Protocol of the Session on September 27, 2012

Liebe Frau Thelen! Ihre Rede vorhin war gar nicht so rabiat, wie das vorher in den Pressekonferenzen dargestellt war. Das hat mich schon etwas verwundert.

(Fuhr, SPD: Kreide gefressen!)

Die Verbände und diejenigen, die angehört wurden, werden genau beobachten, wer ihre Argumente – natürlich haben Sie gute Argumente, weil Sie sie von denen übernommen haben –

(Frau Thelen, CDU: Wir teilen sie, ganz einfach!)

für politisches Theater nutzt oder wer verantwortlich mit den Anregungen und mit der Kritik umgeht und sie in den Verfahrensprozess einbringt.

(Frau Thelen, CDU: Enttäuschen Sie mich nicht!)

Die Vertreter der Lebenshilfe, der Diakonie und des BBA waren auch bei mir. Ich habe das auch ernst genommen, aber was Sie damit gemacht haben, ist politisches Theater.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wird Ausschussüberweisung beantragt? –

(Frau Kohnle-Gros und Frau Thelen, CDU: Ja!)

Eine Ausschussüberweisung wird beantragt. Dann lasse ich zuerst über die Ausschussüberweisung abstimmen. Wer ist für die Ausschussüberweisung? – Wer ist gegen die Ausschussüberweisung? – Enthaltun- gen? – Damit ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich komme dann zur Abstimmung über den Antrag selbst – Drucksache 16/1525 –, Antrag der Fraktion der CDU „Wohnen im Alter – Betroffene nicht mit überzogenen Regelungen belasten“. Wer ist für diesen Antrag? – Wer ist gegen diesen Antrag? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zu Punkt 13 der Tagesordnung:

Klarheit über Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1653 –

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Schmitt das Wort. Sie haben eine Redezeit von fünf Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen beschäftigen sich seit Längerem intensiv mit der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, weil sie erhebliche wirtschaftliche und strukturpolitische Auswirkungen auch für RheinlandPfalz haben wird und wir mit dem, was der Bund derzeit vorgelegt hat, sehr unzufrieden sind. Ich glaube, wir machen uns zu Recht große Sorgen um die jetzigen Standorte, die wir hier in Rheinland-Pfalz haben.

Ich will gleich zu Beginn klarstellen – das steht auch so in dem Antrag –, wir sind nicht grundsätzlich gegen Reformen. Es gibt natürlich immer wieder Dinge, die hinterfragt werden müssen. Einsparpotenziale kann man aufzeigen. Wir sind aber da der Auffassung, dass das sachgerecht passieren und vor allen Dingen mit den Betroffenen ausreichend besprochen werden muss. Das sind natürlich nicht nur die Beschäftigten, sondern in diesem Fall auch die Länder, in diesem Fall RheinlandPfalz. Das ist bisher nicht passiert. Deswegen fordern wir das mit unserem Antrag massiv ein.

Das, was vorgelegt wurde, hat aus unserer Sicht gravierende Mängel mit gravierenden negativen Auswirkungen. Da, wo wir jetzt vor Ort eine fachgerechte und auch sehr qualifizierte Aufgabenwahrnehmung haben, kommt es im wahrsten Sinne des Wortes zur Zerschlagung von Ämtern, ohne dass im Ansatz jetzt schon klar ist, wie das in Zukunft überhaupt mit sehr weit entfernt gelegenen Dienststellen oder über Private geleistet werden soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben den sozialen Folgen für die Beschäftigten und Auszubildenden befürchten wir auch, dass uns enormes Fachwissen – regionalspezifisches Fachwissen – abhandenkommt und verloren geht, das wir vor Ort aber dringend brauchen. Denken Sie alle noch einmal an die Havarie der „Waldhof“ zurück. Da war es ganz wichtig, dass das vor Ort vorhanden war. Ich habe die Befürchtung, dass das zukünftig drastisch erschwert werden könnte.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus unserer Sicht können wir auch nicht einfach hinnehmen, dass ohne eine klare Aufgabenzuständigkeitsverteilung allein in Rheinland-Pfalz mehrere Hundert Planstellen abgebaut werden. Betroffen sind besonders Mainz und Koblenz. Ich war zusammen mit unserem Fraktionsvorsitzenden Hendrik Hering in Koblenz. Da hängt vor der Tür in der Tat noch das Bauschild der laufenden Baumaßnahme. Der Bund investiert Millionen, und inzwischen wissen wir, dass dieses Amt bis 2020 genau wie alle anderen Stellen, die vorübergehend zu

Außenstellen werden, endgültig aufgelöst wird. Was macht das denn für einen Sinn, jetzt erst einmal Millionenbeträge in die Hand zu nehmen und dann zu sagen, aber 2020 ist Schluss?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das ist auch nicht die Offenheit, die das Parlament, die wir als Rheinland-Pfälzer verdient haben. In der „Süddeutschen Zeitung“ gab es vor zwei oder drei Wochen die passende Überschrift „Schiffbruch auf bayerisch“.

