Der zweite Punkt betrifft die Sicherstellung der erwünschten Steuerungswirkung des staatlichen Glücksspielmonopols angesichts zum Teil gravierender Änderungen im Glücksspielmarkt. Hierzu bedürfen die oben genannten Ziele einer neuen Gewichtung und Ausrichtung. Im Vergleich zur bestehenden Lage bedarf es zielgenauer Maßnahmen für einzelne Glücksspielformen entsprechend ihrer inneren Struktur und der davon ausgehenden Sucht- und Gefährdungspotentiale.
So hat sich zum Beispiel in den letzten Jahren im Bereich der Sportwetten ein umfangreicher Schwarzmarkt etabliert. Dem soll damit begegnet werden, dass im Rahmen einer Experimentierklausel durch ein kontrolliertes Angebot von 20 privaten Konzessionären die Nachfrage aus der Illegalität in die Legalität kanalisiert wird.
Deutlich hervorzuheben ist dabei, dass Ziel dieser Regelung nicht die Expansion des Wettmarktes ist, sondern ausdrücklich die Bekämpfung der Illegalität.
Gleiches gilt für die Lockerung des Internetverbots. Gerade im Internet haben sich in beträchtlichem Umfang illegale Anbieter etabliert. Da eine lückenlose Überwachung von Regeln und Verboten im Internet aber nicht möglich ist, gilt auch hier die Bekämpfung der Illegalität durch kontrollierte Zulassung genehmigter Angebote.
Schließlich – der Herr Minister hat darauf hingewiesen – beraten wir in diesem Zusammenhang den Staatsvertrag über die Gemeinsame Klassenlotterie der Länder. Die Schaffung der Gemeinsamen Klassenlotterie aus NKL und SKL scheint die logische Konsequenz zur bestmöglichen Umsetzung der Anliegen des Glücksspieländerungsstaatsvertrages zu sein. Auch das wird Gegenstand näherer Beratungen in den Ausschüssen sein.
Hier werden wir auch – zumindest soweit das überhaupt zu beantworten ist – der Frage nachgehen, wie zukunftsfest die hier vorgeschlagenen Regelungen im Hinblick auf zu erwartende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sind, insbesondere im Hinblick auf die von Europa interpretierte Wettbewerbs- und Dienstleistungsfreiheit. Wir werden also im Rahmen der Ausschussberatungen noch eine Reihe von Fragen miteinander zu besprechen haben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bezeichnung des Tagesordnungspunktes ist rein von der Wortwahl her sehr umfangreich. Die Sitzungsvorlage, die uns zur Verfügung steht, kann nur noch in Zentimetern ausgedrückt werden. Die Inhalte, die damit verbunden sind, sind entscheidend, wenn wir das Ganze zusammenfassen. Zusammenfassend haben es Herr Lewentz und Herr Dr. Weiland beschrieben.
Der vorliegende Gesetzentwurf geht auf die Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dezember 2011 zurück. Wir haben das Ganze jetzt in Landesrecht umzusetzen. Dabei geht es um den Ausgleich von Interessen, die unterschiedlich angesiedelt sind. Wir müssen die Spielsucht bekämpfen. Wir müssen den Schwarzmarkt bekämpfen. Wir müssen den Jugend- und Spielerschutz verstärken. Wir müssen aber auch sicherstellen, dass wirtschaftliche Interessen seriöser Glücksspielanbieter gewahrt bleiben. Das Ganze soll vor dem Hintergrund der EU-Rechtsprechung zum Glücksspielrecht bei uns in Deutschland gemacht werden.
Wir brauchen einen neuen rechtlichen Rahmen. Wenn wir die Situation in Rheinland-Pfalz betrachten, dann haben wir ein staatlich kontrolliertes Verfahren, ein Veranstaltungsmonopol über Lotto Rheinland-Pfalz. Das ist eine Gesellschaft, die mehrheitlich im Besitz des Landes ist. Diese Gesellschaft, wie es so schön heißt, die für ihre Destinatäre enorm viel bedeutet – der Minister hat die Bereiche genannt, ob Sport, Umwelt, Sozialeinrichtungen, Kultur oder Denkmalschutz –, hängt an den Fragen dieses Glücksspielstaatsvertrages.
