In unserem Fall geht es nicht um eine Reduzierung, sondern um die Beibehaltung einer Steuer von 7 % – das ist ein völlig anderer Sachverhalt –, und zwar für eine Übergangszeit von zwei Jahren. Ich meine auch, dass wir eine gewisse Tendenz zum Ausdruck gebracht haben.
„Bedeutung des Kinderschutzes – Haltung der Landesregierung zu aktuellen Entwicklungen im Bundeskinderschutzgesetz“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 16/669 –
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! In Artikel 6 unseres Grundgesetzes steht: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“
Sehr geehrte Damen und Herren, die meisten Kinder wachsen geliebt, gut versorgt und geschützt in ihren Familien auf. Dennoch gibt es Belastungssituationen in Familien, die dazu führen, dass die Kinder diesen Schutzraum für ihre ganz persönliche Entwicklung nicht mehr erhalten. Im Extremfall schädigen sie damit die Kinder ein Leben lang. Manches Mal führt dies sogar zum Tod eines Kindes. Diese schrecklichen Fälle sind uns alle bekannt. Dies dürfen wir nicht zulassen. Die Kinder brauchen unsere größtmögliche Unterstützung, und zwar auch vonseiten des Staates.
Rheinland-Pfalz hat sich hierbei schon im Jahr 2008 auf den Weg gemacht und das Landeskinderschutzgesetz erlassen. Belastungen von Familien sollen frühzeitig erkannt werden, um rechtzeitig und angemessen Hilfe und Unterstützung anzubieten. Starke Eltern bedeuten starke Kinder. Die respektvolle und wertschätzende Zusammenarbeit mit den Eltern ist ein wertvoller Baustein. Kinderschutz braucht die Gemeinschaft. Alle sind hier gefragt, besonders wachsam zu sein und Kinder vor Missbrauch oder Vernachlässigung zu schützen.
Besonders jungen Eltern mit Kindern fällt es schwer, den Anforderungen des Erziehungs- und Familienalltags gerecht zu werden. Hier ist wiederum die Gesellschaft gefragt, Hilfsangebote und Maßnahmen sicherzustellen, um den Kindern und ihren Familien zu helfen oder, wenn nötig, diese Kinder aus den Familien herauszunehmen.
Artikel 24 der Landesverfassung sagt: „Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung. Die staatliche Gemeinschaft schützt und fördert die Rechte des Kindes. (…) Kinder genießen besonderen Schutz, insbesondere vor körperlicher und seelischer Misshandlung und Vernachlässigung.“
Inhalt des Gesetzes ist, den Aufbau von lokalen und interdisziplinären Netzwerken zur Förderung des Kindeswohls und zur Verbesserung des Kinderschutzes sicherzustellen, die Entwicklung vor allen Dingen niedrigschwelliger Angebote, die frühe Förderung von frühen Hilfen, die Förderung der Kindergesundheit durch die Steigerung und die Inanspruchnahme der U-Untersuchungen. Zielgruppen sind allerdings alle Familien. Besondere Aufmerksamkeit gilt aber auf jeden Fall den benachteiligten oder überforderten Familien.
Rheinland-Pfalz setzt hierbei einen Schwerpunkt im Bereich der frühen Förderung. Verantwortlich sind hier die Kommunen vor Ort. Die Jugendämter sind dafür zuständig, die Netzwerke sicherzustellen. Die Gesundheitsämter sind beteiligt. Sie laden zu den Untersuchungen ein. Rheinland-Pfalz hat sich also schon sehr früh auf den Weg gemacht, und es ist ein sehr gutes Beispiel bundesweit.
Die Ablehnung des Bundeskinderschutzgesetzes im Bundesrat war richtig. Dem Bundeskinderschutzgesetz so in seiner vorgeschlagenen Form nicht zuzustimmen, befürworte auch ich. Der Vermittlungsausschuss muss sich damit beschäftigen. Die vorgelegte Fassung reicht nicht aus, um einen wirklich dauerhaften Schutz sicherzustellen. Das haben nicht nur wir, sondern das haben auch Kinderschutzorganisationen wie zum Beispiel der Deutsche Kinderschutzbund immer wieder betont und verschiedene Kritiken angebracht.
