Protocol of the Session on December 8, 2011

Frau Huth-Haage, als Sie anfingen, habe ich gedacht, Sie hätten es in die Richtung verstanden, dass wir gemeinsam ein Ziel haben. Sie haben es leider wieder auf dem parteipolitischen Altar geopfert. Wir alle sind kommunal verwurzelt. Irgendwo ist es schon ein „Joke“, dass der Begriff „Konnexität“ bei dieser Bundesregierung scheinbar nicht vorhanden ist. Das, was wir in Rheinland-Pfalz in der Verfassung stehen haben, dass wir unsere Kommunen bei entsprechenden Aufgaben entsprechend auszustatten haben, wird auf dem Rücken der Kommunen und des Landes ausgetragen, weil wir die Finanzierung übernehmen sollen.

Ich komme zur Evaluation nach zwei Jahren. Diese hat in Rheinland-Pfalz schon stattgefunden. Lesen Sie sich den Bericht durch, der im Dezember 2010 gegeben worden ist. Lesen Sie sich den Bericht durch, dann sehen Sie, was die Evaluation ergibt. Daraus gehen die Verzahnung und die verlässlichen Strukturen und die Forderung nach der verlässlichen Finanzierung hervor.

Wieso wehren Sie sich dagegen, dass den Kommunen eine Sicherheit gegeben wird? Nach zwei Jahren wird evaluiert, und die Finanzierung wird auf den Prüfstand gestellt. Der Bund stellt dann vielleicht fest, dass die Lage noch schwieriger ist, und dem Land fehlen auch die Mittel. Dann wird geschaut, wo man noch Gelder einsparen kann. Wir stehen dann völlig in der Luft. Bisher hatte ich gedacht, dass die vier Jahre fest seien. Jetzt erzählen Sie etwas Neues, dass nach zwei Jahren evaluiert werden soll. Dann entscheidet der Bund neu. Dazwischen ist eine Bundestagswahl. Das ist vielleicht eine Chance, dass der Bund tatsächlich ganz neu entscheidet. Darauf hoffe ich auch. Lassen Sie uns gemeinsam das Gesetz mit der Verzahnung von Jugendhilfe und Gesundheitshilfe und mit der verlässlichen Finanzierung mittragen. Das ist nicht eine Sache von sich mit schuldig machen. Das halte ich für starken Tobak. Im Gegenteil, wir haben hier unsere Hausaufgaben gemacht. Jetzt helfen wir dem Bund bei der Erfüllung seiner Hausaufgaben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Bundesratsinitiative gegen Fluglärm zur Entlastung der betroffenen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/670 –

Ich erteile Herrn Kollegen Hering das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können die Enttäuschung, die Wut und den Ärger der Menschen in der Rhein-Main-Region verstehen, die zunehmend in unerträglicher Weise von Fluglärm betroffen sind.

Es ist richtig – darauf wird häufiger hingewiesen –, dass sich das Land für den Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main ausgesprochen hat. Es hat diese Zusage aber an klare Bedingungen geknüpft. Das war das strikte Nachtflugverbot. Das Land hat sich dafür eingesetzt, die Nord-West-Variante der Landebahn statt der jetzigen zu wählen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass es ein Flughafensystem Frankfurt/Main – Frankfurt-Hahn zur Entlastung der Rhein-Main-Region gibt. Wir hatten erwartet, dass ein konsequentes Lärmmonitoring erfolgt.

Die Enttäuschung der Menschen kann man auch daran festmachen – das ist für uns der Gipfel gewesen –, dass im Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung geregelt wurde, das Flugverkehrsgesetz zu ändern und die Rechte der Bürger für Lärmschutz zugunsten der wirtschaftlichen Interessen von Flughafenbetreibern einzuschränken. Das ist die Absichtserklärung, die nach wie vor in der Koalitionsvereinbarung auf der Bundesebene steht.

Dank des Einsatzes der Bürgerinitiativen über viele Jahre hinweg, aber auch durch Unterstützung der Politik in Rheinland-Pfalz ist gerade in den vergangenen Jahren einiges erreicht worden, um die Belange der Menschen für einen besseren Lärmschutz zu stärken. Dazu gehört, dass mittlerweile Gerichte den Nachtflug gestoppt haben. Wir hoffen, dass diese Entscheidung durch die höchste Instanz bestätigt wird.

