Protocol of the Session on November 11, 2011

Sehr geehrter Herr Minister, Ihnen und Ihren Mitarbeitern – das sind kluge Leute – ist das durchaus bewusst. Ich traue Ihren Mitarbeitern und den Beamten viel zu. Aber ich traue ihnen nicht bei dem, was Sie mit den Vorlagen machen und politisch interpretieren. Wie anders wäre es zu erklären, dass Sie in Ihrer gestrigen Rede den untauglichen Versuch unternommen haben, eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts herbeizureden; denn nur im Falle einer – ich zitiere die Landeshaushaltsordnung – ernsthaften und nachhaltigen Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist ausnahmsweise die Überschreitung der verfassungsrechtlichen Schuldengrenze gestattet. Versucht hier gerade jemand, dafür vorzubauen, dass er die Schuldengrenze nicht einhalten kann?

(Beifall der CDU)

Es war wirklich bemerkenswert, wie Sie gestern auf der einen Seite die konjunkturelle Erholung mit einer sinkenden Arbeitslosigkeit und mit einem steten und kräftigen Wachstum benannt haben, dann aber auf der anderen Seite ohne rot anzulaufen eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts behauptet haben. Nun haben Sie auch noch das Pech, dass just in dieser Woche der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung seine Stellungnahme abgegeben hat.

Was ist das Fazit dieses Rates? Ich zitiere: „Die gute Verfassung des Arbeitsmarktes und das im internationalen Vergleich geringe Finanzierungsdefizit sowie die überaus günstigen Finanzierungsbedingungen bilden eine robuste Grundlage für die weitere wirtschaftliche Entwicklung.“

Natürlich bleiben angesichts der schwelenden Staatsschulden noch Risiken. Wir alle hoffen, dass sich diese Risiken nicht verwirklichen werden. Eines bleibt festzu

halten: In der jetzigen Situation der wirtschaftlichen Erholung noch von einer ernsthaften und nachhaltigen Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu sprechen, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Das stellt vor allen Dingen einen verzweifelten Versuch dar, die unnötig hohe Nettoneuverschuldung noch irgendwie in verfassungsrechtliche Vorgaben zu pressen und in Einklang zu bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDULandtagsfraktion wird im Rahmen der Haushaltsberatungen weiterhin externen Sachverstand hinzuziehen, und zwar auch juristischen, um genau zu dieser Frage die Meinung unabhängiger Experten zu hören und nicht nur derer, die im Ministerium ein politisches Ziel verfolgen.

(Beifall der CDU)

Halten Sie sich endlich vor Augen, dass es uns um das Thema „Transparenz“ geht. Man kann politisch unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Aber Transparenz ist ein Gebot der Ehrlichkeit. Transparenz ist die Voraussetzung für ein gutes und ernsthaftes Miteinander. Halten Sie sich endlich vor Augen, dass Sie nicht über Ihr eigenes Geld verfügen und entscheiden, sondern das ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger, die das in unserem Land hart erarbeitet haben. Diese haben ein Recht auf Transparenz.

(Beifall der CDU)

Sie haben sich vor den Bürgerinnen und Bürgern zu verantworten. Von Anfang an haben Wirtschaftsexperten und auch die CDU übrigens davor gewarnt. Das Großprojekt Nürburgring, so wie es die Landesregierung konzipierte, war nie und nimmer in die Gewinnzone zu bringen.

Sie haben einen Freizeitpark dahingestellt und aus dem Boden gestampft und über 300 Millionen Euro dort hinein investiert, um eine defizitäre Formel 1 zu finanzieren. Jetzt soll die defizitäre Formel 1 plötzlich den defizitären Freizeitpark finanzieren. Heute, gestern und vorgestern hören wir immer wieder Neues aus der Wundertüte Nürburgring.

Schön ist natürlich, wenn man sich die Presseartikel und die Zitate der damaligen zuständigen Minister ansieht. Jetzt steckt der Karren fest. Die Betreiber ziehen auf der einen Seite. Die Landesregierung zieht auf der anderen Seite. Es gibt Streit um Pacht und Tourismusabgabe, wüste Drohungen über Abbau von Arbeitsplätzen und Kündigung der Verträge, Millionenbeträge, die beide Seiten voneinander einfordern und nicht zahlen wollen. Jetzt kommt noch die Ankündigung hinzu, im Winter wird das ring°werk dicht gemacht.

Herr Ministerpräsident, wie sagten Sie noch vor knapp einem Jahr hier im Plenum am 15. Dezember 2010 – da war ich noch nicht hier im Parlament, aber man kann es nachlesen –: „(…) wir haben alles, was in unserer Kraft steht, getan, um aus diesem Investment einen Erfolg zu

machen. Wir haben beste Chancen, dass es ein Erfolg wird.“ Wir haben alles in unserer Kraft Stehende getan. Vor dieser Kraft muss man wirklich Angst haben.

(Beifall der CDU)

Beck und Boris – das ist lange her. Der Nürburgring taugt nicht mehr länger für schöne Fotos als Kulisse. Jetzt dreht es sich bei Ihnen doch nur noch um die eine Frage, wen man jetzt als Sündenbock findet. Dabei hatten Sie noch im vergangenen Jahr gemeinsam mit Ihrem damaligen Wirtschaftsminister Herrn Hering die Betreibergesellschaft rund um die Geschäftsleute Lindner und Richter als Retter präsentiert. Sie hatten Millioneneinnahmen für das Land versprochen. Sie hatten versprochen, für den Steuerzahler die 330 Millionen Euro an Investitionen durch hohe Pachteinnahmen ganz schnell wieder hereinzuholen.