Um ein wirksames Kinderschutzgesetz zu erreichen, müssen die Hebammenleistungen auf sechs Monate erweitert werden, und sie müssen auch von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden.
Viele gesundheitliche Schwierigkeiten, Wochenbettdepressionen oder zum Beispiel Fragen, die die Ernährung des Kindes betreffen, treten erst in den ersten Monaten auf. Die Ausweitung zielt auf die Förderung des gesunden Aufwachsens von Kindern. Sie spart die Folgekosten und ist daher auch gesundheitspolitisch sinnvoll und geboten. Die Leistungen der Familienhebammen müssen dauerhaft durch den Bund finanziert werden
und nicht nur befristet auf vier Jahre. Die Hebammen unterstützen Mütter und Väter nicht nur medizinisch, sondern auch bei der Pflege und der Ernährung des
Kindes. Familienhebammen sind sinnvoll. Diese Leistungen können nicht das Land oder die Kommunen tragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Großteil der Kinder in Deutschland wächst in liebevollen Familien auf, in Elternhäusern, die sich kümmern.
Es gibt aber auch Kinder, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Todesfälle von Kleinkindern haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder erschüttert. Namen wie Karolina, Kevin, Lea-Sophie stehen für Kinder, die in ihrem kurzen Leben unsägliche Grausamkeiten erlitten haben. Meine Damen und Herren, es waren genau diese Fälle von Misshandlungen, diese Fälle von schwerster Vernachlässigung, die die Lücken im System deutlich gemacht haben.
So hat der Bundestag in der Sitzung am 27. Oktober das Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen beschlossen, ein Gesetz, bei dem nicht nur der Interventionsgedanke eine Rolle spielt, sondern gerade der Präventionsgedanke eine ganz große Bedeutung erhält.
So sollen zukünftig bundesweite Regelungen gelten, beispielsweise bei den Berufsgeheimnisträgern, also etwa die Frage: Was dürfen Kinderärzte an Informationen weitergeben? – Es sollen Netzwerke im Kinderschutz auf örtlicher Ebene und Hilfen zur Stärkung der Elternkompetenz aufgebaut werden, und zwar gerade schon im frühen Stadium, gerade schon in der Schwangerschaft.
Zu den sogenannten frühen Hilfen gehören die speziell ausgebildeten Familienhebammen. Diese gehen insbesondere auf die Familien zu, die einen großen Unterstützungsbedarf haben. Die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bekommen erstmals bundeseinheitlich Mindeststandards, und diese sollen zukünftig an die Finanzierung geknüpft sein. Alle in der Jugendhilfe beschäftigten Personen brauchen ein erweitertes Führungszeugnis.
Ganz wichtig ist mir persönlich, dass die Zusammenarbeit der Jugendämter verbessert wird, damit gerade Kinder geschützt werden, bei denen sich die Eltern
All dies, meine Damen und Herren, ist ein Meilenstein im Kinder- und Jugendschutz in der Bundesrepublik Deutschland.
Der Gesetzentwurf wurde auch zusammen mit Fachleuten erarbeitet. Es gab Anhörungen, es gab Expertenbefragungen. Ich fand es auch ganz wichtig, dass die Erkenntnisse der Runden Tische „Heimerziehung“ und „Sexueller Missbrauch“ ebenfalls in dieses Gesetz eingeflossen sind.
Zuletzt hat auch der Bund für die Finanzierung gesorgt. 120 Millionen Euro auf die nächsten vier Jahre sind zusagt. Das Gesetz hat den Bundestag passiert und könnte nun in wenigen Tagen, am 1. Januar 2012, in Kraft treten. Aber der Bundesrat hat das Gesetz zum Kinder- und Jugendschutz gestoppt.
Diese Blockade zeugt von Verantwortungslosigkeit. Das Motto ist: Kinderschutz ist schön und gut, aber der Bund soll bitte alles bezahlen.