Es wird auf Initiative des Landes im Bundesrat diskutiert – wir wollen das umsetzen –, dass bei der Festsetzung von Flugrouten Standards gewählt werden, die eine echte Bürgerbeteiligung vorsehen. Es kann nicht sein, dass an die Genehmigung eines Fahrradweges höhere Anforderungen gestellt werden als bei der Festsetzung von Flugrouten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir wollen vor allen Dingen die materiellen Interessen der Bürger im Vergleich zu den wirtschaftlichen Interessen stärken.

Über die Änderung des Flugverkehrsgesetzes wird derzeit auf der Bundesebene diskutiert, aber Gott sei Dank nicht mehr in die Richtung, wie das im Koalitionsvertrag beabsichtigt war, nämlich bei der Abwägung die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber zu stärken, sondern in die Richtung, die Belange der Bürger zu stärken. Auch das ist ein Erfolg der Bürgerinitiativen und der Politik in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist auch positiv, dass mit Unterstützung der Landesregierung von Kommunen gegen die einseitige Festsetzung von Flugrouten geklagt wird.

Wir halten es für einen großen Fortschritt, dass es der SPD gelungen ist, auf ihrem Bundesparteitag einen Antrag zu verabschieden, in dem die besonderen Belange der Rhein-Main-Region gesehen werden. Es wird gesehen, dass eine Region in besonderem Maße durch Fluglärm belastet wird. Es muss ein gemeinsames Anliegen insgesamt in Deutschland sein, solidarisch eine solche Region von Fluglärm zu entlasten. Auch das ist ein Erfolg, der errungen wurde.

Meine Damen und Herren, es ist ein großer Erfolg – das ist der Erfolg der konsequenten Politik der vergangenen beiden Jahre –, dass jetzt die hessische Landesregierung auf Initiative von Herrn Minister Lewentz erklärt hat, sie wolle eine gemeinsame Bundesratsinitiative mit dem Land Rheinland-Pfalz starten.

Meine Damen und Herren, vor zwei Jahren hätte es niemand für möglich gehalten, dass der Erfolg der Bürgerinitiativen und der Politik so groß sein wird, dass man endlich auf der Ebene der hessischen Landesregierung damit beginnt umzudenken. Wir hoffen, dass das bei der hessischen Landesregierung ein nachhaltiger Prozess ist. (Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Darin liegt auch der Schlüssel für weitere Erfolge. Er liegt bei der hessischen Landesregierung und in einer Meinungsänderung der jetzigen Mehrheit im Bundestag.

Zum Abschluss: Es muss klar sein, dass am Flughafen Frankfurt/Main nachts nie mehr geflogen werden darf. Das muss gerichtsfest gemacht werden. Wir fordern auch die hessische Landesregierung auf, endlich die rechtliche Klarheit zu schaffen, dass nie mehr nachts am Flughafen Frankfurt/Main geflogen wird, damit Zusagen eingehalten werden können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Glocke der Präsidentin)

Es muss in Deutschland auch klar sein, dass den Belangen der Menschen auf Lärmschutz eine höhere Priorität eingeräumt wird als den rein wirtschaftlichen Belangen eines Flughafenbetreibers. Auch das muss in Deutschland klar sein.

(Glocke der Präsidentin)

Diese beiden wichtigen Punkte müssen im Interesse der Menschen umgesetzt werden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schreiner, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir begrüßen ausdrücklich die Bundesratsinitiative der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz, so wie wir sie in unserem gemeinsamen Antrag über alle Fraktionsgrenzen hinweg beschlossen haben. Deshalb missfällt mir ein wenig Ihr Zungenschlag, Herr Hering. Die Flugzeuge in Mainz sind zweifellos laut, aber in Flörsheim sind sie noch lauter. Beide Landesregierungen und auch alle Fraktionen stehen in der Pflicht. Wenn wir etwas erreichen wollen, ist es wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen. Deshalb ist es gut, dass Wolfgang Reichel und Ute Granold seit Jahren die politischen Gesichter für die betroffenen Gebiete in Rheinhessen sind.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Deshalb ist es gut, dass die SPD-geführte Landesregierung im Umfeld der zurückliegenden Landtagswahl angefangen hat, aktiv zu werden.

(Frau Schleichter-Rothmund: Was sollen wir jetzt zu dem Zungenschlag sagen?)

Sie haben einen Seitenhieb in Richtung auf die GRÜNEN vorgenommen. Es tut wohl niemanden mehr weh als Daniel Köbler, dass es sein Antrag auf Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm auf dem Bundesparteitag der GRÜNEN nicht auf die Tagesordnung geschafft hat.

