Das Finanzierungsmodell war eine einzige Lachnummer, und beschäftigt hat sich jetzt die Staatsanwaltschaft damit. Die versprochenen Investoren kamen nicht. Die wurden nie gesichtet. Aber – das war genau der Punkt, und dies werfen wir Ihnen vor – dieses Beck-Projekt musste zu Ende gebracht werden, koste es, was es wolle, und drücken Sie nicht auf die Tränendrüse, dass Ihre Prestigeprojekte die Ausbildung junger Menschen sei. Hier haben Sie das Geld für diese Ausbildung verzockt. Das ist genau die richtige Ehrlichkeit.
Wir wissen, Doktoren- und Professorentitel beeindrucken den Herrn Ministerpräsidenten. Deshalb hat er Herrn Professor Dr. Deubel alles geglaubt, sogar gesagt, er hätte das Finanzkonstrukt verstanden.
Aber er sagt, er hätte es verstanden. Chapeau, Herr Ministerpräsident! Er war der Einzige, der es neben Herrn Professor Dr. Deubel verstanden hat. Wenn Sie alles wirklich verstanden hatten, wie konnten Sie dann diese Zockerei, diese Spekulation zulassen und sich zeitgleich in der Bankenkrise derart theatralisch hinstellen und beklagen, dass der ehrbare Kaufmann nichts mehr gelte? Das ist doch Heuchelei, Leute.
Die Gehilfentruppe geht weiter. Herr Minister Lewentz, ich bin froh, dass Sie heute da sind. Wir haben uns in den vergangenen zwei Wochen schon Sorgen gemacht: Mensch, es wird doch nichts passiert sein. – Sie sind der zuständige Ressortminister. Man hat nichts mehr gehört. Komplette Tauchstation seit Bekanntgabe der Nürburgringpleite am 18. Juli. Wie gewohnt ballern tagtäglich die Pressemitteilungen in zweistelliger Zahl aus Ihrem Haus. Das ist schön. Aber, was schon auffällig ist, als zuständiges Haus, Ressortminister, gibt es zahlreiche Pressemitteilungen seit dem 18., aber nichts zum Nürburgring. O.k., die Verleihung einer Ehrennadel war noch einmal eine Pressemitteilung wert. Aber von Ihnen hätte ich wirklich ein bisschen mehr Format erwartet.
Herr Minister Lewentz, Sie wollten nach der Landtagwahl den großen Aufräumer am Ring geben. Was haben Sie uns nicht alles angekündigt! Zugegeben, am Anfang kam es auch ganz gut. Das haben Sie nicht schlecht
Da haben Sie erstens gesagt, Gespräche mit Ecclestone sind seit Monaten kurz vor dem Abschluss. Bisher erreicht: Nichts.
Bis Ostern wollten Sie mit den Pächtern Lindner und Richter alles in trockenen Tüchern haben. Bisher erreicht: Nichts.
Herr Lewentz, Sie wollten schnell als Beck-Nachfolger ins Ziel kommen. Aber über den Ankündigungsminister sind Sie bisher nicht hinausgekommen.
Herr Lewentz, heute müssen wir feststellen, Sie sind Teil des „Systems Beck“ und tiefer verstrickt, als wir alle dachten. Schon als Staatssekretär für die Innere Sicherheit zuständig haben Sie Polizisten gestoppt, die im Mai 2009 Hinweisen einer Vertrauensperson nachgehen wollten. Unter anderem stand die Gefahr im Raum, dass in der Schweiz das hinterlegte Bardepot nicht sicher war.
Unvergessen Ihre Worte damals, man möge „es dabei belassen“. Auch den Bericht des Landeskriminalamtes vom Mai 2009 haben Sie gestoppt. Sie haben ihn damals abgezeichnet, eine Weiterleitung aber an Innenminister Bruch haben Sie unterbunden. Genau das führte zu keinerlei Konsequenzen. Herr Minister Lewentz, schon damals haben Sie Ihren Beitrag geleistet, Probleme herunterzuspielen. Herr Minister Lewentz, Sie setzen die Vertuschungsstrategie Ihrer Parteifreunde, Professor Deubel, Herrn Hering und des Ministerpräsidenten, nahtlos fort. Noch Ende des vergangenen Jahres haben Sie im Innenausschuss den Eindruck erweckt, das Land habe gute Chancen, das EU-Verfahren positiv zu bestehen. Auch das war in der Tat eine Sitzung. Ich weiß nicht, ob Sie die in Ihrer Aufzählung hatten. Auch das war eine Sitzung, die wir zum Nürburgring hatten. Da wurde uns gesagt, es gäbe lediglich Verständnisfragen der EU.
