Protocol of the Session on September 9, 2010

............................................................................................................ 5726, 5729, 5739, 5743 Abg. Baldauf, CDU:................................................................................................................. 5695, 5699, 5703 Abg. Bracht, CDU:............................................................................................... 5670, 5672, 5676, 5678, 5679 Abg. Dötsch, CDU:...................................................................................................................................... 5671 Abg. Dr. Rosenbauer, CDU:........................................................................................................................ 5673 Abg. Dr. Schmitz, FDP:............................................................................................................ 5687, 5691, 5746 Abg. Dr. Wilke, CDU:......................................................................................................................... 5670, 5672 Abg. Dröscher, SPD:............................................................................................................... 5667, 5691, 5745 Abg. Eymael, FDP:............................................................................................................................ 5681, 5731 Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD:..................................................................................................... 5715, 5719 Abg. Frau Brück, SPD:................................................................................................................................ 5744 Abg. Frau Dickes, CDU:.......................................................................................................... 5675, 5714, 5718 Abg. Frau Fink, SPD:......................................................................................................................... 5680, 5727 Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU:..................................................................................................................... 5730 Abg. Frau Meurer, CDU:.................................................................................................................... 5671, 5673 Abg. Frau Morsblech, FDP:........................................................................................... 5673, 5675, 5716, 5720 Abg. Frau Sahler-Fesel, SPD:........................................................................................................... 5668, 5685 Abg. Frau Schellhaaß, FDP:........................................................................................................................ 5723 Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD:....................................................................................................... 5679 Abg. Frau Schmitt, SPD:............................................................................................................................. 5730 Abg. Frau Schneider, CDU:................................................................................. 5669, 5670, 5671, 5679, 5684 Abg. Frau Thelen, CDU:.......................................................................................................... 5668, 5686, 5690 Abg. Hartloff, SPD:............................................................................................................................ 5685, 5704 Abg. Henter, CDU:....................................................................................................................................... 5741 Abg. Hoch, SPD:.......................................................................................................................................... 5725 Abg. Hüttner, SPD:...................................................................................................................................... 5737 Abg. Kessel, CDU:............................................................................................................................. 5744, 5745 Abg. Lammert, CDU:................................................................................................................................... 5735 Abg. Langner, SPD:........................................................................................................................... 5710, 5721 Abg. Mertin, FDP:.......................................................................................................... 5693, 5699, 5706, 5712 Abg. Noss, SPD:................................................................................................................................ 5694, 5742 Abg. Presl, SPD:.......................................................................................................................................... 5727 Abg. Puchtler, SPD:..................................................................................................................................... 5700 Abg. Schmitt, CDU:............................................................................................................................ 5721, 5722 Abg. Schneiders, CDU:................................................................................................................................ 5726 Abg. Schreiner, CDU:.............................................................................................................. 5671, 5672, 5733 Abg. Seekatz, CDU:..................................................................................................................................... 5728 Abg. Weiner, CDU:............................................................................................................................ 5705, 5711 Beck, Ministerpräsident:.............................................................................................................................. 5700 Bruch, Minister des Innern und für Sport:..................................................5669, 5670, 5671, 5672, 5673, 5682............................................................................................................................. 5685, 5696, 5704, 5734, 5740 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur:.............. 5674, 5675, 5676, 5717, 5720 Frau Conrad, Ministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz:................................... 5707, 5713, 5724 Frau Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen:...................... 5667, 5668, 5688........................................................................................................................................................... 5692, 5747 Dr. Barbaro, Staatssekretär:.......................................................................................... 5676, 5678, 5679, 5732

............................................................................................................................. 5729 Präsident Mertes:...................................................................5667, 5668, 5669, 5670, 5671, 5672, 5673, 5674....................................................................................................................................... 5675, 5676, 5678, 5679 Vizepräsident Bauckhage:...............................................................5741, 5742, 5743, 5744, 5745, 5746, 5747 Vizepräsident Schnabel:........................................................5680, 5681, 5682, 5684, 5685, 5686, 5687, 5688...............................................................................................5690, 5691, 5692, 5694, 5695, 5696, 5699, 5700...............................................................................................5703, 5704, 5705, 5706, 5707, 5710, 5711, 5712...................................................................................................................5713, 5714, 5715, 5716, 5717, 5718 Vizepräsidentin Frau Klamm:................................................5719, 5720, 5721, 5722, 5723, 5724, 5725, 5726...............................................................................................5727, 5728, 5729, 5730, 5731, 5733, 5735, 5737........................................................................................................................................................... 5739, 5740

96. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 9. September 2010

Die Sitzung wird um 09:30 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 96. Plenarsitzung des rheinland-pfälzischen Landtags. Die Herren Kollegen Clemens Hoch und Martin Brandl werden mich als schriftführende Abgeordnete unterstützen.