Es gilt, die Auswirkungen der Rechtsprechung der letzten Jahre in die neue Gesetzgebung einzubauen. Internetanbieter haben den Markt überrollt, den Schwarzmarkt eröffnet und die Chancen für diejenigen, die reell und seriös Wetten anbieten, deutlich verschlechtert. Da ist die Chancengleichheit bei den Wettbewerbsbedingungen nicht mehr gegeben. Das gilt für die Zugangsmöglichkeiten zu den Wetten an sich und für die Besteuerung, die den seriösen Anbietern abverlangt wird und die der Schwarzmarkt natürlich nicht leistet.
Die Kernpunkte der Neuregelungen sind im Wesentlichen die Möglichkeit, dass man in dem Zeitraum von sieben Jahren anstelle des bisherigen Wettveranstaltungsmonopols des Staates ein Konzessionssystem mit maximal 20 Sportwettkonzessionen anbietet, zur Bekämpfung des Schwarzmarkts das Internetverbot unter strengen Voraussetzungen lockert und die Erlaubnis für die Einrichtung von Spielhallen zum Beispiel davon abhängig macht, dass ein Mindestabstand zur nächsten Spielhalle von 500 Metern oder ein Abstand von 500 Metern zu einer Jugendeinrichtung gegeben ist.
Im Entwurf habe ich mit Interesse gelesen, dass an den Bestandschutz gedacht wird. Es wird sichergestellt, dass bestehende Unternehmen nicht Knall auf Fall einer Ver
änderung unterworfen werden. Hier gibt es Übergangsfristen von fünf Jahren. Darüber hinaus gibt es die Regelung, dass Sonderausnahmetatbestände greifen können.
Ganz besonders wichtig ist uns die Sicherung des Jugend- und Spielerschutzes. Das ist allein durch die Tatsache gewährleistet, dass jeder Ausweis kontrolliert wird, wenn jemand den Spielraum betreten möchte. Auf der anderen Seite besteht eine Spielersperrliste.
Ich darf noch erwähnen, dass Testkäufer auch ein Mittel zur Kontrolle sind. Das ist erstmals gesetzlich geregelt, dass Testkäufe oder Testwetten durch minderjährige Testspieler möglich werden.
Wenn wir diese Kernpunkte sehen, dann handelt es sich insgesamt um eine Fortentwicklung des Glücksspielstaatsvertrages, die mit diesen geschaffenen Regelungen auf der Evaluierung des bisherigen Rechts beruhen. Es berücksichtigt die international vergleichbaren Analysen des Glücksspielwesens und die umfassenden Anhörungen der Beteiligten. Man konnte das immer wieder in der öffentlichen Diskussion mitbekommen, dass gerade unter der Federführung der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei Anhörungen durchgeführt wurden.
Die Berücksichtigung der vielschichtigen Rechtsprechung auf der Bundesebene und der europäischen Ebene ist sicherlich eine besondere Herausforderung für die Gestaltung dieses Staatsvertrages gewesen. Auch in Zukunft soll damit auf der Basis dieser zu beachtenden Punkte an dem traditionellen Regulierungsansatz und damit an Kernzielen der bisherigen Glücksspielstaatsverträge festgehalten werden. Mit dieser Fortschreibung geht es um den Ausgleich der von mir zu Beginn benannten unterschiedlichen Interessen. Für die Fraktion der SPD kann ich sagen, wir sehen diesen Ausgleich als gegeben an. Insoweit sehen wir den Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss mit Interesse entgegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorgelegten Gesetzentwürfe bzw. Staatsverträge stellen eine faire Balance zwischen dem Schutz vor Suchtgefahren und den europarechtlich gegebenen Anforderungen dar. Diese vorgelegten Staatsverträge und die entsprechend vorgelegten Landesgesetze sind ein sehr schwieriger Balanceakt zwischen den erforderlichen Suchtschutzbestimmungen, die wegen erheblicher Suchtgefahren bestehen, einer angemessenen Antwort auf technische Entwicklungen und Innovationen sowie einer eindeutigen rechtlichen Regelung, die für die legalen Anbieter von Glücksspielen aller Art geboten ist.
Meine Damen und Herren, trotz aller verharmlosenden Debatten birgt das Glücksspiel, insbesondere das Glücksspiel um Geld, ein erhebliches Maß an Suchtpotenzial und stellt eine Gefährdung insbesondere für junge Menschen dar. Dennoch ist es keine ausreichende Antwort, das Glücksspiel einfach zu verbieten. Einerseits müssten wir dann eine Ausweitung des illegalen Glücksspiels befürchten, und damit würden all unseren präventiven Vorstellungen konterkariert. Andererseits machen neue technische Entwicklungen – damit ich meine vor allen Dingen die Glücksspielangebote im Internet – eine andere Regelung erforderlich.