Das war eine Märchenstunde. Das waren Gute-NachtGeschichten, die wir da erfahren haben. Noch einmal: Es kommt nicht auf die Quantität der Sitzungen, sondern auf die Qualität der Aussagen an. Zum Beihilfeverfahren erzählten Sie Folgendes – ich darf das aus dem Ausschussprotokoll zitieren: „Staatsminister Lewentz: ‚Die Landesregierung (…) gehe davon aus, die Angelegenheit EU-konform zum Abschluss gebracht zu haben. (…) Die EU-Kommission habe mehrmals nachgefragt.(…) In erster Linie gehe es um Verständnisfragen. (…).‘“
Sie wissen ganz genau, es ging nicht gerade um ein paar Verständnisfragen. Warum haben Sie so häufig Fristverlängerung beantragt? Da ging es um essenzielle Fragen. Sie haben die EU hinter die Fichte geführt die ganze Zeit und sich dann gewundert, als sie richtig eingestiegen sind, warum das wissenschaftliche Gutachten der EU-Kommission zu dem Ergebnis gekommen ist, bei dem wir jetzt sind. Nicht das Nichthandeln der EU führt zur Insolvenz, sondern das fehlerhafte Handeln von Ihnen führt zur Insolvenz und zu dieser Sondersitzung.
Herr Minister Lewentz, da steht Ihnen Herr Hering in nichts nach. Im Gegenteil. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welch unbeteiligter Miene der Kollege im Haushalts- und Finanzausschuss sitzt, wenn es um den Nürburgring geht.
Herr Hering, Sie haben damals höchstpersönlich die Verträge mit Herrn Lindner, Herrn Richter und Co. ausgehandelt und durch den Aufsichtsrat gewunken. Diese Verträge sind jetzt ins Visier der EU-Kommission geraten. Wir erinnern uns deutlich an Ihre Worte auf der Pressekonferenz zur Vorstellung dieses neuen rettenden Betriebskonzepts (das jetzt insolvent ist). Nach mehr als 100 Stunden Verhandlungen sei „ein sehr faires“ Abkommen unterschrieben worden. In einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses am 30. März 2010 sagte der damalige Minister Hering, der Vertrag stelle sicher, dass „keine Belastungen für die Steuerzahler“ entstehen, da allein die mit der Betreibergesellschaft vereinbarten Mindestpachten bereits über den Zinsbelastungen des Landes liegen. Leute, was ist das denn für eine Aussage gewesen?
Herr Hering, Sie haben auch an Herrn Richter festgehalten, mit dem die Landesregierung nun im Clinch liegt. Es sind die Geister, die Sie selbst gerufen haben, über die Sie sich jetzt so bitter beklagen, aber die heute wiederum, wie wir von Herrn Lewentz hörten, doch gar nicht so schlecht sind. Herr Hering, Sie haben sehenden Auges an einem Unternehmen mit gerade mal 70.000 Euro Eigenkapital festgehalten. Ein Jahr vor der Landtagswahl waren Ihnen alle Mittel recht, um eine sogenannte Neuordnung durchzudrücken. Man muss sich nur den Pachtvertrag anschauen. Es war eine Abschlagszahlung vorgesehen. Die wurde noch gezahlt, ein halbes Jahr vor der Wahl. Das ist sicherlich nur Zufall gewesen.
Der Zahlungseingang wurde von Ihnen entsprechend bejubelt: Seht ihr, mein Konzept funktioniert. – Doch dann wurde es ziemlich still nach der Landtagswahl. Geendet hatte es genau einen Monat nach der Landtagswahl. Die zweite Pachtzahlung wurde schon nicht mehr geleistet. Da werfen Sie uns vor, wir würden schwarzmalen, wenn wir sagen, Sie hätten die Leute vor
Herr Hering, Sie und die SPD haben mit einem notdürftigen Konstrukt auf Zeit gespielt. Sie haben den Bürgern nicht die ganze Wahrheit gesagt. Wir halten es deshalb für nötig, dass der Landesrechnungshof auch das vom früheren Wirtschaftsminister Hering ausgehandelte „Zukunftskonzept“ untersucht. Wir bringen einen Antrag dazu ein. Ich fordere die Fraktionen von Rot und Grün auf, hier mitzustimmen.
