Beim SGB XII hat meine Vorrednerin schon die modellhafte Erprobung neuer Leistungsformen angesprochen. Ich denke, da besteht Einvernehmen zwischen den Kommunen und den politischen Kräften im Land, dass die modellhafte Erprobung, auch wenn ein Wechsel der Leistungsform und der sachlichen Zuständigkeit erfolgt, vom Land weiterhin in der Höhe getragen wird, in der das auch vor dem Zuständigkeitswechsel der Fall war, sodass die Kommunen keine zusätzlichen Ausgaben haben.
Der zweite Punkt, den auch Frau Thelen angesprochen hat, ist der Anteil der Bundesbeteiligung bei der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung. Hier ist festzustellen, dass vor 2005 das Land für die stationären Einrichtungen als Leistungsträger zuständig war und die Kommunen für die Hilfe zum Lebensunterhalt und damit auch für die Grundsicherung in vollem Umfang zuständig waren. Mit der gesetzlichen Regelung im Jahr 2005 hat sich das verändert. Das Land ist mit im Boot.
Es besteht auch ein Anspruch an Partizipation an der Bundesbeteiligung. Dieser Anspruch wurde in den vergangenen Jahren nicht wahrgenommen. Es wurden insgesamt jeweils 2,1 Millionen über fünf Jahre bis zum Jahr 2008 in vollem Umfang an die Kommunen weitergeleitet, also 10,5 Millionen Euro, die eigentlich ein Anspruch an der Bundesbeteiligung für das Land waren.
Das soll sich ab 2010 mit diesem Gesetz ändern. Das ist natürlich in der Anhörung nicht auf ungeteilte Freude gestoßen, auch wenn dieser Anteil der Kommunen rein von der Zahl her, von der Größenordnung her, sogar noch steigt, auch nach der Anrechnung. Die Kommunen erhalten trotz der neuen Regelung nicht weniger als vorher. Trotzdem war das ein Punkt in der Anhörung, der durchaus umstritten war.
Nun ist es so, dass die Bundesbeteiligung zum Ausgleich von Kosten gewährt wird. Bei den Kosten lässt sich für das Jahr 2008 feststellen, dass die Kommunen
in diesem Bereich 84,3 % und das Land 15,7 % bezahlt haben, sodass dieser Anspruch auf jeden Fall besteht.
Nun muss dazu gesagt werden, dass das Land sich ergänzend freiwillig mit 50 % an den Aufwendungen der Kommunen im Rahmen des persönlichen Budgets beteiligt, Leistungen in einem Umfang in 2008 von 3,1 Millionen Euro und in 2009 von 3,7 Millionen Euro gewährt wurden und sich das Land auch an ambulanten Leistungen der Grundsicherung der Kommunen beteiligt.
Wir sind der Meinung als Fraktion, dass, auch wenn es unbequem oder nicht schön ist, wenn man bisherige Mittel oder bisherige Verteilungsansprüche fast schon gewohnheitsrechtlich bekommt und diese weitergeben muss, es für das Land trotzdem ein verwirklichbarer Anspruch ist, und unterstützen das Vorhaben der Landesregierung in diesem Fall.
Wir sehen noch weitere Anpassungen. Ich will nur ganz kurz darauf eingehen, dass das Land sich jetzt aus der freiwilligen Beteiligung an Sozialhilfeleistungen für Haftentlassene auch in eine volle sachliche Zuständigkeit begibt, und es auch im Bereich der Beteiligungsparameter für die Ausgabenverteilung bei der Hilfe zum Lebensunterhalt neue Regelungen gibt, auf die ich, glaube ich, nicht näher eingehen muss, und eine dauerhafte Sicherstellung einer geschlechterparitätischen Besetzung des Landessozialbeirats durch entsprechende gesetzliche Vorgaben geregelt wurde.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir diesen Gesetzentwurf der Landesregierung voll unterstützen und der Überzeugung sind, dass er eine Anpassung an die Realität und an die gesetzlichen Regelungen ist.
