Protocol of the Session on May 2, 2012

Weil die Materie so kompliziert ist, hat uns die Europäische Kommission eine Fristverlängerung – sie hat es ausdrücklich mit der Komplexität des ganzen Vorgangs begründet – bis zum 15. Juni eingeräumt. Das müssen wir im Interesse des Landes Rheinland-Pfalz ausnutzen.

Wir werden dann selbstverständlich, wie das bisher immer der Fall gewesen ist, ab dem Moment, ab dem wir Positionen formuliert haben, sie entsprechend in den Ausschüssen vortragen.

Es war immer Haltung dieser Landesregierung, auch im Jahr 2002 ff., als es eine SPD-/FDP-Landesregierung gegeben hat, dass es im Interesse des Landes ist, dass in diesem strukturschwachen Raum Aktivitäten, wie wir sie kennen, entfaltet werden konnten.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns die Unterlagen der Europäischen Kommission anschauen – ich habe es vorhin gesagt –, wissen wir, dass es ein hartes Ringen mit der Kommission um den Weg für die Zukunftsfindung am Nürburgring geben wird. Wir haben immer gesagt, das kann am Schluss auch eine Teilveräußerung oder Veräußerung beinhalten. Wir wollen eine Neuausschreibung. Wir wollen deswegen auch die Verfügungsgewalt erhalten. Deshalb halte ich den Weg, den ich aufgezeigt habe, für sehr stringent.

Frau Klöckner, ich warne aber davor, weil ich finde, das ist ein Fehler von Ihnen, sich im vorauseilendem Gehorsam alle Argumente der Europäischen Kommission zu eigen zu machen.

(Frau Klöckner, CDU: Das habe ich nicht getan! Ich lese nur sehr aufmerksam!)

Hier geht es deutlich um rheinland-pfälzische Interessen. Ich wäre sehr dankbar, wenn man auch diese rheinlandpfälzischen Interessen einbrächte.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich nehme diesen Bericht der Europäischen Kommission – ich habe es mehrfach betont – sehr ernst,

(Bracht, CDU: Das sollten Sie auch!)

aber als Mantra möchte ich es nicht vor mir hertragen.

Wenn ich zum Beispiel darin lese, das Einzugsgebiet der Rennstrecke Nürburgring könnte auch von anderen

Rennstrecken abgedeckt werden, von denen die Rennstrecke Spa am nächsten gelegen ist, dann ist das nicht die Zukunftsvorstellung, die ich mit dem Thema „Nürburgring“ verbinde. Ich könnte Ihnen viele andere Dinge mehr nennen, zum Beispiel wird dort ausdrücklich kritisiert, dass wir Tribünen gebaut haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich war bei der Eröffnung der Grand Prix Strecke dabei. Bernhard Vogel hat eine neue Tribüne eingeweiht und war sehr stolz darauf.

(Ministerpräsident Beck: Zu Recht! – Frau Klöckner, CDU: Es geht um den Freizeitpark!)

Er war zu Recht stolz darauf, dass es dort an der GrandPrix-Strecke eine neue Tribüne gegeben hat. Wir müssen natürlich den Rennbetrieb entsprechend gestalten, dass er laufen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir handeln richtig und konsequent. Auf diesem Weg bitte ich Sie, uns zu begleiten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Sehr gut!)

Ich erteile das Wort Frau Kollegin Klöckner. Bitte schön. Wir sind jetzt in der zweiten Runde, das heißt, die Grundredezeit beträgt zehn Minuten.

War das eine Aufforderung an mich?

Nein, das war die Eröffnung von Möglichkeiten.

Danke schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Köbler, zuerst einmal zu Ihnen. Werden Sie sich doch mit Ihrer Meinung vor der Wahl mit Ihrer Meinung nach der Wahl einig. Ich glaube, dann können Sie hier entsprechend auftreten.

(Beifall der CDU)

Es gibt wunderbare Zitate Ihrer Wirtschaftsministerin. Da es heute nicht um Frau Lemke geht, stelle ich sie Ihnen gerne zur Verfügung. Damals hatten wir wirklich Respekt vor Ihnen, auch vor Ihrer Art und Weise, sich aufklärerisch in den Dienst der Sache und den Dienst des Landes zu stellen. Jetzt sind Sie fast nur noch der Wackeldackel der Regierung. Ich glaube, das dient nicht dem Nürburgring.

