Protocol of the Session on December 8, 2011

Das ist so, wie manchmal im Leben, dass Menschen nur so lange etwas gut finden, solange sie einseitig von dieser Solidarität profitieren. Solidarität ist aber beidseitig, darauf ist dieser Stabilisierungsfonds angelegt. Langfristig wird er den Kommunen nutzen, weil er langfristig ihre Einnahmen stabilisieren wird.

(Beifall bei der SPD)

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Wansch.

Herr Minister, Sie haben die Auswirkungen auf Land und Kommunen und den Vergleich auf die einzelnen Einkommensstrukturen dargestellt. Das bedeutet letztlich, dass Geld auf der Bundesebene zur Verfügung steht, um eine solche Steuerreform durchzuführen, oder wie sehen Sie das, dass laut der bisherigen Pressemeldungen der Bundeshaushalt eine Zunahme bei der Nettoneuverschuldung aufweist? Hat er Geld übrig, oder wird das Ganze auf Pump finanziert?

(Dr. Rosenbauer, CDU: Eine gute Frage!)

Das weiß ich nicht. Ich möchte eigentlich nicht, dass Herr Schäuble unbedingt meinen Haushalt kommentiert. Ich war verwundert darüber, dass man das so gemacht hat.

Ich war allein schon deshalb verwundert, weil offensichtlich noch Einsparpotenziale vorhanden sind und man sich dann politisch eine solche Kommentierung schenken kann.

Was mich irritiert, ist, dass ich am letzten Donnerstag gemeinsam mit Herrn Schäuble und meinem hessischen Kollegen Thomas Schäfer vor der Bundespressekonferenz gesessen habe, wir uns im Nachgang zum Stabilitätsrat einig waren und eine gemeinsame Presseerklärung abgegeben haben, in der stand, dass wir der festen Überzeugung sind, dass wir in dieser Situation zur Umsetzung der Schuldenbremse stabile steuerliche Rahmenbedingungen brauchen.

Wir waren auch der Auffassung, dass das keine großen Steuersenkungsexperimente auf der Einnahmeseite zulässt. Wenn dann eine Woche später ein solcher Entwurf kommt, dann sage ich mir, da glaubt es sich jemand leisten zu können.

Ich glaube, es ist eine Konzession – das wissen wir alle – an den kleinen Koalitionspartner.

(Baldauf. CDU: Oh! Das macht ihr hier gar nicht!)

Entschuldigung, es ist eine Konzession an Herrn Baldauf und den kleinen Koalitionspartner.

Ich finde, das ist etwas, was wir uns alle gemeinsam nicht leisten können, was sich der Rest der Republik nicht leisten kann.

Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Kollegen Baldauf.

Herzlichen Dank. Es ist interessant, dass der Ministerpräsident niedrige Einkommen nicht entlasten will.

(Pörksen, SPD: Drei Euro! Entlastung!)

Herr Finanzminister, könnten Sie bitte die Zahlen, die Sie für die Entlastung genannt haben, in Prozenten ausdrücken? Welche prozentuale Entlastung bei den Einkommen entsteht dadurch?

(Pörksen, SPD: Was nutzen den Leuten Prozente? Knete!)

Das ist die erste Frage. Die zweite Frage: Sie können mich auch verbessern, aber ich glaube, auch Sie haben einmal in diesem Hause ausgeführt, dass Sie für die Abschaffung der kalten Progression sind. Stimmt das?

Ich habe Ihnen vorhin erklärt, dass die kalte Progression dem linear progressiven Tarif immanent ist. Auch der berühmte Stufentarif, den Sie in Leipzig einmal groß

gefeiert haben, als die ganze CDU, nicht nur Sie, neoliberal war, hat die kalte Progression immanent.

Ich sage, ab und an ist eine Korrektur der kalten Progression notwendig. Aber dann machen wir eine Gegenfinanzierung. Es spricht nichts dagegen. Es gibt hinreichend Möglichkeiten, in diesem Tarif gegenzufinan- zieren, beispielsweise bei der Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Das ist kein Problem.

Aber Sie haben recht, auf Dauer wird man einen Tarif bei steigenden Preisen, das heißt bei steigenden Nominaleinkommen, nicht unkorrigiert lassen können. Aber es gibt hinreichend Möglichkeiten, das im System gegenzufinanzieren.

Das ist nicht nur unter Gerechtigkeits-, sondern auch unter Konsolidierungsgesichtspunkten mehr als dringend geboten.

Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Baldauf, CDU: Die Beantwortung?)

Schriftlich.

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerd Schreiner (CDU), Gesetzentwurf des Bundesrates zur Verlängerung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für die Binnenschifffahrt – Nummer 4 der Drucksache 16/664 – betreffend, auf.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Argumente für die mit dem Jahressteuergesetz 2008 mit den Stimmen der SPD beschlossene Beendigung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für die Binnenschifffahrt zum 1. Januar 2012 sind aus der Sicht der Landesregierung heute nicht mehr stichhaltig?

2. In welchem Verhältnis zur strikten Ablehnung von Steuererleichterungen durch die Landesregierung steht die Initiative des Landes zur Verlängerung des ermäßigten Steuersatzes für die Binnenschifffahrt?

3. Welche Maßnahmen zur Gegenfinanzierung schlägt die Landesregierung vor?

Vielen Dank.

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Häfner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung: Für die Beförderung von Personen mit Schiffen ist erstmals im Jahr 1984 ein ermäßigter Steuersatz von 7 % eingeführt worden. Diese Regelung wurde seit dieser Zeit kontinuierlich verlängert.