Entschuldigt ist Herr Abgeordneter Dr. Walter Altherr. Herr Staatsminister Dr. Carsten Kühl ist wegen der Finanzministerkonferenz entschuldigt. Ferner sind die Herren Staatssekretäre Ebling und Professor Dr. Englert entschuldigt.

Meine Damen und Herren, Sie werden zum Teil darüber erstaunt gewesen sein, dass es einen gesonderten Tagesordnungspunkt „Mitteilungen des Präsidenten“ gibt. Bisher haben wir ohne diesen Tagesordnungspunkt Mitteilungen über den Ablauf des Plenums gemacht. Heute gibt es auch entsprechende Mitteilungen; denn gestern haben sich die Fraktionen darauf geeinigt, den Gesetzentwurf „…tes Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Verankerung einer Schuldenregel in der Landesverfassung)“, Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/4966 – sowie den Entschließungsantrag „Ausgestaltung der Schuldenregel für RheinlandPfalz: Zukunftsfähige Haushaltspolitik sichern – nachhaltige Konsolidierung rasch umsetzen!“, Antrag (Ent- schließung) der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/4967 – einzubringen. Die Drucksachen werden derzeit gedruckt. Zum Teil sind sie bereits in der Nacht gedruckt worden, damit wir sie Ihnen einigermaßen zeitnah vorlegen können.

Meine Damen und Herren, wer von dem Thema in den vergangenen 15 Monaten noch nichts gehört hat, hat sehr viel übersehen. Insofern können wir meiner Meinung nach, wenn Sie die Drucksachen heute im Laufe des Tages erhalten, die Fristverkürzung akzeptieren.

Wenn Sie damit einverstanden sind, stelle ich dann die geänderte Tagesordnung fest. Wir werden die Punkte auf die morgige Tagesordnung nehmen und sie nach der Fragestunde beraten. – Ich sehe Einverständnis, sodass wir so verfahren können.

Wir beginnen dann mit Punkt 11 der Tagesordnung:

Fragestunde – Drucksache 15/4947 –

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Peter Wilhelm Dröscher, Ingeborg Sahler-Fesel und Bettina Brück (SPD), Regelsätze SGB II – Nummer 1 der Drucksache 15/4947 – betreffend, auf.

Wer wird die Fragen vortragen? – Herr Dröscher, bitte.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Hat das zuständige Bundesministerium den Ländern die Aufträge an das Statistische Bundesamt bekannt gegeben, die als Grundlage für eine Neubewertung der SGB II-Regelsätze erteilt worden sind?

2. Liegen der Landesregierung bereits Zahlen und Kennziffern des Statistischen Bundesamtes für die Neuberechnung der Regelsätze vor?

3. Liegen der Landesregierung Informationen des zuständigen Bundesministeriums vor, wie die neuen Regelsätze ausgestaltet werden sollen?

4. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund die Einführung einer Chipkarte für Kinder von SGB II-Beziehern?

Für die Landesregierung antwortet Frau Sozialministerin Dreyer.

Guten Morgen, Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dröscher, Sahler-Fesel und Brück beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist einem entsprechenden Wunsch der Länder, der im Mai durch einen Umlaufbeschluss der Arbeits- und Sozialministerkonferenz noch einmal bekräftigt wurde, nicht nachgekommen. Im Juni 2010 hat das zuständige Bundesministerium auf Fachebene darüber informiert, dass bereits konkrete Aufträge an das Statistische Bundesamt erteilt wurden. Anfang September 2010 wurden erste Inhalte über die Aufträge an das Statistische Bundesamt bekannt.

Eine den Ländern zur Verfügung gestellte Konzeption der im Bundesministerium für Arbeit und Soziales gebildeten Projektgruppe enthält knappe, aber fachlich nicht verwertbare Aussagen über die gemeinsamen Vorgaben für die Sonderauswertungen und zu den Haushaltstypen, die ausgewertet werden.

Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen noch keine Zahlen vor. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales werden dort die bereits vorliegenden Ergebnisse der Sonderauswertungen derzeit geprüft und ausgewertet.

Zu Frage 3: Das zuständige Bundesministerium hat in zwischenzeitlich drei Sitzungen auf der Fachebene darüber informiert, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 umgesetzt werden soll. Die Informationen der Bundesregierung waren und sind in vielen Teilen vage und lassen eine Reihe von Fragen

unbeantwortet. Konkrete Regelungsinhalte wird wohl erst der für den 20. September 2010 angekündigte Gesetzentwurf enthalten.

Zu Frage 4: Die von der Bundesregierung zur Sicherstellung von Bildung und Teilhabe vorgesehene sogenannte Bildungskarte ist nach Einschätzung der Landesregierung nicht durchdacht. Sie ist für die zeitnahe Umsetzung der Forderungen des Bundesverfassungsgerichts, die zum 1. Januar 2011 erfüllt sein müssen, ungeeignet. Ich bin gespannt, wie die Bundesarbeitsministerin ihre Vorstellungen in dem für den 20. September 2010 angekündigten Gesetzentwurf konkretisieren wird. Bisher lenkt die sogenannte Chipkarte von der zentralen Aufgabe ab, die Regelleistungen für Kinder nach den vom Bundesverfassungsgericht definierten Grundsätzen festzulegen. Förderung und kulturelle Teilhabe setzen voraus, dass diese auch in der Fläche einlösbar sind. Deshalb muss eine entsprechende Infrastruktur vorhanden sein oder geschaffen werden.

So weit die Antwort der Landesregierung.

(Beifall der SPD)

Gibt es Zusatzfragen? – Frau Sahler-Fesel, bitte.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Aussage vonseiten der Bundesregierung, dass die Einführung einer Chipkarte kostenneutral für die Kommunen und die Länder zu machen wäre?

Kostenneutral insofern, weil Frau von der Leyen inzwischen angekündigt hat, dass die Chipkarte über Projekte/Modellvorhaben bei freiwilliger Teilnahme in den Kommunen umgesetzt werden kann. Damit ist auch die Zusage verbunden, dass die Kosten für die Schaffung der Infrastruktur für die Chipkarte übernommen werden.

Das Hauptproblem an der Chipkarte ist aus meiner Sicht allerdings, dass sie letztlich nicht wirklich etwas mit der Einlösung des Rechtsanspruchs zu tun hat, den das Bundesverfassungsgericht festgelegt hat. Es ist die eine Frage, wer Interesse an der Chipkarte hat und ob Kommunen sagen, sie machen bei diesem Modellprojekt mit. Mehr als ein Modellprojekt wird das nach allen Aussagen auch nicht sein. Die andere, erheblich wichtigere Frage ist, wie der Rechtsanspruch des Bundesverfassungsgerichts flächendeckend umgesetzt werden soll. Dazu kann die Chipkarte möglicherweise als ein Instrument dienen, von dem ich nur eingeschränkt etwas halte, aber darüber kann keinesfalls der Anspruch, den das Bundesverfassungsgericht normiert hat, eingelöst werden.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Thelen.

Frau Ministerin wenn ich Sie richtig verstehe, haben Sie vor allem Bedenken, dass die Chipkarte nicht flächendeckend eingesetzt werden könnte. Wie begründen Sie diese Bedenken? Wir haben flächendeckende Strukturen im Hinblick auf Bildungseinrichtungen und Vereine. Wir haben darüber hinaus flächendeckende Strukturen in Form von Geldautomaten und Kartenlesegeräten – damit spreche ich das Thema „Chipkarte“ an – in vielen Einrichtungen. Wo sehen Sie die Probleme?

Mein Hauptproblem ist, dass die Diskussion um die Chipkarte eigentlich am Kern des Auftrages des Bundesverfassungsgerichtes komplett vorbeigeht. Das Bundesverfassungsgericht – ich wiederhole das noch einmal – hat eigentlich eine phänomenale Entscheidung im Februar dieses Jahres getroffen. Es hat einerseits festgestellt, dass das Existenzminimum der Menschen neu berechnet werden muss und nicht von der Kassenlage abhängig gemacht werden kann, sondern das auf der Grundlage dezidierter klarer Daten erfolgen muss, bei denen Ableitungen eigentlich nur dann möglich sind, wenn sie inhaltlich begründet sind.