(Heiterkeit und Beifall der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Finanzmarkt-Zocker, die Bankenblasen-Produzierer haben Ähnliches behauptet wie der Ministerpräsident und wie die Landesregierung. Auch sie haben die Augen vor den Realitäten verschlossen. Die Landesregierung hat nach dem gleichen Muster agiert wie diejenigen, die uns in die Finanz- und Wirtschaftskrise gerissen haben, während der Ministerpräsident am Rednerpult stand und vom so- genannten ehrbaren Kaufmann sprach, sich aber selbst so nicht verhalten hat. Das ist Fakt.

(Beifall der CDU)

Erinnern wir uns einmal zurück: In letzter Minute hatte Rot-Grün bei den diesjährigen Haushaltsberatungen eine Ermächtigung eingebracht, die es der Landesregierung ermöglicht, bis zu 254 Millionen Euro zusätzlich für den Nürburgring auszugeben. Die einfache Frage dabei lautet: Weshalb sollte sich die Landesregierung eine solche Ausgabenermächtigung verschaffen, wenn es doch – mit Ihren Worten gesprochen – keine Haushaltsrisiken mit Blick auf den Nürburgring gibt? – Das müssen uns Herr Beck und Herr Lewentz schon noch einmal erklären.

Zur Erinnerung: Das Land ist der wichtigste Gesellschafter der Nürburgring GmbH und muss deshalb auch für alle Defizite dieses Unternehmens aufkommen und dessen Verluste ausgleichen. Auch darüber hätten wir einmal reden können. Ich bin sehr gespannt, wer das Geld, das wir nachher nicht haben werden, zurückzahlen soll, wenn das eintrifft, was die Kommission letztlich darlegt.

Es geht gar nicht darum, ob die 550 Millionen Euro nun 1 : 1 zurückgefordert werden. Allein mit 330 Millionen Euro käme dieser Haushalt in eine Notlage, und Sie haben nicht Vorsorge getroffen. Sie haben die Risiken in diesem Haushalt nicht abgebildet. Sie sind am Parlament vorbeigegangen, um zu zeigen, dass Sie es besser wissen als alle anderen, aber die Realitäten, die Fakten haben Sie heute eingeholt.

(Beifall der CDU)

Im Zweifelsfall muss das Land auch für die Verluste der ISB eintreten, auch das spielt eine Rolle. Dies bedeutet im Ergebnis, so oder so wird jeder wirtschaftliche Misserfolg am Nürburgring ein Risiko für den Landeshaushalt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein Risiko zulasten der Unterrichtsversorgung, zulasten des Straßenbaus, zulasten der Polizeistärke und zulasten der Kommunen. Sie können zwar jetzt das Ganze beklagen, aber wer rechnen kann, der ist klar im Vorteil: Das Geld, das wir nicht haben, fehlt uns nachher. Bei Ihnen wurde es leichtfertig zum Fenster hinausgeworfen.

(Beifall der CDU)

Sie erinnern sich noch an die Haushaltsdebatte. Um 50.000 Euro wurde überall gerungen. Wir kennen noch den Ansatz des Innenministers, wie er bei der Prävention der häuslichen Gewalt einsparen wollte. Das wissen wir doch alle, aber in diesem Fall gibt er mit einem Wimpernschlag 130.000 Euro für Anwaltskosten aus, und die Folgekosten werden immens sein.

Mir ist auch klar, dass Sie ein Ultimatum gestellt haben, das sich letztlich nach dem Urlaubsplan des Regierungsanwalts, Herrn Martini, richtet, weil er jetzt drei Wochen Urlaub hat. Deshalb haben Sie das Ultimatum gestellt.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und Ihre Alternative? Keine Klage einreichen, oder was? Was ist Ihre Alternative, Frau Klöckner?)

Sehr geehrter Herr Innenminister, nichtsdestotrotz müssen wir doch eines festhalten: Sie haben doch jetzt mit etwas zu kämpfen, was die Regierung sich selbst eingebrockt hat. Nun auf die Union, auf die Opposition, zu zeigen, das war wirklich billig, Herr Köbler. – Wo sind denn Ihre Lösungen? – Sie sind doch noch nicht einmal bereit, die Fehler und vor allen Dingen den Sand, auf den das alles gebaut wurde, aufzuarbeiten. Wie wollen Sie denn gut aufgearbeitet in die Zukunft gehen? – Ich traue Ihnen vieles zu, aber nicht, dass Sie dieses Finanzkonstrukt durchschaut haben. Das traue ich Ihnen nicht zu.

