Protocol of the Session on September 9, 2010

(Beifall der FDP und der CDU)

Sie gehen durch die Lande und werfen uns vor, wir würden mit der Sicherheit der Menschen spielen, wenn wir diese Verlängerung machen. Rot-Grün hat damals zugesichert, dass sie nicht überprüfen. Das ist nicht in

Ordnung, dass Sie das heute hier so darstellen. Das lasse ich mir nicht gefallen. Von niemand lasse ich mir das gefallen!

(Beifall der FDP und der CDU)

Frau Staatsministerin, es ist im Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland kein seltener Fall, dass Bundestag und Bundesrat unterschiedliche Mehrheiten haben. Es ist in unserem Staatsaufbau und in der politischen Praxis sehr häufig so, dass eine Bundesregierung, die im Bundesrat keine Mehrheit hat, das Gesetz so zu basteln und zu erstellen versucht, dass der Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist. Das ist völlig gang und gäbe. Ich erinnere mich an Rot-Grün. Die haben das auch so gemacht.

Schwarz-Gelb hat es gemacht, Rot-Gelb hat es auch gemacht, gar keine Frage. Dass über diese Frage häufig gestritten wird, ist auch nicht neu. Deswegen haben Sie selbstverständlich das Recht, wenn Sie meinen, dass es verfassungswidrig ist, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nur die haben letztlich die Rechtsmacht, diesen Streit zu entscheiden. Das wird dann jeder zu akzeptieren haben.

Wenn Ihre Auffassung richtig ist, muss es eben geändert werden. Wenn Ihre Auffassung nicht richtig ist, hat die Sache Bestand. So einfach ist das in der Bundesrepublik Deutschland. Da habe ich überhaupt keine Aufregung. Das müssen die Gerichte entscheiden. Dafür sind sie da, vollkommen legal. Deswegen rege ich mich an der Stelle auch nicht auf. Sie sagen, es sei verfassungswidrig. Die Regierung sagt: Wir haben es untersucht, es ist noch verfassungskonform. Wir beide werden den Streit nicht lösen. Das muss das Bundesverfassungsgericht machen. – Das werden wir dann alles zu akzeptieren haben. So einfach ist die Welt.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Ich erteile Frau Staatsministerin Conrad das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nur zur Richtigstellung, Herr Mertin: Die Bundesregierung hatte damals in den Verhandlungen – 2002 ist der Vertrag geschlossen worden – für die Kraftwerke, die nach den damaligen Restlaufzeiten noch sechs oder sieben Jahre hätten laufen sollen – das war z. B. Biblis; Biblis ist nur deswegen noch am Netz, weil es jetzt diese langen Stillstandszeiten gehabt hat –, keine Nachrüstung mehr auf dem neuesten Stand verlangt.

(Dr. Schmitz, FDP: Warum?)

Das ist schon ein Unterschied. Biblis wäre jetzt eigentlich vom Netz gegangen oder müsste im nächsten Frühjahr vom Netz gehen.

(Dr. Schmitz, FDP: Es ist doch egal, wo das Flugzeug drauf fällt!)

Biblis hat keinen Sicherheitsstandard gemäß den neuesten Kraftwerkstechnologien und hat erst recht keinen Schutz vor terroristischen Angriffen.

(Licht, CDU: Also hat der Mertin doch recht! Er hat doch recht!)

Nun hatte man festgelegt – das muss man auch in ein Verhältnis setzen –, für diese kurze Restlaufzeit nicht mehr.

Jetzt gehen Sie aber hin – deswegen ist das nicht richtig – und verlangen diese Sicherheitsnachrüstung nicht. Wenn man in der Diktion der damaligen Vereinbarung bleiben würde, müsste jetzt konsequenterweise, weil man diese Zeit jetzt verlängert, diese Nachrüstung verlangt werden. Das wäre die Logik. Aber wir werden sehen, was im nächsten Jahr herauskommt.

(Licht, CDU: Sich selbst aufs Kreuz gelegt!)

Im Übrigen ist noch etwas nicht richtig. Wir werden ja sehen, wie weit Sie dort gehen werden. Ich befürchte, dass nicht viel herauskommt.

Herr Mertin, im Übrigen möchte ich noch Folgendes sagen:

(Licht, CDU: Also Sie drehen das, wie Sie gerade wollen!)

