Protocol of the Session on October 7, 2010

...................................................................................................................................... 5850 Abg. Auler, FDP:................................................................................................................................ 5855, 5860 Abg. Baldauf, CDU:........................................................................................................................... 5805, 5841 Abg. Bracht, CDU:....................................................................................................................................... 5851 Abg. Frau Schellhaaß, FDP:........................................................................................................................ 5849 Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD:....................................................................................................... 5861 Abg. Hartloff, SPD:...................................................................................................................................... 5812 Abg. Henter, CDU:....................................................................................................................................... 5851 Abg. Hüttner, SPD:...................................................................................................................................... 5855 Abg. Lammert, CDU:................................................................................................................................... 5856 Abg. Maximini, SPD:.................................................................................................................................... 5848 Abg. Mertin, FDP:........................................................................................................................................ 5823 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................................... 5853 Abg. Puchtler, SPD:..................................................................................................................................... 5846 Abg. Schmitt, CDU:.................................................................................................................. 5848, 5849, 5851 Abg. Schneiders, CDU:................................................................................................................................ 5859 Abg. Schreiner, CDU:.................................................................................................................................. 5843 Abg. Sippel, SPD:........................................................................................................................................ 5860 Beck, Ministerpräsident:.............................................................................................................................. 5832 Bruch, Minister des Innern und für Sport:.................................................................................................... 5857 Dr. Bamberger, Minister der Justiz:............................................................................................................. 5860 Frau Conrad, Ministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz:....................................................... 5850 Präsident Mertes:..................................................................................................................... 5805, 5812, 5823 Vizepräsident Bauckhage:.....................................................5841, 5843, 5845, 5846, 5848, 5849, 5850, 5851 Vizepräsident Schnabel:........................................................5853, 5854, 5855, 5856, 5857, 5859, 5860, 5861 Vizepräsidentin Frau Klamm:...................................................................................................................... 5832

99. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 7. Oktober 2010

Die Sitzung wird um 09:30 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie herzlich zur 99. Plenarsitzung begrüßen. Frau Kollegin Anklam-Trapp und Herr Kessel werden mich bei der Sitzung hier oben begleiten. Herr Kessel führt die Rednerliste.

(Ministerpräsident Beck: Da gibt der Präsident einen aus, weil es eine Schnapszahl ist!)

Die 100. Sitzung ist leider erst nach den Ferien. Das tut mir leid für Sie.

Entschuldigt sind Frau Kollegin Dickes, Frau Kollegin Schneider ab 11:30 Uhr und Frau Wagner. Ferner sind Herr Staatsminister Hendrik Hering, Frau Staatssekretärin Reiß und Herr Staatssekretär Professor Dr. Englert entschuldigt.

Meine Damen und Herren, die Tagesordnung hatten wir gestern beschlossen. Wir fahren mit der Beratung des Punktes 2 der Tagesordnung fort:

Landeshaushaltsgesetz 2011 (LHG 2011) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/4996 – Erste Beratung

dazu: Finanzplan des Landes Rheinland-Pfalz für die Jahre 2010 bis 2014 Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 15/5000; Vorlage 15/5467 –

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine Grundredezeit von 60 Minuten je Fraktion vereinbart. Traditionell hat die Opposition das erste Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! 2,3 Milliarden Euro neue Schulden, das, Herr Finanzminister, heißt für Sie – ich darf aus Ihrer Rede von gestern zitieren – „Generationengerechtigkeit“ oder, wie Sie sagen, „Vorsorge für zukünftige Lasten der heutigen Generation zu treffen“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sagt Finanzminister Kühl. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Wer meint, dass man gerade Kindern einen Gefallen erweist, wenn man Schuldenberge erhöht und für ihre Zukunft Handlungsspielräume verbaut, der irrt. – Wissen Sie, wer das vor zehn Jahren gesagt hat? Das war niemand anderes als Herr Ministerpräsident Beck.