(Beifall der CDU)

Herr Köbler, Sie sagen heute, dass Sie das vollkommen verstanden hätten, genauso wie Herr Ministerpräsident Beck, der sagte, er hätte diese deubelschen Kreativitäten verstanden. Das hat er damals gesagt. Wir wissen heute, welches Schicksal Herrn Deubel zumindest ansatzweise blüht. Ich würde wirklich sehr vorsichtig sein zu behaupten, Sie hätten alles durchschaut.

Herr Innenminister Lewentz hat gesagt, was die EU vorgelegt habe, sei sehr komplex. – Nein, Herr Innenminister, was komplex ist, ist die gesamte Finanzierungsstrategie, durch die niemand mehr durchblickt. Das ist ein Papier, das endlich einmal deutlich macht, was mit welchen Tricksereien geschehen ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Täuschungen gehen weiter. Sie haben uns erzählt, erst auf Ihre Initiative hin sei dieser Bericht überhaupt zustande gekommen, aber mitnichten ist es so gewesen. Der Bericht ist mitnichten auf Initiative des Landes zustande gekommen; denn eines wissen wir auch: Hätte die EU Ihnen nicht diese Fragen gestellt, – – –

Im Eröffnungsbeschluss für das Beihilfeverfahren heißt es: Mit dem Schreiben übermittelte der Eigentümer eines Freizeitparks in der deutschen Region Eifel und ein deutscher Automobilverband Informationen über angebliche staatliche Beihilfen für die Finanzierung der Freizeiteinrichtung an der deutschen Rennstrecke am Nürburgring. Die Antworten waren nicht vollständig. –

Die Landesregierung tut dagegen so, als hätte sie proaktiv die EU-Kommission eingeschaltet. Lieber Herr Köbler, vielleicht erreichen Sie es noch, dass Sie die Regierung dort hinbekommen, dass sie endlich einmal Transparenz an den Tag legt. Stattdessen geht Herr Beck auf die Piraten los und kritisiert sie, aber eines können Sie von den Piraten lernen: Sie setzen auf

Transparenz, und das würde ich mir in diesem Parlament auch endlich wünschen.

(Beifall der CDU – Heiterkeit des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus möchte ich auch noch die Haltung von Herrn Innenminister Lewentz deutlich machen. Herr Innenminister, Sie tun gerade so, als seien Sie noch ganz frisch in dieser Landesregierung und als hätten Sie auch als Parteiratsvorsitzender den Vertrag, den Herr Hering damals ausgehandelt hat, nicht immer lobend hervorgehoben.

Wir als Opposition wurden als kleinkariert abgetan, als wir dieses Vorgehen kritisiert und eindringlich davor gewarnt haben, es so durchzuziehen, wie Sie es getan haben. Wir wurden als kleinkariert dargestellt. – Soll ich Ihnen einmal etwas sagen? Mir wäre es lieber gewesen, Sie hätten kleinkariert mit dem Steuergeld gehandelt, anstatt es großmannssüchtig aus dem Fenster hinauszuwerfen und sich jetzt über die bösen Pächter zu beklagen. Das Problem sind nicht die Pächter, das Problem ist die Landesregierung selbst in dieser Frage.

(Beifall der CDU)

Nun tun Sie so, als sei es eine Heldentat. Sie haben zusammen mit dem Ministerpräsidenten mit starken Worten zu erkennen gegeben, dass Sie nun alles regeln werden. Zuerst wollten Sie bis Fastnacht Klarheit haben. – Fastnacht kommt immer zufällig, und man weiß nie, wann es genau ist. Dann wollten Sie bis Ostern Klarheit haben. – Ich weiß nicht, ob Sie an Ostern 2012, 2013 oder 2014 gedacht haben. Aber mit der Klarheit ist es noch nicht weit hin. Stattdessen haben Sie vier Wochen gebraucht für das sogenannte Anbahnen eines Schlichtungsverfahrens. Das Anbahnen eines Schlichtungsverfahrens durch einen Moderator, in diesem Falle Herrn Beck, der quasi als dritter Unbeteiligter dabei ist, ist schon abenteuerlich. Dazu muss man echt schon einen Sinn für subtilen Humor haben.