Herr Hoch war beispielsweise stets zur Stelle, wenn es darum ging, die Landesregierung zu verteidigen, aufstrebend. In einer Pressemitteilung der SPD-Fraktion vom 10. Februar 2011 heißt es – Herr Hoch, Zitat –: „Neukonzeption am Nürburgring war wirtschaftlich sinnvoll. (…) Die Zukunftskonzeption hat im Untersuchungsausschuss nichts verloren. Anhaltspunkte für missbräuchliches Handeln haben sich heute nicht ergeben. (…) “. Herr Hoch, dieses blinde Sekundieren muss Ihnen heute doch verdammt peinlich sein.
Oder stehen Sie noch immer zu dem, was Sie damals stramm vertreten haben? Sie wissen ganz genau, ich habe noch ein paar Zitate dazu. Es wird nicht besser für Sie, wenn ich sie vorlese.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, kam denn die Pleite für Rot-Grün wirklich so überraschend? Warnungen und Unwetterwolken haben das Projekt von Anfang an überschattet. Niemand konnte das übersehen.
Herr Ministerpräsident, Herr Innenminister und Herr Finanzminister, deshalb frage ich Sie: Haben Sie wirklich erst im Juli 2012 gewusst, dass die Nürburgring GmbH überschuldet ist?
Im März 2011 erschien Teil II des Rechnungshofberichts. Darin heißt es: „Die Pachtzahlungen der Betreibergesellschaft von Richter und Lindner werden nicht ausreichen, um die Zinszahlungen und die Abschreibungen für den Nürburgring abzudecken.“ – Das heißt doch im Klartext: Direkter Marsch in die Pleite! Festgestellt im Jahr 2010, publiziert im März 2011 und zugegeben in diesem Jahr. – Mir kann keiner weismachen, die böse EU hatte Sie einmal kurz gestoppt, weil sie nicht entscheiden wollte. Mit der Nummer kommen Sie nicht mehr durch.
Sie kannten doch den Verlauf des Geschäftsjahres 2011 am Ring, der aufgrund der Besucherzahlen weit unter den Größenordnungen für einen rentablen Betrieb lag. Ich will Ihnen noch eines sagen: Es waren nicht nur die bösen Beraterfirmen. – Ich selbst bin am Nürburgring gewesen, habe mir eine Karte gekauft und bekam sofort eine neue Karte. Ich habe gefragt, was ich mit der Karte machen soll. Daraufhin wurde mir gesagt, dass die neue Karte für den nächsten Besuch ist. Ich habe gesagt, dass ich nicht weiß, wann ich das nächste Mal komme. Dann wurde mir gesagt, dass ich schon einmal gezählt bin.
Ich habe es weder mit der Omnipräsenz noch mit dem Klonen. Ich finde, es ist beachtlich, wie Zahlen getürkt und manipuliert wurden. Sie können mir doch nicht erzählen, dass das die Beraterfirma zu Ihnen gesagt hat. Das ist doch Ihre eigene Verantwortung. Das wurde auch von unseren Kollegen bereits gesagt.
Nach den Presseberichten lag Ihnen am 16. Mai 2012 das Gutachten von Dornbach und Partnern vor. Darin steht – den Presseberichten zufolge –, dass die Nürburgring GmbH über 400 Millionen Euro Schulden hat. Das Vermögen kann aber nur auf 90 bis 126 Millionen Euro geschätzt werden, und das auch nur bei optimistischer Berechnung. Die Schulden sind viermal so hoch wie das Vermögen. Sie haben einfach weitergemacht, als ob nichts wäre.
Sie sind einfach frohgemut in den Urlaub gefahren. Haben Sie wirklich gemeint, mit einer neuen Finanzspritze von lediglich 13 Millionen Euro wäre an dieser dramatischen Überschuldung irgendetwas zu ändern gewesen und die EU hätte nur grünes Licht geben müssen?
