund noch einmal aufgefordert, in die finanzielle Unterstützung mit einzusteigen. Natürlich geht das einerseits auch in Richtung EU. Hier gibt es durchaus noch etwas nachzubessern; denn wir sind in der misslichen Situation, dass bestimmte Salate in diesem ganzen Programm enthalten sind, aber gerade Feldsalat und Rucola nicht. Das müsste mindestens in die Programme noch hinein. Das heißt, dieser Anwendungsbereich, die Produktpalette, muss erweitert werden. Das wird auch von den Ländern unterstützt. Das soll der Bund in Brüssel durchsetzen.
Dann haben wir noch Probleme bei der Vorfinanzierung der Erzeugerorganisationen. Auch das ist eine Sache, die die Erzeugerorganisationen so nicht leisten können. Hier brauchen wir ebenfalls Nachbesserungen.
Die Kontrolle zu 100 % würde ebenfalls dazu führen, dass die ganze Agrarverwaltung auch zu 100 % beschäftigt ist und Leistungen, die sie erbringen soll, die vom Berufsstand auch verlangt werden – eine vorzeitige Auszahlung oder möglichst frühe Auszahlung von Prämien –, dann nicht mehr leisten kann. Auch hier brauchen wir noch eine Verbesserung.
Jedenfalls ist mit einer Auszahlung der EU-Hilfen vor August nicht zu rechnen. Die Landesregierung hat bereits einiges in die Wege geleitet. Auch im Vorfeld wurden im Vorgriff auf die EU-rechtlichen Antrags- und Er- stattungsverfahren schon Informationen herausgegeben. Das DLR Rheinpfalz hat wegen der Rückfragen zur Erfassung der Schäden eine Hotline eingerichtet. Inzwischen haben wir auch die Zahlen, was alles schon gemeldet wurde. Bei den Nichtmitgliedern wird noch einiges hinzukommen. Das ist aber noch sehr fraglich, ob die EU-Mittel dafür überhaupt ausreichen.
Was wir noch getan haben, um einer Marktverunsicherung entgegenzuwirken, ist, all die Kontrollen durchzuführen. Der Kollege Hartloff hat das schon im Einzelnen dargestellt. Wir haben das auch noch durch einzelne Aspekte ergänzt. 700 Beprobungen liegen vor. Sie sind allesamt negativ, auch die im Bereich Gülle, Gärreste von Biogasanlagen usw. Das heißt, wir haben hier als Land sehr schnell gehandelt. Wir haben festgestellt, dass wir auch im Vergleich der Länder sehr gut dastehen. Mit dem Liquiditätshilfeprogramm der Bundesregierung, das Sie gerade erwähnt haben, wird ein Rahmen angeboten. Sie wissen genau, dass die meisten Betriebe das kaum in Anspruch nehmen können. Das Land hat immerhin da noch etwas draufgelegt. Ich denke, auch das sollten Sie unterstützen.
Unsere Anforderung an die CDU ist, dass Sie unsere berechtigten Forderungen an die Bundesregierung – einerseits hinsichtlich der EU-Nachbesserung, andererseits der finanziellen Unterstützung – mittragen, Sie diese auch von dem Berufsstand erhobenen Forderungen mittragen und die Lasten und Probleme dieser EHEC-Entwicklung nicht nur allein von Ländern und EU getragen werden, sondern auf alle Schultern verteilt werden. Da zählt die CDU im Bund durchaus auch dazu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jede Krise birgt auch die Gelegenheit in sich, etwas Neues zu lernen. Die EHEC-Krise ist für mich ein Lehrstück zu politischem Handeln. Ich lerne, das (politische) Sein prägt das Bewusstsein. Erinnern wir uns an Anfang des Jahres. Da hatten wir schon einmal eine Lebensmittelkrise. Im Zuge des Dioxin-Skandals hörte und sah man tagelang nichts von der Bundesregierung. Die zuständige Ministerin und die Staatssekretärin waren abgetaucht.
Jetzt machen Sie auf politischen Aktionismus und werfen uns Verzögerung vor. Für mich ist das schon ein Stück Dreistigkeit.