Protocol of the Session on September 9, 2010

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die beschriebene Situation der betroffenen Eltern vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

2. Welche Informationen liegen der Landesregierung über diesbezügliche Probleme in anderen rheinlandpfälzischen Kindertagesstätten vor?

3. Was tut die Landesregierung, um die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Gewährung flexibler Öffnungszeiten ihrer Kindertagesstätten zu unterstützen?

4. Mit welchen Konzepten möchte die Landesregierung künftig auf eine steigende Nachfrage nach flexibler Betreuung auch während der Randzeiten reagieren?

Frau Ministerin, noch einen Moment bitte. Ich möchte gerne die Gäste begrüßen, sonst würde uns das am Ende der Fragestunde möglicherweise nicht mehr gelingen.

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Mainzer Landtagsseminar, Bürgerinnen und Bürger aus Alzey und Umgebung sowie Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 der Realschule plus Oppenheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Nicole Morsblech und Herbert Mertin beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Lassen Sie mich zunächst vorausschicken: Nach den Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes – § 5 Kindertagesstättengesetz – haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten.

Das Jugendamt hat zu gewährleisten, dass für jedes Kind ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht. Diese Verpflichtung erstreckt sich auf ein Angebot vor- und nachmittags.

Den Wünschen der Eltern nach Angeboten, die auch eine Betreuung über Mittag mit Mittagessen einschließen, soll Rechnung getragen werden.

Die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten sind nach § 4 Kindertagesstättengesetz vom Träger unter Berücksichtigung des Wohls der Kinder festzulegen. Den Bedürfnissen insbesondere erwerbstätiger Eltern ist nach Möglichkeit Rechnung zu tragen.

Das verlängerte Vormittagsangebot, das in der Regel bis 14:00 Uhr besteht, wurde als eine Lösung eingefügt, um Eltern, die keinen Ganztagsplatz benötigen, trotzdem flexiblere Arbeitszeiten zu ermöglichen und vor allem Einrichtungen mit schwacher Nachmittagsbelegung entgegenzukommen, die ihren Betrieb nach Ende des verlängerten Vormittagsangebots meist schließen.

Im Bedarfsplan – § 2 Abs. 1 der Landesverordnung zum Kindertagesstättengesetz – sollen wahlweise neben Teilzeitplätzen mit Vor- und Nachmittagsangebot auch Plätze mit verlängertem Vormittagsangebot und einer Betreuung über Mittag mit Mittagessen vorgesehen werden. Zudem ist eine ausreichende Zahl von Plätzen zur ganztätigen Betreuung mit Mittagessen – Ganztagsplätze – auszuweisen.

Bei der Gestaltung der verschiedenen Angebotsformen sowie der Ausweitung der Öffnungszeiten ist zu berücksichtigen, dass diese personalwirksam sein können und entsprechende finanzielle Anforderungen an die Entscheidungsträger vor Ort stellen, an den Einrichtungsträger ebenso wie an den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Das Land übernimmt seinen Anteil, wenn Einrichtungsträger und Jugendamt Einigkeit hergestellt haben.

Zu Frage 1: Selbstverständlich handelt es sich bei der geschilderten Situation um eine, die unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als nicht optimal angesehen werden kann.

Eine Rücksprache mit dem Jugendamt der Stadt Koblenz hierzu hat ergeben, dass der Bedarfsplan 2010/2011 einen Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren sowie zusätzliche Ganztagsplätze vorsieht. Die Ganztagsquote soll auf knapp 41 % ansteigen. Hierzu hat die Stadt mehrere Bauprojekte begonnen. Auch für den in der Presse vom 4. September 2010, veröffentlicht in der „Rhein-Zeitung“, Ausgabe Koblenz, erwähnten Stadtbereich gebe es Ausbauplanungen. Wie Frau Bürgermeisterin Hammes-Rosenstein im angesprochenen Artikel ausführt, hat die Stadt beim Ausbau von Ganztagsplätzen erheblich zugelegt, von 26,9 % im Jahr 2005 auf 39 % im Jahr 2009.