Nach den Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes gilt diese Regelung befristet nur noch bis zum 31. Dezember 2011. Für die Beförderung im Fährverkehr hingegen gilt derzeit unbefristet ein ermäßigter Steuersatz von 7 %.

Im Zuge der geplanten grundlegenden Neugestaltung der Mehrwertsteuersätze ist vom Bund zwar eine Kommission eingesetzt worden, nach jetzigem Stand ist aber weder kurz- noch mittelfristig ein schlüssiges Gesamtkonzept der Kommission zu erwarten. Pressenotizen zufolge muss vielmehr befürchtet werden, dass die Regierungskommission ihre Arbeit bis zum Jahr 2013 erst gar nicht aufnimmt.

Nach jetzigem Stand würde für die Fahrgastschifffahrt mit Ablauf des Jahres 2011 daher automatisch der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 % gelten. Im Ergebnis müssten die Unternehmen die Fahrpreise 2012 um mehr als 10 % anheben, soweit dies am Markt überhaupt durchsetzbar ist. Die Fahrgastschifffahrtsbranche befürchtet daher zu Recht erhebliche wirtschaftliche Einschnitte aufgrund ausbleibender Fahrgäste.

Darüber hinaus wird bei Flusskreuzfahrten von Verlagerungseffekten in das benachbarte Ausland ausgegangen, da in den europäischen Nachbarländern teilweise deutlich niedrigere Steuersätze gelten. Ich darf beispielsweise Belgien mit 6 %, Frankreich mit 5,5 % oder Luxemburg mit 3 % erwähnen. Im Zuge der Verkehrsministerkonferenz am 5. und 6. Oktober 2011 in Köln haben die Länder bereits die Thematik erörtert, dass bei der Fahrgastschifffahrt in Deutschland erhebliche Wettbewerbsnachteile drohen.

Die Länder haben den Bund daher einstimmig – ich betone, einstimmig – aufgefordert, bis zur Vorlage eines schlüssigen Gesamtkonzeptes zur Neufestsetzung der Mehrwertsteuer den für die Fahrgastschifffahrt geltenden ermäßigten Mehrwertsteuersatz nochmals bis zum 31. Dezember 2013 zu verlängern. Das Bundesverkehrsministerium hat jedoch erkennen lassen, dass es bei dieser Thematik nicht aktiv werden will. Damit droht eine Sonderregelung für die Personenbeförderung mit Schiffen durch politisches Nichtstun auszulaufen, ohne dass von der Kommission zur Neugestaltung der Mehrwertsteuer ergebnisoffen eine umfassende Bewertung aller Steuertatbestände erfolgt ist.

(Baldauf, CDU: Machen Sie doch einmal einen Vorschlag!)

Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. reisen rund 17 Millionen Touristen jedes Jahr mit deutschen Tagesausflugsschiffen. Deutschland ist in dem Segment der Flusskreuzfahrten zurzeit Marktführer.

Die Fahrgastschifffahrt auf den deutschen Flüssen und Seen ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der regionalen Tourismuskonzepte. Von den bundesweit knapp 1.000 Fahrgastschiffen entfallen allein 84 Schiffe auf Rheinland-Pfalz, und von einer florierenden Fahrgastschifffahrt profitieren letztlich auch Hotellerie und Gastronomie, insbesondere in Rheinland-Pfalz.

Um den Ergebnissen der Kommission zur Neugestaltung der Mehrwertsteuersätze nicht über Gebühr vorzugreifen, hält es die Landesregierung von Rheinland-Pfalz für angemessen, die Regelung über den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für die Fahrgastschifffahrt zumindest bis zum Jahresende 2013 zu verlängern. Wir haben daher eine konkrete Gesetzesinitiative zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes im Bundesrat eingebracht, die am 25. November beschlossen und von zehn Bundesländern mitgetragen wurde, unter anderem von den CDUgeführten Ländern Hessen, dem Saarland, Thüringen und Schleswig-Holstein.

Ziel der Initiative ist es, dass dem Gewerbe eine wichtige wirtschaftliche Rahmenbedingung durch Untätigkeit des Gesetzgebers und der Regierungskommission des Bundes nicht achtlos verlorengeht. Letztlich ist dies auch eine Frage der politischen Fairness und Verlässlichkeit.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Zunächst möchte ich klarstellen, dass mit dem Jahressteuergesetz 2008 keine ausdrückliche Beendigung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für die Binnenschifffahrt zum 1. Januar 2012 beschlossen worden ist; insofern ist bei der Landesregierung auch kein Wandel in ihrer rechtlichen oder politischen Haltung eingetreten.

In der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2008 wird eingehend dargelegt, dass der Grund für die erneute Verlängerung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für die Personenschifffahrt bis 2011 darin zu sehen ist, dass ein von der Europäischen Kommission angekündigter Vorschlag zur Besteuerung von Personenbeförderung noch nicht vorlag. Bei Umsetzung des Kommissionsvorschlags hätte aus Wettbewerbsgründen in Deutschland wohl ein unter dem Regelsatz liegender Steuersatz eingeführt werden müssen.

Ich habe soeben auf die Mehrwertsteuersätze im benachbarten Ausland hingewiesen. Die Beibehaltung der übergangsweisen Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in Deutschland diente daher der Vermeidung einer mehrmaligen Rechtsänderung und der damit auch für die Unternehmen verbundenen Schwierigkeiten.