Herr Ministerpräsident, unter Ihrer Regie entwickelt sich dieses Großprojekt zu einem riesigen Kassenflop.

Herr Hering, Sie stellten vergangene Woche sogar noch einmal in der Zeitung, im „Pfälzischen Merkur“ klar – ich zitiere –: „Am Nürburgring ist Geld zu verdienen.“

(Licht, CDU: Für wen?)

Das glaube ich Ihnen, dass da Geld zu verdienen ist, aber nicht für den Steuerzahler. Diejenigen, die am Nürburgring die gute Tradition hochgehalten haben, gehen nämlich leer aus. Die Pächter kriegen etwas, und der Steuerzahler finanziert das Ganze.

Meine Damen und Herren, Plan A ist gescheitert. Das war der Plan Deubel und Beck. Plan B ist gescheitert. Das war der Plan Hering und Beck. Plan C kommt jetzt. Das ist der Plan Lewentz und Beck. Dann kommen die Pläne D, E, F und G. Ich kann Ihnen versichern, die CDU-Fraktion

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hat keinen Plan!)

freut sich über jeden einzelnen Euro, der an diesem Nürburgring verdient wird, weil dieser Euro nämlich den Menschen in der Region gehört.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Kühl, Sie haben gestern so schön gesagt: „In unsicherer Zeit gibt das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm auch ein Stück Sicherheit.“ Wissen Sie, die Menschen in der Eifel, die Arbeitsplätze, die kleinen Unternehmer, die vom Ring leben, können Sie bei dem Stichwort „Sicherheit“ nicht gemeint haben. Man stelle sich einmal vor, in Ihrer gestrigen Haushaltsrede kommt der Nürburgring, das größte Infrastrukturprojekt des Landes und auch das Haushaltsrisiko des Landes, mit keinem einzigen Wort vor.

(Dr. Rosenbauer, CDU: So ist das!)

Sie erwähnen nicht, dass das Land für alle Verluste, die am Nürburgring entstehen, geradestehen muss, für die Verluste der Nürburgring GmbH, wenn der Betreiber die

Pacht nicht mehr zahlen kann, und als Bürge für die Investitionskredite der ISB, wenn der Schuldner Nürburgring GmbH Zins und Tilgung nicht mehr aufbringen kann.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Ein-Themen-Partei!)

Herr Hering, Sie haben es fertiggebracht, einen Mann zum Betreiber des Parks zu machen, der zuvor nicht in der Lage war, auch nur eine einzige Bank mit einem einzigen Euro als Finanzier für diese Anlage zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund verdient ein weiteres Zitat von Ihnen, Herr Kollege, besondere Aufmerksamkeit. Sie sagten vorgestern auch – Zitat –: „Mit klugen Konzepten kann man die Anlage wirtschaftlich nutzen.(…) Wir erwarten von Geschäftsleuten, dass sie kreativ sind.“

Herr Hering, Sie waren doch erst Wirtschaftsstaatssekretär, dann Wirtschaftsminister, und es wäre doch Ihr Job gewesen, für ein klares Konzept derer zu sorgen, mit denen Sie zu tun hatten.

(Beifall der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich die vergangenen Jahre auf dem Nürburgring Revue passieren lässt, dann scheint das Hauptproblem eben gerade nicht die fehlende Kreativität zu sein, sondern das war das Problem.

(Beifall bei der CDU – Licht, CDU: Das war das Problem, genau!)

Die schnellste Achterbahn der Welt, ein ganzjähriger Giganto-Freizeitpark, arabische Scheichs und Onkel aus Amerika, märchenhafte Geschäftsmodelle und findige Finanzjongleure, eine bombastische Eröffnungsfeier mit einem Boris Becker und geschönte Zahlen von Besuchermassen. Offenbar wurden sogar den Wirtschaftsprüfern manipulierte Daten und Zahlen vorgelegt. Da war doch gerade ein ungeheures Kreativpotenzial am Werk. Was mich wundert, Herr Lewentz sagt doch zu allem etwas, aber dazu habe ich bisher von Ihnen noch nichts gehört.

(Beifall der CDU – Staatsminister Lewentz: Jeden Abend im Fernsehen!)

Herr Lewentz sagt, er ist jeden Abend im Fernsehen. Das finde ich schön. Das gönne ich Ihnen.

(Pörksen, SPD: Nein, das tun Sie nicht!)

Aber erst einmal ist Ihr Platz hier im Plenum, um den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. Das hätte ich erwartet, wenn Sie hier stehen.

(Beifall bei der CDU)

Schluss mit Illusion, vermeintlich kreativen Geschäftsmodellen und falschen Zahlenspielen. Wir brauchen solide Finanzen. Wir brauchen solide Planung. Wir brauchen verlässliche Fakten. Es ist wirklich endlich an der

Zeit, dass der rheinland-pfälzische Steuerzahler weiß, was mit seinem Geld passiert ist.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Quatsch!)

Es ist beschämend, dass Frau Lemke als stellvertretende Ministerpräsidentin, die das Wirtschaftsministerium, wie sie selbst sagte, zur kleinen Staatskanzlei machen will, keinen einzigen Beitrag dazu geleistet hat, um Aufklärung an diesem Nürburgring nach der Wahl zu leisten.

(Beifall der CDU – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch nicht! Frau Klöckner, das stimmt einfach nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese kurze Bemerkung sei mir erlaubt, wahre Aufklärung ist etwas anderes, als lediglich 120 nicht öffentliche Untersuchungsausschussdokumente ins Internet zu stellen,

(Beifall bei der CDU)