Die aktuellen Ausbauplanungen machen aus Sicht der Stadt aber auch Umstrukturierungen notwendig, die offensichtlich vorübergehend zu verschiedenen Einschränkungen führten. Im Einzelnen: In der südlichen Vorstadt gebe es zwei Einrichtungen. Eine davon, evangelisch, werde derzeit baulich erweitert. Daher sei das verlängerte Vormittagsangebot derzeit eingeschränkt. Die zweite, katholische, sei nicht bereit, zur vorhandenen Ganztags-, Teilzeit- und Kleinkindbetreuung auch noch das verlängerte Vormittagsangebot anzubieten, da dies mit dem vorhandenen Stammpersonal nicht umsetzbar sei.

Die evangelische Einrichtung habe ihrerseits ebenfalls eine Personalisierung des verlängerten Vormittagsangebots eingefordert, was aber seitens der Stadt abgelehnt wird.

Aus Sicht des Landes ist es wünschenswert, notwendige Abstimmungsprozesse zwischen den Trägern der Einrichtungen und der Bedarfsplanungsbehörde in ein für alle Beteiligten transparentes und zuverlässiges Ergebnis münden zu lassen, welches kurzfristige Umsteuerungen nach Möglichkeit ausschließt. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass das System der Kindertagesbetreuung aktuell enormen Umstrukturierungsprozessen ausgesetzt ist, sodass sich im Einzelfall Divergenzen nicht vermeiden lassen.

Zu Frage 2: Schwierigkeiten dieser Art sind aus anderen Jugendamtsbezirken nicht bekannt.

Zu den Fragen 3 und 4: Das Land fördert entsprechend den Regelungen des Kindertagesstättengesetzes und der Landesverordnung Personalkosten für unterschiedliche Angebotsformen. Die verschiedenen in Rheinland

Pfalz möglichen Gruppenformen für Zweijährige sind die Krippengruppe, die kleine Altersmischung mit Reduzierung der Gruppengröße, die geöffnete Kindergartengruppe mit Personalverstärkung, die Haus-für-KinderGruppe mit Reduzierung der Gruppengröße.

Das verlängerte Vormittagsangebot – § 5 Abs. 2 Satz 2 Kindertagesstättengesetz –, das ich eingangs bereits erwähnt habe, ist eine besondere Form eines Teilzeitangebots, welches in der Regel bis 14:00 Uhr gewünscht wird.

Wird diese Form der Über-Mittag-Betreuung angeboten, fördert das Land das notwendige Personal für die zugrunde liegende Gruppenform, die ich eben im Einzelnen geschildert habe, sowie die Personalkosten für eine Wirtschaftskraft zur Darreichung des Mittagessens.

Beim Einsatz von Personal differenziert die Landesverordnung nach Ganztags- oder Teilzeitplätzen.

Das verlängerte Vormittagsangebot ist eine Teilzeitbetreuungsform. Zusätzliches Personal ist für diese Betreuungsform im Unterschied zur Ganztagsbetreuung nicht vorgesehen und nach Auffassung der Landesregierung und wohl auch der Stadt Koblenz in der Regel nicht erforderlich. Anders ist dies hingegen bei Ganztagsangeboten. Hier entlastet das Land den Träger beim Trägeranteil und fördert ab einer bestimmten Zahl von Ganztagsplätzen pro Gruppe auch zusätzliches Personal.

Das Land schafft somit ausreichend Handlungsspielraum für die Verantwortungsträger vor Ort, um an den Bedürfnissen von Eltern und ihren Kindern ausgerichtete Angebote vorzuhalten.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es Zusatzfragen? – Frau Abgeordnete Morsblech.

Frau Ministerin, wie erklären Sie sich, dass in dem Artikel auch die Vermutung zumindest angestellt wird, dass die Schwierigkeiten darauf beruhen, dass jetzt Zweijährige in die Kindergartengruppen aufgenommen werden und es deshalb zu Engpässen bei den Öffnungszeiten kommt? Haben Sie das schon einmal an anderer Stelle im Land beobachtet?