Wir haben als Fraktion dazu noch einen Änderungsantrag eingebracht, der von Frau Thelen angesprochen wurde und der im Sozialausschuss – zugegebenermaßen – etwas für Aufregung gesorgt hat, weil er sehr kurzfristig kam. Aber wir hätten das Gesetz heute nicht in dieser Form verabschieden können, wenn wir den Antrag nicht eingebracht hätten. Es handelt sich um rein redaktionelle Änderungen, die notwendig geworden sind aufgrund des im August 2010 verabschiedeten Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Es sind also keine inhaltlichen, sondern rein redaktionelle Veränderungen. Ich bitte daher die anderen Fraktionen noch einmal, diese kurzfristige Veränderung zu akzeptieren. Wir standen unter dem Druck, dass dieses Gesetz heute verabschiedet werden sollte, und haben den Antrag als Fraktion entsprechend eingebracht. Wir begrüßen den Gesetzentwurf und haben mit der Veränderung auch dafür gesorgt, dass wir das Gesetz heute komplett verabschieden können, liebe Frau Ministerin.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Gäste im Landtag in Mainz begrüßen. Ich begrüße
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin meinen Vorrednern dankbar, dass sie schon zur Aufklärung des Sachverhalts das eine oder andere beigetragen haben. Wir besprechen heute in fünf Minuten ein Landesgesetz, das im Grunde genommen ein semesterlanges Seminar verdient hätte. So kompliziert ist das, was dahintersteht: SGB II, SGB XII, Finanzierung der Kommunen, des Bundes und des Landes in ihren unterschiedlichen Beziehungen.
Ich nutze aber die Zeit, die mir dadurch frei bleibt, für zwei Vorbemerkungen. Ich habe es selten so sehr bedauert wie in diesem Fall, dass es nicht zu einer mündlichen Anhörung gekommen ist. Ein Großteil der Aussagen stehen schlicht pro und kontra einander gegenüber, ohne dass wir die Möglichkeit hatten zu hinterfragen, wer etwas näher an der Wahrheit ist.
Den zweiten Punkt hat Frau Kollegin Thelen bereits angesprochen. Herr Kollege Dröscher, ich spreche von dem Änderungsantrag, den die SPD-Fraktion, quasi beauftragt durch die Landesregierung, am Vorabend der Sozialausschusssitzung eingebracht hat. Wenn es tatsächlich ein Antrag der Fraktion gewesen wäre, hätte man das eher akzeptieren können als die Tatsache, dass es sich im Grunde genommen – unter Zeitdruck, das räume ich durchaus ein – verklausuliert um einen Änderungsantrag der Landesregierung gehandelt hat.
Wenn man bedenkt, dass die Ausfertigung des Gesetzgebungsverfahrens, das mit Beschluss im Bundesrat am 9. Juli abgeschlossen worden war, am 3. August vorlag, und wenn man das zugesteht, was Herr Kollege Dröscher gerade betont hat, dass es sich nämlich im Grunde um banale redaktionelle Änderungen gehandelt hat, dann verstehe ich nicht, dass man den Antrag abends nach 21:00 Uhr noch über den Ticker schickt und die anderen Fraktionen sich am nächsten Tag dazu verhalten sollen. Das ist an und für sich – auf technischer Ebene – kein adäquater parlamentarischer Vorgang. Wenn uns als kleiner Fraktion so etwas einmal unterläuft, dann bitten wir regelmäßig um Verständnis. Deshalb möchte ich es auch nicht zu hoch hängen.
Ich komme zu den Inhalten. Es sind einzelne Punkte dabei, über die wir uns gar nicht lange austauschen müssen. Die Regelungen zu der Frage der Haftentlassenen sind in Ordnung. Die Frage der unterschiedlichen statistischen Berechnungsgrundlagen – früher die Hilfe zum Lebensunterhalt, nun im vorliegenden Entwurf als Vorschlag das SGB II – kann ich im Grunde genommen gar nicht bewerten. Die kommunalen Spitzenverbände
würden dies sehr gern auf eine individuelle Abrechnungsbasis stellen. Ob nun der Berechnungsschlüssel – Bevölkerungszahl plus SGB II – besser ist oder die individuelle Abrechnung, weiß ich nicht. Dahinter steckt viel administrative Technik. Frau Ministerin, vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen und es aufklären. Ich enthalte mich sozusagen einer Positionierung.