Zum Zweiten hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, dass für Kinder erst recht ein eigenständiger Regelsatz bemessen und begründet werden muss. Das Bundesverfassungsgericht hat zum ersten Mal das Existenzminimum nicht nur damit begründet, dass es sagt, es sind die materiellen Dinge wie Wohnen und Essen sicherzustellen, sondern es hat zum ersten Mal auch den Teilhabeanspruch benannt. Das war vorher noch nie der Fall. Das Bundesverfassungsgericht sagt, jeder Mensch in Deutschland hat einen Anspruch darauf, tatsächlich essen, wohnen usw. zu können, aber es muss ihm gleichzeitig auch eine soziokulturelle Teilhabe ermöglicht werden. Das ist neu und stellt die Handelnden vor große Herausforderungen – das sage ich sehr klar –, weil der Zeitraum sehr eng bemessen ist. Zum 1. Januar 2011 muss dieser Rechtsanspruch – das ist keine milde Gabe, sondern ein Rechtsanspruch eines jeden Transferempfängers – umgesetzt sein.

Deshalb meine ich, dass der Kern der Frage darin liegt, wie die künftigen Regelsätze bemessen werden. Es ist für mich selbstredend, dass solche Dinge wie kinderspezifische Bedürfnisse im Regelsatz abgebildet werden müssen. Dann ist zu überlegen, wie ich rein praktisch die soziokulturelle Teilhabe wirklich umsetzen kann.

Da ist die Chipkarte ein Instrument, von dem ich nicht überzeugt bin. Man baut eine riesige Struktur auf; die wird man auch nicht bis zum 1. Januar umsetzen können. Aber ich sage nichts dagegen, wenn Kommunen solche Modelle machen wollen. Von mir aus; das ist nicht mein Problem. Aber ich habe den Anspruch, dass

die Kinder, über die wir sprechen, tatsächlich zum 1. Januar die soziokulturelle Teilhabe wahrnehmen können. Das geht einmal so, indem man einfach eine Infrastruktur zur Verfügung stellt, wo sich Kinder sowieso befinden, zum Beispiel in Ganztagsschulen oder in den Kindertagesstätten, und dort andockt – wie das heute auch schon ist –, dass Sportvereine, Kulturvereine in Kooperation mit diesen Schulen sind und dadurch den Kindern der Weg eröffnet wird, an diesen Vereinen teilzuhaben. Es geht zum anderen, dass man im Regelsatz berücksichtigt, dass man für bestimmte Dinge eben auch Geld braucht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wenn Kommunen bereit sind – das machen ganz viele Kommunen jetzt schon; zum Beispiel der Familienpass in Landau und anderswo, an jeder Ecke gibt es diese Dinge schon –, ermäßigte Angebote für Kinder zu machen, dann ist das richtig, und das sollte man auch fördern. Es hat letztendlich aber weniger damit zu tun, dass man es schaffen muss, zum 1. Januar 2011 klar und deutlich zu regeln: Wie können diese Kinder tatsächlich den Anspruch umsetzen?

Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Dann ist die Anfrage damit beantwortet.

(Beifall der SPD)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christine Schneider (CDU), Bau und Bezuschussung des Schlosshotels in Bad Bergzabern – Nummer 2 der Drucksache 15/4947 – betreffend, auf.

Frau Schneider, Sie tragen vor.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann wird der endgültige und umfassende, rechtskräftige Bewilligungsbescheid für die Zuwendungen zur Baumaßnahme Schlosshotel Bad Bergzabern für den derzeitigen Eigentümer vorliegen?

2. Welche Bedenken hat die ADD gegen die Förderung des Projektes geäußert?

3. Wie beurteilt die Landesregierung die vorliegenden Vorbehalte zuständiger Behörden und des Sanierungsberaters zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Projektes und zur baufachlichen Prüfung?

4. Wie erklärt sich die Landesregierung die erhebliche Steigerung der Kosten des Projektes von über drei Millionen auf inzwischen acht Millionen Euro bzw. hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um die Kosten im Griff zu behalten?

(Zuruf von der CDU: Gute Frage! – Schweitzer, SPD: Das verraten wir eben nicht!)