Protocol of the Session on September 27, 2012

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch den Aspekt erwähnen, auch wenn er manchmal ein bisschen in den Hintergrund tritt, aber es sei schon noch einmal an dieser Stelle ganz klar gesagt, Frauen haben auch einen anderen Führungsstil als Männer. Ich möchte nicht unbedingt sagen, dass dieser Führungsstil besser ist, aber es ist ein anderer Führungsstil, sozusagen eine andere Nuance, die da noch einmal hereinkommt. Ich glaube – dass zeigen auch die statistischen Werte –, überall dort, wo Frauen auch in den Aufsichtsräten von Unternehmen mitspielen, sind die Unternehmen atmosphärisch besser aufgestellt und machen sogar ökonomisch gesehen mehr Erfolge. Das sollte uns zu denken geben, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte aber an dieser Stelle nicht verhehlen, was ich von dem fehlenden Engagement unserer Bundesfrauenministerin in dieser Sache halte. Von der Bundesfrauenministerin – meine Generation –, eine junge Frau,

(Glocke des Präsidenten)

fühle ich mich, was die Generation der jungen Frauen angeht, nicht repräsentiert, meine Damen und Herren.

Ich habe nicht den Eindruck, dass sie sich für die Rechte von jungen Frauen in dieser Gesellschaft einsetzt, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat die Kollegin Kohnle-Gros das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lässt sich ganz gut ausrechnen, was die Plenarvorbereitungen anbelangt. Wir haben schon vorgestern darüber gesprochen, dass sie vermutlich einen solchen Antrag bringen werden und haben uns auch deswegen vorbereitet.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir wussten auch, worüber Sie reden wollen!)

Wir wussten immerhin auch, was Sie hier beantragen wollen. Sie haben formuliert, dass Sie sich über die Haltung der Landesregierung zu diesem Themenkomplex hier auseinandersetzen möchten. Wir haben uns gefragt, ob es eine Überraschung von dieser Seite gibt, ob die Landesregierung da etwas Neues mitzuteilen hat über das hinaus, was wir in den letzten Tagen und Wochen erfahren haben. Ich denke aber einmal, Sie wollten sicher auch ein Stück weit wissen, was die CDU hier im Landtag und in Rheinland-Pfalz zu diesem Thema denkt.

Meine Damen und Herren, es ist eigentlich etwas merkwürdig, dass wir uns jetzt als CDU öffentlich noch einmal dazu äußern müssen. Wir haben immerhin eine Bundeskanzlerin und Bundesvorsitzende. Ich glaube, das hatte noch keine andere Partei in Deutschland, wenn ich das richtig reflektiere.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben eine Landes- und Fraktionsvorsitzende. Das ist irgendwie ganz selbstverständlich. Wir fühlen uns auch, wenn ich das jetzt im Hinblick auf die Kolleginnen und Kollegen sagen darf, in der CDU-Landtagsfraktion jedenfalls mindestens zu 50 % aufgestellt.

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Schauen Sie mal ins Kabinett)

Ich will nur sagen: Das ist jedenfalls sehr auffällig. Das muss, denke ich, einmal gesagt werden. Aber ich will jetzt trotz allem feststellen – wir haben das ja auch in der letzten Plenarsitzung schon gemeinsam diskutiert, als wir über den Landesgleichstellungsbericht gesprochen haben –, dass es in der Tat sehr viele qualifizierte Frauen gibt, Frauen mit guten Abschlüssen. Das kann man gar nicht anders sagen; das ist einfach Fakt. Tatsächlich gibt es immer noch Bereiche, in denen die Zahl der Frauen nicht den Anteil widerspiegelt, der ihrer Ausbil

dung und ihrem gesellschaftlichen Anteil entspräche. Deswegen muss da auch etwas getan werden.

Frau Spiegel, Sie werden das sicher verstehen: Wir als CDU-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz sind der Meinung, dass das, was Frau Bundesministerin Kristina Schröder hier vorlegt, durchaus der wirklichen Situation entspricht und das ein gangbarer Weg ist, der zunächst auch, wenn ich das richtig sehe, relativ wenige Hürden aufbaut. Ich glaube, das ist in dieser gesellschaftspolitischen Debatte ganz wichtig, dass wir an das Thema so herangehen, dass wir möglichst viele – und in diesem Fall sind ja die Unternehmen in Deutschland gemeint – auf diesem Weg mitnehmen können.