Das ist eine Mischung aus Leichtsinn, vorsätzlicher Verschleierung und Rat- und Hilflosigkeit. Sie haben über die Wahl hin von dem vergeblichen Versuch gelebt, sich immer noch weiter durchzuwursteln, ohne zu wis
sen, wie das jemals wieder gut werden sollte. Jetzt kommt die Wahrheit. Juristische Schlussfolgerungen ziehe ich nicht.
Herr Ministerpräsident, ich bin der Meinung, dass Sie auch Ihre Pflichten verletzt haben. Sie sind nicht fähig, mit den Finanzen und dem Vermögen dieses Landes verantwortungsvoll umzugehen. Wenn es eng wird – das hat mich heute, das muss ich Ihnen ehrlich sagen, enttäuscht –, sind immer die anderen schuld.
Ich habe gestern Ihr Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen. Ich weiß nicht, in welcher Parallelwelt Sie sich bewegen. Ich meine, in einer solchen Situation ein solches Interview zu geben, tut mir mehr als leid. Gestern Abend haben Sie im SWR gesagt – ich kann es nicht wörtlich sagen, kann es aber gern nachschlagen –, dass Sie sich nicht entschuldigen. Heute sagen Sie aber, dass Sie sich entschuldigen. Das ist ein Schritt. Man ist mittlerweile für Kleinigkeiten dankbar.
Herr Ministerpräsident, Sie sagen dann, dass die anderen schuld sind. Ich habe einmal mitgeschrieben. Sie haben gesagt: Man hat Fehler gemacht. Da gab es Gutachten. – Sie haben immer alles weit weg von sich geschoben. Sie haben nie „ich“ gesagt. Sie waren aber dabei, als Boris Becker dort war. Das ist wohl Ihre Bildungsförderung, nämlich für drei Auftritte 450.000 Euro zu bezahlen. Davon würden unsere Schulen besser werden. Das kann ich Ihnen sagen.
Sie waren immer dabei. Wenn es etwas zum Verkünden gab und etwas erfolgreich aussah, haben Sie immer die Ich-Position vertreten. Wenn es etwas abzuschieben gibt, sind es die anderen, nämlich die Gutachter, die Berater, die Pächter, die Bundesregierung und die EU. Sie werfen dann noch in dieser ominösen Pressekonferenz der EU vor, sie hätte Sie hängen lassen.
Dass die Landesregierung inklusive Frau Ministerin Lemke – ganz gleich, wie Sie jetzt versucht, es zu drehen – nun Brüssel für die neuen Entwicklungen verantwortlich machen will, ist nicht nur ein schlechtes, sondern auch ein denkbar ungeeignetes Ablenkungsmanöver. Sonntags redet die SPD immer ganz gerne staatsmännisch für die EU und will den Europäer geben, aber mittwochs schickt die SPD die EU als bösen Buben vor. Das ist eine billige und ziemlich unwürdige Nummer.
Es zeugt von einem merkwürdigen Rechtsverständnis, der EU-Kommission zu unterstellen, sie beschneide – wie Frau Lemke twitterte – den Rechtsschutz. In Brüssel wird nach gültigem EU-Recht gehandelt. Übrigens erwarte ich von meiner Landesregierung auch, dass sie sich nach geltendem Recht verhält.
Die Landesregierung hätte sich besser vorher schlaugemacht. Brüssel schiebt nun dem unheilvollen Verschleierungssystem Beck, Lewentz und Co. den Riegel vor. Das ist nicht dramatisch, sondern für die Steuerzahlerinnen und -zahler gut. Es ist nur traurig, dass es so weit kommen musste.