Was für die Bayern zutrifft, befürchten wir auch in Rheinland-Pfalz. Der bayerische Ministerpräsident habe, so wird berichtet, mit der Überschrift seines Briefes – „lieber Peter“ – noch die freundlichste Formulierung gefunden; alles andere sei sehr drastisch gewesen. Die Reform, so sagt er, sei halbfertig, unausgegoren, zusammengeschustert – also „anerkennendes Lob“ für den Bundesverkehrsminister.

Aus meiner Sicht füge ich hinzu, die Reform ist auch nicht logisch; denn das, was wir heute Morgen in Sachen Moselschleusenausbau diskutiert haben, stellt die Reform ja auf den Kopf. Da sollen in Zukunft nämlich – laut Ramsauers Vorstellung – Mittel ganz gezielt für Wasserstraßen investiert werden, mit der höchsten Prioritätsstufe. Das Gegenteil davon, so haben wir heute Morgen gehört, ist mit den Investitionen in Salzgitter der Fall. Auch das macht deutlich: Ramsauer weiß überhaupt nicht, wohin er will.

Deswegen bin ich sehr froh, dass die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion jetzt noch kurzfristig unseren Antrag mit unterstützen.

Ich bedanke mich noch einmal bei den Dienststellen, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die uns von der SPD wertvolle Hinweise mit auf den Weg gegeben haben.

Ich denke, Frau Klöckner sollte jetzt ihre Ankündigung umsetzen und ein ernstes Wörtchen mit dem Kollegen Ramsauer reden. Mal schauen, was dabei rumkommt. Unsere Unterstützung hat sie dafür jedenfalls ausnahmsweise.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Für die Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Biebricher das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwal

tung ist grundsätzlich richtig und wichtig, um das einmal ganz eindeutig zu sagen. Sie ist angesichts der angespannten Situation der öffentlichen Haushalte und dem schon seit vielen Jahren mahnenden Zeigefinger des Bundesrechnungshofs längst überfällig. Es ist sinnvoll, dass die Bundesregierung dieses Thema angepackt hat.

Ziele wie die Sicherung einer leistungsfähigen, effizienten und für die Steuerzahler kostengünstigen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die Verschlankung der WSVStrukturen, die nachhaltige Absicherung der Fachkompetenz in der WSV trotz Stellenabbau und Fachkräftemangel – um nur einige zu nennen – sind vernünftig und nachvollziehbar.

Aber einiges von dem – da gebe ich Ihnen recht, Frau Kollegin Schmitt –, was der Fünfte Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Deutschen Bundestag hinsichtlich der Anpassung der Aufbauorganisation zur Erreichung dieser Ziele, besonders Rheinland-Pfalz betreffend, plant, muss sehr kritisch hinterfragt werden.

Die Herabstufung der bestehenden sieben regionalen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen zu bloßen Außenstellen einer in Bonn neu zu schaffenden Generaldirektion lässt befürchten, dass die Geschäftsabläufe erheblich komplizierter werden, als es bislang der Fall war. Kompetenzen, die bisher in einer Hand waren, sollen künftig auf mehrere Stellen verteilt und von Bonn aus koordiniert werden. So würde beispielsweise die Verlängerung einer Schleuse statt der Inanspruchnahme lediglich des regionalen Bauamtes die Involvierung von vier über ganz Deutschland verteilten Baubehörden erfordern.

Ernste Konsequenzen – Sie haben das angesprochen – könnte es auch haben, wenn bei einer Havarie Eile geboten ist, wenn sich aber erst einmal verschiedene Dienststellen gegenseitig Mitarbeiter und Material leihen müssen, und das mit extremen zeitlichen Verzögerungen, die sich fatal auswirken können. Bisher blieb im Falle einer Havarie alles in einer Hand. Aber durch die geplante Aufteilung der Aufgaben zwischen revierbezogenen Ämtern und Betriebs- und Unterhaltungsämtern käme es zu deutlich längeren Bearbeitungszeiten und wesentlich mehr Schnittstellen. Die Entfernung zum Kunden würde je nach Havarieort gewaltig wachsen und die Fehlerhäufigkeit wegen der Doppelzuständigkeit ansteigen.

Die Herabstufung der bisherigen sieben Direktionen der WSV zu Außenstellen der neuen Zentraldirektion wäre aber auch mit erheblichen Konsequenzen für die Mitarbeiter selbst verbunden. Allein 2.500 sind es bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest mit Hauptsitz in Mainz, die in neun Ämtern und 20 Außenbezirken 1.183 Kilometer Bundeswasserstraßen verwaltet.