(Beifall der CDU)

Ich will das an dieser Stelle schon sagen, aber wir werden das gern auch im Ausschuss noch gemeinsam diskutieren, und ich werde das Papier, denke ich, auch einführen. In Baden-Württemberg hat die SPD-Fraktion in einer Anfrage gefragt, was ihr Superminister für Wirtschaft und Finanzen denn von diesen Regelungen, von den Diskussionen auf europäischer Ebene usw. hält. Ich finde es sehr bemerkenswert: Er hat in der Beantwortung die Stellungnahmen sämtlicher Wirtschaftsverbände in Baden-Württemberg sehr ausführlich mit dargestellt, und er hat auch die europäische Situation – wie andere Länder in Europa diese Problematik bisher gelöst haben – noch einmal dezidiert und im Einzelfall dargestellt.

Ich glaube, es ist wirklich sinnvoll, dass wir uns das einmal anschauen und wir auch den Gesetzentwurf von Hamburg, über den wir eben schon etwas gehört haben, noch einmal besprechen.

Ich will nur ein Detail herausgreifen: In keinem europäischen Land gibt es eine Sanktion, wie sie dieser Gesetzentwurf vorsieht, nämlich dass man mehr Steuern zahlen muss, wenn man sich an diese Quotierung nicht hält. Das ist schon ein Punkt, über den man einfach noch einmal nachdenken muss, wenn man sich an so ein Gesetz heranmacht. Da möchte ich schon gern hören, was Sie dazu sagen.

Ich denke, es ist wirklich sinnvoll, über Wege nachzudenken, wie wir Frauen mehr fördern können – tatsächlich, realitätsbezogen und in absehbarer Zeit. Übrigens ist auch das ein Schwachpunkt dieses Gesetzentwurfs: Er spricht von 2028. So lange möchte ich eigentlich nicht mehr warten, muss ich ehrlich sagen.

(Beifall und Heiterkeit der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Man sollte noch einmal darüber nachdenken, ob das stimmen kann.

Frau Spiegel, Sie haben zu Recht verbindliche Rahmenbedingungen eingefordert. Sie meinen damit natürlich eine gesetzliche Regelung. Aber ich sage Ihnen – und das ist in dieser Anfrage aus Baden-Württemberg auch schön nachzulesen –: Verbindliche Rahmenbedingungen sind mehr, sind auf jeden Fall mehr als eine Quoten

regelung, ob sie jetzt als Flexi-Quote oder als gesetzliche Quote ausgestaltet ist.

In der Tat: Es geht darum, dass wir allen Frauen, egal welche persönliche Entscheidung sie in Bezug auf ihr Familienleben, ihre Lebensgestaltung, ihre berufliche Karriere treffen, die gleichen Möglichkeiten geben. Da gibt es noch ganz viele Defizite. Wir haben nämlich wirklich noch Rahmenbedingungen, mit denen Frauen ausgeschlossen werden.

Lassen Sie mich im Hinblick auf Europa sagen: Es macht auch einen Unterschied, ob Frauen in Deutschland – wir haben es in der letzten Plenarsitzung ja für Rheinland-Pfalz gesehen – überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen tätig sind, jedenfalls zu einem weitaus höheren Anteil als in anderen europäischen Ländern, zum Beispiel in Skandinavien. Mit einem anderen Erwerbsgrad ergeben sich natürlich auch andere tatsächliche Voraussetzungen, die sie mitbringen.

(Glocke des Präsidenten)

Lassen Sie uns also noch einmal in Ruhe über diese Dinge diskutieren.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Dr. Machalet das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! 2001 gab es die erste freiwillige Selbstverpflichtung zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen, insbesondere auch in Vorständen und Aufsichtsräten von Großunternehmen. Ich habe das schon damals ziemlich kritisch gesehen, weil klar ist, dass freiwillige Selbstverpflichtungen nicht zwingend auch zu Verbesserungen führen. Gerade im Bereich der Aufsichtsräte gibt es dafür auch, wie ich denke, nachvollziehbare Gründe.