Diese Argumentation als Muster ist uns bekannt. Wir haben viele Beispiele dafür, wie Sie mit Voten unabhängiger Institutionen umgehen. Wir wissen, was der Ministerpräsident einmal über den unabhängigen Landesrechungshof sagte. In einem Interview eines Regionalprogrammes sagte er, da wird „viel dumm‘ Zeug geredet“. Weiterhin hat er von einer Maßlosigkeit, wie er sie selten erlebt hat, gesprochen. Als das Bundesverfassungsgericht Ihrem früheren Justizminister einen „Verfassungsbruch“ bescheinigte, nannten Sie das nur eine „Bagatelle“.
Ich komme zum 18. Juli zurück. Der Ministerpräsident trat – brav eskortiert von drei Ministern – vor die Presse. Alle vier taten betroffen erschrocken. Die EU erlaube nicht, dass Geld fließe. Deshalb sei der Nürburgring jetzt in eine Schieflage geraten.
In der Pressekonferenz sagten Sie, Herr Ministerpräsident, Sie halten sich offen – Zitat – „rechtlich gegen Brüssel“ vorzugehen. Ich frage Sie einfach einmal: Auf welche rechtliche Grundlage stützt sich die Landesregierung? Wo wollen Sie rechtlich gegen Brüssel vorgehen? Wie sehen Sie die Chancen, und was bezwecken Sie mit diesem rechtlichen Vorgehen?
Ich bin ein bisschen um die Minister besorgt. Vielleicht kann uns Europaministerin Frau Conrad Auskunft geben. Ich weiß gar nicht, wo sie war. Sie ist Europaministerin. Zum Wahlsieg von Herrn Hollande ergriffen Sie zwar das Wort, aber dann waren Sie in dieser Sache auch auf Tauchstation.
Bei dieser Pressekonferenz wurde dann auch noch ein Schulterschluss mit der Bundesregierung suggeriert. Dies wurde bewusst vage formuliert, aber so offen gelassen, dass die Öffentlichkeit meinen konnte, auch die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister seien über die Brüsseler Entscheidung erbost.
Da die rot-grünen Fraktionen gehorsam alles nachplappern, griffen sie – ich glaube, es waren die GRÜNEN – die CDU in einer Pressemitteilung im letzten Satz an, dass die CDU wohl nicht wüsste, dass die Bundesregierung die Sichtweise der Landesregierung teile. Ich fand, das war spannend.
Das sieht die Bundesregierung aber ganz anders. Ein Telefonat mit der Kanzlerin, dem Bundesfinanzminister, der EU-Kommission und dem Wirtschaftsministerium – diese bringen Erhellung in das Ganze – ergab, dass sich alle unisono über diese kreative Interpretation in Mainz erstaunt zeigten.
Wenn die Bundesregierung formal Anträge der Landesregierung weiterreicht, weil nicht das Bundesland sie an Brüssel weiterreicht, und die Bundesregierung Kontakte und Gespräche vermittelt, ist das ein freundlicher Akt. Ich finde, es ist aber unanständig, daraus einen inhaltlichen Schulterschluss zu ziehen. Sonst lassen Sie keine Gelegenheit aus, der Bundesregierung gegen das Schienbein zu treten.
Herr Wiechmann, wenn Sie anderes von der Kanzlerin wissen, freut mich das. Telefonieren Sie mit ihr! Sagen Sie mir es! Dann werden wir es gegenüberstellen. Das tun wir gerne.
(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat mit einem freundlichen Akt nichts zu tun! Das ist einfach Quatsch, was Sie sagen!)
Ja, es ist alles Quatsch, was wir sagen. Sie schützen den Ministerpräsident. Er hätte nichts falsch gemacht. Ich kann mich gerne in Ihre Sichtweise einklinken und sagen, dass wir das anders sehen.