Meine Damen und Herren, wir als GRÜNE sind sehr skeptisch, was massive Verbote und massive Sperrgebote anbelangt. Es wäre nach unserer Auffassung nicht richtig, mit der Keule von Internetsperren auf Angebote im Internet zu reagieren. Das Mittel wäre falsch und zusätzlich untauglich. Wenn wir demzufolge das illegale Glücksspiel eindämmen wollen, dann müssen wir klare Rahmenbedingungen für legales Glücksspiel setzen. Hierbei müssen wir einen Zielkonflikt zwischen Suchtprävention und möglicherweise berechtigten Interessen der Spieleanbieter ertragen. Ich bin nicht der Auffassung, dass es hierbei eine optimale Regelung gibt. Ich bin allerdings sehr wohl der Auffassung, dass wir der Frage der Prävention vor Suchtgefahren dabei unbedingt Vorrang einräumen sollten.
Meine Damen und Herren, dabei bin ich über manches, was an europäischen Anforderungen an die Regelungen des Glücksspiels in der Bundesrepublik gestellt wird, nicht besonders glücklich. Ich bin ein starker Befürworter eines Wettbewerbs in einem staatlich geordneten und überwachten Rahmen. Ich bin ebenfalls der Auffassung, dass eine Bewirtschaftung von Monopolen strikte staatliche Aufsicht erfordert. Ich bin jedoch nicht der Auffassung, dass das Streben nach Wettbewerb, offenen Märkten und freien Zugang zu Märkten über den gesellschaftlichen Notwendigkeiten des Schutzes vor solch erheblichen Gefahren wie die im Glücksspiel stehen. Da schließe ich mich vollumfänglich der Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes an.
Da sind die Stellungnahmen und Vorgaben der Europäischen Kommission in diesem Bereich nicht in allen Punkten hilfreich. Ich halte es für ziemlich unglücklich, die Vorgabe zu machen, dass alle Bereiche des Glückspiels innerhalb eines Staatsvertrages bzw. innerhalb einer Gesetzesinitiative vorgelegt werden müssen. Ich habe kein Verständnis dafür, warum wir beispielsweise den Rechtsbereich von Spielhallen im gleichen Gesetz regeln müssen wie Sport-, Rennwetten oder Lotto. Diese Vorgabe führt keineswegs dazu, dass es zu einer besseren Rechtssetzung kommt. Sie führt mehr dazu, dass der sehr unübersichtliche Bereich noch unübersichtlicher wird.
Es sorgt dafür, dass viele Einzelinteressen getarnt als Gemeinwohlorientierung, gerechtfertigt als Wettbewerbsinteresse oder vermeintlich an unveräußerlichen Rechtsgütern festgemacht ihren Weg in den Staatsvertrag finden können. Hinzu kommt, dass in diesem Gebiet einerseits der Bund ebenso wie die Länder Gesetzgebungskompetenzen haben. Herr Dr. Weiland hat darauf hingewiesen. Herr Staatsminister Lewentz hat das aus
Meine Damen und Herren, Außenstehende würden über diesen Wirrwarr wahrscheinlich nur den Kopf schütteln. Umso erstaunlicher ist es, dass wir mit diesen Akteursinteressen und Regelungskompetenzen und dieser Verhandlungssituation überhaupt eine Regelung auf den Tisch bekommen haben.
Meine Damen und Herren, da erzähle ich Ihnen nichts Neues, ein Staatsvertrag zwischen allen Ländern ist ein schwieriger und langer Verhandlungsprozess. Im Ergebnis ist es kaum ein geeigneter Anlass für einen parteipolitischen Streit. Dennoch gibt es einige Sachfragen zu erörtern. Herr Wansch und Herr Dr. Weiland haben darauf hingewiesen. Das machen wir dann in den Ausschüssen sicherlich gerne.
Aber schließlich haben auch viele CDU-Ministerpräsidentinnen und -Ministerpräsidenten daran mitgewirkt. Darum ist die große Einigung zwischen 15 Ländern und ein Grundverständnis und ein gemeinsames Interesse schon einmal gut und wichtig. Aber deshalb darf an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben, dass ein Bundesland aus dieser Phalanx ausgeschert ist. Es gab da oben im Lande Schleswig-Holstein offensichtlich die Bestrebung, aus dem Land an der Küste so eine Art Nevada der Bundesrepublik zu machen. Ich gehe fest davon aus, dass dieser Irrweg mit den anstehenden Wahlen ein Ende finden wird, meine Damen und Herren – bei aller Unwägbarkeit.