Der Landesrechnungshof ist ein eigenständiges, unabhängiges und in der Verfassung verankertes Kontrollorgan. Er ist eine nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde, in die wir alle großes Vertrauen haben und deren Prüfungsergebnisse wir respektieren. Eine Prüfung durch dieses Gremium wird sicher weiteres Licht in die Affäre bringe. Möglicherweise – ich weiß es nicht – ergeben sich auch Anhaltspunkte für strafrechtlich Relevantes.
Herr Dr. Kühl, ich komme nun auch zu Ihnen. Aus dem Untersuchungsausschuss – so erzählen es die Kollegen, ich war damals noch nicht Mitglied in diesem Landtag – wissen wir, dass es viele kritische Vermerke aus dem Wirtschaftsministerium, Ihrem damaligen Haus, gab. Sie waren dort Staatssekretär. Übrigens, der Generalsekretär, der von der verrutschen Mütze spricht, war das da auch. Der wusste auch, was los war. Aber kommen wir einmal zurück zum Parlament hier. Sie waren dort Staatssekretär. Ihre Fachbeamten hatten bereits im Frühjahr 2008 das Gefühl, dass seitens der Nürburgring GmbH „getrickst“ wurde. Dennoch führten die vielen kritischen Vermerke nie zu Konsequenzen. Ich frage mich, warum?
Herr Dr. Kühl, Ihr damaliges Wirtschaftsministerium stellte mit der „letzten Unterschrift“ sicher, dass die RIMFinanzierung in Höhe von 85 Millionen Euro über Mediinvest an die MSR erfolgen konnte. Diese stillen Beteiligungen sind jetzt auch ins Visier der EU-Kommission geraten.
Unter Ihrer Verantwortung als stellvertretender ISBAufsichtsratsvorsitzender hat die ISB auch die erforderlichen Beschlussvorlagen für Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung zur Übernahme der Finanzierung vom Liquipool vorbereitet. Inwieweit haben Sie dabei eigentlich über Verluste in der sogenannten Einschwungphase, die sofort zur Abschwungphase wurde, nachgedacht und informiert?
Dann noch ein Stichwort zur BaFin. Bereits im März 2010 hat die BaFin die ISB um eine Darlegung des damals geplanten Geschäfts gebeten. Es gab weiteren Nachfragebedarf, als im Juli 2010 die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den früheren Sprecher der ISB-Geschäftsführung Metternich und den früheren RIM-Geschäftsführer Wagner ausgeweitet wurden und Durchsuchungen in den Räumen der ISB stattfanden.
Das passiert nicht einfach so, nur weil man einmal kurz einen Fehler gemacht hat, Herr Ministerpräsident. Herr
Dr. Kühl, an Sie geht ein besonderer Vorwurf. Sie sind promovierter Wirtschaftswissenschaftler. Ich halte Sie wirklich für einen ganz klugen Menschen und eigentlich auch einen integeren Menschen.
Sie hatten als Staatssekretär und haben als Minister Zugriff auf den Sachverstand eines ganzen Ministeriums.
Als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der ISB waren Sie regelmäßig mit Fragen im Zusammenhang mit der Erstellung von Finanzierungskonzepten sowie mit allgemeinen Zusammenhängen des Kreditmarktes befasst. Sie waren zugleich in Personalunion Mitglied des Aufsichtsrats der Nürburgring GmbH und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der ISB. Sie hatten alle kritischen Vermerke ihres Hauses. Sie hatten Gespräche mit vielen Informationen, aber Sie haben das Projekt nicht gestoppt.
Nun zu Ihnen als SPD-Fraktion. Auch Sie haben versagt. Mit dem Wissen hätten eigentlich Ihre Zweifel wachsen müssen, oder wussten Sie nichts? Gut, dann muss man alles glauben. Dass die Regierung so lange ihren Kurs des „Augen zu und durch“ weiterfahren durfte, liegt auch am Verhalten der SPD-Fraktion. Die hat sich inzwischen zur fünften Abteilung der Staatskanzlei entwickelt. Es gibt keinen Einzigen unter Ihnen, der den Mumm hatte, einmal ins Rad zu greifen. Nicht einmal eine einzige Nachfrage gab es. Alle denken und sagen bei Ihnen zur gleichen Zeit das Gleiche, nicht zum Wohle des Landes, sondern zum Wohle der Partei, und die Partei hat bei Ihnen immer recht. Das macht mir Angst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kontrolle der Regierung ist eigentlich Aufgabe des gesamten Parlamentes und nicht nur der Opposition.