Der Atomausstieg ist nicht nur ein Gesetz, sondern auch ein Vertrag. In diesem Vertrag steht zum Beispiel auch, dass man sich rechtzeitig um Alternativen für die Arbeitsplätze an diesen Standorten kümmert. Jetzt, wo im Wettbewerb die Nachteile entstehen – z. B. bei kommunalen Investitionen –, habe ich nichts dazu gehört, dass es irgendwo überhaupt ein Konzept für die Kraftwerkstandorte gibt, die jetzt unter Umständen unwirtschaftlich werden oder „Stranded Investments“ bedeuten. Das ist der große Unterschied zwischen damals und heute.

(Beifall bei der SPD – Licht, CDU: Nein, das war nichts!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich beende daher den zweiten Teil der Aktuellen Stunde.

Wir kommen nun zum dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Entwicklung des Unterrichtsausfalls zum Schul- jahresbeginn“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/4946 –

Das Wort hat Frau Kollegin Dickes.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen sicherlich alle den Film: Und täglich grüßt das Murmeltier.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Dort erlebt der Hauptdarsteller täglich das gleiche Szenario,

(Pörksen, SPD: Wir müssen das auch jeden Tag er- leiden!)

weil er nicht einsehen will, wo seine Defizite sind.

Erst an dem Tag, als er es einsieht und sein Leben ändert, ändert sich auch etwas, und er muss es nicht mehr hören und erleben.

Immer wieder grüßt das Thema „Unterrichtsausfall“, könnte man in Rheinland-Pfalz sagen. Es ist kein Wunder, wenn ich heute eine Pressemitteilung lese: „Unterrichtsausfall: Land hält Lage für besser denn je“. Die Staatssekretärin weist Kritik des Pfälzer Arbeitskreises „Unterrichtsversorgung“ zurück.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein großer Teil der Politikverdrossenheit, die wir im Land erleben, kommt auch deshalb, weil sich die Leute von uns nicht mehr ernst genommen fühlen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Schweitzer, SPD: Solche Reden, wie Sie sie halten! – Hartloff, SPD: Vielleicht auch von dem, was Sie erzählen!)

Sie haben vielleicht ein ganz anderes Empfinden als das, was Sie ihnen immer wieder erzählen. Ein Kollege hat ein ganz anderes Empfinden, wenn bei seinem Sohn in dieser Woche von den 30 zu haltenden Unterrichtsstunden fünf ausgefallen sind, jeden Tag eine. Das ist dann ein Empfinden, das die Menschen haben. Sie weisen es einfach zurück.

Alles in diesem Land ist toll. Aussitzen und Abwarten bescheinigt Ihnen dabei die Presse. Seit einem Jahr ist nichts passiert, klagen die Eltern. Andere sprechen gar von 20 Jahren Wartezeit.

Statt zu handeln, schläft die Landesregierung. Sie üben sich in Herausreden, Beschönigen und Vertuschen von Unterrichtsausfall, verschlafen die Chance dabei, die Notbremse zu ziehen.

Laut Ministerin Ahnen ist die Unterrichtsversorgung auf einem hohen Niveau. Ich sage dazu, auf hohem Niveau ist die Gabe, vor der Realität die Augen zu verschließen.

(Pörksen, SPD: Das kann man von Ihrer Rede nicht sagen!)

Herr Kollege Pörksen, auf hohem Niveau ist auch die Kritik, die wir immer wieder hören. Sie haben das auf der Ausbildungsbörse letzte Woche sehr wohl gehört.

(Pörksen, SPD: Da habe ich darauf gewartet auf Ihren Punkt!)

Ich möchte aus einem aktuellen Anlass einen Konrektor aus Neustadt zitieren, was dieser Unterrichtsausfall für unsere Schülerinnen und Schüler bedeutet.

(Pörksen, SPD: Sie lesen keine Zeitung im Kreis Bad Kreuznach!)

Er sagt, die Integration von Migranten, wie sie jetzt im Mittelpunkt der Bildungsbemühungen steht, funktioniert nur über genügend Lehrer.

(Pörksen, SPD: Das kennen wir auch, das haben wir auch gelesen! – Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auf eines hinweisen. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie etwas nervös sind, weil Sie Hunger haben. Ich denke, wir sollten dem Redner bzw. der Rednerin zuhören.

Vielen Dank, Herr Präsident. Vielleicht hört Herr Pörksen dann einmal zu.

(Pörksen, SPD: Ich höre immer zu, Frau Kollegin!)