Herr Ministerpräsident, Sie müssen sich heute fragen lassen: Warum haben Sie in Ihrer Amtszeit unseren Kindern diesen Gefallen nicht getan?

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Herr Ministerpräsident, eineinhalb Jahrzehnte hatten Sie Zeit, die Schulden zu tilgen. Eineinhalb Jahrzehnte haben Sie immer wieder großartige Versprechungen gegeben und sie eineinhalb Jahrzehnte lang immer wieder gebrochen. So hat Beck schon für 2006 und wieder für 2008 einen ausgeglichenen Haushalt versprochen. Doch die Verschuldung stieg und stieg.

Herr Ministerpräsident, Ihr Regierungsstil zwingt die CDU-Fraktion, dieses Mal ein Zeichen zu setzen. Wir verweigern Ihnen die Entlastung für das letzte geprüfte Haushaltsjahr 2008.

(Beifall der CDU – Licht, CDU: Zu Recht!)

Ich nenne dazu einige Einzelheiten. Sie haben am Parlament vorbei eine Rücklage in Höhe von 177 Millionen Euro gebildet, die Sie samt und sonders aus Schulden finanzieren. Das ist nicht nur sinnlos, sondern auch verfassungswidrig. Dieser Fall ist beispielhaft für die Haushaltspolitik dieser Landesregierung; denn in einem bringen Sie es wirklich zur Meisterschaft, Herr Ministerpräsident, nämlich Schulden in Nebenhaushalten zu verstecken.

Sie haben sogar eine Briefkastenfirma mit dem schönen Namen „PLP Management GmbH & Co. KG“ gegründet, die über 800 Millionen Euro Schulden aufgenommen und damit Landesvermögen gekauft hat. Den Kaufpreis haben Sie sofort im Landeshaushalt wieder ausgegeben. Das Vermögen ist weg. Das ist wieder eine versteckte Schuldenaufnahme.

Sie sind ein Meister darin, sich der fragwürdigen Instrumente der Finanzbranche zu bedienen. Im gleichen Atemzug beschweren Sie sich über unverantwortliche Finanzhaie in diesem Land. Tricksen, Tarnen, Täuschen, nach außen die Finanzbranche verteufeln und selbst nach innen die Schieflage des Landeshaushaltes verschleiern.

(Beifall der CDU)

Das hat System. Das ist das System Beck.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für diesen Politikstil des Ministerpräsidenten, des allen wohl und niemandem wehe, sind Sie immer auf frisches Geld angewiesen. Weil Sie es nicht haben, sind Sie auf Kredite angewiesen. Diese Rechnung geht aber nicht auf, zumindest nicht für unsere Kinder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Beitragsfreiheit von der Kindertagesstätte bis später zum Universitätsabschluss mit Zins und Zinseszins zurückbezahlt werden muss, wenn mittelfristig das Geld fehlt

und alle am Schluss höhere Beiträge bezahlen müssen, dann ist das ungerecht.

Herr Beck, über kurz oder lang erweist sich Ihre Politik als sozialpolitischer Bumerang. Mit dem Haushalt 2011 sowie der mittelfristigen und langfristigen Finanzplanung treiben Sie es jetzt auf die Spitze. Sie versprechen den ausgeglichenen Haushalt für 2020. Tatsächlich sind es bis dahin über 1,3 Milliarden Euro neue Schulden. Wo bleibt denn da der schuldenfreie Haushalt? Herhalten muss ein neuer Trick aus der „Deubel-Schule“. Herr Dr. Kühl ist ein gelehriger Schüler. Der Zaubertrick hat einen Namen,

(Pörksen, SPD: Sie lernen nichts – – –)

nämlich Pensionsfonds. Mit dem Begriff wird vorgegaukelt, als ginge es hier um ein wirklich werthaltiges Vermögen. Was steckt dahinter? Schulden. Das Land nimmt Kredite am Kreditmarkt auf, leitet sie über den Haushalt an den Pensionsfonds und leiht sie sich vom Pensionsfonds wieder zurück, um damit Ausgaben zu tätigen. Es werden lediglich Schulden der einen Art gegen Schulden der anderen Art ausgetauscht. Das nennt Finanzminister Dr. Kühl dann solide Konsolidierung, sogar Investition, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Ministerpräsident Beck: Dummes Zeug!)

