Ein Zeuge schilderte vor dem Untersuchungsausschuss: Man saß auf einer abgeschossenen Kugel, von der man nicht mehr runterkam. –
Dieser Termindruck – Ihr Termindruck – wurde zu einem der schlimmsten Kostentreiber beim Ausbau. Die Zeit wurde knapp. Der ursprüngliche Investor wird zum Betreiber. Die Kosten explodieren, und niemand greift ein. Berater beraten für Millionen Euro andere Berater. Behörden werden eingeschaltet, um Widerstände zu überwinden, und alles ist nur möglich, weil über allem einer steht, der dieses Projekt unbedingt will: Kurt Beck.
Wen wundert es da, dass windige Geschäftsleute leichtes Spiel hatten; denn der Wunsch des Ministerpräsidenten, dieses Projekt um jeden Preis zu Ende zu führen, war so stark, dass über alle Bedenken hinweg risikoreiche Geschäfte eingegangen wurden, vor denen alle warnten: LKA, Polizeidienststellen, Beamte verschiedenster Ministerien. – Aber die Landesregierung begibt sich in hoch riskante Finanzmanöver. Die Steuermillionen sind in Gefahr. So sieht es auch der Rechnungshof. Am Ende kommt die Summe zwar zurück, aber mit einem Verlust von 170.000 Euro.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Privatfinanzierung scheitert. Kosten explodieren. Ein Investor wird zum Pächter. Ein seltsames Firmengeflecht wirft Fragen auf, und ein Ministerpräsident hat seine Hand im Spiel. Nein, dieses Mal reden wir nicht vom Nürburgring. Wir sind nämlich jetzt in Bad Bergzabern.
Die Parallelen sind frappierend. Das Strickmuster ist ähnlich. Bad Bergzabern ist der kleine Nürburgring in Rheinland-Pfalz, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ministerpräsident Beck machte die Sanierung der alten Schlossremise in seinem Wahlkreis 2007 zur Chefsache. Ich zitiere: „Wir müssen das hinkriegen“, lautete der Auftrag an den Innenminister Bruch. Ein SPD-Genosse war als Investor rasch gefunden.
Hat sich der Wormser Unternehmer Gutland vielleicht auch deshalb für das Schlosshotel interessiert, weil er sich sicher sein durfte, dass die Landesregierung mit allen Mitteln die Sanierung wollte, weil ihm schon früh Förderungen zugesagt wurden?
Aus Medienberichten geht hervor, dass eine Firma Gutlands im Frühjahr 2007 eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung anfertigte. Darin soll von einem erhöhten Interesse, diese Region zu fördern und zu unterstützen, die Rede sein. Schließlich sei Bad Bergzabern – so die Wirtschaftlichkeitsstudie – die Heimatstadt des Ministerpräsidenten.
Ich frage Sie: Was bedeutet erhöhtes Interesse? Was wurde vom Genossen Gutland via Innenministerium an Becks Chefsessel signalisiert? – Herr Ministerpräsident, Sie behaupten, von Einzelheiten oder Details des Geschehens in Bad Bergzabern nichts gewusst zu haben. Sie haben ja nur im Landtagsfoyer im Anschluss an das vergangene Plenum erklärt – ich zitiere –: „Ich habe beim Innenministerium interveniert. Ich habe Karl Peter Bruch gesagt, wir müssen das hinkriegen.“ – Aber ansonsten war das genau wie beim Nürburgring nicht Ihr Punkt. Wie beim Nürburgring? – Das musste der Minister erledigen, und genau wie beim Nürburgring, Herr Ministerpräsident, glauben wir diese Version nicht, die Sie uns da auftischen, dass Sie nur den Anstoß gegeben haben und sich dann nicht mehr darum gekümmert haben.
Denn inzwischen kennen wir Sie so gut, detailversessen, wie Sie sind, dass wir wissen, dass Sie gerade in Ihrem Wahlkreis nichts dem Zufall überlassen.
Natürlich sind Sie bei einem solchen, aus der Staatskasse finanzierten Millionenprojekt unmittelbar vor Ihrer Haustür im Detail über Abläufe und Handlungsträger informiert. Da können Sie behaupten, was Sie wollen. Da wird gegen geltendes Recht verstoßen, gegen Haushaltsrecht, möglicherweise auch gegen Vergaberecht.