Ich enthalte mich aber nicht einer Positionierung, was die Ergebnisse angeht. Dabei werden den Kommunen schlicht Millionen abgeknipst, ganz einfach und ganz simpel. Das ist schon sehr politisch,
wenn wir im gleichen zeitlichen Zusammenhang in Rheinland-Pfalz von einem Entschuldungsfonds für die Kommunen erfahren. Dies macht die Bemühungen des Landes, den Kommunen in der Entschuldung zu helfen, zumindest nicht glaubwürdiger. Dies ist für uns auch der entscheidende Punkt, weshalb wir dieses Gesetz nicht mittragen.
Man kann nicht auf der einen Seite Krokodilstränen vergießen und sagen, den armen Kommunen muss geholfen werden, und ihnen auf der anderen Seite Millionenbeträge, die bisher der Kommune – ob zu Recht oder zu Unrecht; das ist auch wieder ganz spannend – zugeflossen sind, wieder wegnehmen.
Zu der Frage, ob diese Beträge den Kommunen zu Recht oder zu Unrecht zugeflossen sind, wird im Begründungsteil eine halbe Seite verwendet. Es werden gute Argumente vorgetragen: Die Landesregierung legt vor, die kommunalen Spitzenverbände sagen, ganz so war es nicht. – Es gibt einen § 36 im SGB XII. Das räumt die Landesregierung auch teilweise ein, sagt dann aber, ihr dürft nicht vergessen, dass wir beim persönlichen Budget auch zugunsten der Kommunen bluten.
Dazu rufe ich in Erinnerung, dass es ursprünglich einmal hieß, das persönliche Budget solle auch zur Entlastung der Kommunen beitragen. Also, ich kann den Euro, den ich – egal, an welcher Stelle des Landeshaushaltes – zugunsten der Kommunen einsetze, nicht zweimal ausgeben.
Meine Damen und Herren, in der Zusammenfassung muss man sagen, dies ist eine Vorgehensweise der Landesregierung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Ich konzediere aber immerhin, einen richtig guten Zeitpunkt wird es in einer solchen Frage nie geben; aber für uns ist es Anlass genug, dieses Gesetz nicht mitzutragen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete! Ich möchte vorab sagen, natürlich ist es nie etwas Schönes, wenn das Land bestimmte Bestandteile, die der Bund an die Länder überweist und die die Länder an die Kommunen durchreichen, wieder an sich nimmt. Ein bestimmter Anteil gehört aber eigentlich dem Land, weil das Land überörtlicher Sozialhilfeträger ist. Wir sagen auch, es ist richtig, dass wir diesen Anteil beim Land belassen. Ich möchte nachher noch einmal auf den Zeitpunkt eingehen und erläutern, was der Hintergrund dafür ist.
Ich möchte aber auch vorab zu Frau Thelen sagen, es geht wirklich nicht um das SGB VIII. Auch ich bedauere am Rande, dass es nur noch SGB heißt. Aber es geht um das Kinder- und Jugendhilfegesetz. Von Frau Thelen ist die Jugendhilfe angesprochen worden. Die Jugendhilfe ist auch ein Bundesgesetz, genau wie das SGB II und das SGB XII, über die wir derzeit sprechen. Das Land zahlt freiwillig im Bereich der Jugendhilfe. Es ist überhaupt kein Zusammenhang herzustellen, wenn man sagt, man vollzieht ein faires Verfahren im SGB II und im SGB XII nur dann, wenn man auch im Bereich des SGB VIII mehr bezahlt.
Beim SGB XII und beim SGB II geht es schlicht und ergreifend darum, dass der Bund sich zu einem Teil an den Kosten im SGB II und im SGB XII beteiligt. Das tut er im Übrigen im SGB VIII nicht.
(Frau Thelen, CDU: Das war doch nur ein Beispiel dafür, was den Kommunen mittlerweile zugemutet wird, Frau Ministerin!)
Ich sage noch einmal ausdrücklich, das sind Bundesausgaben. Das können Sie nicht bestreiten. Dies ist ein Bundesgesetz, das von den Kommunen kommunalisiert durchgeführt wird. Das ist Tatsache.