Zu diesen Gründen zählt sicherlich, dass es dort um Macht und Prestige geht. Aber – und dieses Argument ist bisher, glaube ich, wenig berücksichtigt – dort geht es vor allem um verdammt viel Geld. Schauen wir uns die Gehälter der Aufsichtsratsvorsitzenden einmal an. DAXUnternehmen 2011: Ferdinand Piëch, Volkswagen: 785.500 Euro; Cromme, Siemens: 584.000 Euro. Die erste Frau folgt auf Platz 7, Simone Bagel-Trah von Henkel mit 400.000 Euro, also schon nur noch etwa der Hälfte dessen, was Herr Piëch verdient.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Da geht es also, wie gesagt, um verdammt viel Geld. Es ist klar, dass Männer in Aufsichtsräten davon natürlich ungern etwas abgeben. Ich glaube, das können wir als Kommunalpolitiker auch ein Stück weit nachvollziehen. Wenn ich mir anschaue, wie die Verwaltungsräte von Sparkassen besetzt sind, stelle ich fest, dass es dort

meistens auch so ist, dass zuerst die Jungs die Hand heben und es für Frauen relativ schwierig ist zu sagen: Ich will aber auch! – Das traut man sich dann oft nicht, auch weil die Männer ja schon relativ lange auf solchen Posten sitzen.

Seit 2001 ist also relativ wenig passiert. Erst seitdem das Thema „Frauenquote“ wieder von Journalistinnen auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, diskutieren wir darüber. Was allerdings auffällt, in der ganzen Diskussion gibt es in den letzten Monaten ziemlich viel Hickhack. Schröder ist gegen eine feste Quote, von der Leyen ist für eine feste Quote.

(Frau Klöckner, CDU: Diskussion, Debatte ist das! Ist doch in Ordnung! Oder soll man alles nur vorgeben?)

Ja, es ist eine Debatte. Es gibt bis jetzt aber wenige Entscheidungen und vor allem nur wenig Fortschritt. Das habe ich auch in der letzten Debatte zum Landesgleichstellungsgesetz schon gesagt: Die Flexi-Quote ist meiner Ansicht nach ein Flexi-Flop, und es ist gut, dass der Bundesrat am letzten Freitag eine klare Haltung geäußert hat und sich für eine verbindliche Quote ausgesprochen hat.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich finde es schon sehr mutig von Frau KrampKarrenbauer und von Herrn Haseloff, dass sie die gesellschaftliche Notwendigkeit anerkannt und akzeptiert haben. In dem Entwurf heißt es in der Begründung, der Anteil weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft sei gering. Er liege in Aufsichtsräten bei etwas mehr als einem Zehntel. Damit widerspreche die Rechtswirklichkeit dem in Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes niedergelegten Gleichheitsgrundsatz von Frauen und Männern in eklatanter Weise. Das ist richtig, und es ist gut, dass sich die beiden dazu geäußert und sich positioniert haben.

Im Entwurf – Sie haben es eben angesprochen, Frau Kohnle-Gros – ist eine Stufenvariante vorgeschlagen. Ab 2018 soll die Quote in Aufsichtsräten der DAXUnternehmen auf 20 % erhöht werden, bis 2023 – also nicht 2028 – auf 40 %. Ich glaube, das ist ein sehr moderater Weg. Er ist auch realistisch, weil sich die Unternehmen vorbereiten und darauf einstellen können.

Ich finde es, ehrlich gesagt, etwas peinlich, dass die „Abweichler-MPs“, so nenne ich Sie einmal – Frau Kramp-Karrenbauer und Herr Haseloff –, jetzt zum Rapport bei der Kanzlerin zitiert werden. Sie haben ja eben gesagt: Wir haben eine Kanzlerin, und wir haben eine Landesvorsitzende.

Es ist schon merkwürdig, dass Sie sich dafür rechtfertigen müssen.

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Das ist „merkelwürdig“!)

Das spricht im Prinzip den beiden die Souveränität für politische Entscheidungen ab.

Wenn man sieht, wie jetzt wieder zum Thema „Frauenquote“ gerade auch vonseiten der FDP argumentiert wird, nämlich die Qualifikation und nicht das Geschlecht soll entscheiden, dann muss ich sagen, dass mir das wirklich langsam zum Hals heraushängt. Wenn man in Unternehmen schaut, bei denen 50 % der Belegschaft Frauen sind und der Anteil im Aufsichtsrat bei noch nicht einmal 20 % liegt, können wir nicht sagen, dass nur diese 20 % der Frauen, aber 80 % der Männer qualifiziert sind.