Da fehlen Gutachten. Da gibt es möglicherweise den Tatbestand der Untreue. Da ist gravierendes Versagen im Innenministerium,
das der Hauptverantwortliche, der Minister, einem schwer erkrankten Abteilungsleiter in die Schuhe schiebt
und der Anstand auf dem Chefsessel des Innenministeriums einen neuen Tiefpunkt erreicht nach der Herzog- und der Schwiegersohn-Affäre, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Starker Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das ist eine Frechheit! – Ramsauer, SPD: Der neue Tiefpunkt sind Ihre Behauptungen!)
Da gibt es Vetternwirtschaft und Genossengeschachere. Da sind Fehlplanungen und Fehlkalkulationen. Da sind Warnungen von Behörden, und da ist Geld – Steuergeld –, das trotzdem fließen soll, eine 90%ige Förderung, obwohl doch bei kommunalen Projekten, die wirtschaftlich genutzt werden, nur 50 % drin sind. Das alles, und wahrscheinlich noch viel mehr, ist die Affäre Schlosshotel Bad Bergzabern.
„Wir müssen das hinkriegen“, so war der Auftrag. Herr Ministerpräsident, Herr Innenminister, das Maß ist voll. Das Maß ist übervoll. Es reicht.
Übrigens, Herr Minister Bruch, Sie hatten doch hier vor einiger Zeit im Plenum bekundet, dass Ihnen die Finanzierungspläne für den Nürburgring Bauchschmerzen verursachten. Erinnern Sie sich noch? – Wie wir heute wissen, zu Recht.
Sie hatten allen Grund für diese Bauchschmerzen. Herr Ministerpräsident, vergangene Woche hat Innenminister Bruch nach der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses Fragen der Presse zum Schlosshotel beantwortet. Da sagte er auf die Frage eines Journalisten wörtlich: „Da habe ich schon Bauchschmerzen“. – Nun bin ich ja kein Arzt.
(Pörksen, SPD: Gott sei Dank nicht! Sie wären allenfalls ein Kurpfuscher! – Ministerpräsident Beck: Eher ein Quacksalber!)
Ich stelle aber fest, Sie haben genau wie beim Nürburgring auch bei Bad Bergzabern Bauchschmerzen. Herr Innenminister, sollen wir Ihnen vielleicht vorsorglich für künftige Plenarsitzungen eine Wärmflasche neben dem Ministerpräsidenten mitbringen, oder soll ich Ihnen gleich Dr. Rosenbauer hinüberschicken?
Wenn Sie gestatten, komme ich zurück zum Haushalt und der Ausgabenfreude der Landesregierung. Ein Leidtragender sind die Kommunen, bedient sich doch die Landesregierung munter aus den kommunalen Töpfen, derweil sich Beck, Dreyer, Ahnen und Co. fleißig auf Bundesebene für den Ausbau von Sozialleistungen stark machen, die die Kommunen zahlen müssen.
Thema „Entschuldungsfonds“: Nach der neuesten Propagandainitiative der Staatskanzlei meint man ja, Kurt Beck habe sich als weißer Ritter auf seinen Schimmel geschwungen und im Handstreich die armen Kommunen von ihren Lasten befreit. Aber ist es wirklich so, oder musste der Ministerpräsident – die drohenden Wahlen vor Augen – erst aufs Pferd gehoben werden, um dann widerwillig ein paar von den Talern zu verteilen, die er den betroffenen Städten, Gemeinden und Landkreisen in den letzten Jahren abgeknöpft hat?
Fakt ist, in keinem westlichen Flächenland hat die Verschuldung der kommunalen Haushalte 2009 gegenüber dem Vorjahr stärker zugenommen als in RheinlandPfalz.
So ist die Pro-Kopf-Verschuldung der rheinlandpfälzischen Kommunen um mehr als 11 % auf 2.341 Euro gestiegen. Damit wurde der Durchschnittswert der westlichen Flächenländer um sage und schreibe 46 % übertroffen. Allein die Schulden aus Investitionsdarlehen und Kassenkrediten nahmen 2009 gegenüber dem Vorjahr um nahezu 1,1 Milliarden Euro auf 9,6 Milliarden Euro zu.