Nun reden wir über eine Bundesbeteiligung an einem Bundesgesetz, bei der es darum geht, welcher Teil von diesem Bundesgesetz an die Kommunen und welcher Teil an das Land geht. Dies möchte ich – bitte schön – auch so getrennt diskutiert haben. Das sind unterschiedliche Dinge.
Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen können Sie zu Recht sagen, dass die Kommunen seit fünf Jahren den gesamten Betrag erhalten haben. Dies ist ein Volumen von 13,8 Millionen Euro gewesen, das die Kommunen dadurch mehr haben. Natürlich können Sie auch zu Recht den Zeitpunkt kritisieren, aber ich gebe auch Herrn Dr. Schmitz recht: Es gibt nie einen guten Zeitpunkt dafür.
Warum haben wir diesen Zeitpunkt gewählt? – Das möchte ich noch einmal erklären. Im Jahr 2009, als wir unseren Gesetzentwurf vorgelegt haben, bestand Gott
sei Dank die Situation, dass der Bund seinen Anteil spürbar erhöht hat. Dies bedeutet, während die Landkreise und kreisfreien Städte im Jahr 2008 noch 13,2 Millionen Euro erhielten, erhalten sie im Jahr 2010, nach Abzug des Landesanteils, 19 Millionen Euro, also 6 Millionen Euro mehr als im Jahr 2008.
Das war der Grund dafür, dass wir gesagt haben, wenn es überhaupt irgendwann einen Zeitpunkt gibt, den Anteil, der dem Land zusteht, tatsächlich auch geltend zu machen, dann in einem Jahr, in dem es zu einer solchen Erhöhung des Bundesanteils kommt. So haben die Kommunen im Endergebnis trotz des Abzugs des Landesanteils mehr Geld als vorher. Das ist die Begründung dafür, warum wir im September 2009 diesen Gesetzentwurf vorgelegt haben.
Ich glaube ganz ehrlich, dass das Verfahren den Kommunen gegenüber seitens des Landes außerordentlich fair ist. Nicht umsonst haben uns die kommunalen Spitzenverbände auch in den vorhergehenden fünf Jahren immer dafür gelobt, dass wir das einzige Bundesland sind, das diesen kompletten Betrag durchgereicht hat, wohl wissend, dass der Anteil für den überörtlichen Träger ihnen eigentlich nicht zusteht.
In diesem Sinne möchte ich jetzt einfach noch sagen, das Gesetz ist mir aus einem anderen Grund besonders wichtig, nämlich wegen der Möglichkeiten der Modelle. Das haben Sie alle auch betont. Endlich können wir in den Kommunen Modelle durchführen, was eine Kommunalisierung der Sozialhilfe vorbereiten soll – das ist inhaltlich eigentlich der Kern dieses Gesetzes –, wo wir gemeinsam zwischen den Städten, Kreisen und dem Land erproben können, wie man die Sozialhilfe sinnvoll kommunalisieren kann, und das auch in dem Sinne, dass es letzten Endes kostenneutral auch für die Kommunen wird. Deshalb ist dieses Gesetz aus unserer Sicht besonders wichtig, neben all den Dingen, die angesprochen worden sind.
Ich möchte noch einen letzten Satz zu Herrn Dr. Schmitz sagen. Es tut mir auch leid, dass es so spät ist, aber damit auch alle verstehen, um was es geht, möchte ich sagen, es geht eigentlich um die landesrechtliche Umsetzung der Jobcenterreform. Diese ist im September verkündet worden. Jetzt geht es um die Schritte, die formal vorzunehmen sind, damit zum 1. Januar 2011 diese Reform in Rheinland-Pfalz auch umgesetzt werden kann. Es hatte sich jetzt einfach angeboten, das mit diesem Gesetz im Geleitzug zu verabschieden, weil wir ansonsten ein komplettes Gesetzgebungsverfahren auch zeitlich überhaupt nicht mehr hinbekommen hätten.
Ich bin davon überzeugt, dass die Ergänzung des Landesausführungsgesetzes auch in Zukunft sicherstellen wird, dass im Sinne der betroffenen Menschen das SG II und SG XII umgesetzt werden können.