Durch die Reform droht nicht nur der Verlust der angestammten Aufgaben, sondern auch von Arbeitsplätzen. Ein Personalabbau, der wohl unumgänglich sein wird, muss auf jeden Fall sozialverträglich laufen – da sind wir uns einig. Das hat Minister Ramsauer aber auch bereits angekündigt, als er erklärte, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen, keine Versetzungen gegen den

Willen der Mitarbeiter und keine Gehaltseinbußen geben werde.

(Beifall der CDU)

Geplant ist bisher, dass bis 2023 in der gesamten WSV 2.600 Planstellen abgebaut werden. Denn wie wir inzwischen wissen, ist langfristig die Schließung von Außenstellen der Generaldirektion Bonn ebenso geplant wie die nachgeordneter Dienststellen. Im Einzelfall erscheint mir das jedoch sehr vorschnell und nicht durchdacht.

Sie haben das Beispiel Koblenz gebracht, meine Heimatstadt. Das kenne ich sehr gut. Koblenz liegt, wie Sie wissen, am Zusammenfluss von Rhein und Mosel, zudem in nächster Nähe zu Lahn und Nahe. Das ist ein natürlicher und logischer Standort für ein Wasser- und Schifffahrtsamt. Dennoch soll dieser bis 2020 gänzlich aufgelöst werden. Bisher ist es mit 451 Beschäftigten eines der größten Ämter der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in ganz Deutschland. Neben der zentralen Lage, die unter anderem auch den schnellen überregionalen Einsatz der in Koblenz bereitstehenden Wasserfahrzeuge und Gerätschaften ermöglicht, verfügt Koblenz über eine hochmoderne und leistungsfähige Logistik. Viele Millionen Euro sind hier erst vor kurzer Zeit investiert worden, um eine effiziente Infrastruktur zu schaffen. Nicht nur für die Betroffenen selbst ist es schwierig nachzuvollziehen, warum dies jetzt alles wieder aufgegeben werden soll.

(Beifall der CDU und des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber kritisch ist auch zu bewerten, dass die Reform ganz und gar nicht kundenfreundlich ist. Durch die Schließung einzelner Standorte droht den mittelständischen Unternehmen der Binnenschifffahrt sowie Bürgern, die eine Genehmigung benötigen, der Verlust eines einheitlichen und wohnortnahen Ansprechpartners. Allein in Koblenz kümmert man sich jährlich um 2.200 Nutzungs- und Pachtverträge. Etwa tausend Kunden melden persönlich ein Sportboot an oder sprechen in Patentangelegenheiten vor. Annähernd tausend strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigungen werden ausgestellt. Die große Mehrzahl dieser Kunden hat Liegestellen in der Moselmündung, in den Häfen Koblenz, Bendorf, Andernach. Die Großstadt Koblenz bedingt auch eine wassersportliche Nutzung mit entsprechenden Nutzern.

Meine Damen und Herren, eine sachgerechte Aufgabenerfüllung erfordert eine starke regionale Präsenz der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Dies gilt ganz besonders für die WSD Südwest in Mainz, weil sie die einzige Wasser- und Schifffahrtsdirektion am Rhein ist. Der Rhein ist nun einmal die wichtigste Binnenwasserstraße Europas.

Meiner Überzeugung nach muss die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung dort Präsenz zeigen, wo Aufgaben anfallen. Nur so ist unnötige Bürokratie, nur so sind lange Wege vermeidbar. Daher ist es wichtig, dass für die Standorte der WSV in Rheinland-Pfalz alternative Lösungen geprüft werden, die deren dauerhaften Erhalt in wirtschaftlich sinnvoller Weise sichern.

Vor allem aber ist es auch wichtig, dass mit den Betroffenen vor Ort gesprochen wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Fachleute in den jeweiligen Ämtern sollte man in den Entscheidungsprozess einbinden und ihre Erfahrungen sowie ihren Sachverstand nutzen.

Die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, ist Mitunterzeichnerin des vorliegenden gemeinsamen Antrags. Ich freue mich, dass wir das zusammen hinbekommen haben; denn es ist uns wirklich sehr wichtig, dass wir ein gemeinsames Signal aussenden, dass sich der gesamte rheinland-pfälzische Landtag einmütig für den Erhalt der rheinland-pfälzischen Standorte der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung stark macht, und zwar nicht aus gebietsegoistischem Denken, aus Lokalpatriotismus oder Reformunwilligkeit, nein, weil es von der Sache her vernünftig und geboten ist, und in der Hoffnung, dass man damit dazu beitragen kann, dass die bisher vorliegenden Planungen nochmals überlegt, diskutiert und hoffentlich auch noch verändert werden können.