Es gab Berliner Warnungen, dass es hier um Dauersubventionen gehen könnte. Sie kennen diese Warnungen. Rot-Grün im Land ist bestens die Bundestagsdrucksache 17/1174 vom 24. März 2010 bekannt. Darin heißt es in Frage Nummer 8: „Gibt es Fördermittel, die in der Vergangenheit genutzt worden sind, die gegen das EURecht verstoßen?“
Antwort: „Im Jahr 2003 entschied die Europäische Kommission auf Basis der Beschwerde von Konkurrenten, dass die Förderung eines Freizeitparks in Bremen gegen die europäischen Beihilferegeln verstieß und ordnete die Rückzahlung des rechtswidrigen Vorteils an (…)“ – Man hätte es wissen müssen. Aber die Landesregierung hatte es nicht für notwendig erachtet, in Brüssel die Beihilfen vorher zu notifizieren, obwohl es interne Vermerke gab, die davor warnten, es nicht zu tun.
In einer gewissen Bauernschläue glaubte also der Ministerpräsident, wenn wir in Brüssel nichts anmelden, dann wird uns schon das Schwert des Durchführungsverbotes nicht ereilen. Ganz clever wird dann auf den sogenannten Opel-Kredit verwiesen. Der Kredit sei auch rechtens gewesen.
Sehr geehrte Herren, mindestens einen gravierenden Unterschied gibt es. Dieser Kredit war zuvor in Brüssel notifiziert worden. Die Entscheidung kam sogar schnell. Wenn man will, geht das auch. Es ist schon eine schwache Ablenkungsnummer, wenn Sie sich jetzt wundern, dass die EU sorgfältig prüft, nachdem sie monatelang hinters Licht geführt worden ist.
Als EU-Bürgerin erwarte ich, dass die EU-Kommission sorgfältig vorgeht und sich an Gesetze hält. Die rotgrüne Dolchstoßlegende, wonach die EU die Verantwortung für das Insolvenzverfahren trage, ist ein ganz platter rot-grüner Täuschungsversuch. Zur Insolvenz kam es nicht, weil sich die EU verweigerte, sondern weil die Beck’sche Amüsiermeile am Nürburgring dauerhaft Verluste und keine Gewinne brachte.
Wenn wir uns künftig über die Haushalts- und Finanzpolitik der Griechen beschweren, wird man von Athen aus mit dem Finger nach Mainz und auf Kurt Beck und sein Kabinett zeigen.
Die EU hat die Verluste für die rheinland-pfälzischen Steuerzahler begrenzt. Wäre es nach dem mittlerweile verschwisterten Lemke/Beck-Team gegangen, wären die Steuermillionen endlos in dieses Fass ohne Boden geflossen. Frau Lemke sagte noch vor einiger Zeit, sie hätte jetzt einmal endlich einen Boden in dieses Fass gezogen. So dicht war wohl dieser Boden nicht.
Die GRÜNEN sind am Nürburgring nicht mehr Aufklärer, sondern Komplizen der SPD. Wirtschaftsministerin Lemke steht mit beiden Beinen fest im Beck’schen Nürburgringsumpf. Das unterwürfige Verhalten der grünen Wirtschaftsministerin, die dem Ministerpräsidenten attestierte, keine Fehler gemacht zu haben, ist peinlich.
Frau Lemke, ich kann Sie ein bisschen verstehen. Sie haben auf der einen Seite Ihre grüne Basis, die mit Verve und Herzblut zusammen mit der CDU, mit dem Kollegen Europaabgeordneten Werner Langen, vor der Wahl vorgegangen ist. Sie haben Ihre grüne Basis, die sich die Augen reibt. Auf der anderen Seite sind Sie in der Koalition und bewegen sich wie eine Abrissbirne zwischen beiden Extremen. Es ist klar, dass das nicht gut gehen kann.
Beide sind mit einer Nürburgring-Legende bei der vergangenen Landtagswahl ins Amt gekommen. Der Herr Ministerpräsident hat den Bürgerinnen und Bürgern ein Erfolgsmodell vorgegaukelt. Frau Lemke hat Transparenz und Aufklärung versprochen. Beide haben gemauschelt und ihr Versprechen gebrochen.