Ich habe Ihnen eben gesagt, dass mir ähnliche Probleme aus anderen Jugendamtsbezirken nicht bekannt sind. Ich will das aber an dieser Stelle auch nicht vorwurfsvoll formulieren.

Ich glaube, wenn im Moment neue Bedarfspläne gemacht werden, mit denen wirklich versucht wird, allen Wünschen Rechnung zu tragen, dass das immer auch zu Umstrukturierungen führen kann und eine Einrichtung legitimerweise auch fragt: Auf welche Angebote konzentrieren wir uns jetzt?

Ich habe den Eindruck, dass auch in Koblenz versucht wird, diese Frage sehr verantwortungsvoll anzugehen. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, auch zum Beispiel Ausweitung bei den Ganztagsplätzen, auch Anzahl des verlängerten Vormittagsangebots, glaube ich, dass man versucht, in der Bedarfsplanung vor Ort, so schnell es irgendwie geht, den Wünschen der Eltern entgegenzukommen.

Eine Zusatzfrage von Frau Kollegin Dickes.

Frau Ministerin, in Ihren Ausführungen habe ich Anmerkungen zu der Frage Nummer 4 vermisst, welche Konzepte Sie haben, um flexibel auf Betreuungen an den Randzeiten zu reagieren. Es wäre ganz nett, wenn Sie darauf noch eine Antwort geben könnten.

Die Fragen beziehen sich auf das verlängerte Vormittagsangebot. Ich glaube, da habe ich Ihnen ausführlich alle Gruppenformen dargestellt, alle Möglichkeiten, wie man das zeitlich gestalten kann, und darauf hingewiesen, dass es aus unserer Sicht ausreichend Handlungsmöglichkeiten für die Bedarfsplanung vor Ort gibt.

(Pörksen, SPD: Da muss man aber zuhören! – Frau Pepper, SPD: Allerdings!)

Ich habe den Eindruck, dass ich die Frage umfänglich beantwortet habe.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Morsblech, Ihre zweite Zusatzfrage, bitte schön.

Auch ich könnte mir vorstellen, dass man den Radius der Frage 4 insofern etwas erweitert, als dass trotzdem flexible Öffnungszeiten in den Randzeiten noch weitergehend betrachtet werden können, beispielsweise bei Petenten, die immer wieder zu uns kommen und sagen, es wäre vielleicht sinnvoll, wenn Tagespflegepersonen auch in den Randzeiten, wenn nur noch einzelne Kinder betreut werden müssen, in den Kindertagesstätten zur

Verfügung stünden. Könnten Sie sich vorstellen, dass dies eine Lösung gerade für einzelne Personen, die in den Randzeiten Probleme haben, im Hinblick auf diese Fragestellung sein könnte?

Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass Tagespflege – das haben wir auch immer gesagt – ein das institutionelle Angebot ergänzendes Angebot ist. Insofern gibt es von mir volle Zustimmung.

Wenn es allerdings darum geht, verschiedene Gruppenformen miteinander und auch mit der Tagespflege zu vermischen, dann muss ich Sie auch herzlich bitten, die Diskussionen immer zusammen zu führen. Es geht Ihnen auch um die Qualität von Angeboten und den dort vorhandenen Personalschlüssel. Deswegen muss man aufpassen, dass dann nicht Situationen entstehen, in denen sozusagen der Personalschlüssel bis zum Letzten ausgereizt wird, um diese Wünsche auch noch alle abdecken zu können.

Das wird vor Ort immer auch ein Abwägungsprozess zwischen der Qualität des Angebots und dem, was noch an zusätzlichen Betreuungsbedarfen gegeben ist, sein. Das muss auch nicht an die Kindertagesstätte angebunden sein. Tagespflege gibt es ja dann durchaus auch über die Jugendämter als ergänzendes Angebot.

Ich bin für ein hohes Maß an Flexibilität, aber ich bitte auch, darauf zu achten, dass am Ende die Qualität des Angebots stimmt. Ich weiß aber, dass das auch Ihre Forderung ist.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor, damit ist die Mündliche Anfrage Nummer 3 beantwortet.