Herr Ministerpräsident, gute Politik fängt mit dem Betrachten der Wirklichkeit an.

(Licht, CDU: So ist es!)

Davon sind Sie meilenweit entfernt. Deshalb wird es höchste Zeit, dass Sie abgewählt werden.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wahrheit in diesem Jahr – man kann es nur noch einmal wiederholen – sind 2,3 Milliarden Euro neue Schulden. Dazu bedienen Sie sich noch einer verfassungswidrigen Rücklage mit einer Summe in Höhe von rund 250 Millionen Euro, macht dann zusammen 2,5 Milliarden Euro Kredite für den Haushalt. Wenn Sie das als Haushaltskonsolidierung begreifen, ist das schon mehr als frech, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU – Hartloff, SPD: Das ist Rechenakrobatik, die Sie da betreiben!)

2,5 Milliarden Euro neue Kredite werden für den Haushalt gebraucht. Haben Sie eine Vorstellung, wie viel das ist? Das ist mehr als ein Viertel der gesamten Steuereinnahmen dieses Landes.

(Hartloff, SPD: Das ist nicht so viel!)

Blicken wir an dieser Stelle zurück. Am Anfang, als die Sozialdemokraten begannen, Rheinland-Pfalz zu regieren, war noch einiges anders. Da hieß der Finanzminister Meister und der Finanzstaatssekretär Sarrazin. Das waren zwei Persönlichkeiten, die ihre Aufgabe, die

Staatskasse zusammenzuhalten, wirklich ernst genommen haben.

(Zurufe von der CDU)

Als erster ging frustriert Herr Meister. Es folgte Herr Mittler. Sarrazin blieb noch und kämpfte weiter dafür, das Geld beisammenzuhalten.

Doch ab 1994, als Scharping ging – man erinnere sich – und Beck kam, hatte es Sarrazin immer schwerer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Berlin als Finanzsenator einer rot-roten Landesregierung hat Sarrazin bewiesen, was ihm hier in Rheinland-Pfalz das System Beck nicht erlaubt hatte, dass man nämlich auch bei schwierigsten landespolitischen Aufgaben und Voraussetzungen den Haushalt in Ordnung bringen kann. So einen konnte Beck nicht gebrauchen. Sarrazin musste gehen. Beck brauchte jemanden, der Geld beischaffte, und zwar egal wie, Hauptsache es war da. Da war genau Herr Professor Dr. Deubel der richtige Mann.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Professor Dr. Deubel hat wirklich versucht, Geld zu beschaffen, egal wie. Das war so lange der Fall, bis die Not so groß war, dass sich die Landesregierung sogar von drittklassigen Halunken am Nasenring durch die Arena führen ließ, bloß weil sie billiges Geld versprachen.

Die Schuldenpolitik der Landesregierung ist umso unverständlicher, wenn man bedenkt, dass die Wirtschaft jetzt nach der Krise wieder wächst.

Es sind steigende Einnahmen zu erwarten. Beck aber hat aus dem letzten Aufschwung und der Krise nichts gelernt. Herr Ministerpräsident, Sie verpennen schon wieder den Aufschwung, und dies zum zweiten Mal. Nutzen Sie jetzt die Chance zum Sparen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Zeit liegt nämlich ganz woanders: in einer steigenden Staatsverschuldung. Deshalb müssen wir in Deutschland auf allen Ebenen mit gutem Beispiel vorangehen. Wir müssen für eine stringente Haushaltspolitik werben, auch damit wir eine Stabilisierung des Euroraums erreichen.