(Frau Brede-Hoffman, SPD: Sie haben überhaupt keine Bundesbeschlusslage, Herr Kollege!)

Ich meine, das tut ihm auch ganz persönlich weh; denn Verkehrslärm hat in Rheinland-Pfalz und deutschlandweit viele Gesichter. Fluglärm gibt es in Rheinland-Pfalz in vielen Gemeinden. Herr Köbler und ich sind wenige hundert Meter voneinander entfernt in Mainz mit Fluglärm groß geworden. Wir wissen, wovon wir reden. Seit Oktober hat aber der Fluglärm, unter dem wir unsere Kinder großziehen, eine ganz neue Qualität erreicht. Ich halte es für richtig, dass beispielsweise auch Frau Ahnen bei einer Veranstaltung der SPD augenscheinlich die richtigen Worte gefunden hat.

Niemand in der CDU ist gegen den Frankfurter Flughafen. Er ist Jobmotor für die Region. Er ist das Tor zur Welt für die Menschen in Rheinland-Pfalz. Niemand spricht auch dem Flughafen die notwendigen Entwicklungsmöglichkeiten ab. Es ist aber auch richtig – das ist die Idee der gemeinsamen Initiative von Hessen und

Rheinland-Pfalz –, dass wir gleichzeitig alles tun müssen, um Fluglärm zu reduzieren. Das heißt konkret, das Nachtflugverbot sichern. Das ist der erste Punkt. Das war schon Gegenstand der Bundesratsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz vom März dieses Jahres.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Also nicht von Ihnen initiiert!)

Es ist ein bisschen bedauerlich, dass sie auf Einspruch des Bremer Kollegen zweimal im Bundesrat vertagt worden ist. Im Moment gibt es eine Beerdigung erster Güte, nämlich vertagt bis zum nächsten Aufruf. Es wäre einmal an der Zeit, dass das Land Rheinland-Pfalz seinen Antrag, das Nachtflugverbot zu sichern, wenn er ihm so wichtig ist, wieder einmal aufrufen lässt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es ist schön, wenn man im Umfeld von Landtagswahlen etwas tut und ein Nachtflugverbot fordert. Es ist aber wichtig, dass man dann, wenn im Bundesrat Bundesländer Beratungsbedarf anmelden, nachfragt, wann der Beratungsbedarf abgeschlossen ist, und versucht, dem eigenen Antrag zu einer Mehrheit zu verhelfen. Wie gesagt, da müssen wir über alle Landes- und Parteigrenzen hinweg an einem Strang ziehen. Es geht um ein Nachtflugverbot, die lärmarmen An- und Abflugverfahren, (Frau Brede-Hoffmann, SPD: Reden Sie doch einmal mit der Bundesregierung!)

den Sinkflug ohne Schub oder um einen steileren Anflugwinkel, damit die Flugzeuge in Hessen genauso wie in Rheinland-Pfalz schlichtweg höher sind. Das sind die stetigen Forderungen an die Flugsicherung.

Es sind – da sind wir uns einig – neue bundesgesetzliche Regelungen zum Schutz der Anwohner aller deutschen Flughäfen erforderlich. Es geht eben nicht nur darum, eine Lex Rhein-Main zu schaffen, sondern es geht darum, den Menschen in ganz Deutschland Schutz vor Fluglärm zu gewähren. Auf diese Art und Weise sollen natürlich auch mögliche Wettbewerbsnachteile des einen Flughafens gegenüber den anderen Flughäfen verhindert werden. Insbesondere das Herunterrech- nen der Lärmspitzen eines überfliegenden Flugzeugs versteht niemand von den Betroffenen.

Deshalb ist die gemeinsame Initiative eine gute und wichtige Sache. Kämpfen wir also parteiübergreifend gemeinsam für Mehrheiten.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Herr Kollege Köbler, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schreiner, zunächst einmal muss ich klarstellen, dass

ich sehr froh bin, dass meine Bundestagsfraktion alle unsere Forderungen in Sachen Fluglärm 1 : 1 in ihre Positionierung übernommen hat. Ich muss Ihnen eines sagen: Frau Granold nimmt doch keiner mehr ernst, wenn sie vor Ort die Heilige Johanna gegen den Fluglärm spielt, aber in ihrer Bundestagsfraktion, in ihrer Koalition ständig gegen die Wand läuft. Damit ist den Menschen hier nicht gedient.