Es ist geradezu beschämend, mit welcher Dreistigkeit und welchem Ansatz von Vulgärökonomie hier ein Wettbewerb um die Ansiedlung möglichst vieler Wettanbieter durch den schwächsten rechtlichen Aufsichtsrahmen geführt wurde. Meine Damen und Herren, das höhlt das aus, was wir als Bundesstaatlichkeit kennen.
Meine Damen und Herren, mit einer erstmaligen Regelung für Spielhallen auf dieser Gesetzesebene und der Einführung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnispflicht, der Einhaltung von Mindestabständen, dem Verbot von Mehrfachkonzessionen und der Begrenzung der Anzahl von Spielhallen wird mit diesem Staatsvertrag und dem entsprechenden Landesgesetz versucht, die vom gewerblichen Automatenspiel ausgehenden Suchtgefahren einzudämmen. Natürlich haben dabei einige Spielhallenbetreiber empfindliche Beschränkungen ihrer bisherigen Betätigung hinzunehmen. Es ist durchaus ein berechtigtes Argument – Herr Dr. Weiland, Sie hatten das in Teilen angeführt –, dass geprüft werden muss, ob hierbei die Verhältnismäßigkeit gewahrt worden ist. Ich kann bislang aber keinen konkreten Hinweis finden, dass das im vorliegenden Staatsvertrag und dem Landesgesetz nicht so sei. Das gilt auch für die Regelungen der Spielhallen insgesamt.
Der derzeitige Erkenntnisstand ist, dass Geldspielgeräte in Spielhallen unter allen Glücksspielarten das höchste Suchtpotenzial aufweisen. 80 % der Problemspieler in Suchthilfeeinrichtungen sind Automatenspieler. Die
Verfügbarkeit einer großen Anzahl von Gewinnspielgeräten auf engem Raum erhöht das Suchtpotenzial, sodass künftig pro Standort nur noch eine Spielhalle zulässig ist.
Daher ist zu begrüßen, dass ein Mindestabstand mit 500 Metern Luftlinie vorgeschrieben ist, Geldausgabeautomaten und Spielautomaten getrennt aufzustellen sind und Sperrzeiten für Spielhallen von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr gelten sollen.
Meine Damen und Herren, es ist meine feste Überzeugung, dass wir, wenn wir von Glücksspiel reden, nicht von irgendeinem Geschäftsmodell reden, das vergleichbar ist mit dem Vertrieb von Papiertaschentüchern oder Hundefutter. Wir müssen ernst nehmen, dass es sich hierbei um einen Bereich handelt, der in höchstem Maße suchtgefährdet und suchtgefährdend ist. Darum ist es richtig, dass innerhalb der Gesetzesvorlagen dem Bereich der Prävention vor Suchtgefahren und auch den Maßnahmen, die Herr Lewentz in den einzelnen Punkten schon ausgeführt hat, eine solch zentrale Stellung eingeräumt wird.
Ich bin aber auch durchaus der Auffassung, dass wir noch einmal prüfen und beraten sollten, in welchen Bereichen dort ergänzende Maßnahmen vielleicht sinnvoll sind. Wer ist zuständig auf der kommunalen Ebene, beispielsweise nicht nur Gesetze aufzustellen, bzw. wer ist für Überprüfung zuständig? Haben Ordnungsämter Aufgaben? Müssen wir gemeinsame Zusammenarbeit mit Polizei und Jugendämtern beispielsweise anregen? Ich finde, das sind Debatten, die wir im Nachgang zur Umsetzung dieses Gesetzes führen dürfen. Das ist einer der Gründe, warum ich mich auf eine vertiefte Ausschussberatung ausdrücklich freue. Dass wir diese Debatte dort fortsetzen könnten, ist ein sehr guter Ansatz. Ich danke der Landesregierung für ihre sehr guten Vorarbeiten für das sehr dicke Vertragswerk, und ich freue mich auf die fortgesetzte Ausschussdebatte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit kann nach dem uns vorliegenden Überweisungsvorschlag der Innenausschuss – federführend – und der Rechtsausschuss begleitend dieses – – –
Innenausschuss und Rechtsausschuss. Okay. Dagegen gibt es keine Bedenken. Dann können wir so verfahren.